Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Das Haus mit den Knochen von Gott
Das Haus mit den Knochen von Gott
Das Haus mit den Knochen von Gott
eBook83 Seiten1 Stunde

Das Haus mit den Knochen von Gott

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die Edition Moonflower ist eine Mystery-Novellenreihe aus dem Hause Shadodex - Verlag der Schatten.
Erscheinungsturnus: Vierteljährlich.
Alle Novellen sind in sich abgeschlossen.

Inhalt Band 2 (»Das Haus mit den Knochen von Gott" von Georgios Gridoriadis)

"Heute Morgen erreichte mich eine Textnachricht meines alten Schulfreundes Kai-Uwe. Babe ist jetzt auch gestorben. ..."

Es sind Erinnerungen an eine Kindheit in einem Ort auf der Schwäbischen Alp Ende der Siebzigerjahre.
Vier von ihrer Lehrerin gemobbte Jungen halten ein Gebäude im Wald für deren Hexenhaus und wollen es zerstören, um sich von ihr zu befreien.
Doch im sogenannten »Haus mit den Knochen von Gott« stoßen sie auf etwas, das ihr Leben für immer verändern und sie prägen wird.
Bis heute …
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Apr. 2023
ISBN9783985283033
Das Haus mit den Knochen von Gott

Ähnlich wie Das Haus mit den Knochen von Gott

Titel in dieser Serie (4)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Das Haus mit den Knochen von Gott

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Das Haus mit den Knochen von Gott - Georgios Grigoriadis

    ERSTER TEIL

    1

    Heute Morgen erreichte mich eine Textnachricht meines alten Schulfreundes Kai-Uwe. Babe ist jetzt auch gestorben. An einem plötzlichen, wenn auch nicht unerwarteten, Schlaganfall, nachdem er sich über all die Jahre in die Fettleibigkeit gefressen hat. Beim Lesen erinnerte ich mich, wie ich Babe schon einmal verloren hatte.

    Damals lebten wir in einem schwäbischen Nest, zu dem im Sommer eine enge Serpentinenstraße führte und im Winter nichts.

    Wir hatten in der Grundschule dieselbe Klassenlehrerin, Frau Stäudle, ein echter schwäbischer Schieferfels, von der ich nicht selten die Freunde meiner griechischen Eltern munkeln hörte, dass sie noch dreißig Jahre zuvor Aufseherin in einem deutschen Internierungslager gewesen sein müsse. Auch wenn das nur ein Gerücht war, genährt von Frau Stäudles Gebaren im Klassenzimmer, das Grauen, das sie bei uns Kindern hervorrief, ist heute noch so tief in mir verwurzelt, dass die einstmalige Mutmaßung weiterhin plausibel klingt.

    Ich hatte so viel Angst vor ihr, dass ich den Weg zur Schule nur trödelnd hinter mich bringen konnte, um die Begegnung mit Frau Stäudle so lange wie nur möglich hinauszuzögern. Wenn ich schließlich viel zu spät vor der schweren Tür zum Klassenzimmer stand, die dunkel und bedrohlich vor mir aufragte, hatte mich die Angst schon so sehr aufgebraucht, dass ich kaum noch Kraft hatte, sie zu öffnen. War das schwere Ungetüm erst mal einen Spalt weit aufgestemmt, zwang ich mich samt Ranzen hindurch. Dann stand ich in diesem von Neonlicht vereisten Raum, wo Frau Stäudle bereits darauf wartete, allen, die gegen ihre Regeln verstießen, deutlich zu machen, was Zucht für sie bedeutete.

    Sie hatte stets farblose Kleidung an. Einen über ihre Knie reichenden grauen Rock, eine dunkle Strickweste, darunter eine Bluse. Ihr welkes Haar streng zu einem Dutt gebunden. Sie stand im kalten Schein des Klassenzimmers, eine Hand fortwährend auf Brusthöhe, die andere darin ruhend. Wie von einem Wachturm aus schaute sie mich durch die blank polierten Gläser ihrer Brille von weit oben an und ließ ein Lächeln auf ihre Wangen und in die Winkel ihrer Augen kriechen, das mir sagte: Wenn du denkst, dass ich dich verachte, dann hast du recht. Während sie regungslos neben dem Pult stand, prasselte die Stille der anderen Schüler auf mich nieder wie ein Bombenhagel. Sie forderte keine Rechtfertigung für mein Zuspätkommen. Sie sagte nur: »Wasch dir die Hände!«

    Den schweren Ranzen noch auf meinen Schultern musste ich mich auf die Zehenspitzen stellen, um an die Seife und den Wasserhahn des Waschbeckens zu kommen, das für alle Zuspätkommer direkt neben der düsteren Tür angebracht war. Das Wasser war eisig, besonders im Winter, und es schoss viel zu schnell heraus. Einzelne Rinnsale krochen durch die langen Ärmel meiner Sommerjacke oder meines Anoraks bis in meine Achselhöhlen und von dort aus die Rippen hinunter.

    Über dem Waschbecken hing ein Spiegel, darin ich mich nicht sehen konnte. Ich sah nicht meine dunklen Augen und das darin schwimmende, von dieser Situation hervorgerufene unangenehme Gefühl. Nicht meine schwarzen Haare, die mir am Morgen meine Mutter gekämmt hatte. Auch nicht die runden, rot angelaufenen Wangen. Doch ich roch, dass etwas Unangenehmes von mir aufstieg. Etwas, das vorher nicht an mir gewesen war, das mir aber das Händewaschen auferlegt hatte und mich mindestens den Tag hindurch, wenn nicht länger, begleiten würde.

    In einem Spießrutenlauf ging ich den Gang zwischen den Schulbänken hindurch, vorbei an Augen voller Widerwillen, zur letzten Bank rechts hinten in der Ecke, wo diejenigen saßen, die weder Frau Stäudles Regeln verstanden noch ihren Unterrichtsstoff zu lernen verdienten.

    Am Fenster neben mir saß Jo. Die deutsche Übersetzung seines griechischen Namens war eigentlich Johannes, doch ich hatte irgendwann daraus Jo gemacht und er aus meinem Namen Gege, und dabei war es geblieben. Am Tisch neben uns saßen Kai-Uwe und Babe, dessen Namen man genauso ausspricht, wie man ihn schreibt, und von dem ich nie erfuhr, welcher Nationalität er angehörte. Er war damals schon recht dick. In jeder großen Pause holte er sich ein Schokoweck, ein Brötchen, das der Bäcker mit ordentlich Butter beschmiert und mit zwei bis drei dünnen Scheiben Schokolade belegt hatte. Babe rollte das deutsche R und mied Artikel, als seien sie des Teufels, was Frau Stäudle zum Brodeln brachte, ohne dass sie je ihren Unmut verbal geäußert hätte. Nein, Frau Stäudles Lächeln war so fest wie der Fels, auf dem das weiße Jagdschloss gebaut war, das bereits seit einigen Jahrhunderten über der Stadt aufragte. Stattdessen wurden Babe Lernaufgaben mitgegeben, die er mit so vielen Fehlern abgab, dass er sie nach dem regulären Unterricht nochmals überarbeiten musste.

    An einem Morgen im November, nachdem ich mich mit nassen Ärmeln und makellos sauberen Händen neben Jo gesetzt hatte, leitete Frau Stäudle das tägliche Ritual der Hausaufgabenrunde ein. Jo war ganz stolz darauf, wie ordentlich er seine Sachen geschrieben hatte. Mit einem ganz neuen Tintenkiller, der Fehler, ohne einen sichtbaren Rest zu hinterlassen, wegwischen konnte, und einem neuen Füller, den er jetzt aufschraubte, um die Tintenpatrone zu ersetzen.

    Ein böser Geist musste entschieden haben, dass in der alten Patrone noch etwas Tinte blieb, denn als Jo sie herauszog, spritzte ein blauer Strahl über den Tisch. Derselbe Dämon hatte wohl auch dafür gesorgt, dass Stäudle just zu diesem Augenblick den Gang zwischen den Bänken entlang auf uns zukam. Sie

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1