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DER HEILIGE GRAL (Project 13): Thriller
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eBook337 Seiten4 Stunden

DER HEILIGE GRAL (Project 13): Thriller

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Über dieses E-Book

Verschollene Reliquien, mystische Schätze und geheimnisvolle Artefakte – begeben Sie sich zusammen mit der streng geheimen Regierungsorganisation PROJECT auf die weltumspannende Jagd nach den letzten Rätseln der Menschheit.
Die Ermordung eines schwedischen Agenten führt Nick Carter, Selena Connor und das PROJECT-Team nach Stockholm. Dort handelt ein Terrornetzwerk inmitten der Flüchtlingsströme mit uralten Artefakten, die aus dem Mittleren Osten nach Europa geschmuggelt werden. Eines davon birgt Hinweise auf eine der begehrtesten Reliquien der Christenheit: den Heiligen Gral.
Doch eine Prophezeiung warnt gleichzeitig vor dem Ende aller Tage, sollte der Gral in die falschen Hände geraten. Denn nicht nur das PROJECT ist der Reliquie auf der Spur. Auch die ISIS ist fest entschlossen, sie zu finden, und zusammen mit einem nuklearen Anschlag das Armageddon einzuleiten. Wird dem PROJECT gelingen, woran Könige, Herrscher und Diebe seit Jahrhunderten scheiterten – den Heiligen Gral zu finden?
★★★★★ »Alex Lukeman schreibt mit einem sicheren Gespür für filmische Atmosphäre. Seine fesselnden Romane mit ihren griffigen Plots sind einfach absolute Hits.« - MCSFilm Review Team
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum5. Jan. 2024
ISBN9783958358317
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    Buchvorschau

    DER HEILIGE GRAL (Project 13) - Alex Lukeman

    Prolog

    Mailand, 395 nach Christus

    Der Kaiser Roms lag im Sterben.

    Der Geruch seines verfallenden, aufgeblähten Körpers füllte den Raum. Seine beiden Söhne waren vor einer halben Stunde bereits nach einem letzten Abschiedskuss fortgeschickt worden, und nun kniete nur noch sein Beichtvater neben dem Bett und rezitierte Gebete. Zwei Generäle des Herrschers sahen dabei zu.

    Tod lag in dem Raum.

    Der Priester beendete seine Gebete und beugte sich über den Herrscher, um dessen geflüsterte Worte hören zu können.

    »Anastasius … schicke sie weg.«

    Der Priester erhob sich. Er war eine imposante Erscheinung in seiner schwarzen Robe, ein Mann, der von sich wusste, dass er mit der Autorität Gottes sprach. Sein Blick war grimmig.

    »Er befiehlt euch, uns allein zu lassen.«

    »Wir müssen Zeuge seines Todes werden.«

    Der Sprecher war Stillicho, Leibwache von Honorius, dem zehnjährigen Jungen, der einmal im Westen herrschen würde. Neben ihm stand Flavius Rufinus, Leibwache von Theodosius‹ anderem Sohn, Arcadius. Er würde im Osten herrschen.

    »Gehorcht eurem Kaiser.« Die Stimme des Priesters klang ernst. »Bald schon könnt ihr tun und lassen, was ihr wollt.«

    Die beiden Männer verbeugten sich, verließen das Zimmer und schlossen die Tür hinter sich. Theodosius sprach wieder zu dem Priester, kaum lauter als ein Flüstern.

    »Wo …?«

    »Ich werde es ins Kloster bringen, Eure Majestät. Alles wird gut.«

    »Diese Männer … Rufinus und die anderen … sie sind korrupt. Sie dürfen es nicht bekommen.«

    Ein starker Hustenfall schüttelte ihn. Er krallte mit seinen Fingern in die Decke und rang nach Luft. Anastasius hielt den Kopf des Herrschers und wischte ihm mit einem Tuch etwas Schleim von den Lippen.

    Der Husten ließ nach. Theodosius sank auf seine Kissen zurück. Er hob eine zitternde Hand und deutete auf eine verzierte Kommode am anderen Ende des Raumes.

    »… die Kommode …«

    Der Priester lief zu dem Schrank, öffnete die Tür, griff hinein und nahm in goldenes Tuch gehülltes Bündel von der Größe eines Brotlaibs heraus. Ein raues Röcheln ließ ihn herumfahren, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Theodosius seinen letzten Atemzug aushauchte.

    Der letzte Kaiser des Römischen Reiches war tot.

    Der Priester schloss die Augen des toten Mannes, schlug ein Kreuz vor seiner Brust und sprach ein letztes Gebet für Theodosius‹ Seele. Dann schob er das Bündel unter seine Robe, in die geheime Tasche, die er selbst darin eingenäht hatte. Nun konnte er nichts weiter tun, als den Aasgeiern zu gestatten, sich zu versammeln.

    Er stieß die Türen auf. Ein Dutzend Menschen warteten in dem Vorzimmer.

    »Der Kaiser ist tot.«

    »Endlich«, rief Rufinus.

    Er schob sich grob an dem weißhaarigen Priester vorbei und lief in das Zimmer, gefolgt von den anderen.

    Anastasius wartete, bis alle den Raum betreten hatten, dann huschte er davon. Das Bünder unter seiner Robe fühlte sich heiß an seinem Körper an.

    Er war ein alter Mann, und eine lange Reise lag vor ihm.

    Kapitel 1

    Der Mann auf dem Foto war nackt und an die Seite eines Holzhauses genagelt. Ein Kranz aus Stacheldraht war auf seinen Kopf gedrückt worden. Brandwunden und Löcher verunzierten seinen Leichnam. Er war höchstwahrscheinlich bereits tot gewesen, als die Vögel begonnen hatten, nach seinen Augen zu picken.

    Es war ein sonniger Spätherbsttag in Virginia, das Ende des Indian Summers. Die Verandatür stand offen und der Geruch verbrannten Laubs hing in der Luft.

    Das PROJECT-Team hatte sich im Büro von Direktorin Elizabeth Harker versammelt. Elizabeth saß an ihrem Schreibtisch, ihre Füße berührten kaum den Boden. Die wenigsten Möbel auf dieser Welt waren für zierliche Personen wie sie entworfen worden. Ihre mangelnde Körpergröße machte sie jedoch mit Eindringlichkeit und Intelligenz wieder wett.

    Sie trug die für sie übliche Kombination aus einem schwarzen Hosenanzug und weißer Bluse. Die Bluse verschmolz mit ihrer milchigweißen Haut, von der sich ihre smaragdgrünen Augen stark abhoben – Augen, die vor Lachen funkeln oder Löcher in jemanden bohren konnten, der ihren Unmut auf sich gezogen hatte.

    Das Foto warf einen dunklen Schatten auf den ansonsten so schönen Tag. Selena Connor spürte, wie sich ihr beim Anblick der Fotografie der Magen umdrehte.

    Nervös strich sie sich eine rötlichblonde Strähne aus der Stirn. Selena war das, was man gemeinhin eine klassische Schönheit nannte. Ihre Augen schimmerten entweder blau oder violett, je nach Lichteinfall. Hohe Wangenknochen und ein Schönheitsfleck über ihren vollen Lippen schufen ein einprägsames Gesicht. Sie war ein Mensch, nach dem sich andere zweimal umdrehten.

    Selena war eine der führenden Expertinnen der Welt für alte Sprachen. Sie hatte vor etwa einem Jahr Nick Carter geheiratet, benutzte aber hin und wieder immer noch ihren Mädchennamen, wenn sie sich auf ihre Reputation berufen musste.

    Sie reichte das Foto Lamont Cameron, der neben ihr saß.

    »Welches kranke Hirn denkt sich denn so etwas aus?«

    Er warf einen Blick darauf und schüttelte den Kopf.

    »Das menschliche Hirn, denke ich. Der schlimmste Teil der Menschheit.«

    Lamont war eine der vier Personen neben Nick Carter, Selena und Ronnie Peete, aus denen sich das Team zusammensetzte. Er war ein Navy SEAL gewesen, bevor Nick und Ronnie ihn für das PROJECT rekrutiert hatten.

    Lamonts Gesicht war eine beeindruckende Kombination aus Farben und Kontrasten. Seine blauen Augen stammten von seinen lange vergessenen Ahnen aus Äthiopien. Eine pinkfarbene Narbe hob sich von seiner kaffeebraunen Haut ab, ein Andenken an den Irak, welches über sein rechtes Auge und quer über seine Nase führte. Man musste nur einen flüchtigen Blick auf ihn werfen, um zu erkennen, dass er einige Zeit an Orten verbracht hatte, an denen man sich große Mühe gegeben hatte, ihn umzubringen. Wenn er lächelte, schien es das Natürlichste auf der Welt zu sein. Aber wenn er wütend wurde, konnte man mit seinem Gesicht Kinder in Angst und Schrecken versetzen.

    Lamont reichte das Foto an Ronnie Peete weiter.

    Ronnie war das Allroundtalent des Teams. Er konnte ebenso problemlos ein Schloss knacken wie ein Gebäude in die Luft jagen. Diese Eigenschaft war eine der Fähigkeiten, die man als Gunnery Sergeant der Marines besitzen musste, seinem früheren Beruf. Er war Vollblut-Navajo-Indianer und sah auch so aus. Man konnte ihn sich ohne weiteres auf dem blanken Rücken eines Pferdes vorstellen, mit dem er sein Kriegsbeil schwingend auf einen zuritt.

    Auch er betrachtete das Foto.

    »Der Mann starb auf die harte Tour.«

    Er reichte das Foto an Nick Carter weiter, Selenas Ehemann und viertes Mitglied des Einsatzteams. Nick führte das Team bei Einsätzen an. Er war ein Major bei den Marines gewesen, bevor Harker ihn angeworben hatte.

    »Wer ist er?«, fragte Nick.

    Er gab das Foto seiner Vorgesetzten zurück.

    »Vilgot Andersson«, erklärte Elizabeth. »Das Foto wurde in Schweden aufgenommen. Er war Teil einer Einsatztruppe, die sich um Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten kümmern sollten. Einige von ihnen sind Terroristen, die sich nur als Flüchtlinge ausgeben. Andersson hatte herausgefunden, dass jemand Antiquitäten aus Orten verkaufte, die im Mittleren Osten von der ISIS erobert worden waren, wie Palmyra oder Nimrud. Die Schweden glauben, dass man ihn umbrachte, weil er einer ISIS-Terrorzelle auf die Spur kam, die Teil eines größeren Netzwerkes ist.«

    »Ich verstehe nicht, was das mit uns zu tun hat.«

    »Die Schweden sind davon überfordert. Die Verbindung zu ISIS bedeutet nichts Gutes. Sie haben Präsident Rice um Hilfe gebeten, und das sind wir.«

    »Überprüfen die Schweden diese Leute denn nicht, bevor sie sie über die Grenze lassen?«

    »Das ist ein heikles Thema. Die meisten der Flüchtlinge sind Muslime aus dem Mittleren Osten oder Afrika. Mit ihnen ist eine große Welle der Kriminalität und Gewalt ins Land geschwappt, aber die Polizei ist unterbesetzt und wird zudem von der sozialdemokratischen Regierung ausgebremst.«

    »Wieso tut die Regierung dann nichts dagegen?«, fragte Ronnie.

    »Die schwedischen Sozialdemokraten stellen das Wohl der Flüchtlinge über das ihrer eigenen Leute. Ihre Gesetze werden sie die nächste Wahl kosten, aber im Moment haben sie noch das Sagen und verfolgen ihre eigene Agenda. Menschen, die sich darüber beschweren, werden in der Presse als fremdenfeindlich und Rassisten abgestempelt.«

    »Heißt das, wir werden nach Schweden fliegen?«, fragte Nick.

    »Der Präsident bekommt, was er sich wünscht.«

    »Was sollen wir da drüben tun?«

    »Finden Sie heraus, was Andersson wusste. Oder zumindest, was die Schweden darüber wissen. Er wird Berichte verfasst haben. Versuchen Sie, eine Verbindung zur ISIS zu finden. Wenn Sie eine solche finden sollten, dann folgen Sie ihr. Handeln Sie nach eigenem und bestem Wissen, aber vergessen Sie nicht, dass Sie deren Kommando unterstehen, solange Sie sich in ihrem Land befinden.«

    »Ich verstehe nicht, wieso Rice uns für am geeignetsten für diesen Job hält.«

    »Vielleicht kann er uns einfach gut leiden«, sagte Lamont.

    »Lamont …« In Harkers Tonfall schwang eine Warnung mit.

    »Sorry, Direktorin.«

    »Wir haben eine Übereinkunft mit den Schweden getroffen. Sie behalten für uns die Russen im Auge, und wir helfen ihnen dafür hin und wieder aus. Quid pro quo. Ich werde sie alle schicken, nur für den Fall, dass sie auf Probleme stoßen.«

    »Der Kerl auf dem Foto ist ganz sicher auf Probleme gestoßen«, sagte Ronnie.

    »Er muss etwas gewusst haben«, sagte Nick. »Wieso ihn foltern, wenn sie nur seinen Tod gewollt hätten?«

    »Es könnte eine Botschaft an die muslimische Bevölkerung vor Ort gewesen sein«, überlegte Selena.

    »Wie meinen Sie das?«, erkundigte sich Harker.

    »Der Symbolcharakter. Der Mann wurde gekreuzigt. Dafür ist die ISIS bekannt.«

    »Wie lautet dann aber die Botschaft?«, fragte Lamont.

    »Haltet den Mund. Das Gleiche könnte auch euch widerfahren.«

    »War Andersson ein Cop?«, fragte Ronnie.

    Harker tippte mit ihren Fingern auf ihren Schreibtisch. »Nein. Er arbeitete für das KSI, das Büro für besondere Einholungen. Das ist mehr oder weniger das schwedische Äquivalent der CIA, wenn auch bedeutend kleiner. Man weiß wenig über diese Organisation in Schweden, wie überhaupt auf der ganzen Welt.«

    »Schwedische Spione?«, fragte Ronnie. »Mittlerweile scheint jedes Land seine Spione zu haben.«

    »Das KSI ist auf HUMINT spezialisiert, Human Intelligence. Andersson wird über Informanten verfügt haben. Sie werden seiner Spur folgen.«

    »Wann sollen wir aufbrechen?«, wollte Nick wissen.

    »Morgen. Sie werden einen Linienflug der Scandinavian Airlines nehmen. Das nationale Hauptquartier des KSI befindet sich in Solna, einem Vorort von Stockholm. Ich habe bereits ihre Flüge gebucht. Ihr Kontaktmann wird Major Otto Forsberg sein.«

    »Haben Sie uns auch schon ein Hotel gebucht?«, fragte Selena.

    »Nein«, antwortete Harker. »Ich dachte, das überlasse ich Ihnen.«

    »Und Waffen?«, fragte Nick.

    »Die Schweden werden Ihnen nicht erlauben, welche ins Land zu bringen.«

    »Das gefällt mir nicht.«

    »Dagegen kann ich nichts tun. Lassen Sie mich wissen, falls es Probleme geben sollte, und ich werde sehen, was ich tun kann.«

    »Ich würde mich besser fühlen, wenn Sie ein Paket an die Botschaft schicken würden, nur für alle Fälle.«

    »Das lässt sich einrichten«, sagte Elisabeth.

    »Wie ist das Wetter dort um diese Jahreszeit?«, erkundigte sich Lamont.

    »Kalt. Aber seien Sie froh, dass es in Stockholm nicht so kalt wie noch weiter nördlich wird.«

    Kapitel 2

    Es war Nacht, als sie Stockholm eintrafen. Ende Oktober bedeutete in Schweden kürzere Tage und länger werdende Nächte. Die Stadt befand sich bereits im Wintermodus. Die Temperatur betrug frische minus zwei Grad Celsius. Schnee bedeckte das Gelände rund um den Flughafen.

    Ein Mann in einem dunklen Mantel kam auf sie zu, als sie sich der Zollabfertigung näherten. Er besaß das Gesicht eines Mannes, der schon mehr gesehen hatte, als ihm lieb war. Er war etwa einen Meter achtzig groß, ungefähr so groß wie Nick und mit dem gleichen ernsten Blick, den Nick sah, wann immer er in den Spiegel blickte. Das war etwas, das die vielen Jahre beim Militär so mit sich brachten. Er war etwa vierzig Jahre alt, mit kurzgeschnittenem blonden Haar. Und er besaß eisblaue Augen, mit denen er Nick und die anderen kurz musterte.

    »Nicholas Carter?«

    »Ja.«

    »Otto Forsberg. Willkommen in Schweden.«

    Forsbergs Englisch war gut, mit nur leichtem Akzent. Sie schüttelten sich die Hände. Nick stellte die anderen vor. In Schweden lernte jeder Englisch in der Schule.

    »Kommen Sie mit mir«, sagte Forsberg. Er zückte seinen Ausweis und führte sie so ohne Durchsuchung durch den Zoll.

    »Haben Sie noch Gepäck dabei?«, fragte er.

    »Nein, nur das, was wir bei uns tragen.«

    »Gut. Ein Wagen wartet auf uns.«

    Als sie das Flughafengebäude verließen und in die schwedische Nacht hinaustraten, traf sie die Kälte mit der Schärfe eines Rasiermessers. Selena stülpte sich die pelzbesetzte Kapuze ihres blauen Parkas über. Der Mantel brachte ihre blauvioletten Augen und ihr blondes Haar zu Geltung. Mit ihren hohen Wangenknochen und der hellen Haut hätten die meisten Schweden für eine Einheimische gehalten.

    Sie stiegen in den Wagen, einen schwarzen Volvo, der im Leerlauf vor dem Eingang wartete. Die Heizung lief auf vollen Touren. Nick war froh über die Wärme im Inneren des Wagens.

    »Wo werden Sie wohnen?«, erkundigte sich Forsberg.

    Selena gab ihm den Namen des Hotels. Forsberg sagte etwas zu dem Fahrer, und dann fädelten sie sich in den leichten Straßenverkehr.

    Forsberg öffnete einen Aktenkoffer, der in dem Wagen gelegen hatte, und nahm eine Akte heraus. Er reichte sie Nick.

    »Wir werden morgen beginnen. Ich dachte mir, dass Sie in der Zwischenzeit vielleicht wissen wollen, was wir bis jetzt herausgefunden haben.«

    »Irgendetwas Neues über die Mörder dieses Mannes?«

    »Wir folgen immer noch den Hinweisen.«

    »Also keine Neuigkeiten.«

    »Noch nicht.«

    »Wie lautet Ihr Plan, uns in Ihre Ermittlungen einzubeziehen?«

    »Ich will ganz ehrlich sein. Es war nicht meine Idee, Sie hierher einzuladen. Ich wüsste nicht, was Sie besser könnten als wir. Aber nun sind Sie einmal hier, und meine Befehle lauten, einen Weg zu finden, wie Sie sich nützlich machen können.«

    »Wir sind froh, uns nützlich machen zu können«, sagte Lamont.

    »Das ist eine unangenehme Situation«, sagte Forsberg. »Im Moment bin ich nicht sicher, wie Sie sich einbringen sollen. Aber Sie bringen frischen Wind in die Ermittlungen. Vielleicht fällt Ihnen etwas auf, was wir übersehen haben. Sie wissen ja, wie das ist. Geheimdienstarbeit ist in etwa so, als wäre man Polizist. Die meiste Zeit über betrachtet man unzählige kleine Hinweise, und versucht, sie zu einem Bild zusammenzusetzen, welches für uns Sinn ergibt.«

    »Kannten Sie den toten Mann?«, wollte Selena wissen.

    »Ja. Ich kannte ihn. Wir sind eine kleine Organisation und er war ein guter Freund. Das Ganze ist sehr persönlich für mich. Ich will die Leute finden, die das getan haben. Wenn Sie mir dabei helfen können, werde ich Ihnen sehr dankbar sein.«

    »Wir konnten unsere Waffen nicht mitbringen«, sagte Nick. »Da Sie gerade von dankbar sprachen … das wäre ich auch, wenn Sie uns mit Pistolen ausstatten könnten.«

    »Glauben Sie, dass Sie die brauchen werden?«

    »Etwas wie die, die Sie unter ihrem Mantel tragen, würde uns schon genügen.«

    »Ah, ich hatte nicht geglaubt, dass das so offensichtlich wäre.«

    »Was tragen Sie denn bei sich?«, fragte Ronnie.

    »Eine Pist88, 10mm. Sie würden sie wahrscheinlich Glock 17 nennen.«

    »Um Ihre Frage zu beantworten«, sagte Nick, »ich weiß nicht, ob wir sie brauchen werden, aber ich möchte es ungern erst dann herausfinden, wenn wir in Schwierigkeiten stecken. Wer immer ihren Mann umgebracht hat, fackelt nicht lange. Und falls wir ihn finden sollten, bekommen wir es möglicherweise mit seinen Kumpanen zu tun. Und selbst wenn er allein ist, wird er sicherlich nicht freiwillig mit uns kommen.«

    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Forsberg, »aber es ist unwahrscheinlich, dass man es ihnen gestatten wird. Es tragen nicht viele von uns hier Waffen.«

    »Mmm«, murmelte Nick.

    »Morgen werden wir eines der Flüchtlingszentren besuchen«, erklärte Forsberg. »Das ist der letzte Ort, an dem Andersson lebend gesehen wurde, bevor er verschwand. Ich möchte die Bewohner noch einmal befragen.«

    »Bewohner?«

    »Es ist ein Wohnhaus, voller Menschen aus Syrien und dem Irak. Es ist kein sehr angenehmer Ort, aber immer noch besser, als in einem Plastikzelt zu hausen. Die Leute dort haben Glück.«

    »Das nenne ich mal Glück«, sagte Lamont.

    »Sprechen Sie arabisch?«, fragte Selena.

    »Nein.«

    »Dann könnte ich für Sie übersetzen.«

    »Ja, ihre sprachlichen Fähigkeiten wurden in Ihrer Akte erwähnt. Verstehen Sie auch die verschiedenen Dialekte?«

    Es gibt immer eine Akte, dachte sie. Manchmal fragte sie sich, ob es irgendeinen Aspekt ihres Lebens gab, der nicht irgendwo in einer Akte vermerkt war.

    »Das hängt davon ab, aber prinzipiell ja. Ich beherrsche die meisten Dialekte des Mittleren Ostens.«

    »Das ist die erste gute Nachricht, die ich heute gehört habe. Als wir die Leute in dem Zentrum befragten, mussten wir uns auf einen ihrer Dolmetscher verlassen. Ich bin sicher, dass er nicht alles übersetzte. Vielleicht haben Sie mehr Glück.«

    Der Wagen hielt vor dem Eingang des Hotels.

    »Wir sind da.«

    Sie stiegen aus dem Wagen.

    »Ich bin morgen früh um 0800 wieder da und hole sie ab.« Er sah auf die Uhr. »Ich sollte mich besser beeilen. Wir haben heute Abend ein spezielles Familienessen geplant. Mein Großvater hat Geburtstag. Er wird zweiundneunzig.«

    »Das ist ja fantastisch«, sagte Nick.

    »Er meldete sich freiwillig, um im Zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen zu kämpfen. Ich denke, Ihnen würden seine Geschichten gefallen.«

    »War Schweden denn nicht neutral?«

    »Nicht alle von uns.«

    Forsberg stieg wieder in den Wagen. Sie blickten ihm nach, während er davonfuhr.

    »Er schien recht nett zu sein«, sagte Ronnie.

    »Soll mir recht sein«, sagte Lamont. »Für gewöhnlich bekommen wir nur zu hören, dass wir uns fernhalten sollen.«

    »Früher oder später wird das auch hier jemand sagen«, sagte Nick.

    Kapitel 3

    Stockholm war auf einem Archipel errichtet worden, einer Reihe von Inseln, durchzogen von Seen und Kanälen. Nicks und Selenas Zimmer blickte auf den See Mälaren hinaus und bot zudem eine gute Aussicht über die Stadt. Auf der einen Seite lag das Rathaus, auf der anderem das schwedische Parlamentsgebäude und die Altstadt.

    Das Hotel entsprach dem typischen, gehobenen europäischen Design, mit einem zentralen Wohnbereich, der mit einem hellen Holz vertäfelt war, bei dem sich um Birke oder Esche handelte. Eingelassen in eine der Wände befand sich ein riesiger Fernseher. Das Badezimmer war grau und schwarz gefliest, mit verchromten Akzenten und vielen Spiegeln. Große weiße Keramikschalen auf einer Steinplatte dienten als Waschbecken.

    Die Suite wirkte, als wäre sie direkt den Seiten eines modernen Architekturmagazins entnommen worden. Hellblaue, durchsichtige Stoffvorhänge hingen vor einer Reihe von Fenstern, die auf den See hinausblickten.

    Die Möbel waren funktional und bequem und bestanden aus Sesseln und einer Couch mit grauen Stoffbezügen, mit dazu passendem durchgehenden Teppichboden und einem polierten runden Tisch. Über diskret versteckte Einbaulampen ließen sich verschiedene Lichtstimmungen erzeugen.

    Nick sah sich um.

    »Nicht schlecht.«

    Selena warf ihre Jacke über den Rücken eines Sessels. »Die Schweden haben ein Händchen für so etwas.«

    »Lass uns unten etwas essen und trinken. Könnte für eine Weile unsere letzte Chance sein. Morgen in aller Frühe geht es los.«

    »Was ist mit Ronnie und Lamont?«

    »Ich rufe sie an. Sie wohnen gleich nebenan.«

    Fünfzehn Minuten später saßen sie an der Bar in der Lobby, vor einem massigen Steinkamin, in dem ein Gasfeuer prasselte. Eine Kellnerin brachte ihre Drinks. Ein Wasser für Ronnie, Alkohol für alle anderen.

    Alkohol vertrug sich nicht gut mit Ronnies Navajo-Genen. Einer der Gründe, weshalb er sich den Marines angeschlossen hatte, war, den Problemen zu entkommen, die das Trinken in dem Reservat verursachte. Alkohol war auf Stammesgelände in jeglicher Form verboten, aber das hielt die Leute nicht davon ab, sich ständig zu betrinken. Armut und Alkohol gingen in den Reservaten Hand in Hand.

    »Das Feuer fühlt sich gut an«, sagte er. »In diesen Tagen macht mir die Kälte zu schaffen, wenn sich das Wetter ändert.«

    »Was hast du denn erwartet?«, fragte Lamont. »Du wirst alt. Ich meine, ich bin überrascht, dass du noch keinen Rollator brauchst.«

    »Wenn hier einer einen Rollator braucht, dann du«, entgegnete Ronnie.

    »Ich kann immer noch schneller laufen als du.«

    »Das glaube ich nicht.«

    Nick schaltete sich ein. »Lasst uns über den morgigen Tag sprechen.«

    »Wann öffnet das Restaurant?«, fragte Lamont. »Haben wir noch Zeit für ein Frühstück?«

    »Hier gibt es vierundzwanzig Stunden Zimmerservice. Häng einfach eine von diesen Karten außen an die Türklinke, was du haben willst und wann. Dann bringen sie es dir aufs Zimmer.«

    »Mann, ich liebe Hotels wie dieses. Danke, dass du uns hier einquartiert hast, Selena.«

    »Gern geschehen«, sagte sie.

    Selena hatte ihre Zimmer in dem Hotel aufgewertet, einfach, weil sie es konnte. Das Gleiche tat sie auch mit ihren Flugtickets, wenn sie Linienflüge nahmen. Sie hatte Nick erklärt, dass es helfen sollte, die vielen Male wettzumachen, in denen sie auf einem Bett aus Steinen oder im Sand schlafen mussten, im Schlamm oder im Schnee froren oder Skorpione und Schlangen abwehren mussten. Ein großes Erbe sorgte dafür, dass sie sich um Geld keine Sorgen machen brauchte, und sie beabsichtigte, diesen

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