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Deine Farben in meinem Feuer
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eBook432 Seiten5 Stunden

Deine Farben in meinem Feuer

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Über dieses E-Book

Cinn gibt sich stets stark, selbstbestimmt und freiheitsliebend. In Wirklichkeit zweifelt sie, kämpft mit Vorurteilen und will nur bedingungslos geliebt werden.
Als ihre Beziehung ein hässliches Ende nimmt, ist es ausgerechnet ihr Mitbewohner Fred, der sie auffängt. Auf den ersten Blick haben die beiden nicht viel gemeinsam, außer der Vorliebe, sich gegenseitig in den Wahnsinn zu treiben.
Dass in manchen Momenten mehr zwischen ihnen zu sein scheint, will Cinn nicht wahrhaben.
Doch wie lange kann sie ihre Gefühle leugnen und vor dem Mann verbergen, den sie tagtäglich sieht und der immer mehr ihre Nähe sucht?
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum21. Okt. 2023
ISBN9783987181139
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    Buchvorschau

    Deine Farben in meinem Feuer - Kristin Saß

    Kapitel 1

    Cinn

    »Ich kann das nicht, Cinn!« In Kanes Zügen kämpften Schmerz und Wut miteinander. Seine Nasenflügel zitterten leicht und die Augenbrauen hatte er so fest zusammengezogen, dass sie sich beinahe berührten.

    Über seine Schulter sah ich Judd, der meinen Blick betreten und mit einer stummen Entschuldigung erwiderte. Ich wollte ihm ein Lächeln schenken, das ihm versicherte, nichts falsch gemacht zu haben. Ich hatte ihn geküsst.

    »Kane«, begann ich und brach sofort wieder ab. Um neugierigen Ohren zu entgehen, griff ich nach einer seiner Hände und zog ihn von der Feuerstelle und den Menschen weg. In einigen Metern Entfernung und im Schutz der Nacht blieb ich stehen, wobei er sich augenblicklich von mir löste.

    »Sag mir, was genau dein Problem ist«, bat ich ruhig.

    »Das fragst du wirklich? Zu sehen, wie du deine Zunge in den Hals eines anderen steckst, das ist mein Problem.«

    »Du hast gesagt, es wäre okay, wenn heute was passiert. Und du wolltest zu Hause bleiben. Was hat sich in den letzten Stunden geändert?«

    »In der Theorie ist dieser ganze Wir-führen-eine-offene-Beziehung-Mist verdammt leicht zu behaupten.« Kane schnaubte. »Aber mir ist etwas klar geworden, okay? In der Realität fuckt es mich einfach nur ab.«

    »Hey, lass uns vernünftig darüber reden. Niemand hat behauptet, es wäre am Anfang leicht.« Meine Finger streckten sich in seine Richtung, wollten ihn berühren. Der Zorn, der mit den Schatten des Feuers auf seinem Gesicht tanzte, hielt mich jedoch davon ab. Ich wollte nicht, dass er mich auch noch nonverbal von sich stieß.

    »Gut, reden wir! Warum hast du die erste Chance ergreifen müssen? Warum stürzt du dich wie ein Hund, der von der Leine gelassen wird, auf den nächstbesten Kerl?« Kane machte eine Pause und ich hoffte, er würde still bleiben, damit ich seine Worte verdauen konnte, aber er war noch nicht fertig.

    »Hättest du es mir wirklich erzählt?«, wollte er düster wissen. »Oder hätte ich morgen die gleichen Lippen geküsst, ohne von deiner Knutscherei hier zu wissen?«

    »Natürlich hätte ich es dir erzählt. Wie wir es abgesprochen haben. Und ich hätte die Erwartung an dich gehabt, dass du es nicht als widerwärtig empfindest, dass mein Mund einen anderen Menschen berührt hat.« Jedes meiner Worte war begleitet von erzwungener Ruhe. Am liebsten hätte ich angefangen zu schreien. Vor Wut, Frustration und Verletzung.

    Kane sah mich wie ein Mann an, der seine Frau beim Fremdgehen erwischt hatte. Es schien, als wären sämtliche Regeln unserer Beziehung aus seinem Kopf gewischt worden.

    Im diffusen Licht des entfernten Lagerfeuers versuchte ich seinen Blick einzufangen, den er jetzt jedoch verbissen auf den sandigen Boden des Seeufers zwischen uns senkte.

    »Ich wollte keinen Sex mit Judd haben, okay? Es waren nur Küsse«, versuchte ich zu ihm durchzudringen. Irgendwie musste es mir gelingen, ihn aus seinen Gedankenspiralen zu holen. Es schien, als würde er gerade in einem Meer aus Selbstzweifeln und Eifersucht versinken. Wo war mein Freund, der noch vor wenigen Stunden versichert hatte, der nächste Schritt wäre in Ordnung für ihn? Ich war nicht mit dem Vorsatz, einen Mann zu finden, auf diese Party gegangen. Aber es war passiert und es hatte sich gut und richtig angefühlt – für mich. Bei Kane sah die Sache offensichtlich komplett anders aus. Und zum Teil verstand ich es. Es hatte ein Ungleichgewicht geschaffen, dass ich als Erste unsere neuen Absprachen genutzt hatte. Es hatte uns in eine neue Situation befördert, mit der es jetzt umzugehen galt. Das war eigentlich gut, oder? Kane und ich hatten begonnen, auf der Stelle zu treten und wir hatten uns gemeinsam für diese Weiterentwicklung und das Ende unserer Exklusivität entschieden.

    »Was hat er dir heute Abend gegeben, was ich nicht gekonnt hätte?« Kane stieß die Worte abgehackt zwischen den Zähnen hervor.

    Wild schüttelte ich den Kopf, sodass Haarsträhnen gegen meine Wangen schlugen.

    »Mach das nicht!«

    »Sag es, Cinn«, fuhr er mich an und plötzlich bohrte sich sein Blick wieder in meinen, als würde er hoffen, eine andere Antwort in meinen Augen zu finden als die, die ich ihm geben würde.

    Jeglicher Tropfen des Weinbechers, den ich getrunken hatte, schien aus meinem Körper gewichen zu sein. Ich fühlte mich ernüchtert und mit einer neuen Realität konfrontiert, in der ich die vergangenen Monate mit Kane infrage stellen musste.

    »Ich habe das Gefühl gemocht, einem fremden Menschen näherzukommen«, sagte ich leise. »Das aufgeregte Kribbeln, wenn du nicht weißt, wie sich die Lippen des anderen anfühlen. Die vielen ersten Male in wenigen Sekunden, die deine Hormone beinahe zum Überschnappen bringen.«

    Der erste Kuss war immer einzigartig und voller Adrenalin. Schon oft hatte ich Kane erklärt, was es mir bedeutete, die Freiheit zu haben, diese Momente auszuleben. Sie tauchten spontan auf, waren kurzlebig und hinterließen keine emotionalen Spuren in mir. Ich sagte ihm gerade nichts Neues. Und bisher hatte er stets mit Zustimmung reagiert. Hatte er mir etwas vorgemacht? Oder sich selbst? Womöglich uns beiden?

    Jetzt sah ich keinen Funken von Verständnis in seinem Gesicht. Vielmehr einen Ausdruck der Abscheu, der mir wieder und wieder ins Herz stach.

    »Aber das sind vorüberziehende Emotionen, Kane. Warum siehst du mich so an? Du besitzt dieselben Freiheiten. Auch du hast gesagt, du willst sie.«

    »Jetzt nicht mehr. Ich will eine Beziehung, in der so was nicht normal sein muss.« Mit einer ablehnenden Geste deutete er von mir zum Lagerfeuer, an dem Judd saß. »Wir sind jetzt ein Jahr zusammen und du warst glücklich, oder? Nur mit mir.«

    »Ja«, wisperte ich.

    »Warum können wir dann nicht einfach so weitermachen? Du und ich …«

    Ich blinzelte verwirrt. »Weil es nicht die Art Beziehung ist, die ich führen will. D-das hast du immer gewusst.«

    Was redete er da? Von Anfang an hatte ich ihm nie auch nur die Illusion gegeben, ich wäre an einer monogamen Partnerschaft interessiert. Ich wollte die Freiheit, der Magie eines Momentes nachzugeben, wenn zwischen mir und einem anderen Menschen Funken erwachten. Dieser Wunsch hatte offensichtlich nicht so sehr auf Gegenseitigkeit beruht, wie ich gedacht hatte. Oder gehofft …

    »Du willst mir also erzählen, du könntest es nicht ertragen, auf so was wie heute zu verzichten? Bedeute ich dir so wenig? Willst du es nicht mal weiter versuchen?« Kane raufte sich das dunkle Haar, seine Finger bebten und meine Kehle wurde sekündlich enger.

    Die Unterlippe zwischen meine Zähne gezogen, zerrte ich den Ausschnitt meines Tops höher und schlang fröstelnd die Arme um mich selbst. Etwas in meiner Brust regte sich, wollte meinen Hals hinaufsteigen. Vielleicht ein Weinen, das entschieden von mir runtergeschluckt wurde.

    »Was willst du, Cinn? Mich oder das da?« Sein Kinn ruckte erneut zur Feuerstelle.

    »Stell mich vor keine Wahl!« Meine Stimme war lauter als beabsichtigt.

    »Weil du dich gegen mich entscheiden würdest?«

    »Nicht gegen dich, aber für mich«, entgegnete ich. »Ich werde nicht meine Beziehungswünsche aufgeben. Das kann ich nicht.«

    Und ich werde nie wieder über mich bestimmen lassen. Was, wenn das hier nur der Anfang war? Wenn ich mich selbst erneut verlieren und zu einer farblosen Marionette werden würde?

    »Fuck, Cinn. Und ich kann mich nicht damit abfinden, dass dieses Gefühl zu unserer Beziehung dazugehören soll. Es ist nämlich ein Scheißgefühl. Wenn meine Freundin mit einem anderen Kerl rummacht … Es ist unmenschlich, da nicht eifersüchtig zu sein.«

    »Ich spreche dir deine Eifersucht auch nicht ab. Sie ist menschlich, irgendwie.« Weil wir es gewöhnt sind, unsere Partner als etwas anzusehen, was uns gehört. »Aber kannst du das Gefühl nicht nüchtern betrachten? Es ist ein Produkt von eigenen Unsicherheiten und Verlustängsten. Gepaart mit ein paar Besitzansprüchen und Egoismus.«

    Kane stöhnte auf. »Ich kann es nicht ab, wenn du so redest.«

    »Weil es die Wahrheit ist?«

    »Weil es Bullshit ist!«, rief Kane wütend und brachte mich dazu, einen Schritt zurückzuweichen.

    Meine Hoffnung stürzte in sich zusammen. Nur ein Haufen aus Schutt und Staub blieb zurück. Langsam hatte ich tatsächlich geglaubt, mit Kane jemanden gefunden zu haben, der mich so nahm, wie ich war. Mit allem, was dazugehörte. Aber mit seinen nächsten Worten wurde mir klar, dass ich mich noch nie so sehr getäuscht hatte.

    »Du bist eine Heuchlerin«, fluchte Kane. »Die ganze Zeit redest du von deinen Bedürfnissen, deiner so unglaublich tollen Lebenseinstellung und von offener Kommunikation. Aber weißt du, wo der Fehler liegt? Du siehst nur dich selbst. Deine Gefühle, deine Vorstellungen und deine Werte.«

    »Nein –«, wollte ich widersprechen, aber Kane fiel mir sofort wieder ins Wort.

    »Ich habe mich auf dich eingelassen, weil ich bereit war, etwas Neues kennenzulernen. Für jeden verdammten Vorschlag war ich offen. Und jetzt, wo ich zu dem Schluss gekommen bin, dass ich es nicht kann – dass es mein Herz zerfetzt –, denkst du nur daran, wie du mir begreiflich machen kannst, dass meine Gefühle höhlenmenschmäßig sind und du im Recht bist?« Kane schüttelte langsam den Kopf. Er machte mehrere Schritte von mir weg und sein abschätziger Blick brannte sich in meine Haut. »Warum bin ich überhaupt noch überrascht, dass du dich für dich selbst entschieden hast?«

    Es fühlte sich an, als hätte ich das Sprechen verlernt. Fieberhaft suchte ich nach Worten in mir, fand jedoch nur Leere. Stumm sah ich zu, wie Kane sich abwandte und auf den Pfad zuhielt, der zur Straße führte. Kurz bevor seine Gestalt mit den Bäumen verschmolz, glaubte ich, ihn innehalten zu sehen. Wenige Atemzüge später war er nicht mehr da.

    Und er war nicht nur für den Moment nicht mehr da. Oder? Tränen brannten in meinen Augenwinkeln und zeitgleich fühlte ich mich seltsam betäubt. Als könnte ich nicht sofort verarbeiten, was gerade passiert war. Erstarrt verharrte ich in der Dunkelheit. Windrauschen in Baumkronen. Plätschern von nackten Füßen in seichtem Wasser. Rufe eines Nachtvogels gemischt mit Lachen und angetrunkenen Gesprächen. Konzentriere dich auf das, was du hörst. Doch es war zwecklos. Neben mir hätte ein Feuerwerk in die Luft schießen können und es hätte nicht den Nachhall von Kanes Worten übertönt.

    Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen. Zurück am Lagerfeuer griff ich hastig nach meinem Jutebeutel, der auf einer der karierten Wolldecken lag.

    »Sorry, Cinn –«, begann Judd, doch ich fiel ihm ins Wort.

    »Mach dir keinen Kopf.« Meine Stimme klang weit weg und fremd. Ohne einen Abschied richtete ich mich wieder auf und lief zum kleinen Pfad, auf dem Kane verschwunden war.

    Während ich das kleine Waldstück durchquerte, begleitete mich die Angst, er könnte noch hier sein.

    Um mich davon abzulenken, spielte ich in meinem Kopf den Song Learning To Fly von Deep Sea Arcade ab. Wieder und wieder. Inmitten eines Refrains erreichte ich den Asphalt und stellte fest, dass die Straße verlassen war. Nur ein paar Autos parkten am Straßenrand. Erleichtert ließ ich mich neben einem großen Pick-up ins Gras fallen und zog umständlich mein Handy aus der Tasche meiner Jeansshorts. An den schmutzigen Reifen gelehnt wischte ich mir nachlässig Tränen aus den Augenwinkeln, wobei ich Mascara hineinschmierte.

    »Scheiße!« Ich versuchte, das scharfe Brennen wegzublinzeln und gleichzeitig den Gruppenchat meiner WG aufzurufen.

    Ich: Noch jemand wach? Ich sitz am See fest.

    Am Abend hatte Milo mich mitgenommen und ich würde den Teufel tun, zurück zur Feier zu gehen, um jemanden für eine Mitfahrgelegenheit zu finden.

    Ava: Ich bin leider noch in Aelview. Geht es dir gut?

    Ich schnaufte. Sie hatte fest behauptet, am Abend wieder nach Port Boquin kommen zu wollen. Das hatte ich ihr schon nicht geglaubt, als sie es ausgesprochen hatte.

    Ich: Fred?

    Ich antwortete nicht auf Avas Frage. Nichts war gut. Aber ich wollte sie nicht beunruhigen. Sie würde sonst sofort herfahren. Das wollte ich auf keinen Fall.

    Fred: Standort?

    Obwohl ich ihn ungern um diesen Gefallen bat und alles auf Ava gesetzt hatte, erfasste mich Dankbarkeit, während ich ihm meinen Standort sendete. Ich ließ das Handy sinken und als das Display erlosch, umhüllte mich Dunkelheit

    Die Abdrücke der kleinen und im Gras versteckten Steinchen waren deutlich an meinem Hintern zu spüren, als Freds grauer Ford Focus vor mir hielt und ich mich aufrappelte. Er lehnte sich über den Beifahrersitz und stieß die Tür von innen auf, noch während ich auf den Wagen zulief.

    »Danke.« Ich ließ mich in den Sitz fallen und schlug die Tür etwas zu fest wieder zu.

    »Du hast geweint«, sagte Fred, der auf der schmalen Straße umständlich wendete.

    »Na und«, blaffte ich und griff nach dem Verbindungskabel auf der Mittelkonsole. Ich wusste, dass Fred meinen Musikgeschmack nicht mochte und dennoch zögerte ich nicht, meine All-time-favourites-Playlist zu starten.

    Die Zeilen von Daya erfüllten den Wageninnenraum und zu meiner Überraschung sagte er nichts. Fred starrte konzentriert durch die Windschutzscheibe, seine Finger trommelten etwas unruhig auf dem Lenkrad. Ein Takt, der nicht zur Musik passte. Sein Haar war ein wildes Durcheinander, und vermutlich hatte ich ihn von der Couch geholt, auf der er rund siebzig Prozent seines Lebens verbrachte.

    »Habe ich dich bei was gestört?«, fragte ich, nur um mich abzulenken.

    »Ne, war sowieso unterwegs.«

    »Wo?« Skeptisch rutschten meine Augenbrauen in die Höhe.

    »Geht dich nichts an«, wich er aus und ich verdrehte die Augen.

    »Okay«, erwiderte ich langgezogen, bevor ich in die vorbeiziehende Nacht außerhalb des Autofensters sah. Auf Ablenkung von Fred konnte ich offensichtlich nicht hoffen. Nur meine Musik und die Müdigkeit halfen mir dabei, Kane zu verdrängen. Das leichte Schaukeln des Wagens wiegte mich innerhalb weniger Minuten in einen erlösenden Dämmerschlaf. Zumindest bis wir ruckelnd zum Stehen kamen und die Innenbeleuchtung mich blendete, sobald Fred seine Tür geöffnet hatte.

    Wir stiegen aus und ich trottete Fred durch den kleinen Vorgarten hinterher. Im zweiten Stock des Mehrfamilienhauses schloss er die Wohnungstür unserer WG auf, in der wir gemeinsam mit Ava lebten. Mein Jutebeutel landete in einer Ecke und ohne Umwege steuerte ich das Badezimmer an.

    »Wie kam das da zustande?« Fred lehnte sich gegen den Türrahmen und hielt den Blick auf mein Abschminkpad aus Stoff gerichtet, mit dem ich gerade die verschmierte Mascara unter meinen Augen wegwischte.

    »Geht dich nichts an«, sagte nun ich. Meine Lust, ihm von dem riesigen Misthaufen zu erzählen, der dieser Abend war, hielt sich in Grenzen.

    »Aber als Chauffeur bin ich gut genug?« Er hielt die Arme vor der Brust verschränkt und eine seiner Augenbrauen hob sich leicht.

    »Was hat das miteinander zu tun? Danke fürs Abholen. Aber nein danke zu allem anderen.« Entschieden griff ich nach seinen Oberarmen und schob ihn aus dem Rahmen, bevor ich die Tür schloss. Mein Magen fühlte sich wie ein ekliger, schwerer Klumpen an, als ich zurück zum Waschbecken ging und nach meiner Zahnbürste griff. Viel zu sehr war mir bewusst, dass er seine Frage aus ehrlichem Interesse gestellt hatte. Ich wusste, er wäre für mich da, wenn es ernst wurde. Wenn es aber um Beziehungen ging, war er der Letzte, mit dem ich sprechen wollte.

    Nachdem ich zu viel Zahnpasta auf die Borsten gedrückt hatte, schrubbte ich energisch über meine Zähne. Fred hatte von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, was er von meiner Beziehung zu Kane hielt. Nämlich nichts. Er hatte viel früher als ich erkannt, dass Kane nicht dieselben Vorstellungen wie ich hatte und es sich nicht nehmen lassen, mir dies immer wieder unter die Nase zu reiben. Bis jetzt hatte ich darüber gelacht und ihn zurechtgewiesen, dass er absolut keine Ahnung von mir oder Kane oder unserer Partnerschaft hatte. Dass er recht behalten hatte, hasste ich. Für ein paar Atemzüge sah ich in den holzeingefassten Spiegel. Trübe, hellbraune Augen starrten mir entgegen. Das tiefbraune Haar umrahmte mein Gesicht wirr und reichte bis kurz unter das Kinn, wo es meinen Hals kitzelte. Meine Lippen waren gerötet und fühlten sich ein bisschen wund an. Schnell konnte ich meinen eigenen Anblick nicht mehr ertragen und setzte mich auf den geschlossenen Toilettendeckel, um gegen die kleinen terracottafarbenen Kacheln über der Badewanne zu starren.

    Der Weg zu meinem Bett führte mich durchs Wohnzimmer, wo Fred tief eingesunken in den Kissen des Sofas lag.

    Mit schläfrigem Blick stierte er auf den laufenden Fernseher, die Füße auf dem niedrigen Tisch vor sich platziert.

    »Gute Nacht.« Kurz blieb ich stehen und war versucht, ihn zu fragen, warum er um halb zwei in der Nacht anfing fernzusehen.

    »Nacht«, nuschelte er und machte keine Anstalten auch nur in meine Richtung zu sehen, was vermutlich die Strafe dafür war, dass ich ihn so unfreundlich aus dem Bad verbannt hatte. In meinem Zimmer ließ ich das Licht ausgeschaltet und tastete im Dunkeln über die dicken Teppiche, wobei ich meine Jeansshorts und den BH auszog. Ein leises Seufzen entkam mir, sobald ich meine Matratze unter mir spürte und die Decke über mich zog. Ich zerrte sie bis zur Nasenspitze und verkroch mich darin.

    Kapitel 2

    Cinn

    »Was machst du hier? Hast du nicht in Aelview geschlafen?«, fragte ich Ava kratzig, die auf meiner Bettkante hockte, um mich zum Frühstück zu holen.

    »Ja, aber es ist schon fast zwölf. Es ist also eher ein Brunch.« Sie lächelte.

    »Gib mir fünf Minuten.« Ich gähnte und zog ein letztes Mal die Decke über meinen Kopf.

    »Ich setze das Kaffeewasser auf.«

    Meine Matratze bewegte sich leicht, als sie aufstand und gleich darauf hörte ich die Zimmertür.

    Schläfrig schälte ich mich aus meiner Bettdecke und zog den knielangen Morgenmantel aus Samtstoff über, bevor ich die beiden Fenster zum Lüften öffnete und mich auf den Weg in die Küche machte.

    Dabei scannte ich die Wohnung nach Anzeichen ab, ob Avas Freund Chay auch da war. Doch meine beste Freundin schien allein nach Port Boquin gekommen zu sein.

    In der Küche, die auch dem großen Esstisch Platz bot, beherrschte der Duft von Kaffee und warmen Bagels die Luft, was meinem Magen ein Knurren entlockte.

    »Willst du gebackene Bohnen? Und«, sie machte eine bedeutungsvolle Pause, »dazu Seitan-Bacon?«

    »Verdammt, ja!« Ich musste mich beherrschen, um mir nicht vorfreudig über die Lippen zu lecken.

    Während sie mir Kaffee und Haferschaum in eine runde Tasse aus Steingut goss und die gebackenen Bohnen samt Bacon auf einen Teller füllte, trug sie ihr Dauerlächeln auf den Lippen, das sie sich nicht abgewöhnen konnte. Dass es nicht echt war, sah ich daran, wie ihre Augen immer wieder zaghaft und mit einer stummen Frage zu mir huschten.

    »Avocadocreme, Zitronenmarmelade von Gemma, Cashewkäse, Radieschensprossen –«, zählte sie auf, bis ich sie unterbrach.

    »Na los, frag schon!«

    »Geht es dir gut?« Schnell griff sie über den Tisch nach meiner Hand, die ich gerade nach der Kaffeetasse ausgestreckt hatte. Etwas müde lächelte ich. Vor allem, weil sie sich immer zu viele Sorgen machte.

    »Es geht mir okay«, behauptete ich. Gerade kam mir die letzte Nacht in erster Linie unwirklich vor. Beinahe wie ein schlechter Traum.

    »Ich fürchte nur, du wirst ab jetzt allein im Phönix essen müssen«, setzte ich hinzu und grinste schwach, als Ava das Lächeln schlagartig aus dem Gesicht fiel.

    »Sag nicht, dass es ist, was ich denke? Du und Kane?«

    »Kein Kane und ich … mehr.« Da ihre Finger noch immer meine rechte Hand fest umschlossen hielten, nahm ich die Kaffeetasse mit der anderen Hand und nippte vom Schaum.

    »Warum?«, hauchte sie und furchte die Stirn.

    »Weil ich ich bin.«

    »Hä?«

    »Weil alles schiefgegangen ist«, murmelte ich. »Weil ich Judd geküsst habe und Kane für sich festgestellt hat, dass er das doch alles nicht kann.«

    »Oh.« Ava nickte. Ich konnte sehen, wie sie sich augenblicklich in Kane hineinfühlte, und Mitleid trat in ihre blauen Augen.

    »Lass uns bitte nicht darüber reden. Nicht jetzt und nicht heute, okay?«, presste ich hervor. Lass uns nicht zu dem Teil kommen, in dem Kane mir vor Augen hält, was für ein egoistischer, furchtbarer Mensch ich bin.

    Behutsam machte ich mich von ihren Händen los, damit die gebackenen Bohnen und der Bacon nicht vollends kalt wurden.

    »Das tut mir sehr leid, Cinn!«

    »Schon gut, wirklich.« Die Worte schmeckten schal auf meiner Zunge und waren gelogen. »Vielleicht können wir … heute was unternehmen?« Mich ablenken.

    Ava nickte erneut. »Ich wollte eigentlich Chay ins Baucenter begleiten, aber das schafft er sicher auch allein.« Ihr Kinn bewegte sich noch entschlossener auf und ab.

    Allerdings wusste ich, wie wichtig es ihr war, bei gewissen Entscheidungen dabei zu sein. Im Frühjahr hatte Chay ein heruntergekommenes Haus am Rand von Aelview gekauft. Mit dem Plan, es zu renovieren und wieder bewohnbar zu machen. Einerseits ein Projekt, um Abstand von seiner Drogensucht zu bekommen und andererseits, um mit Ava nach ihrem Collegeabschluss in zwei Jahren vielleicht dort zusammenzuziehen. Sie wollten sich die Möglichkeit offenhalten, ob es letztendlich ihr gemeinsames Zuhause werden würde. Inzwischen hatte Ava sich jedoch unübersehbar in das Haus verliebt und angefangen, den verwilderten Garten umzugestalten. Als angehende Landschaftsarchitektin ein kleiner Traum, den sie sich selbst erfüllte.

    »Nein, fahr ruhig!«, winkte ich ab und biss von meinem Bagel

    ab, um beschäftigt wirkend meine Enttäuschung zu überspielen.

    »Sicher?« Der innere Kampf spiegelte sich in ihrer Miene wider.

    »Ich fahr später zu meinem Großvater auf den Bauernmarkt. Kannst mitkommen.« Bei Freds plötzlichem Auftauchen fuhr ich zusammen und fragte mich, wie viel er gehört hatte.

    »Eine gute Idee«, meldete sich Ava begeistert, bevor sie an ihrem Kaffee nippte. Ich tat, als wäre ich vertieft in mein Frühstück und griff zum Avocadoaufstrich.

    »Fahr mit, Cinn!« Meine beste Freundin schenkte mir ein aufforderndes Lächeln.

    »Lieber nicht.« Unruhig nestelte ich an einem Sonnenblumenkern der Körnermischung auf dem Bagel.

    »Mein Großvater würde sich freuen, dich zu sehen«, erwiderte Fred und aus dem Augenwinkel sah ich, wie er sich an den Tisch setzte.

    »Wirklich?« Skeptisch blickte ich doch wieder hoch. Fred bearbeitete sein wildes rotbraunes Haar mit den Händen und streckte sich dabei ausgiebig. Er schien ebenfalls geradewegs aus dem Bett gekommen zu sein und hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, eine Hose über die Boxershorts zu ziehen.

    »Klar.« Abwesend spielte er mit dem Saum seines Oversized-Shirts und entblößte ein Stück Haut über dem Hosenbund. Wieder und wieder tat er das. Und wieder und wieder musste ich zu der Stelle blinzeln. Ich fragte mich oft, warum er so weite Kleidung trug. Denn darunter verbarg er eine sportliche Statur, die nicht erahnen ließ, wie viel ungesundes Zeug er tagtäglich in sich hineinschaufelte.

    »Außerdem scheint die Sonne so schön«, bekräftigte Ava. »Da wäre es doch viel zu schade, drinnen zu sein.«

    »Ist schon gut.« Hatte sie gesehen, dass ich abgelenkt gewesen war? Hoffentlich nicht. Schnell setzte ich einen leicht genervten Blick auf, der ihre äußerst unschuldige Miene streifte.

    Es war nur eine Vermutung, aber ich glaubte zu erkennen, dass sie nicht riskieren wollte, dass ich mich verkroch und nicht wieder aus meinem Schneckenhaus kam, wie sie es nannte. Dabei hatte ich seit fast einem Jahr keine depressive Episode mehr gehabt.

    »Ich komme mit«, sagte ich an Fred gewandt, der knapp und schief lächelte, bevor er auf die Uhr sah.

    »Um zwei?«

    »Halb drei. Ich muss noch Yoga machen.«

    »Wir haben erst halb eins«, hielt er dagegen.

    »Und? Kein Stress, es ist Wochenende!«

    Fred schnaubte leise, nickte jedoch ergeben, bevor er aufstand und zum Kühlschrank ging.

    Ich aß meine Bohnen und den Bacon. Dabei beobachtete ich, wie Fred sich den Rest Kaffee unter den Nagel riss und Milch aufschäumte. Ich wusste, dass ich mich selbst triggerte, wenn ich die Zusammenstellung seines Frühstücks verfolgte.

    Als er sich zu uns setzte, warf ich einen Blick auf seinen Teller.

    »Fred, wusstest du, dass eine Milchkuh fünfundzwanzig Jahre alt werden kann?« Ich lächelte hoffentlich süß, als er mit einem warnenden Brummen das Kinn hob. »In der Milchindustrie leben sie durchschnittlich fünfeinhalb Jahre, bevor sie verbraucht sind und geschlachtet werden.«

    Ich blinzelte zu Ava, die nervös ihren Zopf geöffnet hatte und die langen blonden Strähnen neu flocht.

    Fred biss demonstrativ in seinen mit Käse belegten Bagel und erwiderte meinen Blick ungerührt, während er kaute.

    »Abartig«, kommentierte ich.

    »Wirklich?« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und griff nach der Kaffeetasse. »Heute Morgen fällt dir nichts anderes ein

    als deine abgefuckten Bemerkungen?«

    »Was sollte mir sonst einfallen?«

    »Dass mit Kane Schluss ist?«

    »Hast du gelauscht?« Entrüstet verzog ich die Lippen.

    »Bei eurer Lautstärke musste ich das nicht.« Er lachte auf und trank einen großen Schluck Kaffee. Über den Rand der Tasse beobachtete er mich aus braungrünen Augen und ein drückendes Gefühl kam in meiner Brust auf.

    Ich würde nicht zulassen, dass mich ein Blick von ihm zum Weinen brachte. Ruckartig drehte ich meinen Kopf zu Ava.

    »Nimmst du mich Montag mit nach Aelview?«

    Sofort nickte sie. »Bist du mit Isaiah verabredet?«

    »Jap, am Abend.« Ein Seufzen entkam mir, als ich mich selbst daran erinnerte, dass ich vorher meinen Großeltern einen Besuch versprochen hatte. Eine Verabredung, die vor allem einem penetranten Gefühl der Verpflichtung geschuldet war. Sie hatten mir ein Zuhause gegeben, als meine Mutter dies nicht gewollt hatte. Ohne sie wäre ich mit Sicherheit im Heim oder bei einer Pflegefamilie gelandet. Die Besuche bei ihnen waren nicht immer leicht. Zwei weitere Menschen, die mich nicht verstanden und für seltsam befanden.

    »Okay.« Ava lächelte. Obwohl ich von ihr auf direktem Weg wieder auf meinen Teller sah, entging mir Freds leichtes Kopfschütteln nicht.

    Was?, hätte ich ihn am liebsten angefahren. Was ist gerade dein Problem? Es war meine Entscheidung, ob überhaupt und wenn ja, wann ich über die Nicht-mehr-Beziehung sprechen wollte.

    Eine seltene Stille herrschte in der Küche, nur gestört von Avas nervösem Wippen mit den Knien.

    »Machst du mit mir Yoga?«, fragte ich sie, wobei ich vom Tisch aufstand und begann, mein Geschirr abzuräumen.

    »I-ich bleibe noch bei Fred sitzen.« Sie warf einen bedeutungsvollen Blick auf seinen noch halb gefüllten Teller.

    Ich dachte nicht daran, mich aus Höflichkeit wieder zu setzen, denn ich hatte das sichere Gefühl, dass unser Miteinander heute unter keinem guten Stern stand.

    Und ich wusste, wie schwer es der harmoniebedürftigen Ava manchmal fiel, unseren Umgang für sich selbst zu händeln.

    Fred und ich hatten uns daher angewöhnt, auf Abstand zu gehen, wenn sie dabei war und wir merkten, es könnte hässlich werden.

    Vielleicht würde mich eine Runde Yoga wieder umgänglicher machen, ansonsten würde der Ausflug zum Bauernmarkt eine heikle Angelegenheit werden.

    Kapitel 3

    Cinn

    Haarsträhnen flogen um mein Gesicht, wurden vom Wind getragen und spielten mit ihm. Ich hielt die Augen geschlossen, den Kopf gegen das Polster des Autositzes gelehnt und fühlte die Sonnenstrahlen auf meiner nackten Haut. Im hintersten Winkel meines Verstandes wusste ich um die Risiken, die Autofahrten mit sich brachten.

    Und trotzdem genoss ich es jedes Mal, wenn Fred auf einer verlassenen Straße etwas mehr Gas gab und damit das Gefühl von losgelöstem Freisein in mir wachrüttelte. Dann glaubte ich, mit ihm einfach weiterfahren zu können. Immer weiter, ohne zu wissen, was unser Ziel war. Unbegreiflich, wie wir so unterschiedlich sein konnten und in ein paar Dingen doch so gleich. Vor allem verspürten wir dasselbe Verlangen nach unbestimmter Nostalgie.

    Unter meinen Wimpern blinzelte ich in das verwischte Grün von Feldern und Bäumen, das sonnengeküsst warm leuchtete und mit Farbklecksen von Blumen durchzogen war.

    Ich zog das dünne Band aus meinem Haar, das nur noch wenige Strähnen in meinem Nacken gehalten hatte und lachte leise auf, als der Wind sie sofort zum Flattern brachte.

    Von allein bewegte sich eine meiner Hände und ich streckte sie aus dem geöffneten Autofenster. Der Widerstand der Luft war so stark, dass ich mit aller Kraft dagegenhalten musste.

    Meine Finger schlossen sich zu einer Faust, versuchten, ohne bestehende Chance den Wind zu fangen und festzuhalten.

    Fred warf mir immer wieder einen Blick zu. Halb neugierig und halb besorgt. Letzteres Gefühl schien zu siegen, denn er wurde deutlich langsamer und der Druck auf meine Hand verringerte sich. Ich zog meinen Arm wieder ins Wageninnere und legte mir die vom Fahrtwind kühle Handinnenfläche an die Wange.

    »Singst du wirklich mit oder ist das fake?«, brach ich die Stille, die anders als heute Morgen nicht im Geringsten unangenehm war.

    Fred lachte laut auf. »Denkst du, ich bewege nur die Lippen?«

    »Ziehe ich in Betracht, ja.«

    »Ich versuche nur, dich zu schützen, glaub mir.« Fred grinste.

    »Weil du so schief und krumm singst?«

    »So schief und krumm, wie es nur geht.«

    Ich drehte an dem kleinen Rädchen für die Lautstärke und stellte die Musik noch lauter. Die Songs waren nicht mein Geschmack, doch zumindest hatte er auf den Rap mit sexistischen Texten verzichtet.

    »Was machst du da?«, rief er so laut, dass er die Musik übertönte. Seine Augen huschten zwischen der Straße und mir hin und her.

    »Sing mal bisschen lauter. Damit es dir auch richtig Spaß macht!«, forderte ich.

    »Nein.« Freds Brauen zogen sich zusammen.

    »Doch«, schrie ich gegen Wind und Musik an.

    »Nein«, wiederholte er vehementer und seine rechte Hand wanderte zur Autoanlage. Schnell schlug ich ihm auf die Finger und er schenkte mir einen fast empörten Blick, den ich lächelnd erwiderte.

    Zu meiner Freude sah ich, wie er nach ein paar Sekunden ergeben begann, wieder die Lippen zu bewegen.

    Eine Weile sah ich beinahe fasziniert zu. Das Zusammenspiel seines Haars, das zügellos hin und her gepeitscht wurde und dem schnellen Takt seines Mundes ergaben eine fesselnde asynchrone Kombination.

    Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht vorfreudig breit zu grinsen, als ich schnell nach dem Lautstärkeregler griff und die Musik abrupt leiser stellte.

    Der Songtext kam über seine Lippen, bevor er mein Tun realisierte und augenblicklich verstummte.

    »Oh, Cinn! Du bist so was von erledigt«, drohte er inbrünstig.

    Ich kniff den Mund fest zusammen und schaffte es für eine Sekunde mich zu beherrschen, bevor ich laut loslachte.

    »Scheiße, das hätte ich wissen müssen«, fluchte Fred weiter und meine Vergnügtheit versiegte etwas, weil er tatsächlich wütender zu sein schien als angenommen. Dazu kam eine unübersehbare Röte auf seinen Wangen. Ob vor Wut oder Scham war nicht eindeutig.

    »Ach komm, Fred. Ich war nur neugierig.« Ich tätschelte seine

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