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DAS KREML-KOMPLOTT (Project 11): Thriller
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eBook329 Seiten3 Stunden

DAS KREML-KOMPLOTT (Project 11): Thriller

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Über dieses E-Book

Verschollene Reliquien, mystische Schätze und geheimnisvolle Artefakte – begeben Sie sich zusammen mit der streng geheimen Regierungsorganisation PROJECT auf die weltumspannende Jagd nach den letzten Rätseln der Menschheit.
Ein Putsch im Kreml bringt alte Hardliner an die Macht, die fest entschlossen sind, ehemalige Staaten der untergegangenen Sowjetunion zurückzuerobern. Direktorin Elizabeth Harker schickt das PROJECT-Team in den Balkan, wo der von Russland unterstützte Präsident Mazedoniens versucht, einen Volksaufstand zu unterdrücken. Es scheint, als würde Russland versuchen, seinen Einfluss nach Mitteleuropa auszudehnen. Aber die Wahrheit ist noch viel gefährlicher …
Nick, Selena und ihr Team geraten in einen heimtückischen Plan, der die Welt an den Rand eines Atomkriegs treiben könnte. Wer finanziert Moskaus militärisches Abenteuer, und warum? Und wird das Team einen Weg finden, die Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland zu entschärfen, bevor es zu spät ist?
★★★★★ »Alex Lukeman schreibt mit einem sicheren Gespür für filmische Atmosphäre. Seine fesselnden Romane mit ihren griffigen Plots sind einfach absolute Hits.« - MCSFilm Review Team
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum2. Apr. 2024
ISBN9783958357556
DAS KREML-KOMPLOTT (Project 11): Thriller

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    Buchvorschau

    DAS KREML-KOMPLOTT (Project 11) - Alex Lukeman

    Kapitel 1

    Dichtes Schneegestöber wirbelte um die drei Männer herum, die den Platz vor dem kuppelförmigen Senatsgebäude des Kremls überquerten. Zwei von ihnen trugen die charakteristischen grauen Mäntel und weit nach oben ragende Mützen der Generäle der russischen Armee. Die dritte Person war ein schlanker Zivilist, bekleidet mit einem dunklen Überzieher und einem Fedora, der neben den beiden stämmigen Männern regelrecht winzig wirkte. Der Schnee wechselte sich mit Eisregen ab, dem kalten Atem eines weiteren harten russischen Winters. Die Fußabdrücke der drei Männer waren die einzigen Spuren in dem ansonsten blütenweißen Schnee, der den Platz bedeckte. Es war bereits spät, und die Nacht wurde von Flutscheinwerfern erhellt, die sich durch den fallenden Schnee bohrten und die mit Kolonnaden versehene Front des Senatsgebäudes erhellten.

    Hier, im Allerheiligsten des russischen Machtzentrums, waren bei jedem Wetter Wachen postiert. Sie nahmen ruckartig Haltung an, als sich das Trio ihnen näherte, und beeilten sich dann, die großen Türen zu öffnen, die in das Gebäude führten. Die drei Männer liefen ins Warme und warteten dann, bis sich die Türen wieder hinter ihnen geschlossen hatten. Der riesige Empfangssaal war verlassen. Um diese Zeit des Abends war niemand mehr hier.

    Generaloberst Jewgeni Kusnezow stapfte den Schnee von seinen hohen, glänzenden Stiefeln. Beide Generäle öffneten ihre schweren Mäntel. Jeder von ihnen trug eine Makarov-PMM-Pistole in einem glänzenden, schwarzen Lederholster.

    »Bringen wir es hinter uns.« Kusnezows Stimme klang rau vom jahrelangen Genuss billigen Tabaks und Wodkas.

    »Vielleicht kommt er ja noch zur Vernunft«, sagte der Zivilist.

    Kusnezow schnaubte verächtlich. »Das glauben Sie doch selbst nicht, Wladimir.«

    Wladimir Orlow knöpfte seinen Mantel auf und wischte sich den Schnee von den Schultern. Danach nahm er seinen Hut ab und schlug damit gegen seine Hosenbeine. Orlows blondes Haar war licht und über seinen ovalen Schädel gekämmt. Er hatte eine Nase wie ein Messer und schmale, zusammengepresste Lippen. Seine Augen waren von einem kalten Blau, so kalt wie die sibirische Steppe.

    »Haben Sie die Papiere?«, fragte Orlow.

    »Ich habe sie hier.«

    General Pjotr Krupin zog einen flachen Lederordner unter seinem Mantel hervor. Er war der Befehlshaber des westlichen Militärdistrikts, zu dem auch Moskau gehörte. Ein Großteil der russischen Armee unterstand seinen Befehlen.

    »Ich glaube nicht, dass er sie unterschreiben wird«, sagte Orlow. »Aber wir werden ihm die Chance geben. Es liegt jetzt an ihm, wie die Dinge ablaufen werden. Was ist mit Vysotskys Männern?«

    Krupin sah auf die Uhr. »Eine Zaslon-Einheit wird in genau acht Minuten eintreffen.«

    »Gut. Wie immer sich Gorowsky entscheidet, wird Auswirkungen auf ihre Rolle in der Sache haben.«

    In einem anderen Teil des Gebäudes, nicht weit von dem Ort entfernt, an dem die drei Männer sich unterhielten, saß der Präsident der Russischen Förderation, Leonid Gorowsky, zurückgelehnt in dem Ledersessel hinter seinem Schreibtisch und betrachtete den Schnee, der vor seinem Bürofenster umherwirbelte. Gorowsky war ein dicker, unansehnlicher Mann, ein Rückschritt zu den Tagen, in denen russische Politiker alles andere als telegen gewesen waren. Menschen, die ihm das erste Mal begegneten, fühlten sich bei ihm an Nikita Chruschtschow erinnert, der ebenfalls aus bäuerlichen Verhältnissen stammte. Gorowsky sah wie jemand aus, der sich in einer Arbeiterkneipe wohlgefühlt hätte und einem eher eine Flasche über den Kopf gezogen als einen Drink ausgegeben hätte.

    Aber wie bei so vielen Dingen in Russland trog der Anschein. Zwar war es richtig, dass Gorowsky nicht vor brutaler Gewalt zurückschreckte, um das zu bekommen, was er wollte, aber es war ein Fehler, ihn einfach nur als einen weiteren mächtigen Tyrannen abzutun. Das grobschlächtige Äußere des Präsidenten verbarg einen verschlagenen und berechnenden Verstand mit einer realistischen Einschätzung globaler Politik und den anhaltenden Machtspielchen zwischen den führenden Nationen. Russlands enormes Atomwaffenarsenal sicherte ihm einen festen Platz in diesem Spiel, aber das musste nicht bedeuten, dass ihm das Spiel auch gefiel. In diesem Moment widmete er sich einem Misston in seinem Verstand, den er nicht länger ignorieren konnte.

    Mit den Bestrebungen des Westens, den Einflussbereich der NATO auszuweiten, hatte ein neuer Kalter Krieg begonnen. Dieser war mit den Ereignissen in der Ukraine eskaliert. Nun war die Temperatur der internationalen Beziehungen weit unter Gorowskys Komfortzone abgekühlt.

    Die westliche Position verfestigte sich. Gorowsky wusste, dass der amerikanische Präsident James Rice nicht vor dem Einsatz militärischer Macht zurückschrecken würde. Bis jetzt war Rice sehr vorsichtig gewesen, aber er stand unter extremem Druck, die weitere russische Ausweitung aggressiv zu beantworten. Die Hardliner im Pentagon und im Kongress wollten einen Krieg, etwas, mit dem sich die Koffer des industriell-militärischen Komplexes füllen ließen, der die Kontrolle über die amerikanische Regierung gewonnen hatte.

    Gorowsky hatte seine eigenen Probleme mit Hardlinern. Er hatte die Unterstützung des Militärs und der Oligarchen über das Versprechen erlangt, Russlands Ehre und Respekt in der Welt wiederherzustellen. Bis jetzt war das gut gegangen, auch wenn die Sanktionen des Westens sich langsam schmerzlich bemerkbar machten. Der Rubel hatte gelitten, aber es gab bereits Pläne, einen neuen Standard einer Weltwährung zu etablieren, der Russlands Wirtschaft neuen Schub verleihen würde. Die Häfen der Krim waren gesichert, eine der Achillesfersen Russlands. Bald schon würde sich auch der gesamte Osten der Ukraine unter russischer Kontrolle befinden. Die Annexion der Krim war ein befriedigender Auftakt gewesen. Das Problem bestand nur darin, dass die Geier unter ihm mehr wollten. Sie sahen die NATO als zahnlosen Tiger an und waren der Ansicht, dass man einen Großteil der ehemaligen Sowjetunion wieder unter seine Fittiche zurückholen müsse, notfalls mit Gewalt. Sie glaubten, Amerika sei von den verlorenen Kriegen im Irak und in Afghanistan geschwächt worden.

    In gewisser Weise sympathisierte Gorowsky mit diesen Ansichten. Das amerikanische Militär war überfordert. Ihre Wirtschaft stand am Rand des Zusammenbruchs, angetrieben von der Gier der Bänker und ihrer europäischen Günstlinge. Und politisch gesehen war Amerika tief gespalten. Nach der Meinung der Hardliner konnte sich Washington keinen weiteren Krieg bei einer Expansion Russlands leisten. Sie glaubten, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen war, um Russlands Dominanz in Osteuropa zu beanspruchen, angefangen mit der Ukraine.

    Der gesamten Ukraine.

    Aber Gorowsky wusste es besser. Eine Invasion der Ukraine würde einen Krieg mit Amerika bedeuten, einen Krieg, der schnell atomar werden könnte. Einen Krieg, den keine Seite gewinnen würde. Das Problem aber war, dass Gorowskys Generäle die Überzeugung hegten, einen solchen Krieg gewinnen zu können. Sie waren dem gleichen Mythos aufgesessen, der auch Hitler und Napoleon vernichtet hatte, dem Mythos der Unverwundbarkeit. Gorowsky wusste, dass es auf der Gegenseite im Pentagon Generäle gab, die den gleichen Illusionen nachhingen. Und es nahm selten ein gutes Ende, wenn Mythen mit der Realität kollidierten.

    Vor seiner Bürotür vernahm er Stimmen. Er sah auf die Uhr. Zu spät für das Tagesgeschäft. Das Unbehagen, das schon den ganzen Tag über an ihm genagt hatte, wuchs zu einem Gefühl der Beunruhigung heran.

    Gorowsky war nicht durch Naivität bis an die Spitze der Macht Russlands gelangt. Er war ein Überlebenstyp. Er zog eine seiner Schreibtischschubladen auf. Sie enthielt eine Pistole, die gleiche Makarov, die er getragen hatte, als er noch ein Agent des ehemaligen KGBs gewesen war.

    Die Tür öffnete sich, und es schien, als hätte sein Verstand die gleichen Personen herbeigerufen, an die er eben noch gedacht hatte – jene Männer, die den Krieg wollten. General Kusnezow und General Krupin stritten schon seit Wochen für einen großangelegten Militäreinsatz. Der Anblick seines Premierministers mit dem schwarzen Fedora auf dem Kopf bestätigte zudem Gorowskys Vermutungen, dass Orlow hinter seinem Rücken gegen ihn intrigierte.

    »Wladimir. Meine Herren Generäle. Gibt es eine militärische Krise? Anders kann ich mir Ihre Anwesenheit zu dieser Stunde nicht erklären.«

    Krupin zog die lederne Akte hervor, die er mitgebracht hatte, und legte sie auf Gorowskys Schreibtisch ab.

    »Sie sollten das lesen, bevor wir weiterreden.«

    Gorowsky bemerkte den Mangel an Respekt und sah Orlow an. Kalte blaue Augen starrten zurück, ausdruckslos und stumpf wie die einer Schlange. Gorowsky öffnete die Akte und überflog das einzige Dokument darin. Dann sah er zu den drei Männern auf und nahm eine Zigarette aus der silbernen Kiste, die einst Zar Nikolaus gehörte. Er griff in die Schublade mit der Pistole und entnahm ihr eine Schachtel Streichhölzer. Der Inhalt der Schublade war von dort, wo die drei Männer standen, nicht einsehbar. Gorowsky zündete sich die Zigarette an und zog den Aschenbecher zu sich heran. Die Streichhölzer legte er in die Schublade zurück. Seine Hand beließ er in der Schublade und schloss sie um die Pistole.

    »Das ist eine Rücktrittserklärung«, sagte er. »Erwarten Sie wirklich, dass ich das unterzeichne?«

    »Das wäre das Beste, Leonid.«

    Orlows Stimme klang ruhig und überzeugend, wie er immer sprach, wenn er jemanden dazu überreden wollte, etwas zu tun, was er wollte.

    »Sie haben das Vertrauen des Militärs und der Oligarchen verloren. Ihre Vorsicht beginnt, wie Angst zu wirken, und Angst ist etwas, das wir von unseren Feinden nicht zeigen dürfen.«

    »Meine Vorsicht ist reine Vernunft. Wir sind noch nicht bereit für ein weiteres militärisches Abenteuer. Wir brauchen mindestens noch zwei Jahre.«

    »Niemand ist gewillt, noch weitere zwei Jahre zu warten«, sagte Krupin. »In zwei Jahren werden die Amerikaner die NATO soweit gestärkt haben, dass wir sie nicht mehr bezwingen können. Dann werden sie eine ernsthafte Bedrohung darstellen. In diesem Moment verhandelt Washington bereits um Raketenstellungen im Balkan. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie die Rodina mit ihren Waffen einkreisen.«

    Gorowsky schüttelte den Kopf wie ein Lehrer, der einen vorlauten Schüler maßregelt.

    »Sie sind Narren, wenn Sie glauben, wir könnten es mit den Amerikanern aufnehmen. Denken Sie an ihre Geschichte. Japan hatte die gleiche Idee, aus beinahe denselben Gründen. Sie hielten die Vereinigten Staaten für schwach, uneins und nicht gewillt, einen Krieg zu führen. Sie wissen, wie das ausging.«

    »Wir sind nicht Japan, und wir haben nicht mehr das Jahr 1941«, erwiderte Orlow. »Es wäre das Beste, wenn Sie das Dokument unterschreiben und sich in Würde auf Ihren Landsitz zurückziehen. Gehen Sie, Leonid. Genießen Sie Ihre Datsche am Schwarzen Meer.«

    »Oder?«

    Gorowsky spürte das kalte Metall der Makarov in seiner Hand.

    »Oder wir werden für Ihren Rücktritt sorgen. Vielleicht aus gesundheitlichen Gründen. Wirklich schade, von Ihren Herzproblemen erfahren zu müssen.«

    »Meinem Herz geht es blendend«, sagte Gorowsky, »aber Ihrem nicht mehr lange.«

    Er zog die Pistole aus der Schublade. Krupin hatte Gorowskys Hand beobachtet. Mit einer verschwommenen Bewegung hatte er seine eigene Pistole aus dem Holster gerissen. Er feuerte, als Gorowsky die Makarov erhob. Die Kugel traf den Präsidenten in die Schulter. Gorowskys Waffe feuerte, während er in den Sessel sank, und Kusnezow schrie vor Schmerz auf. Orlow zog eine Pistole unter seinem Mantel hervor und gab drei schnelle Schüsse auf Gorowsky ab, bevor dieser sich erholen konnte.

    Blut quoll aus Gorowskys Mund und er sank vornüber auf den Teppich. Er zuckte noch kurz, dann blieb er regungslos liegen. Der schwache Geruch von Kordit triftete durch den Raum.

    Kusnezow umklammerte seinen Oberarm. Dunkles Blut sickerte durch seine Finger.

    »Wie schlimm ist es?«, fragte Krupin.

    »Nicht schlimm. Nur eine oberflächliche Verletzung.«

    Von draußen war Tumult zu hören. Vier finster aussehende Männer in Zivilkleidung stürmten in das Büro. Ihre Kleidung vermochte nicht über ihre Bürstenhaarschnitte und ihre militärische Art hinwegzutäuschen. Sie gehörten zu Zaslon, jener geheimen Spetsnaz-Einheit, die von General Alexei Vysotsky befehligt wurde, einem der Leiter des russischen Auslandsgeheimdienstes. Vysotsky hatte zusammen mit Orlow in den Tagen des KGBs gedient.

    Der Anführer der vier Männer sah zuerst auf die Leiche des russischen Präsidenten hinunter, dann zu Orlow. Mit Gorowskys Tod war nun Orlow der amtierende Präsident der Russischen Föderation und oberster Befehlshaber der russischen Streitkräfte. Er salutierte.

    »Kapitän Ilja Jeschow, Herr Präsident. Wie lauten Ihre Befehle?«

    »Präsident Gorowsky erlitt unverhoffte Blutungen und einen Herzinfarkt.«

    Orlow warf Jeschow einen prüfenden Blick zu. »Sein überraschender Tod bedarf einiger Diskretion, wenn Sie verstehen?«

    »Natürlich.«

    »Sie werden hiermit mit sofortiger Wirkung zum Major befördert. Bitte sorgen Sie dafür, dass unser ehemaliger Präsident für ein Staatsbegräbnis vorbereitet wird. Und jemand soll den Teppich ersetzen.«

    »Jawohl.«

    Jeschow salutierte erneut und bellte dann ein paar knappe Befehle. Die anderen drei Männer trennten das blutbefleckte Stück Teppich ab und wickelten Gorowskys Leiche darin ein.

    Orlow sah dabei zu, wie sie den ehemaligen Präsidenten danach aus dem Raum trugen und lächelte.

    Das Spiel hatte begonnen.

    Kapitel 2

    Die Sonne ging über der Insel Kauai unter. Leuchtend orangefarbene Sonnenstrahlen und sich auftürmende, golden angestrahlte dunkle Kumuluswolken zierten den Horizont. Zwei Personen saßen auf der Veranda des Hotels, welches sich die beiden für ihre Flitterwochen ausgesucht hatten, betrachteten den Ozean und nippten an ihren Piña coladas.

    Der Mann war muskulös und in Form. Er besaß kurz geschnittenes, schwarzes Haar und graue Augen, denen nichts um ihn herum zu entgehen schien. Sein Körper war mit unzähligen Narben bedeckt, Erinnerungen an Wunden, die er sich an fremden und gefährlichen Orten zugezogen hatte.

    Die Frau sah beinahe atemberaubend aus. Selena Connor trug einen knappen lavendelfarbenen Bikini, der das Violett ihrer Augen unterstrich und ihre straffe Muskulatur offenbarte, die sich unter den Kurven verbarg, die für gewöhnlich die Blicke anderer Menschen auf sich zogen.

    »So lässt es sich leben«, sagte Nick Carter. »Wir sollten das öfter machen.«

    »Wir könnten uns eine Ferienwohnung kaufen und sie so oft wir wollen besuchen.«

    »Aber dann müssten wir uns die Drinks selber machen. Ich habe es lieber, wenn ich sie gemacht bekomme. Wo wir gerade davon sprechen …«

    Er hob für den Kellner zwei Finger. Noch zwei davon.

    Selena nahm eine Tube Sonnencreme aus ihrer Strandtasche und begann, sich an den Armen und im Gesicht einzureiben.

    »Ich habe heute etwas viel Sonne abbekommen.«

    »Steht dir aber. Bringt das Rot in deinem Haar zur Geltung.«

    »Stehst du auf Rothaarige?«

    »Hört sich nach einer Fangfrage an«, antwortete Nick. »Nein, nur bei dir.«

    »Richtige Antwort.«

    Die Drinks kamen. Nick nahm das Stück Orange vom Rand des Glases und biss hinein.

    »Auch etwas, das ich an den Inseln mag: Das Obst ist immer frisch, und die Drinks sind gut.«

    »Wir sind erst seit vier Tagen hier und ich fange gerade erst an, mich zu entspannen«, sagte Selena.

    »Uns bleiben noch zehn Tage, bevor wir zurückfliegen müssen. Ich kann mich nicht mehr entsinnen, wann ich das letzte Mal so lange Urlaub hatte.«

    »Sprich nicht davon, das bringt nur Unglück.«

    »Bist du etwa abergläubisch?«

    »Ich möchte nur ungern das Schicksal herausfordern.«

    »Glaubst du, es gibt so etwas wie Schicksal?«

    »Ich weiß nicht, vielleicht. Wenn es so etwas gibt, muss es noch etwas mit uns vorhaben, sonst wären wir in dem Wagen gewesen, als er in die Luft flog.«

    Selena sprach über den weißen Rolls-Royce, der sie eigentlich nach der Hochzeitszeremonie von der Kirche hätte wegbringen sollen. Er war in einer Explosion verschwunden, die die funkelnde Limousine in einen Haufen Schrott verwandelt, die Eichentüren der Kirche mit Schrapnellsplittern übersät und die Buntglasfenster hatte zersplittern lassen. Nur Nicks siebter Sinn hatte sie gerettet.

    »Die Verantwortlichen dafür würde ich zu gern in die Finger kriegen«, sagte sie. Ihre Stimme verriet ihre Verärgerung.

    Nick nahm einen großen Schluck von seinem Drink. »Bislang gibt es nichts, womit sich die Attentäter identifizieren ließen. Die Spurensicherung arbeitet noch daran.«

    »Da war diese Karte auf dem Paket.«

    Nick nickte. »Ich konnte nur zwei Worte darauf erkennen. ›Für meine …‹. Der Rest war unter der Schleife verborgen.«

    »Was könnte das bedeuten? Jemand wollte, dass wir es lesen.«

    »Klar, kurz bevor sie uns in die Luft gesprengt hätten. Aber wir werden es nie erfahren, es sei denn, wir kommen dahinter, von wem das Paket stammt.«

    Nicks abhörsicheres Telefon lag auf dem Glastisch. Es vibrierte in kurzen, wiederkehrenden Intervallen, die das Handy über die Glasplatte tanzen ließen. Er nahm es zur Hand und sah auf das Display.

    »Es ist Harker.«

    »Geh‹ nicht ran.«

    »Du weißt, dass ich rangehen muss.«

    Das Handy vibrierte wieder.

    »Ich sagte dir doch, du sollst das Schicksal nicht herausfordern.«

    Nick nahm den Anruf an. »Direktorin?«

    Sechstausend Meilen weit entfernt in Virginia saß Elizabeth Harker in ihrem Büro des PROJECT-Hauptquartiers und verfolgte eine Sondersendung auf CNN über das Staatsbegräbnis des ehemaligen Präsidenten der Russischen Föderation.

    »Nick, ich tue das nur sehr ungern, aber ich brauche Sie und Selena hier.«

    »Wir haben noch zehn Tage. Wenn nicht gerade der dritte Weltkrieg auszubrechen droht, habe ich es nicht sonderlich eilig, hier wegzugehen. Was gibt es denn so Dringendes?«

    »Haben Sie die Nachrichten verfolgt?«

    »Überhaupt nicht. Das ist der Sinn eines Urlaubs. Außerdem sind es unsere Flitterwochen. Ich habe Besseres zu tun.«

    Er zwinkerte Selena zu. Sie unterdrückte ein Lachen.

    »Gorowsky ist tot.«

    »Der russische Präsident? Das ist kein großer Verlust. Er hatte ziemlich viel Ärger verursacht. Vielleicht treffen die Russen ja eine bessere Wahl.«

    »Ich fürchte nicht«, sagte Harker. »Sein Tod befördert Wladimir Orlow auf den Präsidentenstuhl.«

    »Und?«

    Elizabeth seufzte. »Laut offiziellen Meldungen aus Moskau starb Gorowsky an einem Herzinfarkt. Langley verfügt aber über einen Undercover-Agenten in den höchsten Kreisen des russischen Militärs. Er erzählt eine andere Geschichte.«

    »Ich denke, ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, sagte Nick. »Sie werden mir gleich erzählen, dass er keines natürlichen Todes starb.«

    »Es stimmt, dass er an Herzversagen starb«, antwortete Elizabeth. »Aber das ist nicht ungewöhnlich, wenn man vier oder fünf Kugeln in die Brust bekommt.«

    »Sie glauben also, es war ein Putsch.«

    »Ja. Sie können das nicht wissen, aber Gorowsky hat über inoffizielle Kanäle Verhandlungen mit der Ukraine geführt, um die Lage zu entschärfen und im Gegenzug für eine Rücknahme der westlichen Sanktionen zu sorgen.«

    »Aber irgendwer war von dieser Idee nicht sonderlich angetan.«

    »Die Hardliner wünschen sich das alte Sowjetreich zurück«, erklärte Elizabeth. »Eine Entspannungspolitik mit dem Westen steht nicht auf ihrer Agenda. Die neue Ära wird nicht unbedingt kommunistisch werden, aber Stalin hätten die Ziele gefallen. Orlow ist ein Ultranationalist, und er ist gnadenlos. Und er besitzt den Rückhalt der beiden großen Machtfaktoren, der Oligarchen und des Militärs.«

    »Ich verstehe trotzdem nicht, wieso Sie uns so schnell zurück brauchen. Es wird einige Zeit dauern, bis Orlow alles an sich gerissen und jeden für seine Pläne auf Linie gebracht hat.«

    »Präsident Rice hat für morgen früh ein Treffen einberufen, um die Auswirkungen dieser Geschehnisse zu besprechen. Ich muss in der Lage sein können, ihm zu versprechen, dass wir einsatzbereit sind, sobald er es für nötig erachtet. Und das kann ich nicht, solange Sie irgendwo an einem Strand auf Hawaii liegen.«

    »Vielleicht nicht sofort, aber wir sind doch ohnehin nicht weit entfernt«, antwortete Nick. »Hier starten rund um die Uhr Flugzeuge. Wir sollten keine Probleme haben, einen Rückflug zu bekommen, wenn es sein muss. Wir brauchen diese Auszeit, Direktorin. Und wenn Sie uns einsatzbereit haben wollen, müssen Sie uns Zeit geben, uns zu erholen. Das haben wir uns verdient.«

    Nick sah zu Selena und hielt seine Hand mit gekreuzten Fingern in die Höhe.

    »Drei Tage«, sagte Elizabeth, »dann bewegen Sie Ihren Hintern wieder hierher. Und wenn ich Sie vorher brauchen sollte, besteigen Sie ohne zu zögern das nächste Flugzeug, verstanden?«

    »Direktorin …«

    »Drei Tage, Nick.« Sie beendete den Anruf.

    »Was hat sie gesagt?«

    »Sie hat uns noch drei Tage gegeben. Besser als gar nichts. Am liebsten hätte sie uns sofort zurückbeordert.«

    Selena leerte ihren Drink.

    »Wollen wir noch einen bestellen?«

    Nick betrachtete seine frischgebackene Braut und fragte sich, wie es ihm gelungen war, so lange seine Gefühle für sie zu unterdrücken. Nach Megans Tod hätte er nie gedacht, noch einmal eine Frau so nahe an sich heranzulassen. Aber Selena hatte sein Herz erobert.

    »Wieso sehen wir nicht nach, ob das Zimmermädchen Schokolade auf die Kissen gelegt hat?«, schlug Nick vor.

    Kapitel 3

    General Alexei Iwanowitsch Vysotsky, stellvertretender Leiter des SVR, des russischen Auslandsgeheimdienstes, stand vor dem Schreibtisch des kleinen Mannes, der nun die unermesslichen Ressourcen der Russischen Föderation kontrollierte. Der Schreibtisch war das moderne Symbol der Macht in Russland, das Äquivalent zum Thron des Zaren. Er war aus dem feinsten Holz gefertigt und mit Intarsien aus ukrainischem Malachit versehen, eine Ironie, die Wladimir Orlow nicht entgangen war.

    Die Dinge hatten sich in der kurzen Zeit, seit Gorowsky seinen Platz hinter eben diesem Schreibtisch räumen musste, rasch geändert. Der blutbefleckte Teppich war ersetzt worden. Man musste schon explizit und sehr genau danach suchen, um die Stelle zu finden, an denen er repariert worden war. Der Geruch von Schießpulver war längst verflogen. Orlow hatte sich eine Klausel in der russischen Verfassung zunutze gemacht, die ihm die rechtmäßige Autorität verlieh, den Ausnahmezustand auszurufen. Alle Macht lag nun in seinen Händen.

    Orlow gab sich

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