Die Welt in Gold: Novelle
Von Rudolf Herzog
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Über dieses E-Book
Rudolf Herzog
Rudolf Herzog (1869-1943) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller, dessen zahlreiche Bücher zu Anfang des 20. Jahrhunderts regelmäßig Bestseller-Auflagen erreichten. Ein Rezensent schrieb im Jahr 2022 über dieses Werk: »Noch nie habe ich ein Buch gelesen, das so spannend die Zusammenhänge der nordisch-germanischen Götterwelt erzählt!«
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Buchvorschau
Die Welt in Gold - Rudolf Herzog
Rudolf Herzog
Die Welt in Gold
Novelle
Sharp Ink Publishing
2023
Contact: info@sharpinkbooks.com
ISBN 978-80-282-7198-5
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
4
5
6
7
8
Die Sonne.
9
10
Dekoration1
Inhaltsverzeichnis
Da lag die alte, liebe Stadt zu Füßen. – Da krochen die alten, lieben Gassen wie ehedem den Berg hinan, wie heimliche Liebhaber auf gewundenen Pfaden, und umkreisten das Landgrafenschloß, das sechs Jahrhunderte und mehr ihnen zuwinkte und doch nur schöner geworden war.
Da breitete sich die stille, grüne Ebene weit hinaus, so weit, wie man Gedanken senden kann, bis zu der Hügelkette, die den Horizont erklomm, die Äste ihres Waldgebietes ausspannte und den ziellos schweifenden Gedanken zurief: Bleibt hier – nutzet den Tag!…
Und aus der Ebene lachte das sonnenglitzernde Gewässer der Lahn, und ein Frühlingswind, der nicht mehr als ein Streicheln war, trug spielerisch die Blütenblätter der Obstbäume mit sich und streute sie über den Fluß. Da war's, als ob auch die alte Lahn im Brautgewande schimmerte und verstohlen nach dem Bräutigam hinaufblinzelte, der alten Stadt Marburg, aus deren Höfen und Gärten blühendes Strauchwerk hervorsproß wie Blumensträuße am Hochzeiterrock.
Und Stadt und Schloß, Flußtal und Berghänge, die sich seit Jahrhunderten schon ihre Liebe kund taten, waren nicht älter und waren nur schöner geworden.
»Wie ist das möglich…?« fragte sich der Mann am Fenster, »wie ist das möglich? Sechs Semester hab' ich hier einmal durchtobt und später geglaubt, alles das wäre nur mit den leicht entzündbaren jugendlichen Sinnen aufgenommen worden. Und nun ist das alles so geblieben und blüht noch stärker und setzt sich über Zeit und Alter hinweg. Und auch – über mich. Und lacht über meinen Professorentitel und über meinen Lebensernst … Oder ist es nur ein wenig Spott, weil ich mich hier – mit Farben schmücke – von denen meine Seele – nichts mehr weiß?«
Ein gespannter Zug trat in sein Gesicht. Als wäre ein Gedanke in ihm aufgetaucht, den er sich mühte bis zu seinem Ausgangspunkt zu verfolgen. Und die Spannung löste sich in eine Versonnenheit, und die Versonnenheit wurde zu einem Lächeln, das sich heimlich aufmachte und suchend durch die Gassen irrte und fand und verharrte und weiterzog und wieder fand.
»Der lange Ritter –! Der dicke Baum – ›Deutschlands Eiche‹ genannt–! Lindner, der knabenhafte ›reine Tor‹–! Sein Gegenspiel Werder, der große ›Amoroso‹–! Die ganze Schar–! Und mitten darunter – war er das nicht, Klaus Kreuzer, den sein eigenes Lächeln jetzt begrüßte – der übermütige Junge da mit der Mütze im Nacken, den Rock auseinandergeschlagen, auf daß man das hehre Dreifarbenband gebührend sehe und respektiere, dem herausfordernden Blick, der immer zum Waffengang zu laden schien?«
Und das Lächeln verweilte, wurde unruhig und nahm Abschied.
»Unsinn. Verlorene Zeit. Der Junge wird sie besser nützen.«
Er trat einen Schritt vom Fenster zurück. Er bemerkte, daß er hemdärmelig war. Ja, ja, er mußte das Band umlegen. Und er rollte es über dem Finger auf und schob es um die Brust. »Wenn mich jetzt Marianne sähe.«
Der Gedanke an seine Frau machte ihn unsicher. Hastig zog er den Rock über, daß nur ein Stückchen des bunten Bandes sichtbar blieb. Und unschlüssig wog er die alte Studentenmütze in der Hand.
Es klopfte. Da setzte er mit einem Ruck die Mütze in den Nacken.
»Komm nur herein, Walter. Von mir aus kann's losgehen.«
»Papa–! Nein, Papa, wie du aussiehst!«
»Bitte, bitte, um mich handelt es sich hier nicht. Ich bring' dir ganz einfach ein Opfer. Tritt mal an, damit ich sehe, ob du auch anständig bestehst. Na ja.«
Sein Blick streifte Fuchsenband und Mütze des Sohnes, streifte den schlanken Wuchs und heftete sich auf die mädchenhaft feinen Züge.
»Bis auf den Milchbart wär' alles in Ordnung. Das ist kein Vorwurf. Im Gegenteil, ich hoffe mit deiner Mutter, daß du immer der wohlerzogene Junge bleibst, das Ziel des Studiums im Auge.«
»Darauf kannst du dich verlassen, Papa. Die Couleur darf mich nicht stören.«
Der Vater sah ihn noch immer an. Er horchte, als hörte er den Sohn weitersprechen. Nein, nicht den Sohn. Das war die Stimme der Mutter, Mariannens Stimme. »Die Couleur darf den Jungen nicht stören. Er geht zur Couleur, weil sie ihm in seiner