Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5): Thriller
ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5): Thriller
ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5): Thriller
eBook310 Seiten3 Stunden

ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5): Thriller

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Sie sind Elitesoldaten der ganz besonderen Art, denn sie stehen allein im Dienste Gottes:
DIE RITTER DES VATIKAN
Während einer Urlaubsreise nach Paris werden Shari Cohens Kinder von Jadran Božanović entführt, einem so skrupellosen wie gefürchteten Menschenhändler. Die Behörden scheinen der Entführung jedoch nicht wirklich nachgehen zu wollen, und auch die amerikanische Botschaft will nicht eingreifen.
In ihrer Verzweiflung erinnert sich Shari an ein Versprechen, dass ihr Papst Pius XIII einst gab, und an eine Gruppe von Elitesoldaten, die schon einmal ihre besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellte …
"Rick Jones nimmt den Leser auf ein rasantes Action-Abenteuer mit, von der grausamen Entführung in den Straßen von Paris, bis zu einem furiosen Showdown auf einer Jacht, während er gleichzeitig tief in die Seelen eines Kämpfers und einer trauernden Mutter blickt. ENTFÜHRT IN PARIS ist ein zermürbender Blick auf die Mechanismen des Menschenhandels und der vielleicht beste Teil der Reihe." - Kane Gilmour, Bestsellerautor der Romane RAGNAROK und RESURRECT
Zögernd willigt der Vatikan ein, seine Ritter des Vatikan unter Kimball Hayden als Unterstützung auszusenden. Kimball, dessen Herz noch immer für Shari schlägt, muss jedoch sehr schnell feststellen, dass sie ihren Gegner unterschätzt haben. Božanović ist mächtig, so mächtig, dass ihm neben hochrangigen Funktionären selbst Glaubensbrüder der Vatikanritter zum Opfer fallen. Und die Zeit läuft, denn je länger sich Sharis Kinder in seiner Gewalt befinden, umso aussichtsloser wird es, sie wiederzufinden. Schließlich trifft Kimball eine folgenschwere Entscheidung und stellt sich einem Duell, das nur einer der beiden Kämpfer überleben wird …
Der fünfte Band 5 der Bestsellerreihe um das schlagkräftige Elitekommando des Vatikan, der die Abenteuer rund um Kimball Hayden mit der fieberhaften Suche und furiosen Action der TAKEN-Filme kreuzt.
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum21. März 2024
ISBN9783958354517
ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5): Thriller

Mehr von Rick Jones lesen

Ähnlich wie ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5)

Titel in dieser Serie (17)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5)

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5) - Rick Jones

    Prolog

    Das Containerterminal am Hafen von Ploče, Kroatien

    Der letzte Container wurde auf das Deck der Александра (Aleksandra) verladen. Bei dem Schiff handelte es sich um einen umgebauten Frachter, laut kroatischem Schiffsregister auf einen angesehenen Schifffahrtskaufmann registriert, dessen Unternehmen in Wahrheit jedoch nur eine Scheinfirma für die kroatische Mafia war.

    Jadran Božanović, ein hochrangiges Mitglied der Organisation, stand an der Reling des 133 Meter langen Schiffes und sah zu, wie der letzte Frachtcontainer mit Kranhaken und -seilen auf die anderen Container heruntergelassen wurde. Er war bekannt für seine Brutalität, mit der er unter Zuhilfenahme der Klinge seines Messers seine Vorstellung von Gerechtigkeit zu verbreiten pflegte. Seine Lieblingswaffe, denn ihr konnte nie die Munition ausgehen. Es gehörte zu seinem unverwechselbaren Markenzeichen, seine Leichen so entmenschlicht zurückzulassen, dass es den Anschein hatte, als hätte sich ein Tier über sie hergemacht. Die Botschaft, die er auf diese Weise hinterließ, sollte als Beleg für seine rohe und ungehemmte Boshaftigkeit gelten.

    Mit einer Körpergröße von einem Meter neunzig, einem Gewicht von knapp einhundert Kilogramm, und einem Körperfettanteil, der sich im einstelligen Bereich bewegte, wirkte Božanović Körperbau ebenso einschüchternd wie sein Antlitz. Sein Gesicht war kantig, mit leicht hervorstehenden Wangenknochen, ein Überbleibsel seiner mongolischen Gene, welche sich über Generationen immer mehr abgeschwächt hatten. Seine Augen hatten die Farbe von Onyx, dunkel und ausdruckslos. Was seine Gesichtszüge jedoch dominierte und sein Gesicht so unverwechselbar machte, war jene Narbe, die über eine gesamte Wange bis hinunter zu seiner Oberlippe reichte und dabei das untere Augenlid weit genug nach unten zog, dass man das rosafarbene Gewebe darunter hervorschimmern sah.

    Im Gefüge der Mafia besaß Jadran Božanović eine Schlüsselrolle.

    Während die ersten Lichtstrahlen am Horizont auftauchten und sich die Schatten der Nacht verflüchtigten, setzten die Kräne ihre Arbeit unter dem Licht der Zweckleuchten fort, die sich überall an Deck befanden. Als der letzte Container schließlich abgesenkt und gesichert worden war, gab Božanović das Zeichen, sich zu beeilen, bevor die Mitarbeiter des kroatischen Schiffsregisters womöglich auf die Idee kamen, die Fracht noch einmal genauer in Augenschein zu nehmen.

    Der Kroate stieß sich von der Reling ab und begab sich zum Hauptdeck. Der Horizont erstrahlte nun heller, in satten Orange- und Rottönen, und das Morgenlicht begann sich immer weiter über den Hafen auszubreiten.

    Als er die übereinandergestapelten Container erreichte, stand dort ein Mann von winziger Statur mit einem Kugelschreiber und einem Klemmbrett in der Hand. Neben Jadran Božanović schien der Mann geradezu unbedeutend. Und für Božanović war dieser Mann wie jeder andere, der unter ihm diente, nichts weiter als ein Werkzeug der Organisation, ein namenloser, gesichtsloser Niemand, der zu jedem Zeitpunkt ausgetauscht werden konnte.

    »Können wir ablegen?«, fragte Božanović. »Ich zähle insgesamt acht Container.«

    Der kleinere Mann nickte. »Acht Container mit …« Er überprüfte seine Aufzeichnungen mit der Spitze seines Kugelschreibers. »… siebenhundertundsechs Personen.«

    Božanović neigte den Kopf zur Seite. »Siebenhundertundsechs? Es sollten siebenhundertzwanzig sein.«

    »Ich fürchte, einige von ihnen haben es nicht überlebt, Mr. Božanović.« Der kleinere Mann wählte seine Worte mit Bedacht. Für Jadran Božanović bedeutete jedes einzelne Frachtgut blankes Geld. Und Geld zu verlieren war indiskutabel. Bald schon würde der Kroate dafür jemanden zur Rechenschaft ziehen und an ihm mit seinem Messer ein blutiges Exempel statuieren. Sorgfalt hatte für sein gesamtes Eigentum zu gelten, so lautete die wichtigste Regel im Umgang mit seiner Fracht.

    »Ich will eine Liste von allen Personen, die sich um die Behandlung meiner Fracht kümmerten«, sagte er.

    »Jawohl, Sir.«

    Božanović warf einen flüchtigen Blick nach Osten, wo man bereits den oberen Rand der Sonne über den Horizont ragen sah. »Wie lange noch, bevor wir ablegen können?«

    »Wir sind startklar, Sir.«

    »Dann sorgen Sie dafür.«

    »Jawohl, Sir.«

    Božanović kehrte zu der Reling zurück und ließ noch einmal seinen Blick über die Fracht schweifen, während die Sonnenstrahlen immer weiter über den Hafen krochen und bereits Winkel erhellten, die eben noch in tiefen Schatten lagen. Aus den Augenwinkeln erhaschte er eine Bewegung, nur für einen Sekundenbruchteil zu sehen. Jemand versuchte sich hinter der Wand aus übereinandergestapelten Containern zu verstecken.

    Und diese Person war nicht allein.

    Mehrmals hintereinander hieb Božanović frustriert mit den Handflächen auf das Geländer der Reling. Seine Operation war aufgeflogen.

    Wo einer ist, sind noch mehr …

    Eilig rannte er über das Deck und befahl lauthals, die Aleksandra loszumachen, als plötzlich von allen Seiten Soldaten einer internationalen Spezialeinheit auftauchten, ihre Waffen auf ihn gerichtet. Sie trugen komplett schwarze Ausrüstung, spezielle Helme und Körperpanzerung, und ihre Waffen gehörten zum Aktuellsten, was modernes Kriegsgerät zu bieten hatte.

    Božanović bellte weitere Befehle und stürmte über das Deck. »Pomicanje! Pomicanje! Pomicanje!« Bewegung, Bewegung, Bewegung!

    Božanovićs Crew versuchte die Taue von den Pollern zu lösen, doch sie wurden von Gewehrsalven niedergestreckt, die durch ihre Körper peitschten und Blutfontänen und rötlichen Nebel aufspritzen ließen.

    Überall an Deck brachen ihre Leiber wie leblose Bündel zusammen, während sich die internationale Einheit weiter die Gangways entlangbewegte.

    Božanović tätschelte mit der Handfläche den Griff des Messers. Kaum die geeignete Waffe, um es mit einem solchen Arsenal aufzunehmen, also zog er stattdessen seine Glock.

    Er zielte, feuerte die Pistole in rascher Folge ab, und die Kugeln trafen ihre Ziele. Einer der Soldaten in Körperpanzerung ließ sich kurz auf die Knie sinken, bevor er seine Waffe auf Božanovićs neu ausrichtete. Kurz darauf folgte eine Kugelsalve und schlug scheppernd in die Metallbehälter hinter Božanović ein. Die Projektile prallten in alle Richtungen ab und Božanović duckte sich unter dem Kugelhagel hindurch. Verzweifelt riss er die Waffe empor und feuerte blindlings ein paar Schüsse ab, ohne zu treffen, während er weiter zum Heck des Schiffs rannte.

    Ihm waren noch sechs Schuss geblieben.

    Die Männer der militärischen Spezialeinheit schwärmten über das Deck der Aleksandra aus und feuerten in alle Richtungen – links, rechts, nach Osten und Westen. Reihenweise fielen Božanovićs Männer, die von dem vorrückenden Team systematisch ausgeschaltet wurden.

    Doch als Božanović die Schreie seiner Männer hörte, verspürte er überhaupt nichts dabei – weder Mitleid noch Reue, und am wenigsten Dankbarkeit für das Opfer, das sie brachten. Hier in Kroatien, wo die Menschen nicht selten romantische Vorstellungen davon pflegten, einmal ein Mitglied der kroatischen Mafia zu sein, gab es reichlich Ersatz für sie.

    Am Heck des Schiffs erreichte er das Ein-Mann-U-Boot, das mit metallenen Klammern an Deck gehalten wurde. An der Außenseite befand sich ein Tastenfeld für einen Code, den nur er kannte. Mit tauben Fingern begann er die Zahlenfolge in das Tastenfeld einzugeben. Um ihn herum pfiffen Kugeln. Einschusslöcher erschienen wie von Zauberhand, als noch mehr Kugel an seinen Ohren wie Wespen vorbeisurrten und ihn nur knapp verfehlten. Dann öffnete sich die Luke des U-Boots mit dem Zischen entweichender Luft.

    Kugeln prallten scheppernd von der harten Titaniumverkleidung des U-Boots ab, während Božanović hineinschlüpfte und die Luke von innen schloss. Nach einem festen Zug an einem Seil im Innern lösten sich mit einem metallischen Poltern die Klammern, die das U-Boot an Deck festgehalten hatten. Das torpedoförmige U-Boot rutschte daraufhin eine Rampe zur Wasseroberfläche hinunter, wo es noch einmal für einen kurzen Moment wie ein Korken herumtanzte, bis es sich ausgerichtet hatte.

    Hastig aktivierte Božanović die Steuerelektronik des Vehikels. Er startete die Antriebswellen, richtete die Ruder aus und flutete die Tauchtanks mit Wasser. Binnen weniger Augenblicke war das U-Boot unter den Wellen verschwunden und Luftblasen stiegen von dort auf, wo es abgetaucht war.

    Die Soldaten der internationalen Spezialeinheit gruppierten sich an der Reling und richteten ihre Waffen auf die aufgewühlte Gischt hinab.

    Jadran Božanović war entkommen.

    John Majors, der Teamführer der englischen Spezialeinheit und früherer Leiter der Britischen Special Forces, schob das Visier des Gesichtsschutzes über seinen Helm zurück und sah zu, wie die letzte Luftblase an der Oberfläche zerplatzte, während Božanović entkam.

    »Verdammte Scheiße«, war alles, was er sagte, während er auf die Wellen starrte. Sie hatten Božanović eine Falle gestellt, hatten ihn eingekesselt, und dessen Crew hatte nur marginalen Widerstand gegen sein sehr viel besser ausgebildetes Team geleistet. Und doch war Božanović ihnen entwischt.

    Majors schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen, während man seine Kiefermuskulatur mahlen sehen konnte.

    Das war jetzt das dritte Mal in einem Zeitraum von achtzehn Monaten gewesen, dass man versucht hatte, den Kroaten zu fassen. Der Mann war ihnen immer wieder entkommen – den Amerikanern, den Spaniern und nun auch den englischen Spezialkräften.

    Majors schnaubte aus Wut und Frustration über den verpatzten Abschuss. Božanović das Leben zu nehmen galt in den Augen der internationalen Gerichtsbarkeiten als gerechtfertigt, und jene, die dort das Sagen hatten, hatten seinem Tod längst grünes Licht gegeben.

    »Colonel?«

    John Majors öffnete die Augen. »Ja?«

    »Sechzehn Crewmitglieder der Aleksandra sind tot, Sir.«

    »Überlebende?«

    »Keine.«

    »Und die Fracht? Ist sie sicher?«

    »Ja, Sir. Die Fracht konnte sichergestellt werden.«

    Majors führte sein persönliches Team zum Hauptdeck, wo sich die bewaffneten Einheiten der britischen Spezialeinheit um die Frachtcontainer versammelt hatten.

    »Wie viele verdammte Container sind es dieses Mal?«, fragte Majors einen der Soldaten, dessen Schulterstreifen ihn als Sergeant auswiesen.

    »Acht.«

    Majors schüttelte den Kopf und lief an ihn ihm vorbei, die Augen fest auf die Container gerichtet. »Das sind acht zu viel.«

    Majors ließ seine Waffe sinken, als er sich dem ersten der Container näherte, wie man sie auch auf Sattelschleppern finden konnte. »Öffnen Sie die verdammte Tür«, befahl er. »Und beten Sie, dass wir darin finden, weshalb wir hier sind.«

    Ein Soldat mit einem Schweißbrenner in der Hand ließ die Spitze des Geräts auflodern und richtete die Flamme auf das Schloss, welches wie Butter zu schmelzen begann. Als das Schloss herunterfiel, schoben die Soldaten den Riegel zurück und öffneten die Tür.

    Der Gestank menschlicher Ausscheidungen, der ihnen entgegenschlug, war überwältigend. Eine Hitzewelle begleitete ihn, wie ein wogendes Fieber, das lebendig schien – so wie die Krankheiten, unter denen die hustenden Menschen litten und in deren Adern Viren hausten.

    Majors trat einen Schritt zurück. Verflucht sollst du sein, Božanović. »Um Himmels willen, schafft diese Leute da raus! Und holt Hilfe!«

    »Jawohl, Sir.«

    Die Menschen in dem Container, die aus brennenden Lungen würgten und husteten, waren im Alter zwischen zwölf und fünfundzwanzig Jahren, allesamt Opfer von Jadran Božanovićs, dem Händler menschlichen Elends.

    Majors warf einen grimmig abschätzenden Blick auf die restlichen Container und wusste, dass sie die gleiche Fracht enthalten würden: lebende Menschen.

    Angewidert schüttelte er den Kopf und fragte sich, wie es Menschen wie Božanović überhaupt geben konnte. Er versuchte sich auszumalen, welche Dinge im Leben einen Mann derart grausam und jämmerlich werden lassen konnten, dass dieser bereitwillig den Leibhaftigen als Verbündeten akzeptierte und sich in dessen Gegenwart auch noch wohlzufühlen schien.

    Verflucht sollst du sein, Božanović.

    Verflucht bis in alle Ewigkeit.

    Kapitel 1

    London, etwa einen Monat später

    Als Colonel John Majors in seine Londoner Wohnung für einen kurzen Urlaub zurückkehrte, gelang es ihm nicht, die grauenvollen Bilder der Kinder an Bord der Aleksandra loszuwerden. Bilder ihrer Haut, die einen fürchterlichen Grauton statt einem gesunden Leuchten angenommen hatte. Oder ihre Gesichter, mit diesem gequälten, entrückten Blick.

    Wieder einmal hatte sich Jadran Božanović als so schlüpfrig wie ein Aal erwiesen.

    Für Majors war der Gedanke kaum zu ertragen, war er doch so kurz davor gewesen, den Kroaten zu erwischen, dass er die Verdorbenheit dieses Mannes beinahe hatte riechen können.

    Nachdem er sich ein Glas Cognac eingeschenkt hatte, ging Majors auf den Balkon seiner Wohnung in vierten Stockwerk hinaus, von dem aus man einen freien Blick auf den Hyde Park in einiger Entfernung genoss. Von hier oben konnte man ein paar der Bäume und offene Rasenflächen sehen. Aber der eigentliche Grund, warum er den Hyde Park so liebte, waren die Podien entlang der Gehwege. Er kam oft hierher, um sich die Leute anzuhören, die aktuelle politische Themen von Bedeutung besprachen; Dinge, die die eigene Meinung oder die persönliche Weltsicht verändern konnten. In letzter Zeit aber, zumindest seiner Ansicht nach, wurden die Podien mehr und mehr von Wirrköpfen und Spinnern bestiegen, die irgendwelchen unsinnigen Stuss in die Welt posaunten.

    Die Zeiten hatten sich geändert.

    Majors kippte sich den Rest seines Drinks hinunter und ging ins Badezimmer, wo er sein Spiegelbild betrachtete. Seine Augen waren gerötet und die Falten in seinem Gesicht wurden länger und tiefer.

    Als er noch der Chef der britischen Special Forces gewesen war, schienen die Dinge noch ganz anders gewesen zu sein, denn es gehörte zu den Segnungen der Jugend, dass sich zu dieser Zeit sein Geist und sein Körper noch im Einklang befanden. Doch nun war er älter und sein Körper signalisierte ihm, dass er sich dem Ende seiner Dienstzeit als Leiter der Taskforce näherte. Die ständigen Schmerzen in seinen Knien und seiner Schulter waren der Beleg für das, was sein Verstand bereits zunehmend zur Kenntnis nahm: Du wirst langsam zu alt.

    Aber eine Sache wollte er in seinem Leben noch beenden, die etwas Gutes bewirken würde – jene Sache, die ihn zu einer Legende machen würde. Er wollte als der Mann in die Geschichte eingehen, der Jadran Božanović zur Strecke gebracht hatte.

    Er stöhnte auf, als die Schmerzen in seinen Knien so stark wurden, dass selbst der Cognac sie nicht mehr betäuben konnte. Also öffnete er die Spiegelschranktür und nahm ein Fläschchen mit einem Schmerzmittel heraus. Als er die Tür wieder schloss, waren plötzlich zwei Gesichter in dem Spiegel zu sehen: sein eigens und das von Jadran Božanović.

    Majors Augen blinzelten nicht einmal, und er drehte sich auch nicht, um sich dem Eindringling entgegenzustellen. Es war, als hätte er schon die ganze Zeit nur auf diesen einen Moment gewartet.

    Im Spiegel sah er, wie das narbige Gesicht Božanovićs ihn musterte, mit einem ausdruckslosen Blick, der keinerlei Emotionen verriet. Seine Augen aber bargen etwas Tiefes und Kaltes und ihre Schwärze schien undurchdringlich.

    Dann wurde Majors klar, dass Božanović ein Mann war, der nur mit Mühe seinen ungeheuren Zorn bändigen konnte und nun zu ihm gekommen war, um seinen Tribut zu fordern – dafür, dass er seine Operation auf der Aleksandra vereitelt hatte.

    Božanović hob ein Messer. Die Spitze war beinahe frevelhaft scharf und die polierte Klinge reflektierte das grelle Licht der Glühbirne über ihnen. Er spielte auf eine bösartige Weise damit, indem er das Messer in seiner Hand langsam kreisen ließ, sodass Majors es sich von allen Seiten sehen konnte.

    Und Majors gab sich mit einem Kopfnicken geschlagen, denn er wusste, dass er allein nichts gegen diesen Mann würde ausrichten können.

    Drei Tage später, als man die Leiche von Colonel Majors entdeckte, sollte die London Times den Mord mit den Taten eines Jack the Ripper vergleichen.

    Kapitel 2

    Das Büro des Monsignore, Vatikan

    »Ich töte Menschen. Das ist es, was ich tue. Worin ich gut bin.«

    Monsignore Dom Giammacio war der vatikanische Berater für Geistliche, die mit Selbstzweifeln und schwindender Überzeugung zu kämpfen hatten. Aber an diesem Tag lauschte er nicht den Worten eines Priesters. Er hörte einem Soldaten des Vatikan zu, einem erfahrenen Kämpfer, der dafür gefochten hatte, die Souveränität der Kirche, deren Interessen und den Wohlstand seiner Bürger zu bewahren.

    An diesem Morgen widmete er sich jemandem, der schlicht bekannt war als der Priester, der kein Priester ist.

    Er befand sich in einer Sitzung mit Kimball Hayden, dem Teamleiter der Ritter des Vatikan, der stets nach seiner eigenen Erlösung und Vergebung für seine dunkle Vergangenheit suchte, die wie ein Krebsgeschwür in ihm wucherte.

    »Kimball, was Sie mir da erzählen, hört sich immer mehr wie ein inhaltsloses Mantra an. Wir haben schon so oft darüber gesprochen.«

    Kimball ließ sich in einen Sessel sinken. Seine hellblauen Augen musterten die kupferfarbenen Augen des Monsignore. »Worüber sollen wir uns dann noch unterhalten?«

    Der Monsignore sah auf die Rauchkringel hinab, die von der Zigarette aufstiegen, die er zwischen seinen langen, dünnen Fingern hielt; beobachtete, wie die zarten Ringe aus Rauch in die Luft stiegen und sich verflüchtigten. »Wir müssen über Ihren Unwillen sprechen, den Fakt anzuerkennen, dass Sie mit Ihrem Dienst als Ritter des Vatikan Gottes Gnade erfahren haben.«

    Kimball beugte sich nach vorn. Deutlich zeichneten sich die Muskeln an seinen Unterarmen ab. »Kann Gott einem Mann verzeihen, der aus reinem Pflichtgefühl unschuldige Frauen und Kinder tötete?«

    »Das hängt ganz davon ab. Sind Sie ein bußfertiger Mann? Empfinden Sie Reue für Ihre Taten?«

    »Reue?« Kimball lehnte sich wieder zurück. »Das Schwerste im Leben eines Menschen ist, sich selbst zu vergeben, Monsignore. Das wissen Sie.«

    »Also geht es im Endeffekt darum, Kimball? Sie können sich nicht vergeben?«

    Kimball seufzte. »Nein … aber wahrscheinlich muss ich nur lange genug warten, bis ich meine Taten vor mir selbst rechtfertigen kann, wie abscheulich sie auch gewesen sein mögen. Nach einer Weile werde ich lernen, damit zu leben, wenn ich mir einrede, dass ich das Richtige getan habe, dass meine Handlungen vertretbar waren. Mit der Zeit kann man sich beinahe alles einreden.«

    »Was Ihnen aber offensichtlich nicht gelingt. Nicht, wenn Sie zu mir kommen und mir erzählen, dass Gott Ihnen weiterhin die Erlösung verwehrt. Sie können nicht auf der einen Seite Ihre Taten rechtfertigen, aber gleichzeitig andauernd Schuld für sie empfinden. Entweder fühlen Sie sich von der Last Ihrer Taten befreit oder nicht. Also verraten Sie mir, was davon trifft auf Sie zu?«

    Kimball schloss die Augen und erinnerte sich augenblicklich an jenen Moment, als er im Irak zwei Kinder tötete. Er sah die Bilder klar und deutlich vor sich. Er hatte sie aus reinem Pflichtgefühl heraus getötet. Und damit hatte er sich nicht nur des Mordes, sondern auch des Diebstahls schuldig gemacht. Denn er hatte eine Mutter ihrer zwei Söhne beraubt, den Brüdern die Geschwister gestohlen, einem Vater die Chance genommen, mit seinen Kindern die Abstammungslinie fortzusetzen, und damit künftige Generationen der Getöteten ausgemerzt. Vor seinem geistigen Auge lief alles wie in Zeitlupe ab, wie in einem bösen Traum – die Kugeln, die ihre Körper zerfetzten und die Luft um sie herum für einen kurzen Moment die Farbe von rotem Nebel annehmen ließen.

    Es war jener Moment gewesen, an dem er die Erleuchtung erfahren hatte, ihn Gewissensbisse, Schuld und Bedauern ereilten, während er die Jungen im Wüstensand begrub. In jener Nacht lag er auf dem kargen Wüstenboden, starrte zu den unzähligen funkelnden Nadelstichen am Nachthimmel hinauf, suchte nach dem Antlitz Gottes, fand aber nichts als die glitzernden Sterne.

    In jenem Moment wusste er, dass Gott sich von ihm abgewendet hatte.

    Er schlug die Augen auf. Seit diesen Morden waren mehrere Jahre vergangen. Und doch sah er noch immer ihre Gesichter in seinen Träumen, erlebte diesen letzten Moment immer und immer wieder, als er die Unschuld in den Augen der Kinder für immer verlöschen sah. Der Moment, in denen er ihre Leben ausgelöscht hatte.

    »Ich kann mir meine Taten noch nicht vergeben«, antwortete er. »Noch nicht. Nicht nach dem, was ich diesen Jungen angetan habe.«

    »Nach so vielen Jahren, Kimball«, entgegnete der Monsignore und drückte hastig seine Zigarette in einem Aschenbecher aus, »können Sie sich diese eine Tat nicht vergeben, weil es genau so ist wie Sie sagen: Das Schwerste im Leben eines Menschen ist es, sich selbst zu vergeben. Und Sie müssen einen Weg finden, genau das zu tun. Ihr Ringen um Vergebung hat nichts mit Gott zu tun. Er hat Sie bereits in jenem Moment mit offenen Armen empfangen, als Sie die Uniform der Ritter des Vatikan anlegten. Das Problem liegt ganz allein bei Ihnen selbst, Kimball. Sie sind ein Wesen der Unvollkommenheit und der Moral und müssen Ihre Dämonen der Schuld auf Ihre eigene Weise bekämpfen.«

    »Wieso erinnert er mich dann aber jede Nacht aufs Neue daran, indem er mir die Bilder dieser Kinder zeigt? Wieso sehe ich immer wieder, wie ihr Blut den Wüstenboden tränkt, Nacht um Nacht?«

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1