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Freie Republik Lich - 2023: Fantastischer Zeitreise-Roman ins Jahr 2023
Freie Republik Lich - 2023: Fantastischer Zeitreise-Roman ins Jahr 2023
Freie Republik Lich - 2023: Fantastischer Zeitreise-Roman ins Jahr 2023
eBook411 Seiten5 Stunden

Freie Republik Lich - 2023: Fantastischer Zeitreise-Roman ins Jahr 2023

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Über dieses E-Book

Lich, 2023. Fast hätte die Pandemie zum Bürgerkrieg geführt. Bevor es dazu kam, zerfiel die Bundesrepublik Deutschland in drei Teile: die Südstaaten, den Nordost- und den Westbund. Nur uns, in Deutschlands Mitte, hatten die Generalstäbe vergessen. Für sie waren wir Niemandsland.
Wir machten das Beste daraus und riefen die Freie Republik aus. Und Arnold Aurora, dieser charismatische junge Mann in Jesuslatschen, wurde unser Staatschef.
Nun mussten wir sehen, wie wir mit dem Logistikmonster klarkamen. Die Wüst AG hatte einen starken Sicherheitsdienst engagiert. Aber wir hatten eine kluge Verteidigungsministerin und eine tapfere Bürgerwehr – und dann kam plötzlich dieser schreckliche Nebel … zum Glück!

"Der Thriller bewegt sich zwischen beißender Satire und grausamer Realpolitik. Nichts für schwache Nerven" (MAZ, 31. März 2033)
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum30. Juni 2021
ISBN9783753191294
Freie Republik Lich - 2023: Fantastischer Zeitreise-Roman ins Jahr 2023

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    Buchvorschau

    Freie Republik Lich - 2023 - Stefan Koenig

    Statt eines Vorwortes

    Stefan Koenig

    Freie Republik Lich

    Eine phantastische

    Roman-Zeitreise

    ins Jahr 2023

    Pegasus Bücher

    Viele Worte

    Kein Inhaltsverzeichnis

    Prasselnde Leerverkäufe

    Prahlereien

    Keine Worte

    Viel Inhalt

    Ergebt euch

    Widerstand zwecklos

    Die Macht des Geldes

    Prasselnde Leerversprechungen

    Die Macht der Wähler

    Zu spät

    Da gehe ich zu einem

    Friedhof

    Autofriedhof

    Suche das Auto

    Lausche und orte den Ort

    Wo das alte

    Autoradio

    Es mir zuflüsterte

    Das eine kleine Wort

    Wenn ich es nur gehört hatte

    Durch das Rauschen im Äther

    Wenn

    Nur ein Wort

    Ein einziges Wort

    ….. »Hope« …..

    Die Hoffnung ist wie

    Zucker im Kaffee.

    Auch wenn sie klein ist,

    versüßt sie alles.

    Was sagt der Autor zu seinem Roman?

    Stefan Koenig, geboren in Frankfurt am Main, Studium der Politik-, Verwaltungs- und philosophischen Wissenschaften in Berlin, Berkeley und Frankfurt: „Diese Story ist einfach unglaublich, selbst für mich, der ich all dies miterlebt habe. Wenn Sie Probleme damit haben, dass sich das, was Sie hier lesen, erst in ferner Zukunft abspielt – allerdings in nicht allzu ferner Zukunft –, so möchte ich Sie auf Albert Einstein verweisen. Recherchieren Sie ruhig selbst, Stichwort: »Relativitätstheorie«.

    Ich kann Ihnen das nicht vollumfänglich erklären, sonst würde dieses Buch unlesbar dick, gewissermaßen ein »adipositivity book«. Das wollen weder Sie noch ich. Jedenfalls gibt es Dinge, die man für unmöglich hält – wie der Zerfall eines großen Staates.

    Und es gibt Dinge im Universum, die sind einzigartig. Wie dieser unheimliche Nebel, der das Althergebrachte sprengte und unseren Ort zu einem Brennpunkt der Finsternis und Verworrenheit, von Schrecken und Unglaublichkeit, aber auch von Hoffnung und Neuaufbau machte. Ja sicher, es gibt Dinge, die einfach nicht durch das enge Nadelöhr unseres gutwilligen demokratischen Verstandes passen – übrigens unabhängig davon, wen Sie wählen."

    Das heimliche Vorwort

    Aufräumen mit Vorurteilen

    Vorab: Ich hasse Vorworte. Ich lese sie nie, wenn sie mich in einem Buch belästigen. Nun aber schreibe ich selbst solch unnötige Worte, heimlich, allein deshalb, weil mein zweites Ich mir zuflüstert: »Verdammt noch mal, schreib ein Vorwort!«.

    Nun gut. Ich schreibe hier und kann nicht anders. Wenn Sie an meinem Verstand zweifeln, dann legen Sie los. Ich kann und werde es nicht verhindern. Halten Sie mich für bekloppt oder zum Schreiben völlig unbegabt, stecken Sie mich in irgendeine beliebige Schublade, vorurteilbeladen. Stecken Sie Mottenpapier oder Abflussfrei dazu. Verladen Sie mich, wo immer Sie mögen – doch ich bleibe dabei: Ich schreibe hier und kann nicht anders. Ich fühle mich, wie jeder wahre Irre, der Wahrheit verpflichtet.

    Wenn ich bedenke, mit wie viel Eitelkeiten die Welt bestückt ist, mit wie vielen selbstsüchtigen Auftritten und medialen Rechtfertigungen sich die Protagonisten unserer realen Welt umgeben, dann habe ich das Gefühl, einen Beitrag hinzufügen zu sollen. Ist es nicht im Sinne unserer korrupten Selbstdarsteller, wenn man sie als Romanfiguren mit völlig neuen Identitäten ein anderes Leben, ein Leben in der Freien Republik Lich leben lässt? Ich habe mich dazu entschlossen, weil Personen der Zeitgeschichte es würdig sind, dass man sie über die Zeitgeschichte hinaus in immer neuen Märchen und in immer neuem Gewande weiterleben lässt.

    So lange die Lastwagenkolonnen an uns vorüberrauschen, wollen wir ihrer ewig gedenken. In meinem Bericht über damals – das Jahr 2023 –, spielen die Namen keine Rolle. Sie mögen austauschbar sein, so wie der Tod – man tauscht das Leben gegen ihn. Oder umgekehrt. Worum ich Sie bitten möchte: Räumen Sie gefälligst auf mit Vorurteilen gegen Zeitreisen. Wenn ich demnächst mein Zeitreisebüro in Lich eröffne, lade ich Sie zur großen Eröffnungsparty ein.

    Ischwör!

    Ihr Stefan Koenig

    Im Juli 2021

    Bitte vergessen Sie nicht,

    dass es sich bei dem vorliegenden Werk

    um eine frei erfundene Story handelt.

    Keine Angst also!

    Namen, die Ihnen vielleicht

    durchaus bekannt vorkommen mögen,

    gehören nicht zu real existierenden Personen.

    Jedenfalls gibt es sie so nicht, nicht so!

    Orte, Ereignisse und Romanfiguren

    sind allesamt Erfindungen.

    Nackte Illusionen.

    Faktische Fiktionen.

    Fiktive Fakten.

    Lich – gibt es diesen Ort wirklich?

    Ich bin mir in nichts mehr sicher.

    Stefan Koenig

    Freie Republik Lich

    Bericht über das Jahr 2023

    Dieses Buch widme ich all jenen Licher Bürgern,

    die sich nicht damit abfinden können,

    dass über ihre Interessen hinweg

    entschieden wurde

    Und natürlich widme ich es meinen treuen

    Leserinnen und Lesern, immer in der Hoffnung,

    dass sie noch gut schlafen können.

    Pegasus Bücher

    Wie alles war und wie alles begann

    Die Freie Republik Lich ist nicht mehr auffindbar. Es ist lange her, und insoweit ist der Hinweis auf das Jahr 2023 eventuell irreführend. Tatsächlich ist nun schon ein volles Jahrzehnt verstrichen, seit wir die Republik aufgelöst haben. Fast scheint es, als hätten gewisse Kreise ein Interesse daran gehabt, alle Erinnerung an sie zu eliminieren. So, als wäre unsere damalige demokratische Eigeninitiative, geleitet von ehrlichen und nichtkorrumpierten Bürgern, eine Art Krankheit, ein böser Virus gewesen, den man vollständig besiegen musste.

    Viele vermuten einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Logistikzentrum und seinen katastrophalen Nebenwirkungen. Es stimmt auch. Es stimmt absolut. Ich kann es bestätigen. Und doch war es komplizierter.

    Die Zeitumstände zwischen 2020 und 2023 waren sehr merkwürdig. Wenn man heute, aus dem Jahr 2033, mit einem Jahrzehnt Abstand, zurückblickt, erscheint vieles unglaublich und widersinnig. Aber es war so. Unglaublich widersinnig. Genau so war es. Die Corona-Pandemie hatte das Land zerrissen. Näheres möchte man fast nicht mehr ausführen, wenn man bedenkt, welch irrwitzige Ausmaße – und Anmaßungen – die Politik in jenen Tagen angenommen hatte. Jedenfalls hatten bürgerkriegsähnliche Zustände gedroht. Doch bevor es zum Äußersten kam, zerfiel die Bundesrepublik Deutschland im Herbst 2022 und es schälten sich drei neue staatliche Gebilde heraus. Wir in Lich befanden uns allerdings im Niemandsland, waren gewissermaßen die Vierte – aber unsichtbare – Republik jener Zeit.

    Bayern besetzte Baden-Württemberg sowie die südlichen Landesteile der Pfalz und Hessens. Sie nannten sich »Deutsche Südstaaten«. Söder war damals noch ein junger Mann von Mitte Fünfzig, wenn man bei dieser Art Politiker überhaupt jemals von »jung« sprechen konnte. Schon als zwanzigjähriger Jungpolitiker war er im Kopf so alt wie Helmut Kohl am Ende seiner politischen Weisheit im Jahr 1998, als ihn Angie stürzte. Aber egal. Jedenfalls war Söder der starke Mann der neu etablierten Südstaaten. Für die wirklich Jungen – die im Bunde mit mir der Freien Republik Lich auf die Beine halfen – war Söder natürlich ein uralter Mann. Ich selbst war bereits Ende Fünfzig.

    Der ehemalige bayrische Ministerpräsident ließ Hessen bis zu unserer Stadtgrenze und etwas darüber hinaus besetzen. Warum er gerade an unserer Grenze Halt machte, konnte man – jedenfalls offiziell – niemals restlos ermitteln. Wahrscheinlich hatte sein Generalstab gewürfelt, sagte man sich. Aber ich wusste es besser. Dazu später. Jedenfalls bildete die A45 auf der Linie Münzenberg – Berstadt die Südwestgrenze. Vom südwestlichen Besatzungsgebiet kommend, bildete die A5 – vom Gambacher Kreuz in nördlicher Richtung über Fernwald nach Reiskirchen verlaufend – den nordwestlichen Grenzverlauf. Berstadt und Hungen begrenzten unser Staatsgebiet im Süd-Osten.

    Im Nord-Osten hatte sich unter der Regie des alten Berlins der »Nordbund« gebildet. Sein Terrain berührte unsere hessische Heimat nur an der alten thüringischen Grenze im Osten des ehemaligen Hessen. Unsere Freie Republik Lich hingegen reichte im Osten von Villingen in nördlicher Richtung bis nach Laubach und Ettingshausen. Die beiden letztgenannten Ortschaften lagen zwar außerhalb unserer Staatsgrenze, aber es herrschte immerhin ein kontrollierter Grenzverkehr. Villingen hatte einen Sonderstatus, wovon Sie noch rechtzeitig erfahren werden. Von großer Bedeutung war unsere geheime Verbindung über Hattenrod zur Flugplatzsiedlung Ettinghausen, von der aus wir mit einem Flieger operieren konnten, was den rundum stationierten Besatzungsmächten glücklicher Weise eine Zeit lang entging.

    So also sah die Grenzziehung rund um unseren kleinen, aber freien Volksstaat aus. Einige mieden diesen Begriff und sagten dazu »Bürgerstaat« – aber fragen Sie sich bitte selbst: Worin liegt der Unterschied?

    Der große und mächtige »Westbund« war unter dem Düsseldorfer Kö-Regime unser unmittelbarer nordwestlicher Nachbar, ein »Nachbar der untergehenden Sonne«, wie unser neuer Bürgermeister, Arnold Aurora, zugleich Staatschef der Freien Republik Lich, die Westzone gelegentlich nannte. Dass wir so frei und unbehelligt agieren konnten, lag eindeutig daran, dass man uns bei der Aufteilung der Zonen einfach vergessen hatte. Wir bedeuteten für unsere angrenzenden Nachbarn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so etwas wie jenes bereits erwähnte Niemandsland. Ich kann auch erklären, wie das gekommen sein mag – aber nicht jetzt.

    Zwischen der Hauptstadt Lich und unseren Außengrenzen war unser Freistaat mit einer prächtigen Natur und lebenswichtiger Landwirtschaft gesegnet. Wir lebten im Herzen der Natur. Alles war bestens. Bis zu dem Tag, als jener blaugraue Monsterklotz aus dem Boden schoss, der mit Beginn des Jahres 2021 alles schrill zerstörte. Ihn anfangs zu verhindern, dann zu beseitigen, waren wir bereits zwei Jahre zuvor angetreten.

    Unser schönes Lich lag nicht nur im Herzen der Natur, es war vielmehr das Herz selbst, pulsierte für Tourismus und Kultur und produzierte vorwiegend Naturprodukte. Und es hatte eine engagierte Jugend hervorgebracht. Landrebellen.

    Apropos »im Herzen der Natur« – der Freund meines Bruders und mein Bruder selbst, beide zehn Jahre älter als ich, hatten für das Licher Bier den Werbespruch »Aus dem Herzen der Natur« geprägt, inklusive eines lieblichen Gezwitschers des blau-gelben Eisvogels. Rudi Schreiber und mein Bruder Günter waren dem idyllischen Lich mit Leib und Seele verbunden, auch wenn sie fernab in der Rhein-Main-Metropole der späteren Südstaaten wohnten. Und so vermarkteten sie das Licher Bier samt Slogan über Funk und Fernsehen bereits seit Ende der 1970er-Jahre.

    Rudi, mein Bruder und ihre Frankfurter Werbeagentur Pro Natur lebten davon gut und gerne drei Jahrzehnte. Jetzt aber, im Februar 2019, war Rudi erschüttert, als ich ihm am Telefon von den sich anbahnenden Entwicklungen berichtete.

    Doch recht schnell streifte er seine Besorgnis ab und meinte: „Stefan, sei beruhigt! Damit kommen die nicht durch. Da wird kein Klotz mitten in eure schöne Natur gesetzt. Wie kommst du nur darauf! Und diese vielen LKW, vierhundert oder gar fünfhundert Lastwagen pro Tag … Er lachte hellauf. „So verrückt sind eure Politiker nicht. Ich kenne einige eurer Entscheidungsträger und Abgeordneten, ich habe mit denen zusammen gefeiert und gesoffen, nein, die Sache ist eine Luftnummer! Eine Totgeburt! Da geht nichts schief! Keine Sorge! Rudi lachte noch einmal laut auf, und ich lachte mit ihm.

    Auch mein Bruder musste herzlich lachen, als ich ihm meine Bedenken beichtete. Er hatte mich in früheren Zeiten manchmal als überzogenen Bedenkenträger bezeichnet, was mir natürlich gar nicht gefiel, denn das wäre so, als würde man einen Polizisten dafür rügen, dass er wachsam die Bürger schützt. Das Wort »Bedenken« hängt doch irgendwie mit »Verantwortung« und insbesondere mit dem Wort »denken« zusammen, oder täusche ich mich? Und vorausgedacht haben damals viele der Licher Bedenkenträger.

    „Nein, da wird ganz sicher nichts hingebaut, was dem Charakter eures lieblichen Heimatstädtchens widerspricht oder gar die Luft- und Lebensqualität ruiniert. Nein, das läuft nicht!", meinte mein Bruderherz kurz und bündig.

    Aber es lief und es ging schief und der Klotz kam und siegte. Doch dann kamen wir, die Entrüsteten, wir sahen – und auch wir siegten. Nur war es ein Sieg auf Messers Schneide, wie man so schön und lapidar zu sagen pflegt. Manche sprachen von einem Pyrrhussieg, was ich persönlich für unzutreffend halte.

    Ist ein Glas halb voll oder halb leer? Es entscheidet der Blickwinkel und der Standpunkt. Und manchmal entscheidet keines von beidem, sondern ausschließlich das Schicksal.

    Ich berichte wahrscheinlich eine Spur zu schnell, ich weiß. Ich zügele mich und werde ab jetzt langsamer berichten. Sie wollen schließlich alles nachvollziehen. Sie lieben die Gewissenhaftigkeit, jedenfalls seitdem Sie mitbekommen haben, wie gewissenlos und flüchtig bahnbrechende politische Entscheidungen getroffen werden können. Nun gut. Neuer Anlauf ...

    Unsere friedliche Revolution hatte schließlich gesiegt. Aber ohne gewisse äußere Umstände und Zufälle hätte es auch anders ausgehen können. Wir hatten Glück. Wir hatten eine komplette Bahnstrecke von Ost nach West unter unsere Regie gebracht. Dazu jenen Flugplatz, wie schon erwähnt, ein Wasserwerk, den Busverkehr und alles andere, was man zum Leben braucht. Die Energieversorgung stellte uns vor besonders hohe Hürden. Aber wir sprangen darüber hinweg und hatten fabelhafte Ingenieure. Dazu später. Und natürlich gehörte uns das Rathaus, und Arnold Aurora war jetzt unser Mann.

    Und jetzt endlich wollen Sie wahrscheinlich wissen, wie es dazu gekommen war. Die Geschichte der Freien Republik Lich ist, wie soll man sagen, ein Nicht-Ereignis geworden. Kein Buch dazu in unserer Stadtbibliothek, kein Vermerk im Stadtarchiv, kein Wort über sie wird laut im Schulunterricht. Ich muss es wiederholen: Einige wollen unseren damaligen Erfolg kleinreden oder sich an diesen fürchterlichen Nebel nicht mehr erinnern. Mag sein, dass es für die schwachen Nerven und feinen Gemüter mancher Beteiligten zu viel war und eine Art Trauma hinterließ. Hauptsächlich aber vermute ich dahinter eine Strategie der damals Entmachteten, die ihr hochheiliges Logistikzentrum und ihre Felle davonschwimmen sahen. Und das alles schwamm ja auch davon.

    Es verschwamm in der Zeit, als uns wütende Monster aufsuchten. Es verschwamm in den Tagen zwischen dem 16. und 19. Dezember 2023 in jenem unheimlichen Nebel, der uns alle überraschte und unserer Revolution folgte oder mit ihr Schritt hielt – oder wie immer man die Sache einzuordnen gedenkt. Ich kann mich auch täuschen, wenn ich hinter der Verdrängung unseres selbstgeschriebenen Stücks Geschichte eine Absicht vermute. Natürlich, und dies liegt in der Natur der Sache, wäre es eine politische Absicht. Welche Personenkreise jedoch könnten dahinterstecken?

    Müssten es, wenn die Logik logischerweise der Logik folgen würde, nicht diejenigen sein, die den Monsterbau befördert und bewilligt haben? Jener Ex-Bürgermeister, Arturo Groß, mit seinen großmundigen Versprechungen? Jener unseriöse Bauaufsichts-Beamte, Rüdiger Halbersach, der in einem außergewöhnlichen Hauruckverfahren seiner tatsächlichen Aufsicht unzureichend, man möchte sagen: bewusst unzureichend, nachkam, sich ungeachtet dessen aber als Held von Lich rühmen ließ? Jene willfährige Erste Stadträtin, Ingrid Steegher, die sich Groß und einem Immobilienhai verpflichtet fühlte und die es verstand, rechtlich klare Linien zu einer rasanten Schlangenlinie umzubiegen?

    Müssten es nicht die vielen bedenkenlosen Mitläufer sein? Jene kleinkarierten Stadtverordneten mit ihrer grenzenlosen Naivität und offensichtlich angeborenen Unterwürfigkeit? Jene, die sich von den sogenannten Profis und Experten gnadenlos überrumpeln ließen? Jene gewählten Bürgervertreter, die es geschehen ließen, dass man ihnen gerade mal drei Tage Zeit ließ, um volle 650 Seiten zu einem komplizierten Bewilligungsverfahrens zu lesen, zu verstehen und letztlich kritisch zu überprüfen?

    Müssten es nicht jene sein, die aus christ- und sozialdemokratischer Bequemlichkeit das Nachfragen unterließen und Gott einen guten Mann sein ließen? Jene, mit all dem Gottvertrauen in die angeblich soziale Macht des Geldes, welche ihnen »ungeahnte Steuereinnahmen« – und natürlich viele, viele Arbeitsplätze, was sonst! – vorflunkerte? Ich sage nur: Tanz um das Goldene Kalb! Politische Halluzinationen! Lassen wir das. Ich möchte der brisanten Geschichte nicht vorgreifen.

    Wie also begann das alles?

    Damals 2018

    In jenem Jahr arbeitete ich in einem Licher Verlag und übernachtete gelegentlich bei meiner Freundin. Sie hatte eine Wohnung inmitten der historischen Altstadt. Stella und ich saßen beim Mittagessen auf ihrem Balkon. Wir schauten über die Dächer von Lich in östlicher Richtung des niedlichen Wiener Cafès, das sich unterhalb des Wohnhauses befand. Dort gab es die leckersten Torten, aber Stella und ich achteten auf unsere Linie. In diesem Sinne waren wir absolut linientreu. Ansonsten waren wir, wenn man so will, Freigeister.

    Es war Donnerstag, der 5. Juli, die Sonne brannte vom Himmel, und ich freute mich wie ein Zaunkönig – wenn denn Zaunkönige sich wirklich und sichtbar freuen können. Ich freute mich, weil Stella heute nicht im Geschäft sein musste. Endlich mal Zeit für uns zwei.

    Sie war Optikerin mit Herz und Seele und hörte sich täglich die Lebensgeschichten der Kundschaft geduldig an. Aber seit zwei Wochen war ihre Kraft erschöpft. Den letzten erholsamen Urlaub – es war ein Kurzurlaub von sieben Tagen – hatte sie um die Osterzeit herum genehmigt bekommen. Ab heute konnte sie reinen Gewissens für ganze zwei Wochen ihren anstrengenden Aufgaben fern bleiben. Ihre Vertretung war geregelt.

    Ich hatte gerade in zwanzigminütiger Vorarbeit ein italienisches Menü mit Spaghetti Carbonara sowie einen Tomatensalat mit Mozzarella und Basilikum zubereitet, wozu wir einen Rotwein tranken. Urlaubszeit eben.

    Auch ich hatte mir für ein paar Tage freigenommen, was man als Freiberufler mühelos hinkriegt, wenn man als freischaffender Künstler und Honorar-Mitarbeiter eines Verlages sowieso ein vogelfreies Leben führt. Vogelfrei. Haben Sie darüber einmal nachgedacht? Man sagt: „Frei wie ein Vogel." Aber kann man einen Vogel frei nennen?

    Es ist richtig, er hat Flügel, die ihn über Wälder, Seen und Berge tragen. Wenn im Herbst die Zugvögel, Störche, Kraniche und andere gen Süden fliegen, beneidet sie mancher von uns und denkt: „Glückliche Vögel – fliegen, wohin sie wollen!"

    Aber ist es so? Machen die Vögel diese weiten Flüge, weil sie, wie wir, das Reisen lieben? Weil sie „Reisefreiheit" genießen? Mein Gott, ich schweife ab. Aber genau darüber habe ich mich fünf Jahre später, in der Zeit unserer Freien Republik, mit dem damals fast 86-jährigen Ludwig Henrich, einem alteingesessenen Licher Bürger, unterhalten. Ich lernte ihn bei einer Bürgerinitiative kennen, ein sehr engagierter Mann, trotz – oder wegen? – seines hohen Alters. Vielleicht komme ich auf das Thema mit der Freiheit und den Vögeln zurück.

    Aber was heißt vielleicht? Ich muss darauf zurückkommen – es war einer der strittigen Punkte in unserem neuen Bürgerparlament. Und es hatte weiß Gott mit dem Logistikzentrum zu tun.

    Stella und ich saßen da und genossen das herrliche Wetter, den Blick ins Weite, das Essen und die Ruhe. Stella erklärte mir, in welcher Himmelsrichtung das Kloster Arnsburg und in welcher mein Sportstudio in Hungen liege. Sie deutete nach Osten und sagte: „Hier kann man gut über die Langsdorfer Höhe radeln. Auf einem ausgebauten Fahrradweg geht’s direkt zu deinem Sportpark, und von dort aus kann man in zehn Minuten weiter zum Inheidener Badesee fahren."

    „Sollten wir mal machen", antwortete ich.

    „Allerdings haben wir das Waldschwimmbad gerade hier um die Ecke", sagte sie schmunzelnd.

    „Bist wohl ein bissi faul."

    „Bei dem schwülen Wetter schon", gestand sie.

    Ich prostete Stella zu, wir stießen an und nahmen einen Schluck Chianti. Ich sah Stella nachdenklich an, während sie versonnen auf ihr Glas schaute. Chianti, mein guter traditioneller Lieblingsrotwein, noch aus der Zeit, als die erste Pizzeria in Deutschland eröffnet worden war. Aber Stella hatte diese Zeit nicht erlebt, uns trennen fast fünfundzwanzig Jahre.

    Auch ich schaute jetzt auf mein Glas, fast ein wenig betreten wegen der immer wieder aufkommenden Gedanken, wenn mir unser Altersunterschied bewusst wurde. Unsere Gläser waren halbleer oder halbvoll; hier griff wieder einmal das Sprichwort vom Blickwinkel. Was wir kurze Zeit später sahen, war jedoch – ich möchte es vorweg betonen – nicht diesem Gläschen Rotwein geschuldet.

    Ich liebe das italienische Essen und Stella nicht minder. Als Dessert holte ich in der gegenüber liegenden Eisdiele das von meinen italienischen Freunden selbst kreierte Stracciatella-Eis; einfach köstlich. Als ich in unserer Lounge-Ecke neben meiner Liebsten auf dem Balkon wieder Platz genommen hatte, sah ich das erste Mal diese komische Naturerscheinung. Und plötzlich spürte man sie auch. Wie aus heiterem Himmel fauchte ein Wind durch die Bäume, und am Horizont zog blitzschnell auf breiter Front ein rabenschwarzes Gewitterband auf. Es war plötzlich einfach da. Und dann bewegte es sich langsam aber stetig auf uns zu. Kurze Zeit später schien es dort, wo es war, zu verharren. Der starke Wind legte sich abrupt. Jetzt lastete mit einem Mal wieder diese drückende Hitze auf uns.

    „Diese Gewitterfront ist uns jetzt ziemlich nahe", meinte Stella.

    „Das Wolkenband dürfte genau über der Langsdorfer Höhe liegen", antwortete ich.

    Gerüchteweise hatte Stella vor zwei Tagen von einem ihrer älteren Dauerkunden, einem siebzigjährigen Stadtverordneten, etwas unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit erfahren. Optiker, Physiotherapeuten und andere Gesundheitshandwerker sind mehr oder minder psychologische Ratgeber. Und sie sind – ähnlich wie Ärzte – hervorragende Ausheul-Objekte. Manche Patienten beziehungsweise Kunden tun sich, nebenbei bemerkt, auch gerne etwas wichtig. Der Christdemokrat Detlef Hofbauer saß als Vorsitzender des städtischen Bauausschusses an einer der entscheidenden Stellen. Zweifellos ein wichtiger Mann.

    „Er muss ja schließlich wissen, ob die Sache Hand und Fuß hat", antwortete Stella auf meine Frage, ob das ernst gemeint sei. Ein großes Bauvorhaben sei am Start – und zwar ginge es genau um jenen Naturabschnitt, über dem jetzt das furios anmutende Gewitterband drohend zum Stillstand gekommen war. Ein Lager- und Verteilzentrum mit 110.000 Quadratmetern Lagerfläche sei dort geplant.

    „So viele Quadratmeter? Du hast dich gewiss verhört", sagte ich ungläubig.

    „Keine Ahnung. Aber damit du es weißt: Ich höre eigentlich sehr gut. Die Sache, so sagte er, würde noch intern diskutiert. Deshalb habe er mir dies lediglich »inoffiziell« mitgeteilt, wie er es ein wenig nebulös formulierte."

    Stella schaute mich abwartend an, aber ich starrte gebannt in den Himmel. Das merkwürdige Wolkenband bewegte sich keinen sichtbaren Meter. Natürlich kann man das auf solch eine Entfernung nicht wirklich exakt feststellen. Aber ich hatte mir die Kreuzspitze auf dem Turm der Sankt Paulus Kirche gemerkt. Die Wolken hingen immer noch genau in der alten Position wie festgenagelt.

    Ich schaute zu Stella, die jetzt einen fast prüfenden Blick auf mich warf. Wahrscheinlich dachte sie, ich hätte ihr nicht zugehört. Aber Zuhören war eine meiner Spitzeneigenschaften. „Und weiter?", fragte ich.

    „Na ja, ich hätte ja dort kein Grundstück, wie er wüsste, und damit sei ich keine der Betroffenen, die unberechtigter Weise gleich in Panik ausbrechen würden. Deshalb möge ich bitte kein Wort gegenüber anderen äußern und so weiter. Außerdem glaube er, dass ich gewiss die Schaffung neuer Arbeitsplätze befürworte. Auch gegen eine grandiose Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt und somit für uns Bürger habe ich sicherlich nichts einzuwenden."

    „Du hast zustimmend genickt, wie ich dich kenne", warf ich ein.

    „Na klar. Deshalb war er ja sehr gesprächig und unterbreitete mir dabei tatsächlich so etwas wie eine Familienplanung, die er mir subtil ans Herz legte. Später, zu einer Zeit, wenn ich vielleicht einmal eine Familie gründen und Kinder haben würde – na, wann wird es denn soweit sein, junge Frau?, hat er gefragt – könnten aus diesen Mehreinnahmen die Kindergärten und Schulen modernisiert, digitalisiert und personell besser ausgerüstet werden." Stella hatte es mit dem mir so sexy anmutenden Amüsement, das um ihre schönen Lippen spielte, berichtet.

    Ich musste laut lachen und sagte: „Und morgen erzähle ich Ihnen ein anderes Märchen, junge Frau." Ich ahmte die wichtigtuerische Stimme eines Christdemokraten nach, wenn er sich besonders versiert fühlt. Wenn ich mich recht erinnere, traf ich die sonore Stimme des Herrn Altmaier.

    Stella ergänzte: „Und wenn Sie nicht gestorben sind, Herr Stadtverordneter, dann leben Sie noch lange und dürfen das von Ihnen angerichtete Naturdesaster ausbaden."

    „Naturdesaster?, warf ich ein. „Wir wissen doch nichts! Rein gar nichts. Da sollten wir das Inferno nicht an die Wand malen!

    Stella schaute mich an und sagte trocken: „110.000 Quadratmeter!"

    „Bin ja nicht begriffsstutzig, entgegnete ich. „Dafür sind Ausgleichsflächen vorgesehen, glaube ich.

    „Hier in Lich?"

    „Was weiß ich."

    „Wo etwas gelagert und verteilt wird, wird etwas angeliefert und abgeholt. Ein dauerndes Kommen und Gehen. Machen das die unsichtbaren Geisterfahrzeuge der Heinzelmännchen?"

    Ich stöhnte auf. Sie hatte ja, wie immer, so recht. Wir gingen zum Schmusen ins Wohnzimmer. Urlaub eben. Wenigstens ein- oder zwei- oder drei Mal im Jahr, sorry, ich meine natürlich im Monat. Wir waren eingeschlafen und als wir eine Stunde später aufwachten, erinnerten wir uns der Gewitterwolken und eilten nach draußen, denn wir hatten vor lauter liebesbedürftigem Eifer vergessen, den Tisch abzuräumen und den Sonnenschirm zusammenzuklappen. Aber alles war trocken und windstill, und der italienische Chianti stand immer noch stolz und aufrecht neben meinem Glas. Stella und ich blickten zeitgleich nach oben Richtung Osten – der Himmel war hellblau und völlig frei von irgendwelchen Wolken.

    Komisch, dachte ich. Sehr komisch.

    Genau eine Woche später, am 12. Juli, erschien ein erster offizieller Hinweis auf das geplante neue Verteilzentrum im Licher Wochenanzeiger: »Lagerhallen statt Ackerflächen – SPD nimmt Entwicklung der Gewerbegebiete in Blick – Unfallschwerpunkt auf B467 durch mehr LKW?«

    Ich las den Artikel durch, mehr widerwillig als interessiert. Da standen nun tatsächlich die 110.000 Quadratmeter drin und fünfhundert neue Arbeitsplätze würden geschaffen und die Stadt würde zwei Millionen Verlust durch den Verkauf der Fläche wettmachen – ein Verlust, der ihr durch die unbewirtschaftete Natur dort entstehe. Unbewirtschaftete Natur verursacht Kosten?, zuckte es durch meinen Kopf.

    „Verstehe das wer will", sagte ich zu Stella.

    „Versteht kein Mensch! Wer hat da wieder irgendwelche Zahlen zusammengerechnet, um auf ein ominöses Minus von zwei Milliönchen zu kommen? Nur um damit zu sagen, wir sollten froh sein, wenn da jemand einen Monsterklotz hinbaut. Im Erfinden von Schein-Legitimationen sind unsere bundesdeutschen Politiker traditionell Spitzenklasse! Denk mal an Stuttgart 21 oder andere Monsterwerke!"

    „Bürgermeister Groß meint sogar, ein 24-Stunden-Betrieb sei möglich. Das wäre ja … uiii … Will ich gar nicht dran denken!"

    „Steht das da drin?"

    „Genau, und da steht noch etwas: Der Bürgermeister möchte das gesamte Areal von 20,5 Hektar am liebsten auf einen Schlag an den Mann bringen. Und zwar an einen einzigen Mann."

    „Er denkt da wohl an Jeff Bezos, den Chef von Amazon, sagte Stella und grinste verschwörerisch. „Meinst du das funktioniert?

    „Amazon wird eine Nummer zu groß sein, aber wer weiß! Ob das funktioniert mit dem »einen Schlag an einen Mann«? Der Bürgermeister bejaht das. Mr. Groß ist sich zu achtzig Prozent sicher, dass das klappt. Er hofft, dass schon nach der Sommerpause der Kaufvertrag mit irgendeinem Großinvestor abgeschlossen werden kann."

    „So schnell? Das geht doch gar nicht! Müssen da nicht andere Gremien mitentscheiden?, stieß Stella ungläubig hervor, und sie sah mich – ich kann es nicht anders beschreiben – entsetzt an. „Solche Verfahren mit all den notwendigen Umwelt- und Bauauflagen dauern doch normaler Weise einige Jahre, und die Bürger erhalten ausreichend Zeit, um Einwände zu erheben. Das muss doch rechtsstaatlich ablaufen!

    „Sieht mir aber eher nach Hauruck-Verfahren aus, als wolle man etwas hinter dem Rücken der Bürger durchpeitschen", antwortete ich.

    „Wer ist eigentlich der besagte Investor?", fragte Stella.

    „Steht nirgendwo. Scheint ein Betriebsgeheimnis zu sein."

    Bei nächster Gelegenheit fragte ich Andrea, Stellas beste Freundin, die einen schnuckeligen, schicken Schuhladen namens »Schuhsalon« betrieb. „Hast du etwas über den geheimnisumwitterten Investor gehört?"

    Obwohl Andrea jede Menge Kundenkontakte hatte, war sie ratlos. „Scheint ein Rätsel zu sein, an das der kleine dumme Bürger erst in Kreuzworträtselform herangeführt werden muss", meinte sie augenzwinkernd.

    Auch Stella selbst hatte sich in der Zwischenzeit umgehört, konnte jedoch nicht in Erfahrung bringen, wer gemeint sei. So vergingen die Monate, bis ich am letzten Tag im November zufällig im Licher Wochenanzeiger einen Leserbrief entdeckte.

    »110.000 Quadratmeter groß und 20 Meter hoch! Wer braucht so ein Monster?«

    Unser Lich ist eine wunderschöne historische Kleinstadt – und jetzt das! Man will uns ein bauliches Monstrum mit einer Höhe von 20 Metern vor die Nase setzen, mit all den sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Nebenwirkungen. Glauben Sie nicht? Aber bitte: Fragen Sie doch Ihren Arzt oder Apotheker!

    Der Bürgermeister verlässt uns zwar im nächsten Jahr, aber sein monströses Vermächtnis wird uns damit immer vor Augen bleiben. Er will jetzt schnell noch alles unter Dach und Fach bringen. Will er auch seine Schäfchen ins Trockene bringen? Lässt er uns Bürger noch genügend Zeit mitzuentscheiden? Haben unsere gewählten Vertreter genügend Zeit zur sachlichen Prüfung? Ich empfehle den Stadtverordneten einen Besuch in Nieder-Mockstadt. Hier steht nämlich ein abschreckendes Beispiel für ein Hochregallager. Fragen Sie die dortigen Bürger nach dem LKW-Verkehr! Dann weiß man, was uns hier erwartet. Verhindern Sie, verehrte Abgeordnete, eine falsche Entscheidung, bevor es zu spät ist.

    Wir sollten den Focus auf das, was unsere Stadt wirklich ausmacht, nicht verlieren. Lich ist keine Industriestadt. Es geht um den Werterhalt von historischem Kulturgut, um eine lebenswerte Umwelt, eine intakte Natur – es geht um unsere Lebensqualität.

    Edith Neuer-Süß

    Wer so engagiert für sein Städtchen eintrat, wusste gewiss etwas über den Investor zu sagen, wenn …, tja, wenn inzwischen zumindest der Name bekannt war. Also beschloss ich, die Dame anzurufen. Vielleicht wusste sie Näheres. Aber da erhielt ich einen dringenden Rechercheauftrag von meinem Verlag – es ging um die vielbesungene Pressefreiheit und den Fall Julian Assange – und so vergingen drei Wochen, bis ich Frau Neuer-Süß endlich an der Strippe hatte.

    „Ich glaube, wenn ich meinem Informanten vertrauen kann, dass der Großinvestor, von dem der Bürgermeister so lange schon geheimnisumwittert spricht, »Wüst AG« heißt. Aber man kann der Sache nicht trauen. Es ist jedenfalls noch nicht offiziell", sagte sie mit einer durchaus freundlichen Telefonstimme.

    „Wissen Sie zufällig, wo und was diese »Wüst AG« ansonsten macht?"

    „Ob ich das zufällig weiß?, fragte sie mit einem lachenden Unterton, um mir gleich darauf zu erläutern: „Nein, nicht zufällig, sondern durch umständliches Nachforschen habe ich herausgefunden, was für ein Laden das ist.

    „Ah,

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