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HEILIGER KRIEG (Die Ritter des Vatikan 15): Thriller
HEILIGER KRIEG (Die Ritter des Vatikan 15): Thriller
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eBook350 Seiten4 Stunden

HEILIGER KRIEG (Die Ritter des Vatikan 15): Thriller

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Über dieses E-Book

Sie sind Elitesoldaten der ganz besonderen Art, denn sie stehen allein im Dienste Gottes:
DIE RITTER DES VATIKAN
Aus einer geheimen Blacksite-Einrichtung wird Mohammad Allawi befreit – jener Terrorist, der das Attentat auf Shari Cohen und ihre Familie verübte. In den darauffolgenden Tagen erschüttern furchtbare Terroranschläge das Land, die gezielt historische Wahrzeichen zerstören und die Nation an den Rand des Zusammenbruchs bringen. Als Kimball Hayden, geplagt von den Schuldgefühlen seiner Vergangenheit, erfährt, dass Shari Cohen erneut ins Fadenkreuz von Allawi geraten ist, begibt er sich sofort in die Vereinigten Staaten. Gemeinsam mit seiner großen Liebe formt Kimball einen Bund, um ihrer beider Nemesis aufzuspüren und aufzuhalten. Doch im Kampf um seine Liebe und das Wohl Amerikas sieht sich Kimball einer Übermacht gegenüber, die ihm vielleicht zum Verhängnis werden könnte …
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum1. März 2024
ISBN9783958358454
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    Buchvorschau

    HEILIGER KRIEG (Die Ritter des Vatikan 15) - Rick Jones

    Prolog

    Vor zwei Wochen

    Südliche Philippinen

    Im Dschungel des Sulu-Archipels auf den Philippinen stand ein Priester mit hinter dem Rücken zusammengebunden Händen und einem Seil um den Hals. Hinter ihm befand sich ein Mitglied der Moro Islamic Liberation Front, der das Ende des Seils in beiden Händen hielt, um den Priester daran in die Höhe zu ziehen. Vor dem Geistlichen stand Rey Ramos, ein Mann, der sich zum Kommandanten der Terrorzelle emporgedient hatte, nachdem er durch einige entscheidende Bombenanschläge in Mindanao, auf dem Sulu-Archipel, in Basilan und Palawan, bei denen unzählige Menschen getötet und verletzt worden waren, seinen Greenhorn-Status abstreifen konnte.

    Mit einer knochigen Hand, die aus einem Unterarm kaum breiter als ein Besenstiel ragte, deutete er auf einen benachbarten Baum, um sein Ansinnen deutlich zu machen. Ein Priester baumelte dort regungslos vom Ende eines Seils. Der Mann war bereits seit zwei Tagen tot. In dieser Zeit hatten die Gase des Mannes seinen Körper so weit aufblähen lassen, dass er nun an den Nähten seiner Kleidung zerrte. Und seine Haut, die früher einmal von einem heiteren Rotton gewesen war, war nun mit gelblichen, grünlichen und violetten Flecken bedeckt.

    »Dein Schicksal«, war alles, was Ramos den Priester wissen ließ.

    Pater Maggiano warf einen flüchtigen Blick auf den Leichnam, der sich im ersten Stadium der Verwesung befand. Und der Gestank, der von ihm ausging und bei dem sich ihm der Magen umdrehte, diente als weitere Erinnerung daran, wer in diesem Lager das Sagen hatte.

    »Deine Zeit ist um«, erklärte Ramos ungerührt. »Und so wie auch den Priester vor dir …«, wieder deutete der Terrorist auf den erhängten Geistlichen, »wird auch dich deine Kirche im Stich lassen.« Dann ließ er seine Hand sinken, als würde sie ihm zu schwer werden, und fügte noch hinzu: »Offenbar bist du aus Sicht des Vatikan entbehrlich.«

    Pater Maggiano fuhr sich mit seiner Zunge, die so trocken wie ein Stück Teppich war, über seine schmerzhaft aufgeplatzten Lippen und sagte: »Die Kirche wird sich niemals jenen ergeben, die im Schatten des Leibhaftigen wandeln.«

    »Hier geht es nicht um religiöse Überzeugungen, Priester. Hier geht es um die eine Million Dollar, die deine Kirche nicht für deine Freilassung bezahlen wollte. Am Ende geht es immer nur um Geld.«

    Pater Maggiano hob trotzig sein Kinn, was für Ramos eher ein Zeichen geistigen Mutes als ein wirkliches Anzeichen für die religiösen Prinzipien des Mannes war. Wie schnell wird sich deine Einstellung ändern, Priester, wenn du erst am Ende deines Seils baumelst? Wird es eine oder zwei Sekunden dauern, bis dich dein Mut verlässt? Dann grinste er Pater Maggiano mit teuflischer Belustigung an. »Jeder will in den Himmel fahren, Priester, aber kaum jemand will den Preis dafür bezahlen … nicht einmal ein Priester, dessen Profession seine Hingabe zu Gott ist.«

    Pater Maggiano schloss die Augen und wartete auf den Ruck an seinem Seil, der ihn von dem Dschungelboden heben würde.

    Aber der Ruck sollte nie eintreten.

    Stattdessen war ein gedämpftes Geräusch zu hören, nicht lauter als ein Spucken.

    Ein Blutschwall schoss aus der Schläfe seines Henkers, als eine Kugel seinen Schädel durchschlug. In dem Moment, als sich die Kugel ihren Weg durch seinen Schädel bahnte, ließ er das Seil los und sackte zu Boden. Der präzise Schuss ließ seinen Tod sofort eintreten.

    Während das Seil kreisförmig um die Füße des Priesters fiel, begann die Welt um ihn herum plötzlich mit der surrealen Langsamkeit eines schlechten Traumes abzulaufen. Er sah Ramos, der seinen Leuten zuwinkte, doch seine Bewegungen schienen schwerfällig, und die Befehle, die er bellte, klangen lethargisch und unwirklich in die Länge gezogen. Rauch von Gewehrfeuer stieg in trägen Schwaden um ihn herum auf, während Kugeln mit einem wespenartigen Summen an ihm vorbeizischten. Und während des gesamten Schusswechsels schien Pater Maggiano von der Gewalt um ihn herum unangetastet zu bleiben. Vor seinen Füßen starben Ramos Männer – Kugeln durchbohrten ihre Brustkörbe und Bäuche und hinterließen Wunden, die sich wie erblühende Rosen öffneten.

    Für Pater Maggiano lief alles weiter in dieser seltsamen Langsamkeit ab, bis ihn schließlich eine Kugel in den Trizeps traf, woraufhin sich plötzlich alles um ihn herum wieder in rasender Geschwindigkeit zu bewegen begann. Pater Maggiano sank mit einer Hand auf die Wunde gepresst zu Boden, verzog das Gesicht und sah, wie sich Ramos’ Team in den Dschungel zurückzog.

    Von überall waren Schüsse zu hören, Erdreich stob um Pater Maggiano auf, und unzählige Patronen schlugen in die Landschaft ein. Langsam rollte sich der Priester in Embryonalstellung zusammen und betete, dass das Gemetzel bald ein Ende finden würde.

    Obwohl Ramos nirgendwo zu sehen war, lagen die Leichen vieler Männer seiner Einheit in dem Lager verstreut, mit aus Überraschung über ihren eigenen Tod weit aufgerissenen Augen und Mündern.

    Und dann erwachte der Dschungel zum Leben.

    Zuerst sah Pater Maggiano nur den Hauch einer Bewegung, etwas Grünes vor grünem Hintergrund, dann wieder nichts. Schließlich aber brach ein Team der Vatikanritter aus der Baumgrenze und hielt mit schussbereiten Waffen auf das Lager zu.

    Pater Maggiano sah durch eine Öffnung in den Baumkronen zu einem Flecken blauen Himmels hinauf und dankte Gott dafür, seine Gebete beantwortet zu haben. Als ein Schatten ihn überragte und die Sonne verdeckte, bemerkte er das makellose Weiß eines geistlichen Kollars, welches sich von der dunklen Silhouette abhob.

    »Pater Maggiano«. Die Stimme gehörte Jesaja. »Wie schwer sind Sie verletzt?«

    Als der Priester ihn im Gegenzug anlächelte, was ›nicht so schlimm‹ bedeuten sollte, hörten sie das Rattern einer Gewehrsalve aus der Baumgrenze.

    ***

    Zwei Wochen zuvor war die Erzdiözese in Zamboanga City über die Entführung von zwei Priestern und drei Nonnen der Church of St. Anthony in Padua in Brasilien von Mitgliedern der Moro Islamic Liberation Front informiert worden. Ihre Forderung: Eine Million Dollar für ihre Freilassung, deren genaue Übergabe noch zwischen Rey Ramos und dem Vatikan hätte abgesprochen werden müssen.

    Während der Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl hatte sich der vatikanische Geheimdienst in die Ermittlungen eingeschaltet und herausgefunden, dass die Moro Islamic Liberation Front von jenseits der Dschungelgrenze aus operierte, die an Brasilien grenzte. Da die Kommunikation mit der Erzdiözese in Zamboanga City nur über die Satellitentelefone der Front möglich war, zögerte der vatikanische Geheimdienst die Gespräche bewusst hinaus, um über geostationäre Satelliten das Operationsgebiet der Terroristen ausfindig zu machen.

    Doch als Ramos die Verhandlungen zu langsam vorankamen, wurde dem Vatikan ein Video von der Hinrichtung eines Priesters übermittelt.

    Das war vor zwei Tagen.

    Zwei Tage später hielten die Vatikanritter auf den Ursprungsort der Telefone zu.

    Versteckt hinter Buschwerk und mit Tarnfarbe in den Gesichtern beobachteten Kimball Hayden und sein Team aus Vatikanrittern das Lager. Rey Ramos sprach mit Pater Maggiano, um dessen Hals eine grob gefertigte Schlinge lag.

    »Jeder will in den Himmel fahren, Priester, aber kaum jemand will den Preis dafür bezahlen … nicht einmal ein Priester, dessen Profession seine Hingabe zu Gott ist.«

    Diese an Pater Maggiano gerichteten Worte schienen ein vorher abgesprochenes Stichwort für den Mann zu sein, der das Seil um den Hals des Priesters in den Händen hielt. Als der Terrorist daran ziehen wollte, gab Kimball Jeremias das Zeichen, ihn auszuschalten.

    Der Vatikanritter, der die beste Sicht auf sein Ziel hatte, hob seine Waffe, visierte es mit dem Fadenkreuz seines Zielfernrohrs an und drückte den Abzug. Weniger als eine halbe Sekunde später schoss ein Blutschwall aus dem Schädel des Mannes. Der tödliche Schuss ließ ihn wie einen Stein zu Boden sinken.

    Während die Vatikanritter aus dem Dickicht brachen und ihre Waffen in schallgedämpften Salven abfeuerten, gelang es ihnen, die Zahl ihrer Gegner deutlich zu dezimieren, ohne dabei auch nur eine einzige Kugel zu verschwenden. Wunden öffneten und schlossen sich, während die tödlichen Schüsse die Terroristen mit dem Gesicht voran zusammenbrechen ließen. Andere sackten mit überraschten Blicken in die Knie und blickten ungläubig auf ihre Wunden hinab, aus denen sie langsam verbluteten.

    Andere jedoch erwiderten das Feuer. Kugeln peitschten durch das Dickicht, rissen ganze Äste ab und durchlöcherten die Blätter von Elefantenbäumen oder ließen die Stämme von Palmen zersplittern.

    Die Vatikanritter rückten weiter vor, erfassten die unmittelbarste Bedrohung und neutralisierten sie dann mit gezielten Schüssen in die Körpermitte.

    Körper fielen.

    Der Rauch von Gewehrfeuer stieg in die Luft.

    Was von Ramos’ Terrorzelle noch übrig war, zog sich zurück und verschwand zwischen den Bäumen am anderen Ende des Lagers. Einige von ihnen feuerten blindlings hinter sich.

    Da erhaschte Kimball Hayden den Blick auf etwas, das am Rand seines linken Auges entlang huschte. Als er sich in die Richtung der Bewegung umdrehte, genügte das leichte Wogen der Vegetation als Beweis dafür, dass sich ein Geist in den Büschen befand.

    Mit der Umsicht eines Jägers, der sich seiner Beute näherte, lauschte Kimball nach Geräuschen, die ihm einen Vorteil verschaffen würden.

    Stille.

    Dann war das Knacken eines Astes zu hören, direkt zu seiner Linken, wenn auch kaum wahrnehmbar.

    In der Ferne konnte er Jesaja mit dem Priester reden hören.

    Kimball drehte sich auf den Fersen herum, seine Bewegungen langsam und kalkuliert. Dann erspähte er etwas zwischen den Blättern, einen Umriss, der aufgrund seines T-Shirts mit einem ausgeblichenen Logo darauf nicht so gut mit dem Hintergrund verschmolz.

    Kimball näherte sich ihm lautlos und mit katzenhafter Anmut.

    Doch als sich der Umriss in sichereres Gelände zurückziehen wollte, rannte er dabei unvorsichtig direkt in Kimball hinein. Seine Augen explodierten von sichtlicher Überraschung. Er hatte den Vatikanritter aufgrund seiner Tarnkleidung, grün vor grün, nicht gesehen.

    In der Hand des Terroristen befand sich eine Kalaschnikow.

    Kimball sah auf die Mündung des Gewehrs, die von ihm weg gerichtet war, und dann in das Gesicht eines Jungen kaum älter als vierzehn. Kimballs Augen huschten zwischen der Mündung und dem Jungen hin und her und versuchten herauszufinden, ob der Junge die Waffe einsetzen oder sich ergeben würde. Aber als er sah, wie im Kopf des Jungen die Zahnräder zu rattern begannen, flüsterte er: »Tu es nicht, Sohn … wirf die Waffe weg.«

    Der Junge antwortete etwas auf Tagalog, was Kimball nicht verstand.

    Als Antwort deutete Kimball auf die Waffe des Jungen und berührte dann den Erdboden. »Leg sie weg«, forderte er ihn auf. »Ich werde dir nichts tun.« Dann deutete Kimball auf das geistliche Band im Kragen seines Hemdes, das Symbol der Frömmigkeit. »Ich gehöre zur Kirche«, erklärte er sanft dem Jungen. »Ich bin hier … um zu helfen.«

    Der Junge, der von Rey Ramos verpflichtet worden war, streckte langsam seinen Zeigefinger aus und legte ihn dann um den Abzug.

    »Tu es nicht, Junge«, flüsterte Kimball. Dann deutete der Vatikanritter erneut auf die Kalaschnikow und auf den Boden und hoffte, dass der Junge den Hinweis verstand. Bitte.

    Aber die Augen des Jungen begannen, hin und her zu huschen, als würde er nach einem Fluchtweg suchen. Schließlich formte sich in seinem Kopf der Wille zum Handeln, was Kimball sofort als unkluge Entscheidung erkannte.

    »Tu es nicht, Junge!«

    Der Junge schwenkte die Mündung seines Gewehrs auf Kimball.

    Kimball, der den Stich des moralischen Konfliktes verspürte, gab eine Salve aus seiner MP7 ab und sah zu, wie die Treffer den Jungen von den Füßen holten und in das Buschwerk warfen. Die Wucht löste einen Reflex des jungen Guerillakämpfers aus und schickte eine Gewehrsalve in den Himmel.

    Kimball fiel auf den Rücken. Noch nie hatte er sich in einem solchen moralischen Dilemma befunden.

    Kimball hegte keinen Zweifel daran, dass der Junge von Rey Ramos mit lauter intolerantem Müll gefüttert worden war, bis er ihre Ideologie zu romantisieren begann, anstatt die hässliche Wahrheit dahinter zu erkennen.

    Er sah auf den Jungen hinunter, um den bereits die Fliegen zu kreisen begannen, und der binnen vierundzwanzig Stunden von ihren Larven heimgesucht werden würde.

    Die Natur, ohne Bosheit oder einen Unterschied zu machen, würde ihren Lauf nehmen.

    Kapitel 1

    Federal Blacksite Containment Center

    22 km nördlich von Richmond, Virginia

    Vor einer Woche, 23:56 Uhr

    Montrell Thompson, auch bekannt als Mohammad Allawi, war ein in den Staaten aufgewachsener Terrorist, der terroristische Akte im Namen Allahs an der amerikanischen Front begangen hatte. Er war außerdem der Mann, der beinahe Shari Cohen getötet hatte, eine FBI-Agentin. Doch die Kugel hatte sie nicht getötet, sondern sie in ein monatelanges Koma geschickt. Was er aber erreicht hatte, war, ihre gesamte Familie – ihren Mann und ihre beiden Töchter – mit einer Autobombe zu töten. Und während ihr Leben am seidenen Faden hing und sie von der Welt um sich herum nichts mitbekam, heftete sich ein Fremder in der Gewandung eines Priesters wie eine Dampfwalze, wie eine verheerende Gewalt, an die Fährte Mohammad Allawis und hätte ihn beinahe umgebracht. Als Allawi den geistlichen Kragen eines Kriegers erblickte und ihm dann in die Augen sah, hatte er das völlige Fehlen eines moralischen Konfliktes in ihnen bemerkt, während der Priester ihm so lange Schmerzen zufügte, bis er das Bewusstsein verlor. Als Allawi irgendwann wieder zu sich kam, fand er sich in der Gewalt einer geheimen Autorität wieder, die ihm das Leben zur Hölle machen sollte. Das war der Grund, warum der Priester ihn am Leben gelassen hatte – damit er unter ihrer Leitung unendlich leiden sollte.

    Zwei Jahre lang harrte Mohammad Allawi mit der Geduld eines finsteren Heiligen aus, denn er wusste, dass diese Zelle ihn nur auf seinen großen Moment unter Allahs Führung vorbereiten würde. So saß er auf seinem Betonbett in seiner knapp drei Meter langen und einen Meter zwanzig breiten Zelle, die Augen auf einen imaginären Punkt an der Wand gegenüber gerichtet, und so regungslos wie eine griechische Statue, selbst dann, wenn er das Bedürfnis verspürte, sich zu kratzen.

    Als die Sonne unterging – was er jedoch nicht sehen konnte, da sein Gefängnis nicht über ein Fenster verfügte – verriet ihm seine innere Uhr, dass der große Moment nicht mehr weit war.

    … tick … tack …

    … tick … tack …

    … tick … tack …

    Keine Wasserfolter mehr.

    Kein Schlafentzug.

    Nie wieder Momente, in denen die Wachen ihren belgischen Schäferhunden gestatteten, ihre Mäuler nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt zuschnappen zu lassen.

    Endlich würde Mohammad Allawi wieder die Kontrolle über sein Schicksal zurückgewinnen.

    Federal Blacksite Containment Center

    Kontrollraum

    Vor einer Woche, 23:59 Uhr

    Drei Soldaten der militärischen Sondereinheit überwachten mit einer Reihe von Monitoren im Kontrollraum die Gefängniszellen. Private First-Class Jonathan Penchoit war ein Mann, der nur über rudimentäre soziale Fähigkeiten verfügte. Meist sprach er nur in knappen Antworten. Er war nie ein großer Redner gewesen. Der Mann zu seiner Rechten, Private First-Class Geoffrey Miner, war das genaue Gegenteil von ihm. Er sprach quasi pausenlos von unwichtigen Dingen, oder Dingen, von denen er glaubte, ›eine Menge Ahnung‹ zu besitzen. Der dritte Mann, Second Lieutenant James Hathaway, bildete das Bindeglied der drei Personen. Er sprach weder zu viel noch zu wenig, und wenn er etwas zu sagen hatte, war es immer von Belang.

    In dieser Nacht, wie in den meisten Nächten, war es ruhig in den Gefängniszellen. Außer Mohammad Allawi, der seltsam ruhig auf der Bettkante saß, schien alles normal zu sein.

    An der Wand des Kontrollraums wechselte die Anzeige der Uhr von 23:59 Uhr zu 00:00 Uhr.

    Miner, ein Meister nutzlosen Allgemeinwissens, sagte: »Wusstet ihr, dass die Sonne nur sechstausend Grad heiß ist?«

    Hathaway schüttelte den Kopf. »Und sechstausend Grad ist dir nicht heiß genug?«

    »Sollte man nicht annehmen, dass es eher zehn Millionen Grad oder so wären?«

    Penchoit starrte desinteressiert auf seinen Monitor.

    Dann sagte Miner, der die Uhrzeit bemerkt hatte und einen Kloß im Hals hinunterschluckte, tonlos: »Aber ich habe etwas anderes, was dich vielleicht interessieren könnte.«

    Die Uhr an der Wand zeigte noch immer 00:00 Uhr an.

    Miner, dessen Stimme sich nun seltsam abwesend anhörte, fuhr fort: »Kennt ihr die Geschichte von den beiden Kontrollraum-Offizieren, die aus nächster Nähe erschossen wurden?«

    Hathaway schien verunsichert. Der Zusatz ›aus nächster Nähe‹ kam ihm seltsam präzise vor. Als Miner sich dem Second Lieutenant zuwandte, sah Hathaway, dass Miner nicht mehr der Mann war, der er behauptete zu sein. Statt dem heiteren Funkeln, das er oft in seinen Augen sah, lauerte dort nun eine gequälte Dunkelheit – etwas, das Hathaway verriet, dass der Teufel sein hässliches Antlitz erhoben hatte, um andere in ein Jenseits zu schicken, um das sie nicht gebeten hatten.

    Unter seiner Konsole zog Miner eine Pistole hervor, die aus einem Hartplastikverbundstoff bestand – und daher nicht von den Metalldetektoren erkannt worden war – richtete sie auf Hathaways Kopf und drückte ab. Wie von Zauberhand erschien ein Einschussloch in der Stirn des Second Lieutenants, ließ seine Beine unter ihm nachgeben und ihn zu Boden sacken. In einer blitzschnellen und fließenden Bewegung wirbelte Miner zu Penchoit herum und tötete auch ihn mit einem Schuss zwischen die Augen.

    Die Uhr an der Wand zeigte 00:01 Uhr an.

    Miner zog eine zusammengerollte Tastatur aus seinem Rucksack, rollte sie auseinander, verband sie mit dem Mainframe und begann, Befehle in sie einzugeben. Er überschrieb das Befehlssystem und war so in der Lage, neue Programme zu installieren, die jede Überwachungskamera ausschalteten. Die Monitore an der Wand gingen nacheinander aus, das System war nicht mehr funktionsfähig. Dann nahm er alle Warnsysteme offline, sodass es keine pulsierenden Lichter oder Sirenen geben würde. Die Einrichtung war nun völlig abgeriegelt und jeder Flur, jeder Raum und jede Zelle in absolute Dunkelheit getaucht.

    Er griff in seinen Rucksack, zog ein Nachtsichtgerät hervor, setzte es sich auf den Kopf und schaltete es ein. Nach dem Heulen, mit dem das System hochfuhr, wurde Miners Welt in Limettengrün getaucht. Mithilfe der Tastatur, die nun in seinem Schoß ruhte, gab er weitere Befehle ein, und seine Finger huschten über die Tasten wie die eines Weltklassepianisten, der in der Carnegie Hall an einem Steinway spielte. Nach ein paar weiteren relevanten Befehlen ließ er seinen Finger über der ENTER-Taste schweben, zögerte einen Moment, dann ließ er ihn mit Nachdruck für den finalen Befehl auf die Taste fallen.

    Draußen öffneten sich einladend die modernen Fallgitter.

    Aus den Schatten entlang der Baumgruppe lösten sich Umrisse und hielten auf die Einrichtung zu.

    ***

    Die Lichter in der Einrichtung gingen aus, und da sich auch das Notfallsystem nicht einschaltete, war das Militärpersonal, das die Blacksite-Einrichtung bewachte, blind, ohne Licht, ohne Sirenen, ohne Kommunikationsmöglichkeit nach draußen. Die gesamte Anlage war außer Gefecht gesetzt und in Finsternis getaucht worden.

    Die Wachen verfügten über keinerlei Ausweich-Prozeduren, nachdem das hochmoderne System und die angeblich unüberwindbaren Firewalls außer Gefecht gesetzt worden waren.

    Sie sahen sich nun machtlos dieser kritischen Lage gegenüber, und draußen rückte eine Terroreinheit auf die Einrichtung zu, um sie zu übernehmen.

    ***

    Jeder innerhalb der Terroreinheit war mit einem Nachtsicht-Monokular, schusssicherer Weste und schallgedämpftem Sturmgewehr ausgestattet. Während das Team auf das Torhaus zuhielt, nahm ein mit einem CheyTac-M200.408-Gewehr bewaffneter Scharfschütze an der Baumgrenze den Wachmann mit diesem ins Visier und drückte ab. Beinahe sofort nach Betätigen des Abzugs wurde der Wachmann von den Füßen gerissen, stürzte über das Geländer und stürzte in den Hof darunter.

    Mit einem fünfschüssigen Magazin und erst einer verschossenen Patrone nahm der Scharfschütze den zweiten Mann in dem gleichen Turm ins Visier und feuerte. Dieses Mal traf die Kugel in die Körpermitte, was eine Blutfontäne aus der Austrittswunde an die Turmwand hinter ihm spritzen ließ und dort einen Fleck hinterließ, der in seiner chaotischen Anmutung an ein Gemälde von Pollock erinnerte.

    Sofort richtete er seine Waffe auf ein drittes Ziel in dem Wachturm, einen Wachmann, der verwundert darüber, dass sich das Tor geöffnet hatte, an seiner Konsole arbeitete, als eine Kugel das Fenster durchschlug und die linke Seite seines Kopfes abtrennte.

    Nun waren nur noch zwei Schuss in dem Magazin.

    Mithilfe des Nachtsichtgeräts im Zielfernrohr seines Gewehrs suchte der Scharfschütze nach weiteren Zielen, und als er keine mehr fand, meldete er leise in sein Lippenmikrofon: »Gesichert.«

    Der Teamführer antwortete: »Verstanden.«

    ***

    Die Einheit bewegte sich mühelos durch die Dunkelheit, die Sturmgewehre im Anschlag. Nachdem sie das Torhaus durchsucht und den Tod des Wachmanns bestätigt hatten, begab sich die Einheit zu dem Ausfalltor. Als sie das Hauptportal erreicht hatten, das als so einbruchsicher wie ein Banktresor galt, funkte der Teamleiter. »Alpha One, wir haben den Eintrittspunkt erreicht.«

    »Verstanden.«

    Ein paar Augenblicke und eine Reihe von Klickgeräuschen später begannen sich die Bolzen aus ihren kreisförmig angeordneten Verankerungen zurückzuziehen und die Tür schwang zur Seite auf. Sobald die Tür offen stand, begab sich das Team in die Einrichtung. Sie hatten sich die Lagepläne so gut eingeprägt, als wären sie die Architekten der Anlage gewesen.

    Die Hälfte des Teams schwärmte zu den Korridoren auf der linken Seite aus, die andere Hälfte zu jenen auf der rechten Seite. Obwohl die Korridore in absolute Finsternis getaucht waren, waren sie in der Lage, sich frei und ungehindert in der Anlage zu bewegen.

    Als sie schließlich eine Metalltür erreichten, die in den Charlie-Block führte, befahl der Teamleiter in sein Lippenmikrofon: »Öffne das Paradies.«

    Nach einem langgezogenen Summen öffnete sich die Tür in den C-Block und glitt auf ihrer Schiene in die Wand.

    »Wir sind drin.«

    Die Terroristen hatten nun Zugang zu ihrem Zielobjekt.

    ***

    Miner war mit seiner Tastatur auf seinem Schoß in dem Kontrollraum verblieben. Neben ihm auf dem Boden begann sich das Blut der Leichen in beinahe perfekten Heiligenscheinen um sie auszubreiten, und die Luft füllte sich mit dem strengen Geruch von Metall. Während er wartete, schien die Zeit quälend langsam zu vergehen.

    Dann meldete sich der Teamleiter klar und deutlich aus Miners Ohrhörern: »Alpha One, wir haben den Eintrittspunkt erreicht.«

    Miner seufzte erleichtert auf. »Verstanden«, antwortete er. Dann begann er, weitere Befehle in seine Tastatur einzugeben, überprüfte seine Eingabe, und bestätigte sie mit ›ENTER‹.

    »Öffne das Paradies.«

    Er kommunizierte weiter über sein Override-Programm mit dem Blacksite-System, dann gab er den finalen Befehl ein. »Wir sind drin«, lautete wenige Sekunden später die Meldung.

    Als er hörte, dass der Teamführer Zugang zum Charlie-Block erlangt hatte, gab der Computertechniker einen anderen Befehl ein, durch den er Zugriff auf die Lagepläne der Gefängniszellen bekam, die daraufhin als grüne Linien auf einem der Monitore auftauchten. Danach gab er einen Suchbefehl ein, die Linien auf dem Bildschirm begannen sich zu bewegen und die Angaben veränderten

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