Wehrsiedlungen, Burgen, Befestigungen und Wüstungen in der Herrschaft Ruppin
Von Dietmar-Wilfried R. Buck und Dagmar Buck
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Über dieses E-Book
Im vorliegenden Band werden bronzezeitliche Wehrsiedlungen (1100 bis 900 v. u. Z.), die Geschichte der slawischen Besiedlung, slawische Burgen und Kultstätten (6.-12. Jh. u. Z.), die mittelalterlichen Städte mit ihren Befestigungen, die mittelalterliche Wüstungsperiode, mittelalterliche Landwehren in der Herrschaft Ruppin sowie das letzte Ritterturnier in Norddeutschland beschrieben. Dem Buch ist ein umfangreiches Literaturverzeichnis beigefügt, aus dem der interessierte Leser weitere Informationen einholen kann.
Dietmar-Wilfried R. Buck
Der Autor wurde 1941 in Neuruppin geboren. 1961 nahm er das Studium der Ur- und Frühgeschichte an der Karl-Marx-Universität Leipzig auf, welches im Jahre 1964 mit dem Diplom abgeschlossen wurde. 1972 folgte die Promotion. Von (1966 bis 1986) leitete er als Kustos die brandenburgische Bodendenkmalpflege in Potsdam. Von (1986 bis 2006) leitete er das Archäologische Informations- und Dokumentationszentrum am Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum in Wünsdorf. Unter seiner Leitung wurden Ausgrabungen in Wachow (1965 bis1966), Lübbenau-Barzellin (1967 bis1968), Steinkirchen (1969 bis 1971), Neuendorf (1972 bis 1977) und Klein Lieskow (1980 bis1994) durchgeführt. Neben der beruflichen Tätigkeit war der Autor Mitherausgeber von Fachpublikationen der populären Zeitschrift Archäologie und Heimatgeschichte, Redakteur von Bodenfunde und Heimatforschung und ist Autor zahlreicher fachwissenschaftlicher Publikationen in mehreren Ländern, war Mitorganisator und Leiter von nationalen und internationalen Kongressen und Fachtagungen.
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Buchvorschau
Wehrsiedlungen, Burgen, Befestigungen und Wüstungen in der Herrschaft Ruppin - Dietmar-Wilfried R. Buck
Inhaltsverzeichnis
1. Die bronzezeitliche Wehrsiedlung auf dem Weilickenberg
2.1. Die slawischen Burgen im Ruppiner Land
2.2. Die Fürstenburg auf dem Poggenwerder und der Tempel von Altfriesack
2.3. Die Adelsburg bei Wildberg und die Fluchtburg bei Bertikow
2.4. Weitere slawische Burgwälle im Ruppiner Land
3.1. Die Burg Arnstein
3.2. Die Planenburg
3.3. Die Burg Goldbeck
3.4. Die Burgen der Ritter
4.1. Stadt Neuruppin
4.2. Stadt Gransee
4.3. Stadt und Kloster Lindow
4.4. Stadt und Burg Rheinsberg
4.5. Stadt Wildberg
4.6. Stadt und Burg Wusterhausen
4.7. Stadt und Burgen Freyenstein
5. Die Landwehren
6. Ortswüstungen
7. Das Neuruppiner Turnier von 1512
8. Fundlisten
9. Literaturverzeichnis
1. Die bronzezeitliche Wehrsiedlung auf dem Weilickenberg
Am Nordufer des Tornowsees erhebt sich eine 43 m hohe Anhöhe, die den Namen „Weilickenberg" trägt (Abb. 1). Hier befand sich in der jüngsten Bronzezeit (1100 bis 900 v. u. Z.) die befestigte Siedlung einer indoeuropäischen Bevölkerung. Das 510 m lange und 310 m breite Plateau besitzt im Nordosten, Osten und Südosten steil abfallende Hänge. Die Nord- und Westhänge waren mit dreifachen Wällen befestigt (Abb. 4). Zusätzlich verlief hier der Binenbach, der erst beim Bau der Boltenmühle seinen jetzigen Verlauf erhielt. Noch heute ist dieser alte Bachverlauf im Gelände deutlich zu erkennen (Abb. 3). Die West- und Südseite waren durch den Steilabfall und den See geschützt, sodass hier wohl eine einfache Palisade ausreichte. Der Eingang in die Siedlung lag im Norden (Abb. 5, Tor 1). Im Westen befand sich ein zweites Tor, von dem man zum Bach gelangte und Wasser holen konnte (Abb. 5, Tor 2). Der Bach wurde durch einen noch heute sichtbaren Damm aufgestaut (Abb. 5).
In der Siedlung standen Pfostenhäuser, von denen sich noch die Pfostengruben und der Lehmbewurf der Wände erhalten haben. Die Wände der Häuser waren innen mit verzierten Wandtellern geschmückt (nach einem Fundort als Köpenicker Teller bezeichnet). Davon wurden mehrere Fragmente gefunden.
Aus den zahlreichen Abfallgruben wurden als Speiseabfälle Knochen von Rindern geborgen. Daneben liegen auch Knochen von Schwein, Schaf/Ziege, Pferd und Hund vor. Zur Ergänzung wurden, wie wir aus anderen Siedlungen dieser Zeit wissen, Wildtiere gejagt. Der See bot auch die Möglichkeit des Fischens. Steine mit Rillen dürften als Netzsenker Verwendung gefunden haben. Sicherlich wurden auch Muscheln gesammelt, wie dies für eine Siedlung in Altruppin belegt ist. In den Abfallgruben befanden sich auch zahlreiche Scherben von zerbrochenem Haushaltsgeschirr, u. a. von Töpfen, Wannengefäßen und Schalen. Ein großer Teil der heute vorliegenden Funde wurde 1960 bei einer Sondierungsgrabung durch die Akademie der Wissenschaften geborgen und befindet sich heute im Museum Neuruppin.
Ein Sichelfragment (Abb. 8) weist auf den Ackerbau hin. Die Felder wurden durch Brandrodung gewonnen. Bestellt wurde der Acker mit einem hölzernen Hakenpflug. Leider haben sich Pflanzenreste nicht erhalten. Von anderen Siedlungen dieser Zeit wissen wir, dass Hirse, Gerste, Weizen, Linsen, Bohnen, Erbsen und Leindotter angebaut wurden. Außerdem beginnt in dieser Zeit der Anbau von Roggen, Hafer und Buchweizen. Weiterhin wurden Wildpflanzen, Wurzeln und Pilze gesammelt.
Die Wehrsiedlung war das wirtschaftliche Zentrum eines Siedlungsgebietes. Ihre Errichtung war Ausdruck eines bestimmten sozialökonomischen Entwicklungstandes und einer Gefahrenlage. Sie entstand zum Schutze des ökonomischen, strategischen, politischen und religiösen Zentrums einer Siedlungsgemeinschaft. Zu ihr gehörten viele kleinere Siedlungen, Weiler und Einzelgehöfte. In der Wehrsiedlung dürften Märkte und Versammlungen abgehalten worden sein. Zum Schutz dieses Zentrums wurden die sehr arbeitsaufwendigen Wehranlagen errichtet und unterhalten. Dazu bedurfte es einer zentralen Organisation. Wir können davon ausgehen, dass hier die gesellschaftliche Elite saß. Zu dieser Gentilaristokratie gehörten der Stammeshäuptling sowie Priester/Schamanen und Heilkundige. Eine weitere Aufgabe dieser Elite dürfte in der Organisation des Handels bestanden haben.
Abb. 1. Der Weilickenberg vom Tornowsee ausgesehen.
Abb. 2. Die Innenfläche der Wehrsiedlung.
Abb. 3. Ursprünglicher Verlauf des Binenbaches westlich des Weilickenberges.
Abb. 4. Weilickenberg. Wälle und Tor.
Eine Sonderstellung nahmen handwerkliche Spezialisten wie Metallurgen ein. In der Wehrsiedlung Weilickenberg war ein Bronzegießer ansässig. Hier fand er Schutz vor Überfällen und konnte von seinen Abnehmern leicht erreicht werden. Von der Tätigkeit des Bronzegießers zeugt die Gussform für eine Fibel (Abb. 7) und das Fragment eines Gusstiegels. Kannelurensteine, wie sie an der Neuen Mühle bei Altruppin gefunden wurden, sind ebenfalls Handwerkzeug des Bronzegießers. Fibeln und Nadeln dienten zum Verschließen des Gewandes. Der
Abb. 5. Die Wehrsiedlung mit Befestigung, Toren und Staudamm.
Abb. 6. Getreidemahlstein mit Reibstein.
Abb. 7. Steingussform für eine Fibelnadel.
Abb. 8. Lanzenspitze, Beil, Punzen, Armring, Sichel, Messer aus Bronze
Abb. 9. Obere Reihe. Steinäxte vom Weilckenberg. Daneben zum Vergleich Steinaxt und Bohrkern von Klein Lieskow. Untere Reihe. Spielsteine aus Stein und Keramik.
Metallurge hat u. a. Bronzelanzenspitzen, Bronzebeile, Bronzesicheln, Bronzepunzen, Bronzemesser, Bronzearmringe und Bronzenadeln gefertigt (Abb. 8). Bronze (eine Legierung von 90 % Kupfer und 10 % Zinn) musste von weither eingetauscht werden (wahrscheinlich aus dem Alpenraum). Sie war also sehr wertvoll. Ein Hort eines Bronzegießers wurde 2016 in Sonnenberg entdeckt. Er enthielt zehn Bronzebarren, einen Gußkuchen und ein Tüllenbeil der jüngsten Bronzezeit (1000 – 700 v. u. Z.). Der Bronzegießer hatte zwar eine Sonderstellung inne, dürfte aber kaum von der der landwirtschaftlichen Produktion freigestellt gewesen sein. Dazu war der Umfang der Metallurgie zu gering. Weitere handwerkliche Spezialisten könnten sich in der Keramikproduktion und bei den Knochenschnitzern herausgebildet haben.
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