Breitseite: Lyrik aus dem philosophischen Untergrund
Von Stefan Romacker
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Stefan Romacker
Stefan Romacker: Studium der Philosophie, Soziologie und Neuere deutsche Literatur in Heidelberg und Hamburg. Philosophischer Praktiker in Hamburg.
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Buchvorschau
Breitseite - Stefan Romacker
Stefan Romackers Gedichte atmen den Geist dramatischer Verdichtung und Zuspitzung, ob es um Beziehungen, Stimmungen, den Akt schöpferischen Gestaltens oder um Krieg und Gewalt geht. In wenigen Zeilen ist alles gesagt, nichts bleibt zurück. Eine Lyrik, die die Lesenden erschüttert, betroffen, angenehm berührt oder auch erheitert zurücklässt. Eine Lyrik, die mit der Übersteigerung ins Metaphysische arbeitet, mit blumigen Bildern zum Wundern, Schmunzeln mit der Anregung, selbst weiter zu Phantasieren. Eine Poesie des Staunens und Fragens, gerade auch in den `bösen´ Passagen heiter, nachdenklich, verstummend.
Stefan Romacker: Studium der Philosophie, Soziologie und Neuere deutsche Literatur in Heidelberg und Hamburg. Philosophischer Praktiker in Hamburg.
Inhalt
Der Dichter
Beziehungen
Das kreative Schaffen
Welt, Umwelt und ich
Das Schreckliche
Stimmungen
DER DICHTER
Liaison fragile
Das gedichtete Wort
– und nur das –
ist meine Liaison mit der Welt.
Das Fenster der Seele geöffnet
Wirbel erwartend, Brisen,
einen Hauch.
Aus dem Nichtssagenden
Bedeutung saugend.
Aus wächsernen Daseinstropfen
Hoffnungskerzen ziehend.
Liebe extrahierend
aus knorrigem Holz.
Eine vielfallige Reuse mein Geist,
in der sich die toten Fetzen verfangen,
sich zu langen Assoziationsketten
verkleben,
die DNA denkerischen Daseins,
verwickelte Schnüre
gekämmt, geklärt,
zum Trocknen aufgehängt.
Das Fruchtbare bergen
die Alveolen des Geistes,
ziehen es in meine Blutbahnen
mich belebend und nährend.
Wie eine Assel
den Moder der Welt zersetzend
kreieren.
Wörter tropfen aufs Papier.
Wie fruchtbaren Humus
streue ich sie
unter die kalten
Kryptographien
der Welt.
Wer hält inne und erntet?
Alltag des Philosophen
Die trockene Spröde der Geistes-Ahnen
habe ich durchfurcht,
den eisernen Gedanken
Lockerheit zu schaffen
und Licht.
Die trockene Spröde der Geistes-Ahnen
habe ich beträufelt mit saurem Schweiß,
erodierenden Löß gewinnend
der Weisheit Nährstoff
und Dung.
In deine Kerben troff mein Schweiß,
du ließest ihn verdunsten.
Auf deine Knochen fiel mein Licht.
doch blieben nur Schatten,
deine Glieder wie Schmerz
durchziehend.
Bauer der sauren Krume,
der pflügt und ackert
und jedes Jahr von Neuem beginnt,
wie mager der Ertrag
gestern
auch gewesen war.
Das Ende eines jeden Gedichtes
eine Lyristin trägt mit Kafka ihren Weltschmerz aus
der Neugeborene schreit
erhält von der Diakonin einen Klaps auf den Po
schreit lauter als zuvor
wird von der Mutter getrennt -
Friede, Schein-Friede
die Eltern sind ruhiggestellt -
ein kleiner Junge schluchzt -
atemstille
BEZIEHUNGEN
„Das Philosophieren wird ergriffen von der Forderung, es aushalten zu können, dass nirgends der feste Boden ist, aber gerade dadurch der Grund der Dinge spricht."
K. Jaspers
Aushalten
Als ich gestern in der Nacht
in meinen Abgrund rief
seine Tiefe auszuloten
waren es der Ellen zuviel.
Heute morgen erst
schallte das Echo trübe zurück.
Doch als du am Mittag
mit deiner Sonne in der Hand
hinabgestiegen bist in meinen Brunnen
schöpftest du Klares, Geklärtes
an mein Tageslicht.
Als ich dich am Abend traf
war dein Horizont verschwunden.
Es war kein Himmel mehr und keine Erde,
Es war kein Oben, kein Unten,
kein Halt.
Doch ich folgte der stillen Spur
deines getriebenen Blicks
und zog ihn gelassen
hinter einem Daseinsschatten hervor.
Untiefen. Horizonte.
Spuren.