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Eiszeit: Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist
Eiszeit: Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist
Eiszeit: Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist
eBook462 Seiten5 Stunden

Eiszeit: Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist

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Über dieses E-Book

Welche Politik sollten wir unter den aktuellen Bedingungen gegenüber Russland verfolgen?

Eigentlich müsste über diese Frage offen gestritten werden. Stattdessen werden diejenigen, die Friedensverhandlungen mit Russland fordern, als Putin-Versteher diffamiert und ausgegrenzt. Und das, obwohl es um die wichtigste Frage überhaupt geht: das friedliche Zusammenleben. Gabriele Krone-Schmalz legt eine erweiterte und aktualisierte Neuausgabe ihres Buches Eiszeit vor. Seit Kriegsbeginn 2022 stellt sich für viele nicht mehr die Frage, ob man, wie im Untertitel dieses Buchs, von einer Dämonisierung Russlands reden kann. Denn was kann verbrecherischer sein, als ein Land zu überfallen? Wird also Russland nicht dämonisiert, sondern ist tatsächlich der Dämon, als der es immer und immer wieder beschrieben worden war? Aber stimmt das so? Wer sich mit der jüngeren Geschichte auseinandersetzt, kommt nicht umhin, sich zu fragen, wer hier agiert und wer reagiert.
SpracheDeutsch
HerausgeberWestend Verlag
Erscheinungsdatum2. Okt. 2023
ISBN9783987910340
Eiszeit: Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist
Autor

Gabriele Krone-Schmalz

Dr. Gabriele Krone-Schmalz, geboren 1949, studierte Osteuropäische Geschichte, Politische Wissenschaften und Slawistik. Von 1987 bis 1991 war sie Korrespondentin im ARD-Studio Moskau und moderierte anschließend bis 1997 den ARD Kulturweltspiegel. Sie war bis 2022 Professorin für TV und Journalistik an der Hochschule Iserlohn und bis 2023 Mitglied des Lenkungsausschusses des Petersburger Dialogs. Sie ist Fellow des German Marshall Fund. Gabriele Krone-Schmalz erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen: Dazu zählen unter anderem zweimal der Grimme-Preis und die Puschkin-Medaille. Für die Qualität ihrer Fernsehberichterstattung wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet.

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    Buchvorschau

    Eiszeit - Gabriele Krone-Schmalz

    Cover.jpgLogo Westend Verlag
    Ebook Edition

    Mehr über unsere Autoren und Bücher:

    www.westendverlag.de

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    1. Auflage 2023

    ISBN: 978-3-98791-034-0

    © Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2023

    Umschlaggestaltung: Westend Verlag, Frankfurt am Main

    Gabriele Krone-Schmalz

    Eiszeit

    Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist

    Inhalt

    Titel

    Eiszeit 2023

    Von Untertönen und Zerrbildern

    Ausblick

    Vorwort

    Russlands Rückkehr

    Verspieltes Vertrauen

    Der Zusammenbruch unter Jelzin

    Der neue Mann

    Die Revolutions-GmbH

    Die NATO-Perspektive für Georgien und die Ukraine

    Der Kampf um Südossetien und Abchasien

    Wer hat 2008 den Georgienkrieg begonnen?

    »Heute sind wir alle Georgier«

    Das Erbe des Imperiums

    Die schöne neue Weltordnung

    Der Showdown

    Jenseits von Schwarz und Weiß

    Der freie Wille eines Volkes

    Moskaus rote Linie

    Das Ringen um die Ukraine

    Putsch in Kiew

    Eine Regierung aus NATO-Befürwortern

    Der Aufstand in Syrien

    Syrien und der Westen

    Öl ins Feuer

    Was will »das« syrische Volk?

    Gut und Böse

    »Njet«

    Wer blockiert Minsk II?

    Wenn nur Russland dopt, warum gewinnen dann die anderen?

    Die historische Verantwortung Deutschlands

    Verdachtsberichterstattung

    »Grizzly Steppe«

    Wer bedroht wen?

    Die weltweiten Militärausgaben im Vergleich

    Truppenstärken und Militärstützpunkte

    Aggressiv oder defensiv?

    Die US-Raketenabwehr und das nukleare Gleichgewicht

    »Wir hatten auf eine Partnerschaft gehofft, aber dazu kam es nicht«

    Ein Neuanfang unter Obama?

    Das Atomabkommen mit dem Iran

    Eine klassische Rüstungsspirale

    »Wandel durch Annäherung«

    Tanz am Abgrund

    Die Aktualität des Harmel-Berichts

    Wer hat Angst vor wem?

    Für eine neue Entspannungspolitik

    Die »Strategie des Friedens«

    Westliche Illusionen

    »Die Welt hat aufgehört, sich an Russland den Hintern abzuwischen«

    Selber denken

    Dank

    Anmerkungen

    Russlands Rückkehr

    Der Showdown

    Gut und Böse

    Wer bedroht wen?

    »Wandel durch Annäherung«

    Selber denken

    Karten

    Orienteriungspunkte

    Titel

    Inhaltsverzeichnis

    Eiszeit 2023

    Als ich am 24. Februar 2022 in den Nachrichten hörte, dass Russland die Ukraine überfallen hat, war ich überrascht und geschockt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Bis zum Schluss bin ich davon ausgegangen, dass der Aufbau dieser gigantischen militärischen Drohkulisse an Russlands Westgrenzen Ende 2021 und Anfang 2022 – so riskant und überzogen er auch gewesen sein mochte – einem einzigen Ziel diente, nämlich ernst zu nehmende Verhandlungen mit dem politischen Westen zu erzwingen.

    Plötzlich wirkte der Begriff »Dämonisierung Russlands«, von der im Untertitel des Buches Eiszeit die Rede ist, deplatziert und zynisch. Denn was kann verbrecherischer sein, als ein Land zu überfallen? Russland wird also nicht dämonisiert, sondern ist tatsächlich der Dämon, als der es immer und immer wieder beschrieben worden war? Aber stimmt das so? Das vorliegende Buch ist 2017 erstmals erschienen und beschreibt Russlands Rückkehr auf die Weltbühne nach dem Zerfall der Sowjetunion. Brandherde wie Syrien spielen eine Rolle, die eingefrorenen Regionalkonflikte um Abchasien und Südossetien, natürlich die Chronologie des Georgienkrieges von 2008, über den nach wie vor sowohl in der Politik als auch in den Medien fälschlich behauptet wird, Russland habe ihn begonnen, und selbstverständlich das Ringen um die Ukraine. Die neue Weltordnung wird beschrieben, in der für Russland – als eine im internationalen Geschehen zu vernachlässigende ehemalige Weltmacht, die nach den Worten von US-Präsident Obama zur »Regionalmacht« abgestiegen war – kein Platz mehr zu sein schien. Demzufolge brauchte man auf Russland auch keine Rücksicht mehr zu nehmen und platzierte beispielsweise Raketenabwehrsysteme, die sich technisch relativ leicht in Angriffssysteme umbauen lassen, in Polen und Rumänien, also in unmittelbarer Nähe Russlands. Die NATO bewegte sich immer weiter auf Russlands Grenzen zu und hatte mit der für die Ukraine und Georgien in Aussicht gestellten Mitgliedschaften eine Schmerzgrenze für Russland überschritten. Der detaillierte Blick auf die sich gegenüberstehenden Militärpotenziale von NATO und Russland (siehe ab Seite 212) provoziert die Frage, wer hier wen bedroht, nicht zuletzt vor dem Hintergrund offen geäußerter Regime-Change-Fantasien westlicher Staaten. Kurz zusammengefasst: Nach dem Kalten Krieg und dem proklamierten Ende der Konfrontationspolitik in den späten Achtzigern des vorigen Jahrhunderts und dem beidseitig geäußerten Willen zur Zusammenarbeit wurden die Beziehungen zunehmend kälter und unversöhnlicher und führten zu einer Eiszeit auf nahezu allen Ebenen. Flankiert wurde diese Entwicklung von Verdachtsberichterstattung, sobald Russland involviert war. Ganz gleich, worum es sich handelte, die »Guten« und die »Bösen« standen von vornherein fest (siehe dazu ab Seite 170).

    Die Chronologien zu den angesprochenen Themen finden Sie in diesem Buch, untermauert durch einen umfangreichen Anmerkungsapparat. Bei der Gelegenheit sei erwähnt, dass hier erstmals die Quellen der Enthüllungsplattform Wikileaks umfassend ausgewertet wurden, auf der große Mengen geheimer oder als vertraulich eingestufter Dokumente anonym veröffentlich worden sind. Die Auswertung dieser Quellen war vor allem beim Raketenabwehrsystem in Polen und Rumänien hilfreich, besonders mit Blick auf Absichtserklärungen und tatsächliches Vorgehen (siehe ab S. 236).

    Wer die Gegenwart verstehen will, muss die Vergangenheit kennen, muss über Zusammenhänge und Vorgeschichten informiert sein, um sich ein Bild machen zu können. Das ist die Grundlage für die Gestaltung der Zukunft. Deshalb hat das vorliegende Buch auch heute noch Relevanz, obwohl es 2017 erstmals erschienen ist und ich am Text keine Zeile verändert habe.

    In diesen emotional aufgeheizten Zeiten empfiehlt es sich, jedes nur denkbare Missverständnis so gut es geht auszuschließen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle betonen, dass ich mich nicht an einer Schwarz-Weiß-Malerei beteilige, auch nicht mit umgekehrtem Vorzeichen: »wir« die Bösen und »die Russen« die Guten. Allerdings erachte ich es für notwendig, die fehlenden Stücke in dem Mosaik beizusteuern, das unvollständig den Eindruck erweckt, als habe sich der politische Westen überhaupt nichts zuschulden kommen lassen. Es geht nicht ums Aufrechnen nach dem Motto: Russland hat 2014 mit Blick auf die Krim und 2022 durch den Einmarsch in die Ukraine das Völkerrecht verletzt, die USA und die NATO haben das bereits 1999 in Bezug auf den Kosovokrieg und 2003 durch den Angriff auf den Irak getan. Nichtsdestotrotz darf man diese Chronologie nicht aus dem Auge verlieren oder sogar beide Augen zudrücken, weil »wir« für dieses Verhalten angeblich gute Gründe hatten. Recht ist nicht teilbar. Moral auch nicht. Ich möchte mit diesem Buch und mit Russland verstehen? dazu beitragen, Schieflagen zu beseitigen, weiße Flecken zu füllen, Fragen zu stellen, wohl wissend, dass einige nicht beantwortet werden. Ich beanspruche keine Deutungshoheit. Ich biete Fakten und Analysen an, versuche Hintergründe auszuleuchten und Zusammenhänge herzustellen, auf deren Basis man sich realistische Gedanken über die Gestaltung der Zukunft machen kann. Es ist Sache des Lesers, seine Schlüsse aus den geschilderten Sachverhalten zu ziehen, aber die Sachverhalte selbst müssen wenigstens bekannt sein. Denn es hilft bei der Suche nach Lösungen nicht, alles, was nicht in die Mainstream-Argumentation passt, wegzulassen oder von vornherein als russische Propaganda zu diskreditieren. Vielleicht kommen manche Leser zu anderen Schlussfolgerungen als ich. Na und? Dann kann man auf dieser Basis zivilisiert und respektvoll streiten. Und sich nicht so verhalten wie Bundeskanzler Scholz im August 2023 auf einer Wahlkampfveranstaltung. Er schleuderte Menschen, die durch das Friedenssymbol der Taube deutlich machten, dass sie nicht hinter den Waffenlieferungen der Bundesrepublik stehen, ungehalten entgegen: »Und die, die hier mit Friedenstauben rumlaufen, sind deshalb vielleicht gefallene Engel, die aus der Hölle kommen, weil sie letztendlich einem Kriegstreiber das Wort reden.« Wer zu solchen Bildern greift, sollte wissen, dass »gefallene Engel« die Personifizierung des Bösen darstellen. »Respekt für Dich«, das stand auf Wahlplakaten zur Bundestagswahl 2021, die das Porträt von Olaf Scholz zeigten.

    Dieses Vorwort hier dient unter anderem dazu, einen Blick auf die Zeit zwischen Ersterscheinungsdatum und August 2023, also der Drucklegung dieser Ausgabe, zu werfen. Da nahezu zeitgleich auch Russland verstehen? in einer erweiterten Neuauflage erschienen ist, wird sich die eine oder andere Wiederholung nicht vermeiden lassen. (Denn ich kann nicht davon ausgehen, dass sich jeder beide Bücher kauft.)

    Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine drängen sich Fragen auf: Was ist passiert, dass Russland diesen Schritt unternommen hat, der in jeder Beziehung den eigenen Interessen zu widersprechen scheint? Russland wird noch in den nächsten Jahrzehnten damit beschäftigt sein, verlässliche staatliche Strukturen zu schaffen und seine Wirtschaft zukunftstauglich zu machen. Ein Krieg ist dabei ein ruinöser Störfaktor. Vor dem Krieg habe ich Russlands Interessen immer folgendermaßen skizziert: Ruhe im Inneren und an den Grenzen, um den komplizierten Umgestaltungsprozess, der längst nicht abgeschlossen ist, weiterzuführen. Austausch und Zusammenarbeit mit dem Ausland, um sich weiterzuentwickeln. Akzeptanz und Sicherheitsgarantien des Westens, um sich auf die inneren Aufgaben konzentrieren zu können. Was also war passiert?

    Mit den Hauruck-Erklärungen zu Beginn: Putin ist durchgeknallt, krank oder verrückt, aber in jedem Falle extrem imperialistisch unterwegs, heute ist es die Ukraine, morgen Polen und die baltischen Staaten und übermorgen stehen die Russen in Berlin – damit will ich mich nicht zufriedengeben. Auch der schnellen Beurteilung, Putin habe das von langer Hand vorbereitet, sei schon immer ein Monster gewesen und jetzt zeige er sich auch so, will ich mich nicht anschließen. Wer die Fakten seiner ersten und in Teilen auch noch seiner zweiten Amtszeit ohne Schaum vorm Mund analysiert, kann dieser Interpretation nicht folgen. Die Weichenstellungen innerhalb der russischen Gesellschaft und die zahlreichen Kooperationsangebote an den politischen Westen in dieser Phase sprechen dagegen. Die Rückwärtsbewegung hat erst sehr viel später eingesetzt. Zudem – hätte der russische Präsident von Beginn an vorgehabt, die Ukraine anzugreifen, dann stellt sich die Frage, warum er das nicht schon vor acht oder zehn Jahren getan hat. Da standen die Chancen für ein schnelles erfolgreiches Ergebnis aus russischer Sicht wesentlich besser, da die Ukraine noch nicht so hochgerüstet war wie im Februar 2022, dem Datum des russischen Einmarsches.

    Zu den im politischen Westen vernachlässigten Sachverhalten gehören auf jeden Fall die Zustände im östlichen Teil der Ukraine. Dort herrscht seit 2014 Krieg. Kiew nannte das allerdings auch nicht Krieg, sondern Anti-Terror-Operation. 2014 hatten sich die Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk im Donbas für unabhängig erklärt, weil sie den Umsturz in Kiew nicht mitmachen wollten, der für sie nichts Gutes verhieß. Dazu ausführlicher in Russland verstehen? und im vorliegenden Buch ab Seite 116. Das Tragische an der Entwicklung war, dass es den sogenannten Separatisten zunächst nur darum ging, innerhalb der Ukraine mehr Rechte zu bekommen. Die überwiegend russischsprachige Bevölkerung dort war von Kiew lange Jahre vernachlässigt worden und geriet angesichts der russlandfeindlichen Entwicklungen in Kiew ins Visier der neuen Machthaber. Eine sinnvolle Föderalisierung, wie von einigen ukrainischen Präsidenten der Vergangenheit erfolglos versucht, wäre vermutlich hilfreich gewesen. Sogar noch während der Unterstützung durch russische Kräfte im Osten der Ukraine, ging es immer noch um mehr Autonomie innerhalb des Landes. Die Unabhängigkeitserklärung und Loslösung von der Ukraine wurden erst später ein Thema. Der Ausgangspunkt war ein innerukrainischer, der innerukrainisch hätte gelöst werden können, ohne die eine Seite der Bevölkerung in Bausch und Bogen zu Terroristen zu erklären, die es mit Waffengewalt zu bekämpfen gilt. Das Elend in diesen Gebieten ist den Menschen in westlichen Gesellschaften jedenfalls nicht in der Weise vor Augen geführt worden wie jetzt in anderen Teilen der Ukraine nach dem Einmarsch Russlands. Es war offenbar nicht von Interesse, obwohl dieser Kampf nach unterschiedlichen Angaben zwischen 10 000 und 14 000 Zivilisten das Leben gekostet hat. In Donezk gibt es seit dem 1. Juni 2017 ein Denkmal für Kinder, die Opfer von Bombardements geworden sind, auf dem fast zweihundert Namen stehen. Beobachter der OSZE haben nahezu täglich Artilleriedetonationen registriert, unmittelbar vor dem russischen Angriff Hunderte Explosionen pro Tag.

    Das ukrainisch-russische Verhältnis war spätestens seit der Aufnahme der Krim in die Russische Föderation ruiniert. Das Jahr 2021 markierte insofern eine weitere Eskalationsstufe, als der ukrainische Präsident Selenskyj ein Dekret erließ, in dem die Rückeroberung der Krim ausdrücklich genannt wurde. Einige Zeit später begann man damit, ukrainische Streitkräfte im Osten und Süden des Landes zusammenzuziehen, was Russland natürlich nicht verborgen geblieben ist. Nach unterschiedlichen Quellen handelte es sich dabei um 60 000 bis 80 000 Soldaten. Parallel dazu fanden zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee diverse NATO-Manöver statt und die Zahl der Aufklärungsflüge der USA an der ukrainisch-russischen Grenze stieg signifikant. Im November 2021 haben die USA und die Ukraine ein Abkommen über strategische Partnerschaft geschlossen, in dem sowohl die NATO-Perspektive der Ukraine als auch die Rückeroberung der Krim als Ziele genannt wurden. Und im Januar 2022, also einen Monat vor dem russischen Angriff, hat die NATO die Ukraine eingeladen, an der NATO-Agenda 2030 mitzuarbeiten, das heißt dem Strategiepapier der NATO. Und das, obwohl die Ukraine gar kein NATO-Mitglied ist.

    Im Dezember 2021 laufen die diplomatischen Aktivitäten auf verschiedenen Ebenen, unter anderem zwischen Russland einerseits und den USA, der NATO und einzelnen europäischen Staaten andererseits, auf Hochtouren. Es werden Ultimaten gestellt, aber zu ernst gemeinten Verhandlungen kommt es nicht. Nach Angaben des gewöhnlich sehr gut informierten ehemaligen Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, General a. D. Harald Kujat – der Militärausschuss ist die höchste militärische Autorität der NATO –, muss man sich diese Phase im Zeitraffer wie folgt vorstellen:

    Über die Vertragsentwürfe Russlands für künftige Abkommen mit den USA und der NATO, die russische Sicherheitsinteressen berücksichtigen, werden keine ernsthaften Verhandlungen geführt. Am 24. Februar 2022 startet der russische Angriff auf die Ukraine. Ende Februar, Anfang März 2022 nähern sich russische Truppen der ukrainischen Hauptstadt Kiew. In Istanbul beginnen im März russisch-ukrainische Verhandlungen, um eine Niederlage der Ukraine abzuwenden. Nach großen Verhandlungsfortschritten bietet Russland an, seine Truppen als Zeichen des guten Willens zurückzuziehen, was auch geschieht. Das bereits paraphierte Verhandlungsergebnis wird jedoch von der Ukraine nicht unterzeichnet. Putin sprach später davon, dass eine »friedliche Lösung« erreicht wurde, die jedoch auf Druck des Westens nicht zustande kam.

    Selbst wenn man einwenden will, dass der Rückzug russischer Truppen auch der eigenen Fehleinschätzung geschuldet war, so lag doch ein Papier auf dem Tisch, über das beide Seiten mit ernsten Absichten verhandelt haben und das einen gesichtswahrenden Rückzug zu diesem frühen Zeitpunkt ermöglicht hat.

    In diesem Zusammenhang ist ein Interview interessant, das der ukrainische Präsident Selenskyj im März 2022, also nach Kriegsbeginn, CNN gegeben hat: »But everyone in the West told me that we do not have any chance of NATO or E. U. membership. I asked them not to drive the Ukrainian people into a corner because our people are brave and the West should also be brave in telling directly to the Ukrainian people that, well, you are not going to be a NATO-E. U. member. They do not have a consolidated position and I requested that personally. I requested them personally to say directly that we are going to accept you into NATO in a year or two or five. Just say it directly and clearly or just say no, and the response was very clear, you are not going to be a NATO or E. U. member, but publicly the doors will remain open.« (»Aber alle im Westen haben mir gesagt, dass wir keine Chance auf eine NATO- oder EU-Mitgliedschaft haben. Ich habe sie gebeten, das ukrainische Volk nicht in die Enge zu treiben, denn unser Volk ist mutig, und der Westen sollte ebenfalls mutig sein und dem ukrainischen Volk direkt sagen, nun, ihr werdet nicht Mitglied der NATO und der EU werden. Sie haben keine klare Position, und die habe ich persönlich eingefordert. Ich habe sie persönlich aufgefordert, direkt zu sagen, dass sie uns in ein oder zwei oder fünf Jahren in die NATO aufnehmen werden. Sagen Sie es einfach direkt und deutlich oder sagen Sie einfach Nein, und die Antwort war sehr klar: Sie werden kein Mitglied der NATO oder der EU sein, aber öffentlich bleiben die Türen offen.«)

    Dass aus den vielversprechenden Vereinbarungen, die in Istanbul ausgehandelt worden waren, nichts geworden ist, liefert aus russischer Sicht erneut einen Beweis dafür, dass man, wie schon bei den Minsker Abkommen, Verhandlungspartnern aus dem Westen nicht trauen kann. Minsk I (September 2014) und Minsk II (Februar 2015) – damit sollte damals weiteres Blutvergießen verhindert und eine politische Perspektive für eine föderalisierte Ukraine geboten werden. Nach späteren Aussagen der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die an den Verhandlungen beteiligt war, dienten die Abkommen lediglich dazu, Zeit zu gewinnen, um die Ukraine wehrhafter machen zu können. In dieser Phase lief die substanzielle militärische Unterstützung aus dem Westen gerade erst an. Eine Umsetzung der ausgehandelten Punkte von Minsk war also weder im Interesse der Ukraine noch des politischen Westens. Russland allerdings wurde für die Nichtumsetzung des Abkommens mit Sanktionen belegt.

    Apropos Verhandeln und Verhandlungsbereitschaft. Nach meinem Eindruck stellt sich die Sache politisch, aber vor allem medial so dar, als grenze es an Verrat, Diplomatie aufrichtig und nicht nur als Worthülse ins Spiel zu bringen. Dabei ist die Argumentation alles andere als stringent. Einerseits wird behauptet, Putin wolle gar nicht verhandeln. Andererseits heißt es, man dürfe jetzt nicht mit Putin verhandeln, da es ihm in der momentanen militärischen Situation nur in die Hände spiele. Russland müsse erst in eine schwächere Position gebracht werden, durch noch mehr westliche Waffenlieferungen und durch noch härtere Sanktionen.

    Diese Strategie beinhaltet Risiken, die in einer freien Gesellschaft wie der unseren deutlich beim Namen genannt werden sollten. Bundeskanzler Scholz betont immer mal wieder, man wolle trotz der Unterstützung der Ukraine nicht zur Kriegspartei werden. Das ist von existenzieller Bedeutung für uns alle. Das heißt, es empfiehlt sich zu wissen, wo genau die Grenzlinie verläuft, die man tunlichst nicht überschreiten sollte. Dazu hat der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages bereits am 16. März 2022 auf eine entsprechende Anfrage geantwortet: »Als völkerrechtlich gesichert kann gelten, dass die militärische Unterstützung einer bestimmten Konfliktpartei in Form von Waffenlieferungen, einer Zurverfügungstellung von militärischer Ausrüstung oder Ähnlichem noch nicht die Grenze zur Konfliktteilnahme überschreitet.« Und weiter: »Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei beziehungsweise Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.« Das heißt, wir befinden uns bereits seit geraumer Zeit außerhalb des gesicherten Bereichs. Die Bundeswehr hat sogar eine Führungsrolle innerhalb eines EU-Ausbildungsprogramms übernommen.

    Müsste über derlei – im wahrsten Sinne des Wortes – existenzielle Fragen nicht offen und öffentlich debattiert werden? Wie weit gehen wir denn in der Unterstützung der Ukraine, wenn wir damit den eigenen Interessen schaden, nicht nur wirtschaftlich, sondern mit Blick auf Krieg und Frieden? Was ist denn mit dem Eid, den Bundeskanzler und Minister bei Amtsantritt feierlich ablegen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden? Was ist denn mit dem Friedensgebot im Grundgesetz? Diese Debatten finden in der sogenannten Mitte der Gesellschaft eher nicht statt. Ich halte das nicht nur für einen Fehler, sondern für systemgefährdend, denn es führt zur Aushöhlung demokratischen Denkens und das sollten wir in Deutschland nach unserer Vorgeschichte nicht riskieren.

    Der damalige US-Präsident John F. Kennedy hat nach der heil überstandenen Kuba-Krise Anfang der sechziger Jahre gesagt: »Wenn ich eine Lehre daraus gezogen habe, dann, dass man eine Atommacht nicht in die Enge treiben darf.« Für alle, die das nicht mehr so präsent haben, es ist immerhin sechzig Jahre her: Das nukleare Wettrüsten im Rahmen des Kalten Krieges lief auf Hochtouren und die damalige Sowjetunion hatte auf Kuba Mittelstreckenraketen und atomare Sprengköpfe stationiert, was die USA »vor ihrer Haustür« nicht dulden wollten. Die USA ihrerseits hatten vorher entsprechende Waffen in der Türkei platziert. Durch eine – im übrigen völkerrechtswidrige – US-amerikanische Seeblockade vor Kuba bestand das Risiko einer direkten Konfrontation zwischen den beiden Atommächten. Die Welt stand ohne Übertreibung am Rande ihrer eigenen Vernichtung und es ist den »Tauben« auf beiden Seiten zu verdanken, dass es dazu nicht gekommen ist. Die Dramatik rund um dieses Geschehen wird mit dem Wort »Krise« nur sehr unzureichend beschrieben. Vielleicht liegt ein Grund dafür, dass sich zurzeit die Scharfmacher und Hardliner so viel Gehör verschaffen können, darin, dass ihnen und ihrem Publikum aufgrund ihres Alters beziehungsweise ihrer Jugend die eigene Erfahrung fehlt, um die Bedeutung von Krieg und Zerstörung zu ermessen. Die Kriegsgeneration stirbt langsam aus und das Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit von Frieden offenbar auch. Ich hatte das Glück, Krieg nicht selbst erleben zu müssen, aber ich konnte, auch in meiner Familie, mit einer ganzen Reihe von Menschen sprechen, die den vielfältigen Schrecken von Krieg nicht entkommen sind. Und ich weiß durch die Trümmergrundstücke rund um mein Zuhause, wie Städte aussehen, die Bombenhagel platt gemacht hat. Viertel, in denen es weder eine Munitionsfabrik noch sonst ein lohnendes militärisches Ziel gab. Nur Wohnhäuser und Zivilisten.

    Zurück zum Verhandeln, zur Diplomatie und zu der oft wiederholten Aussage, Putin wolle nicht verhandeln. Am 17. Juni 2023 war eine hochrangige afrikanische Delegation in Moskau. – Bemerkenswerterweise geben sich nicht europäische Delegationen in Moskau die Klinke in die Hand, obwohl der Krieg, schon gar, wenn er sich ausweiten sollte, in erster Linie Europa noch mehr verwüsten oder ganz vernichten wird, sondern afrikanische und chinesische. – Beim Pressetermin mit der afrikanischen Delegation am 17. Juni 2023 hat der russische Präsident erklärt: »Wir sind offen für einen konstruktiven Dialog mit allen, die Frieden wollen, der auf den Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Berücksichtigung der legitimen Interessen der unterschiedlichen Seiten beruht.« – Meines Wissens ist das nicht weiter aufgegriffen worden. Die gängige Lesart ist klar: Der russische Präsident lügt sowieso und man kann ihm nichts glauben. Die ukrainische Seite hat sich mit Blick auf Verhandlungen mittlerweile selbst blockiert. Nachdem sich Präsident Selenskyj einen Monat nach Kriegsbeginn noch in der Weise geäußert hatte, dass er sich bei gewissen Sicherheitsgarantien durch die internationale Gemeinschaft einen neutralen Status für die Ukraine vorstellen könne und mit dem in Istanbul ausgehandelten Abkommen offenbar einverstanden war, hat er im Oktober 2022 Verhandlungen mit Putin per Dekret verboten. Und am 23. August 2023 hat das ukrainische Parlament in seinem eigenen Pressedienst um 17.00 Uhr folgendes veröffentlicht: »Die Werchowna Rada der Ukraine (das Parlament, d. Verf.) verabschiedete eine Resolution, die jegliche territoriale Zugeständnisse zur Beendigung des Krieges ausschließt.« Der Auslöser für diesen Beschluss (Reg.-Nr. 9626) waren laut gewordene Vorschläge in dieser Richtung.

    Und nun? Immer modernere und schlagkräftigere Waffensysteme sind im Gespräch beziehungsweise werden geliefert oder zumindest zugesagt. Auffällig ist dabei die Zurückhaltung der USA, die zwar in großem Umfang liefern, aber sich – bisher jedenfalls – eindeutige Grenzen gesetzt haben. Dazu gehört die Überlegung, keine Waffensysteme zur Verfügung zu stellen, die in der Lage sind, weit ins russische Kernland vorzudringen. Im Gegensatz zu europäischen Ländern sind die USA nicht davon überzeugt, dass sich die Ukraine an ihre offiziellen Zusagen hält, nur das eigene Land zu verteidigen und russisches Territorium nicht einzubeziehen. Der bereits zitierte Harald Kujat macht es in einem Interview im August 2023 konkret: »Weil sie (die USA, d. Verf.) den ukrainischen Zusicherungen nicht vertrauen, derartige Waffen nur auf ukrainischem Territorium einzusetzen, haben die USA HIMARS-Raketenwerfer nur mit Projektilen geliefert, die eine Reichweite von 85 km haben, nicht die mit 150 km Reichweite.« Und weiter: »Die USA überlassen es den Europäern, amerikanische F-16 zu liefern, und die Abrams-Panzer lassen auch auf sich warten. Dass die Ukraine entgegen ihrer Zusicherung kürzlich Streumunition bei einem Angriff auf das Stadtgebiet von Donezk gegen zivile Ziele eingesetzt hat, bestätigt die amerikanische Zurückhaltung.«

    Währenddessen wird in Deutschland geprüft (bis zur Drucklegung dieses Buches war noch keine Entscheidung gefallen), ob man das hochleistungsfähige Taurus-System, diesen Luft-Boden-Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern an die Ukraine abgibt. Die aus Großbritannien und Frankreich stammenden und bereits in der Ukraine befindlichen Marschflugkörper haben eine wesentlich kürzere Reichweite.

    »Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.« Diese Aussage geht der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock leicht über die Lippen. Man kann es auch auf EU-Ebene immer wieder hören. Manche Politiker, die sich zurückhaltender ausdrücken, werden in Interviews moralisch geradezu genötigt, genau diese Aussage zu treffen. Aber was das konkret heißen soll, bleibt im Dunkeln. Vor allem auch mit Blick darauf, was es im Umkehrschluss bedeutet, dass nämlich Russland den Krieg verliert. Ich erinnere an die Aussage von John F. Kennedy nach einigermaßen heil überstandener Kuba-Krise.

    Wie wahrscheinlich ist es eigentlich, dass die Ukraine diesen Krieg militärisch gewinnt? Ich kann mittlerweile kaum noch glauben, dass diejenigen, die sich voller Überzeugung in der Weise äußern, tatsächlich hinter ihren eigenen Worten stehen. Die USA scheinen uns auch in dieser Hinsicht mal wieder voraus zu sein. Dort mehren sich parteiübergreifend die Stimmen, die emotionslos feststellen, dass die Ukraine mehr oder weniger das erreicht hat, wozu sie militärisch in der Lage ist. Daran können auch weitere Waffenlieferungen nichts ändern. Was in der öffentlichen Diskussion oftmals nicht ausreichend berücksichtigt wird – kein Wunder, die Kriegsthematik im eigenen Land ist etwas völlig Neues – sind militärtaktische Aspekte, die aber jenseits von konkreten Waffensystemen und Personalstärken von entscheidender Bedeutung sind. Expertentum ist nicht notwendig, um auf folgende Fragen zu kommen: Wie wirkt es sich aus, wenn ein Land in dieser dramatischen Bedrohungssituation auf zusammengewürfelte Waffensysteme angewiesen ist, deren Ersatz und Reparatur nur unzureichend gewährleistet werden kann? Was bedeutet es, wenn Ausbildung und Schulung, die sich normalerweise über Monate und Jahre erstrecken, in Crashkursen von allenfalls ein paar Wochen vermittelt werden sollen? Ich habe gelernt, dass mindestens so wichtig wie die Qualität und Leistungsfähigkeit einzelner Waffensysteme deren Einsatz »im Verbund« ist. So spricht auch Oberst a. D. Ralph D. Thiele vom Institut für Strategie-, Politik-, Sicherheits- und Wirtschaftsberatung (ISPSW) davon, »dass die russischen Verteidigungslinien stehen«. Diese seien »exzellent befestigt«, so Thiele, und er ergänzt: »Die Russen machen es den Ukrainern sehr schwer vorzurücken, zumal sie den Kampf der verbundenen Waffen auch mit der Unterstützung von Kampfhubschraubern und Kampfflugzeugen führen können.« Alles muss ineinandergreifen und von entsprechend geschultem und erfahrenem Führungspersonal effizient eingesetzt werden. Westliche Militärberater allein, die es seit Jahren zahlreich in der Ukraine gibt, können das nicht leisten. Wie soll das mit dem Krieggewinnen in Anbetracht der tatsächlichen Gegebenheiten eine realistische Option sein? In dieser Rechnung taucht die extrem unterschiedliche Personalstärke mit Blick auf die Ukraine einerseits und Russland andererseits noch gar nicht auf. Wenn diese Überlegungen aber im Raum stehen – und sei es nur als eine denkbare Möglichkeit – was ist dann das Kerngeschäft von Politik? Immer noch mehr und stärkere Waffen oder doch eher Diplomatie und Verhandlungen? Man muss kein Pazifist sein, Humanist reicht völlig, um festzustellen, dass Waffenlieferungen in der Situation eher eine Bankrotterklärung von Politik darstellen.

    Dass es um den Kriegsverlauf etwas anders steht, als man gemeinhin liest, hört oder sieht, zeigen diverse Stimmen, die weit weniger positive Einschätzungen bezogen auf die Stärke der ukrainischen Armee abgeben. So äußerte sich beispielsweise Douglas Abbott Macgregor, pensionierter Colonel der United States Army, Politikwissenschaftler und Militärtheoretiker im Juli 2023 gegenüber dem Podcaster Brian Rose: »I think the Ukrainian force ist desperately and frankly on the point of disintegration.« (Ich denke, dass die ukrainische Armee verzweifelt und offen gesagt am Rande des Zerfalls steht.) Und er fuhr fort: »The Russians are going to end this and they’re going to end it on their terms.« (Die Russen werden dies beenden und zwar zu ihren Bedingungen.) Oberst a. D. Jürgen Hübschen, der von 1965 bis 2004 Generalstabsoffizier der Luftwaffe war und Einsätze im Irak geflogen hat sowie als Militärattaché in Bagdad und als Repräsentant der OSZE in Lettland stationiert war, hat am 21. Juni 2023 in den Nachdenkseiten die militärische Lage

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