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Avatar des Lichts (Das Netz der verknüpften Welten Buch 2): LitRPG-Serie
Avatar des Lichts (Das Netz der verknüpften Welten Buch 2): LitRPG-Serie
Avatar des Lichts (Das Netz der verknüpften Welten Buch 2): LitRPG-Serie
eBook632 Seiten7 Stunden

Avatar des Lichts (Das Netz der verknüpften Welten Buch 2): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Es ist Sergej gelungen, den göttlichen Avatar des Erlösers in Besitz zu nehmen, was genau die Art von neuen Fähigkeiten mit sich bringt, von denen andere Spieler nur träumen können. Aber er hat keine Zeit, sich zu entspannen und mit dem Strom zu schwimmen. Zwei seiner Freunde wurden gefangen genommen und ein dritter wird als Geisel gehalten, um Sergej zu zwingen, das Elixier der Macht zu beschaffen.

Als wäre das nicht schon schlimm genug, ist Sergej auch noch ins Visier von Morbian geraten, einem der vier apokalyptischen Reiter. Und ihre zukünftige Begegnung verheißt nichts Gutes für Sergej...
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum14. Jan. 2023
ISBN9788076196094
Avatar des Lichts (Das Netz der verknüpften Welten Buch 2): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Avatar des Lichts (Das Netz der verknüpften Welten Buch 2) - Dmitry Bilik

    Kapitel 1

    HELDEN IN GLÄNZENDER RÜSTUNG blamierten sich nie. Ich konnte mich an keine Heldenfigur erinnern, die normale menschliche Gebrechen oder Krankheiten gehabt hätte. Banale Dinge wie Zahnschmerzen, Durchfall und Hämorrhoiden kamen in ihrer Welt für gewöhnlich nicht vor. Die Probleme, mit denen Helden konfrontiert wurden, waren zwangsläufig von der edlen Sorte.

    Wenn ihnen ein Arm abgehackt wurde, kämpften sie einhändig weiter und verdoppelten so ihren gerechten Zorn. Wenn sie mit einer Maschinenpistole beschossen wurden, kämpfen sie dennoch weiter und brachten nebenbei noch ihre verwundeten Freunde in Sicherheit. Und selbst wenn sie eine Kugel in die Eingeweide bekamen, stellten sie sicher, dass sie alle ihre Feinde ausräucherten, bevor sie sich hinlegten und starben.

    Nach diesen Maßstäben war ich weit davon entfernt, ein Held zu sein. Ich hatte Angst. Meine Wunde tat so weh, dass ich vor Schmerzen heulen wollte. Aus meinem aufgeschlitzten Bauch strömte Blut.

    Der Hügel war staubig. Meine Wunde könnte sich entzünden, dachte ich. War das nicht absurd? Als hätte ich gerade keine größeren Probleme …

    Bis jetzt hatte ich es geschafft, mich durchzuschlagen und den Drang zu unterdrücken, vor Schmerzen zu schreien. Es mochte komisch klingen, aber nicht der Gedanke an meine hilflosen Freunde oder gar das Wissen um das Unheil, das der Menschheit drohte, gaben mir Kraft. Nein, es war mein Stolz. Ich durfte vor dieser höhnisch lachenden Abscheulichkeit eines Gottes nicht das Gesicht verlieren.

    Und was den Avatar anbelangte — er war wirklich ein seltsames Ding. Nachdem ich ihn in Besitz genommen hatte, war mein Blick auf die Welt scharf geworden, als wäre ich ein kurzsichtiger Patient, dem man eine Brille verpasst hatte. Ich konnte eine schwache hellgraue Rauchfahne ausmachen, die über Künstlerin, Jäger und Litius aufstieg. Was den Dunkelsten betraf, so konnte man um ihn herum nichts sehen, so sehr war er in seinen eigenen Smog gehüllt. Offenbar machte ein göttlicher Avatar das Karma eines Menschen sichtbar.

    Komischerweise stellte sich dabei heraus, dass Traug zur hellen Seite gehörte. Seine Haut leuchtete wie frischer Schnee in der Wintersonne. Der Schein konnte also trügen.

    Okay, ich konnte nun also das Karma der Leute sehen. War das alles? Ich konnte nicht glauben, dass ein göttlicher Avatar nicht mehr zu bieten hatte. Da musste es noch etwas anderes geben.

    Ich entdeckte es auch bald: ein paar magere Zeilen unten auf der Benutzeroberfläche.

    Du hast einen göttlichen Avatar freigeschaltet: Erlöser. Das Freischalten weiterer Fähigkeiten erfordert 2.000 Punkte Licht-Karma.

    Aktuelle Fähigkeiten:

    Rechtschaffenes Feuer

    Verursacht 5.000 Punkte Schaden und ignoriert alle magischen und/oder physischen Verteidigungen deines Gegners. Fernkampfwaffe. Maximale Reichweite: 10 Meter. Abklingzeit: 7 Tage

    Verwandlung von Flüssigkeiten

    Ermöglicht es dem Avatarträger, nach Belieben jede Flüssigkeit in eine andere zu verwandeln. Eine Nahbereichsfähigkeit, bei der der Anwender das Gefäß mit der Flüssigkeit berühren muss. Abklingzeit: 1 Tag

    Wiederauferstehung

    Ermöglicht es dem Spieler, nach einer bestimmten Zeit wieder aufzuerstehen. Abklingzeit: 30 Tage

    Wählen Sie die Zeit und das Datum Ihrer nächsten Wiederbelebung

    Ich sah mir den Respawnbalken an, der derzeit auf null stand. Das war interessant. Offenbar war die Fähigkeit inaktiv. Ich schob den Schieberegler nach rechts. Die erste Markierung lag bei ‚3 Tage‘.

    Wie bitte? Warum dauerte das so lange?

    Das Wichtigste war jedoch, dass ich wieder auferstehen konnte, egal, wie verrückt sich das anhören mochte.

    Es bedeutete auch, dass der Chorul recht gehabt hatte. Ich konnte es tatsächlich schaffen. Das eröffnete mir auch einen neuen Blickwinkel auf Janus und seine Motive. Der Avatar des Zerstörers musste ihm eine Art Verteidigungs-Imba-Fähigkeit verliehen haben, während der Erlöser die Fähigkeiten des rechtschaffenen Feuers und der Auferstehung besaß, was ihn zu einem der mächtigsten Götter machte. Wenn nicht sogar zum mächtigsten überhaupt.

    Den Avatar des Erlösers zu besitzen, hätte für ihn außerdem noch einen Vorteil gehabt. Er hätte damit das rechtschaffene Feuer neutralisieren können, das die Abwehrkräfte des Zerstörergottes ignorierte. Zumindest vermutete ich das. Vielleicht sollte ich es mal ausprobieren.

    Gesundheit 13/60

    Gesundheit 12/60

    Der Dunkelste hatte es nicht eilig, mir einen Gnadenstoß zu versetzen. Er genoss den Augenblick und redete ununterbrochen. Wahrscheinlich hatte er zu viele Filme gesehen, in denen Bösewichte dauernd quatschten, statt zur Sache zu kommen.

    Nun gut, dann würde wohl ich die Kontrolle übernehmen müssen. Ich drehte den Kopf zu Jäger und schrie: „Lauf!"

    Mein Schrei wurde zu einem wahren Blutrausch, erfüllt von verzweifelter Urangst. Keine Ahnung, was mein Mentor in meinen Augen las, aber er verstand die Botschaft. Er rannte zwar nicht weg, aber er zog sich schnell zurück, ohne dem Dunkelsten den Rücken zuzuwenden.

    Dem gefiel das offenbar nicht. Der doppelgesichtige Gott wandte sich mir zu und stürmte auf mich zu. Ich war mir sicher, dass er nicht nach meiner Gesundheit fragen wollte. Er brauchte das Schwert, das ich bis jetzt mit meinen Bauchmuskeln geschickt in der Wunde gehalten hatte, ohne auf den Blutverlust zu achten.

    Genau damit hatte ich gerechnet.

    Sobald er den Schwertgriff festhielt, umklammerte ich mit meiner blutigen Hand gleichzeitig ihn und das Schwert und verlor dabei vier Lebenspunkte. Jede meiner Bewegungen war die reinste Qual. Dafür hatte ich diesen doppelzüngigen Bastard so fest gepackt, dass er keine Chance hatte, auszuweichen. Dann aktivierte ich rechtschaffenes Feuer.

    Es war ein schrecklicher Anblick. Unter dem feurigen Tornado wurde die Haut des Gottes schwarz und schrumpelig wie Papier. Sein Gesicht glühte auf wie Schwefel, den man in ein Lagerfeuer warf. Die magere Fettschicht an seinem Körper begann zu brutzeln, dann zu kochen und verdampfte schließlich.

    Es ging schnell — viel zu schnell. Noch ehe er aufschreien konnte, verwandelte Janus sich in ein Skelett, das von Flammen verzehrt wurde.

    Du hast einen Spieler getötet, der dir feindlich gesinnt war.

    Eine Änderung im Entwicklungszweig ist verfügbar: Doppelgesicht. Um sie zu aktivieren, musst du sie innerhalb der nächsten 24 Stunden als deinen neuen Entwicklungszweig auswählen.

    Du hast einen göttlichen Avatar erhalten: Zerstörer.

    Du hast die Fertigkeit Labilität erlangt.

    Du hast den Einfrierzauber erhalten.

    Dein Ruhm hat sich auf 4 erhöht.

    Dein Ruf hat sich zu ‚Draufgänger‘ geändert.

    Dieser Gott, dieser Übermensch, einer der größten Spieler der Geschichte, war nur noch ein verkohltes Skelett, das dicke Dampfwolken und einen üblen, ranzigen Gestank verbreitete. Allmählich zerbröckelte das Skelett und wurde zu Asche, die sich schnell im Wind verteilte.

    Leider hatte ich nicht die Gelegenheit, diesen ekelhaften Anblick in vollen Zügen zu genießen.

    Alles passierte zu schnell und ohne poetisches Brimborium. In einem Moment war die Welt noch da, dann war sie weg. Es war, als hätte jemand das Licht ausgemacht und alle Geräusche und Gerüche abgestellt. Alles verschwand — auch ich. Mein Körper, meine Gedanken, mein Geist. Nichts existierte mehr.

    * * *

    Noch bevor ich die Augen öffnete, wusste ich, dass es nach meiner Kindheit roch. Eine Mischung aus warmer Wolle, aus der Socken gestrickt wurden, und etwas Altmodischem, aber seltsam Angenehmem, wie die Mottenkugeln, die man früher in Kleiderschränke zu legen pflegte. Es weckte Erinnerungen an die Morgen bei meiner Großmutter, wenn meine Eltern mich über das Wochenende zu ihr gebracht hatten. Beim Aufwachen fuhr ich mit der Hand über den turkmenischen Wollteppich, der an der Wand hing, streckte mich und setzte mich schließlich auf.

    Mechanisch streckte ich meine Finger nach der luxuriösen, orientalischen Schönheit aus. Ich zuckte zusammen. Die Wand war kahl und kalt, von dem Teppich keine Spur. Das bedeutete, dass ich nicht mehr acht Jahre alt war und dies auch nicht die Wohnung meiner Großmutter war.

    Wo war ich dann? Ich öffnete die Augen und betrachtete meine Umgebung.

    Ich befand mich in einem kleinen Raum mit einem Bett, einem winzigen Tisch und einem Stuhl, der von einer Laterne schwach beleuchtet wurde, in der ein winziges, geflügeltes, fluoreszierendes Wesen flatterte. So etwas hatte ich schon einmal irgendwo gesehen.

    Auf dem Stuhl saß ein mir vage bekannter Tiermensch, von dessen Gestalt schwacher, hellgrauer Rauch ausging. Ich blinzelte den Filter des göttlichen Avatars weg und sah Litius mit meinen normalen Augen an.

    „S-S-Sergej, e-e-endlich. Jäger meinte, du würdest zu dir kommen, aber er hat nicht gesagt, w-w-wann."

    „Beruhige dich, Litius. Es bringt nichts, wenn du wie ein Maschinengewehr losratterst." Ich setzte mich auf und fuhr mit der Hand über die Wolldecke. Von ihr kam der vertraute Geruch.

    Ich musste nachdenken. Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war, dass wir in Purgator auf dem Weg nach Virhort gewesen waren. Wenn man den Botschaften, die ich erhalten hatte, Glauben schenken durfte, war der Dunkelste — Janus, der doppelgesichtige Gott, jetzt tot. Mein Team hatte jedoch überlebt. Abgesehen von seinem verletzten Stolz war Jäger etwas angeschlagen, aber am Leben gewesen, als ich ohnmächtig geworden war. Wenn er Litius etwas über meine Rückkehr erzählt hatte, musste er überlebt haben. Das bedeutete, dass wir es bis nach Virhort geschafft hatten.

    Was noch? Ich konnte nicht für alle sprechen, aber ich wusste, dass Künstlerin hier nur einen Freund hatte, den Alchemisten. Da sie sich an ihn gewandt hatte, als sie verwundet worden war, lag es nahe, dass sie ihn auch jetzt aufgesucht hatte. Was bedeutete, dass er uns aufgenommen hatte.

    „Sind wir in Tartrs Haus?", fragte ich.

    „Woher weißt du das?", fragte Litius, der so überrascht war, dass er sogar aufhörte zu stottern.

    „Du bist nicht der einzige Denker hier. Ich benutze meinen Kopf auch gelegentlich. Dann ist das hier also sein Haus. Ausgezeichnet."

    Wir schwiegen. Ich nutzte die Pause, um in mich zu gehen und die ‚Geschenke‘ zu überprüfen, die Janus mir hinterlassen hatte.

    Göttlicher Avatar: Zerstörer

    Die Aktivierung erfordert weniger als 1.000 Karmapunkte.

    Warum überraschte mich das nicht? Man konnte nicht auf zwei Stühlen gleichzeitig sitzen: Dafür brauchte man entweder einen sehr großen Hintern oder sehr starke Möbel. Was bei mir nicht der Fall war. Hatte das System mir nicht einen Wechsel des Entwicklungszweigs angeboten?

    Ich durchsuchte meine Schnittstelle, fand aber nichts. Natürlich nicht. Es hatte doch geheißen, ich hätte 24 Stunden Zeit, meine Entscheidung zu ändern. Ich war aber mindestens drei Tage außer Gefecht gewesen.

    Na schön, dann eben nicht. Ich war immer noch der Beherrscher der Zeit.

    Labilität (Agilität): die Steigerung der natürlichen Beweglichkeit des Körpers sowie der Geschwindigkeit der Stimulationszyklen in Nerven- und Muskelgewebe.

    Mir war noch nicht klar, ob diese Fähigkeit aktiv oder passiv war. Optisch hatte sich nichts verändert. Und körperlich? Ich fühlte mich definitiv schlechter als vor meinem Tod. Wenn das alles war, was diese neue Fähigkeit konnte, hätte ich es lieber so gehabt wie vorher.

    Einfrieren (Modifikation). Verlangsamt den Gegner um 10 % seiner ursprünglichen Geschwindigkeit. Reichweite: 20 Meter. Kosten: 40 Mana-Punkte. Dauer: 5 Sekunden. Kann nicht mehr als einmal auf dasselbe Ziel angewendet werden.

    Hm. Ich war mir sicher, dass der Doppelgesichtige viel stärkere Zauber in seinem Arsenal haben musste. Was ich da hatte, war Schrott.

    Moment mal. Vermutlich hatte ich meine Frage gerade selbst beantwortet. All die anderen Zaubersprüche mussten eine Nummer zu groß für mich sein. Auf meinem derzeitigen Level konnte ich sie nicht benutzen. Also waren die Fähigkeiten angepasst worden. Das bedeutete, dass ich die Magie auf ein höheres Level bringen musste. Wenn ich es das nächste Mal mit einem selbstmörderischen Fall zu tun hatte, konnte ich mir vielleicht als Belohnung für meine Mühe einen schönen Zauberspruch zulegen.

    Ich erwachte aus meiner Träumerei und bemerkte, wie Litius den Mund bewegte. „Tut mir leid, Kumpel, ich war abgelenkt. Könntest du das bitte wiederholen? Wo sind denn alle?"

    „Harph ist tot. Jäger hat ihn getötet, nachdem Janus die Kontrolle über seinen Verstand übernommen hatte. Zumindest hat Jäger es mir so erzählt."

    „Das weiß ich. Ich habe es selbst gesehen. Und wo sind die anderen?"

    „Künstlerin ist beim Vorsteher der Gemeinde. Traug ist bei Vifeil, dem Kommandanten der fünften Legion der Archali."

    „Wenn ein Kamerad zwischen Leben und Tod schwebt, ist das kein besonders guter Zeitpunkt, um Kontakte zu pflegen ..."

    Litius zögerte. „Du verstehst nicht. Sie pflegen keine Kontakte. Sie sind Gefangene."

    „Das kann nicht sein!" Ich sprang auf und bereute es sofort. Erstens waren meine Muskeln offenbar in Streik getreten, da ich offiziell tot gewesen war. Und zweitens war der Raum nicht für einen durchschnittlich großen Menschen ausgelegt — ein bisschen wie koreanische Kleinbusse. Ich stieß prompt mit dem Kopf gegen die Decke und sackte zurück in eine sitzende Position.

    Tartr kam herbeigeeilt, um nach dem Rechten zu sehen, gefolgt von Bretta. Der Alchemist untersuchte mich gründlich, wie ein Tierarzt einen streunenden Hund untersuchen würde, und nickte die ganze Zeit vor sich hin. Dann sagte er, ich solle sitzen bleiben, er sei gleich wieder da. Er verschwand wieder in den Tiefen seines Lagers und Bretta schlurfte hinter ihm her. Dabei zankten sie sich die ganze Zeit.

    Ich bat Litius, mir in der Zwischenzeit zu erzählen, was passiert war.

    Anscheinend hatte der örtliche Häuptling mit Künstlerin irgendeine Rechnung offen. Ich erinnerte mich noch gut an das letzte Mal, als wir hier gewesen waren und vor zwei seiner Schläger hatten fliehen müssen. Das Schlimmste war, dass Litius nicht erklären konnte, was genau das Problem war. Es sah so aus, als wäre Künstlerin dem örtlichen Gemeindevorsteher etwas schuldig. Sie dagegen behauptete, er wäre bloß scharf auf sie. Das war alles äußerst dubios.

    Bei Traug war es genauso schlimm. Offenbar hatten die Archali in der kurzen Zeit zwischen unseren beiden Besuchen tatsächlich einige Greife herbeigerufen und die Kabiriden aus der Festung vertrieben. Jetzt wurde die Stadt Virhort — oder besser gesagt, der Teil davon, der von Normalbürgern bewohnt wurde — von einem gewissen Vifeil regiert, dem Kommandanten der fünften Legion der Archali. Keine Ahnung, was für ein Typ das war. Er hatte nicht nur die Frechheit besessen, mit seinen Männern das Gelände der Gemeinde zu betreten, sondern auch die Dreistigkeit, Traug zu verhaften und abzuführen. Laut Litius war Traug nun im Kerker der Festung eingesperrt, weil man ihn beschuldigte, Engelsasche zu schmuggeln. Auch das war etwas, wovon ich bisher noch nie gehört hatte.

    Aber das Überraschendste von allem war Jägers Reaktion. Er schien meine Freunde fallen gelassen zu haben wie heiße Kartoffeln. Das war unglaublich. Anscheinend hatte mein Mentor nur mit den Schultern gezuckt — wie ‚da kann man nichts machen‘ — und sich dann wieder nach Hause begeben. Er kehrte einmal pro Tag zurück, normalerweise abends, um sich nach mir zu erkundigen, und reiste sofort wieder ab.

    So viel zu meinem perfekten Team. Litius war der Einzige, der über meinen beinahe toten Körper gewacht hatte.

    „So ein Mist, fasste ich es zusammen. „Von den sechs Leuten, die nach Purgator aufgebrochen waren, wurde einer getötet, ein anderer hat uns verraten und zwei weitere wurden gefangen genommen. Ich bin kein guter Raidleader, oder?

    „Oh, übrigens …" Litius reichte mir eine Handvoll Staub.

    „Was ist das?"

    „Das ist alles, was von Janus übrig geblieben ist. Sonst nichts. Jäger meinte, dein Feuer hätte sein Inventar mit allem, was sich darin befand, verbrannt. Der Staub war das Einzige, was die Flammen überlebt hat."

    Ich sammelte ihn ein. Er wog 206 Gramm. Zusammen mit dem, was ich bereits hatte, ergab das insgesamt 336 Gramm — genug, um das restliche Team nach Hause zu bringen. Jetzt gab es nur noch ein kleines Problem zu lösen. Nämlich, wie ich meine Freunde befreien konnte. Es sah so aus, als müssten Litius und ich das zu zweit bewältigen. Auf Jäger konnten wir uns offenbar nicht verlassen. Das brachte mich auf eine Idee.

    „Sag mal, Litius, was wurde aus den 200 Gramm Staub, die ich Harph bezahlt hatte? Hat er sie fallen lassen, als er starb?"

    „Das hat er. Jäger hat alle seine Sachen mitgenommen, auch den Staub. Bedenke, er war derjenige, der ihn getötet hat."

    Jetzt wollte ich Jäger wirklich sehen und ihm meine Meinung sagen. Er hatte die ganze Beute und den Staub mitgenommen, uns gesagt, wir sollten selbst für uns sorgen, und sich vom Acker gemacht. Ich war dankbar, dass er mich besuchte und sich nach meiner Gesundheit erkundigte. Aber was den Rest anging ...

    Ich rappelte mich hoch und stöhnte vor Schmerz. Es fühlte sich an, als würde man einen glühenden Schürhaken in meine Eingeweide bohren. Ich hob die Fetzen meines Pullovers hoch und berührte vorsichtig die darunter liegende Haut. Oh Gott. Die Narbe sah furchtbar aus. Sie war riesig und erinnerte an einen trockenen Klumpen Kartoffelpüree, der auf einem sauberen Teller klebte. Das war nicht gut. So viel zum Thema Heilzauber.

    Ich überprüfte meine Gesundheitsanzeige mit einiger Besorgnis. Mein Gesundheitsbalken war in Ordnung — aber mein Gefühl sagte etwas anderes. Meine Lebenskraft war nur noch zur Hälfte vorhanden und zeigte auch nicht die geringste Tendenz, sich in nächster Zeit zu erhöhen. Wie seltsam.

    „Wo ist das Schwert?", fragte ich, um mich von den Schmerzen abzulenken.

    „Welches Schwert?"

    So viel Dummheit war schwer auszuhalten. Hätte Traug eine solche Frage gestellt, wäre ich damit klargekommen, aber Litius?

    „Excalibur, natürlich. Das Schwert, das König Artus von der Herrin des Sees erhalten hat. Benutz bitte dein Gehirn, Litius. Wo ist Gramr?"

    Er zuckte mit den Schultern. „Es wurde von deinem feurigen Tornado zerstört. Zumindest hat Jäger das gesagt."

    Ich war normalerweise kein Pessimist, doch nun war meine Stimmung auf dem Nullpunkt angekommen. Zögernd machte ich den ersten Schritt nach meiner Auferstehung und stützte mich auf das Fußende des Bettes. Abgesehen von einem unangenehmen Ziehen in meinem Bauch war es erträglich.

    „Was glaubst du denn, wo du hingehst?, fragte Tartr, als er das Zimmer betrat. „Du musst noch mindestens einen Tag im Bett bleiben, besser zwei. Hier, nimm das.

    „Was ist das?", fragte ich und nahm ein Fläschchen mit einer violetten Flüssigkeit entgegen.

    „Es ist das, was du jetzt brauchst. Trink es."

    Bisher schien der alte Mann mir nichts Böses zu wollen. Tatsächlich hatte er mir Unterschlupf gewährt und sich um mich gekümmert. Mit anderen Worten, er war immer gut zu mir gewesen. Also nahm ich das Fläschchen und leerte es in einem Zug. Ich würde nicht sagen, dass ich mich dadurch besser fühlte, aber meine Lebenskraft stieg langsam wieder an. Besser als gar nichts.

    „Vielen Dank für deine Hilfe, Tartr, aber wir müssen uns auf den Weg machen."

    Der Alchemist zuckte mit den Schultern. „Wie du willst. Aber ich empfehle dir, noch zwei Tage im Bett zu bleiben."

    „Tut mir leid, aber wir müssen wirklich sofort gehen", erklärte ich freundlich und wollte den Raum verlassen, konnte es aber nicht, weil der kleine Alchemist sich nicht rührte und mir den Weg versperrte.

    „Ist noch etwas?", fragte ich und sah ihn verwundert an.

    „Nur eine Kleinigkeit, erwiderte er mit dem Lächeln eines alten Freundes. „Die Bezahlung für meine Dienste.

    „Deine Dienste?"

    „Es macht zusammen 90 Gramm. 30 für das Elixier und weitere 60 für das Zimmer. 20 Gramm pro Tag."

    Was für ein alter Geizhals! Zuerst wusste ich nicht, was ich sagen sollte, aber als ich mich beruhigt hatte, bewunderte ich seine Frechheit sogar. Der Alte war ein gerissener Geschäftsmann. 300 Dollar für chemisch gefärbtes Wasser und eine dunkle Abstellkammer für den Preis eines Fünf-Sterne-Hotels? Na schön. Wir waren auch nicht von gestern.

    „Was denn? 20 Gramm pro Tag? Für dieses Brett von einem Bett und einen fensterlosen Wandschrank?"

    Er warf mir einen erschrockenen Blick zu. „15."

    „Zehn, sagte ich und starrte ihn unnachgiebig an. „Und was dein Elixier angeht, so bin ich mir nicht sicher, ob es mir geholfen hat. Ich habe das komische Gefühl, dass es eine Fälschung ist.

    „Wie bitte? Tartr explodierte in solch aufrichtiger Entrüstung, dass ich einen Moment lang befürchtete, er könnte einen Herzinfarkt bekommen. „Ich bin einer der besten Alchemisten in ...

    „In ganz Purgator?"

    Er zögerte. „Nein. In Virhort."

    „Ich will damit nur sagen, dass dein Elixier keine 30 Gramm wert ist, sagte ich versöhnlich. „20 klingt schon angemessener.

    „Na gut. 50 Gramm insgesamt."

    Deine Fähigkeit zu feilschen ist auf Level 3 gestiegen.

    Ich nickte Bretta zum Abschied zu und überreichte dann den Staub Tartr, der fast vor Freude tanzte. Lief der Handel hier wirklich so schlecht? Unterstützt von Litius stolperte ich mit der Geschwindigkeit einer Schildkröte, die gerade aus einer Narkose erwachte, zum Ausgang.

    Litius öffnete die Eingangstür und half mir hinaus. Ich atmete tief ein und schaute zu dem Stück klaren Himmels hoch oben, das durch das Loch in der abgesägten Bergspitze zu sehen war.

    „Was m-m-achen wir jetzt? W-w-wohin willst d-d-u gehen?"

    „Wir werden jetzt die anderen retten. Und wo ich hin will? Für den Anfang wäre es vielleicht eine gute Idee, dem Gemeindevorsteher einen Besuch abzustatten."

    Kapitel 2

    IN RUSSLAND SCHERZTEN die Leute gern: Wenn man aufwacht und einem nichts wehtut, ist man tot. Hätte ich also nach dem Respawn irgendwelche Zweifel an der Rechtmäßigkeit meines Daseins gehabt, so waren sie jetzt ausgeräumt. Ich war wirklich und wahrhaftig am Leben. Denn es durfte nicht sein, dass ein Körper im Jenseits so sehr schmerzte.

    Meine Glieder fühlten sich an, als hätte ich mich gerade von einem langen Fieberanfall erholt, und ein quälender Schmerz erfüllte meinen frisch geflickten Bauch. Nur meinem Kopf ging es gut. Er war vollkommen wach und klar. Die Vorteile des Sterbens, um den Kopf frei zu bekommen und das Leben neu zu gestalten, waren nicht zu verachten. Äußerst empfehlenswert. Vorausgesetzt, man war im Besitz des Avatars des Erlösers, natürlich. Andernfalls wären die Folgen nicht ganz so rosig gewesen.

    Trotz meiner Schmerzen schaffte ich es, vor mich hin zu humpeln. Ganz allein, ohne mir von Litius helfen zu lassen. Mein Körper musste nach und nach gemerkt haben, dass Ausweichen keine Option war, und begann zu kooperieren.

    Ich verspürte auf einmal schrecklichen Hunger. Dazu passend wehte ein wunderbarer Bratenduft über die Gemeinde. Etwas mit Schweinefleisch oder Speck und Kartoffeln. Es kostete mich all meine Willenskraft, an der Taverne vorbeizugehen, ohne zu sabbern. Zuerst mussten wir herausfinden, was mit Künstlerin und Traug los war.

    Der Vorsteher wohnte in dem mit Abstand größten und seltsamsten Haus in der Gemeinde, das sich von allen anderen Gebäuden abhob. Es war nicht einmal ein Haus, sondern eher ein kleiner Palast oder ein großes Herrenhaus. Außerdem schien es vollständig in eine Klippe geschnitten zu sein, was es zu einer natürlichen Fortsetzung des Berges machte. Die hölzernen Fensterrahmen ließen sich nicht öffnen, sie waren offenbar für die Ewigkeit gemacht und nicht mit Glas, sondern mit trüben Glimmerplatten versehen. Sie ließen vermutlich nur wenig Licht ins Innere. Offenbar hatte man einen Steinmetz beauftragt, um das Mauerwerk zu verzieren, aber er hat keine gute Arbeit geleistet: All die ‚ausgefallenen‘ Verzierungen hätte jeder Grundschüler machen können.

    „Das ist Kalkstein, sagte Litius, der dachte, ich würde versuchen, die Art des Steins zu erraten. „Sehr ähnlich dem, was ihr in der Abfallgrube habt. Purgator ist eurer Welt tatsächlich sehr ähnlich.

    „Mit Ausnahme von riesigen Gottesanbeterinnen und Tigerziegen."

    Der Tiermensch zuckte mit den Schultern. Ich warf einen weiteren Blick auf das zweistöckige Gebäude, das aus dem Berg geformt war. Die Lichter im Obergeschoss waren an, was bedeutete, dass der Besitzer zu Hause war. Draußen waren keine Wachen postiert.

    Ich ging hinüber und klopfte kräftig an die verwitterte Holztür.

    Ich musste eine Weile warten. Dennoch zeigte ich keine Ungeduld. Ich konnte hören, dass sich innen etwas rührte. Schließlich wurde die Tür geöffnet. Ausgerechnet von meinem alten ‚Freund‘ Fels. Er war einer der örtlichen Spieler, die bei unserem letzten Besuch hinter Künstlerin und mir her gewesen waren. Einer der Handlanger des Vorstehers. Glücklicherweise erkannte er mich nicht.

    Er musterte mich. „Was willst du?", fragte er unwirsch.

    „Ich muss den Vorsteher sprechen."

    „Er empfängt niemanden. Komm morgen wieder. Oder übermorgen."

    „Das kann ich nicht. Es ist dringend, fürchte ich. Ich bin gekommen, um meine Belohnung für ein paar getötete Rachnaiden zu holen."

    „Ah, das, murmelte er mit offensichtlicher Enttäuschung. „Warte hier.

    Er ging nach drinnen und tauchte nach ein paar Minuten wieder auf. Diesmal öffnete er die Tür weit, nickte und winkte mich herein. Er warf einen abweisenden Blick auf Litius, sagte aber nichts.

    Das Haus des Vorstehers war wirklich speziell. Seine Vorstellung von Inneneinrichtung war der schlimmste Kitsch, den man sich vorstellen konnte. Schmierige Barocksessel mit Fransen und Rüschen, schmutzige Vorhänge, die einmal Seide gewesen sein mussten, abgenutzte Parkettböden, abblätternde vergoldete Kronleuchter und originelle Kerzenständer.

    Wie ich vermutet hatte, war der Ort wegen des Mangels an natürlichem Licht fast dunkel. Trotz der Versuche des Eigentümers, den Besuchern etwas vorzugaukeln, war das Ergebnis genau das Gegenteil: Das Haus sah schäbig aus und konnte nur Mitleid und Abscheu hervorrufen.

    Dem Lärm nach zu urteilen, spielte sich das Leben in den hinteren Räumen ab. Dorthin führte Fels uns.

    Der Anblick, der sich mir bot, war alles andere als das, was man in einem Audienzsaal erwarten würde. Von der übertriebenen Kulisse einmal abgesehen, sah es eher aus wie in einer billigen Bar, wenn man die Anwesenden betrachtete.

    Vier Männer, die wie Gangster in einer billigen Fernsehserie aussahen, saßen an einem langen Tisch, tranken, aßen mit den Fingern und grölten laut. Der Hausherr selbst saß auf einem hohen Holzsessel am Kopfende des Tisches und hatte die Füße hochgelegt.

    ???

    Schaumschläger

    ???

    ???

    Unser Erscheinen war in etwa so, als würden sich zwei ahnungslose europäische Touristen nach Harlem verirren. Die Gespräche verstummten und alle hörten auf zu futtern. Seltsamerweise bekam Litius den Löwenanteil der Aufmerksamkeit, um ein billiges Wortspiel zu bemühen.

    Zu meiner Erleichterung war der Häuptling der Erste, der die unbehagliche Stille durchbrach. „Man hat mir gesagt, ihr hättet die Rachnaiden erledigt. Wir hätten es selbst getan, aber wir haben zu viel damit zu tun, diesen Ort zu verwalten."

    Ich biss mir auf die Zunge, um nichts zu sagen, was ich später vielleicht bereuen würde. Offenbar bestand seine Vorstellung von der Leitung der örtlichen Gemeinde darin, ausgedehnte Trinkgelage zu veranstalten. Andererseits war das nicht dumm. Wenn etwas nicht kaputt war, sollte man es nicht reparieren, weil man es sonst nur schlimmer machte.

    Eigentlich machte der Typ auf mich einen recht guten ersten Eindruck. Er war stark und freundlich, mit klugen, aufmerksamen Augen. Wäre er nicht so aufdringlich gewesen, hätte ich ihn vielleicht sogar gemocht. Betonung auf hätte. Ich konnte ihm nicht verzeihen, dass er Künstlerin gefangen genommen hatte.

    „Wie viele von euch waren dabei?", fragte er.

    „Mich eingeschlossen sechs, Häuptling."

    Irgendetwas an meiner Antwort schien bei ihnen große Erheiterung auszulösen. Alle im Raum lachten.

    Der Gouverneur lächelte ebenfalls. „So etwas wie Häuptlinge gibt es in Purgator nicht. Obwohl die wenigen Gemeinden, die wir hier haben, einen gewissen Kontakt untereinander aufrechterhalten, ist hier jeder auf sich allein gestellt. Du kannst mich Pull nennen. Aber genug geplaudert. Ich habe noch eine Menge zu tun. Wo ist dein Papier? Das mit der Quest?"

    „Ich ... ich habe es verloren."

    „Oder viel wahrscheinlicher hattest du es gar nicht. Du hast nur meine Zeit verschwendet. Gaius, begleitest du den Spieler hinaus? Er hat sich in der Tür geirrt."

    Fels kam auf mich und Litius zu. Ich musste schnell sprechen.

    „Dann wird die ganze Gemeinde wissen, dass man Pull nicht trauen kann. Ich weiß, es ist nicht viel, aber es könnte trotzdem Auswirkungen auf deinen Ruf haben."

    „Ich hatte keine Abmachung mit dir."

    „Aber das wissen die anderen nicht. Sie wissen nur, dass du einen Auftrag erteilt hast. Ich habe ihn erfüllt. Wenn du einen Beweis brauchst, kann ich ihn dir jederzeit liefern."

    „Willst du mir drohen? Ich könnte dich hier und jetzt wie eine Fliege zerquetschen."

    „Versuch es, sagte ich und holte das Messer und den Katzbalger hervor. „Eines kann ich dir versprechen: Einer deiner Männer — oder vielleicht sogar du selbst — wird diesen Raum nicht lebend verlassen. Ich habe bereits die Rachnaiden-Königin getötet, ein paar von euch werden also kein Problem sein.

    Als Litius merkte, dass es gleich losgehen würde, machte er einen Katzenbuckel und setzte zum Sprung an. Die Handlanger des Gouverneurs sprangen ebenfalls auf, bereit für einen Kampf. Der Anblick ihrer Schwerter, eines langen magischen Stabes und einer Armbrust ließ mich einen Moment an meiner Entscheidung zweifeln. Vor allem, als der Gouverneur mit leiser Stimme sagte:

    „Nehmt ihn euch vor."

    Es sah nicht so aus, als wollten sie uns töten. Jedenfalls nicht sofort, denn ein Armbrustbolzen traf mich nicht am Kopf, sondern am Bein, durchschlug es und zertrümmerte den Knochen.

    Durch den unerträglichen Schmerz fast geblendet, schaffte ich es trotzdem, das Wichtigste zu tun.

    [ ∞ ]

    Der Bolzen prallte auf den Boden, weil ich ihm gerade noch rechtzeitig ausweichen konnte. Dann spürte ich ein unangenehmes Brennen in meinen Füßen, das immer stärker wurde, bis es sich anfühlte, als stünde ich auf glühenden Kohlen. Instinktiv sprang ich in die Luft — was sich als sehr gute Idee herausstellte, denn einer der Schläger hatte gerade beschlossen, mich mit seinem Schwert einer Gehirnoperation zu unterziehen.

    Ich wollte schon zum Gegenangriff übergehen, als ein anderer Schläger mich mit dem Griff seines Säbels traf. Was zum Teufel war hier los?

    [ ∞ ]

    Ich musste einem Zirkusakrobaten ähneln, der ständig zurückwich und sprang. Ich stieß meine Hand nach vorne und wirkte den Zauber „Einfrieren", der den Schläger, dessen Faust meinem Gesicht am nächsten war, bremste.

    Deine Modifikationsfertigkeit ist auf Stufe 1 gestiegen.

    Zugegeben, es war nicht gerade in Zeitlupe, aber es reichte aus, um ihm aus dem Weg zu gehen und mich sogar hinter den Rücken des ersten Kerls zu ducken. Das war der, der mir die Beine amputieren wollte. Ich packte ihn mit der linken Hand am Hals. Ein Profi hätte es vielleicht besser gemacht, aber es war das Beste, was ich tun konnte.

    Ich zog ihn zu mir heran und hielt mein Schwert an seinen Adamsapfel. „Pull, ruf deine Männer zurück, bevor es hier ein Blutbad gibt."

    Keine Ahnung, woher ich diesen leichtsinnigen Übermut hatte — aber es stimmte, dass ich mich jetzt zu allem fähig fühlte. Der Tod des Dunkelsten hatte etwas in mir verändert, auch wenn ich mir dessen gerade erst bewusst wurde. Der Beherrscher der Zeit, der jetzt vor dem Vorsteher der Gemeinde stand, war ein völlig anderer Mensch als Sergej, der Lagerhausarbeiter von vor einer Woche.

    Deine Überredungskunst ist auf Level 5 gestiegen.

    Du hast Level 7 erreicht.

    „Genug. Der Vorsteher hob die Hand. „Lass Rouf gehen.

    „Zuerst möchte ich, dass du bei dem Spiel schwörst, dass du weder mir noch meinem Freund etwas antun wirst."

    Pull kicherte. „Ich schwöre dir, frecher Fremder, der die Rachnaiden-Königin getötet hat, dass ich weder dir noch deinem dreckigen Katzenfreund etwas antun werde, es sei denn, du greifst zuerst an. Dieses Mal."

    Ich wollte ihn gerade korrigieren und sagen, dass Litius alles andere als schmutzig war, auch wenn der Katzenmensch sich gerade nicht von seiner besten Seite zeigte. Er saß auf einem der Leibwächter, drückte ihn zu Boden und fletschte die Zähne. Doch bevor ich etwas sagen konnte, wurde der Vorsteher in einen goldenen Schein gehüllt, was bedeutete, dass sein Eid angenommen worden war.

    Ich schob Rouf beiseite und ging ein paar Schritte auf den Ausgang zu, um näher an Litius heranzukommen und schnell abhauen zu können, falls es nötig sein sollte.

    „Ich werde dir 200 Gramm zahlen, du frecher Bastard, sagte der Vorsteher. „Danach wirst du diesen Ort für immer verlassen und nie wieder auch nur meinen Namen erwähnen. Solltest du es doch tun, werden meine Männer dich überall finden und töten. Und solltest du dich eines Tages entschließen, nach Virhort zurückzukehren, werden wir dich spätestens dann schnappen. Und wenn ...

    „Ich habe es verstanden. Wenn ich auch nur in die falsche Richtung niese, bin ich tot, sagte ich. Der Adrenalinschub hatte nachgelassen und meinen anfänglichen Mut mitgenommen. Dennoch tat ich mein Bestes, um die Fassade aufrechtzuerhalten. „Ich brauche dein Geld nicht. Du hältst meine Freundin gefangen. Ich bin bereit, deine Schulden zu vergessen, wenn du sie mir überlässt.

    Anstatt zu lächeln oder hinter vorgehaltener Hand höflich zu kichern, brüllte der Vorsteher vor Lachen wie ein Esel. Seine Schläger — die eben noch bereit gewesen waren, mich in Stücke zu reißen — taten es ihm gleich.

    „Alles Geld in Purgator würde nicht ausreichen, um Künstlerin freizukaufen, antwortete der Vorsteher und wischte sich die Tränen weg. „Und in ein paar Tagen gehört sie mir für immer.

    „Was soll das denn heißen?"

    „Schau, sagte er und seine selbstgefällige Art kehrte zurück, „es gab da einen Gegenstand, den ich brauchte. Also schloss ich mit der schönen Künstlerin, die mir versprach, ihn zu besorgen, einen Handel ab. Und was musste ich sehen? Die Frist für den Vertrag — der Beginn eines neuen Zyklus des blauen Mondes — ist nur noch zwei Tage entfernt, und sie hat nichts getan!

    „Wie soll sie den Gegenstand beschaffen, wenn du sie einsperrst?"

    „Ich hätte sie gern gehen lassen. Vorausgesetzt, sie hätte einen Eid geschworen, dass sie vor Ablauf der Frist zurück sein würde. Aber nein, unsere Prinzessin ist viel zu stolz ... oder zu dumm. Deshalb muss ich sie hinter Schloss und Riegel halten, um mir die Suche nach ihr zu ersparen."

    „Spielt es eine Rolle, wer den Gegenstand beschafft?"

    Er warf mir einen langen Blick zu. „Was meinst du?"

    „Wenn ich dir bringe, was du suchst, würdest du sie dann gehen lassen?"

    „Oh. Er hielt inne und dachte nach. „Ich wüsste nicht, warum nicht. Wenn du mir den Gegenstand, den ich brauche, vor dem Beginn des neuen Blaumondzyklus bringst, werde ich sie sicher gehen lassen. Andernfalls behalte ich deine Miezekatze. Er deutete auf Litius. „Ich würde sagen, das ist fair."

    Mein Mund wurde trocken. Ich vermied es, Litius anzusehen, der in der Tat wie ein in die Enge getriebenes, verwahrlostes Biest aussah. Das Schlimmste daran war, dass ich jetzt keine andere Wahl hatte. Ich konnte mein Versprechen nicht brechen.

    „Was genau suchst du denn?"

    „Das Elixier der Macht. Knallfrosch hat es. Wenn du es innerhalb von zwei Tagen bringst, kannst du deine beiden Freunde mitnehmen. Wenn du beschließt, vor dem Coup zu fliehen, oder deinen Teil der Abmachung nicht einhältst, dann ..." Er machte eine hilflose Geste.

    „Na schön. Komm schon, Litius, lass uns gehen."

    „Oh nein. Der Vorsteher hob warnend den Finger. „Dein Schmusekater wird hier bei uns bleiben. Ich schwöre, ich werde ihn wie einen Menschen behandeln, solange du weg bist. Es wird ihm nichts geschehen.

    Ein weiterer goldener Blitz besiegelte seinen Schwur.

    „Aber sobald deine Zeit abgelaufen ist, habe ich freie Hand, was deine Freunde betrifft. Und jetzt geh. Wir haben uns nichts mehr zu sagen."

    Er gab Fels ein Zeichen, der zu mir herüberkam und mich aus dem Raum schob. Ich konnte nichts weiter tun, als zu gehorchen und zu gehen.

    Draußen angekommen, ließ ich mich zitternd vor Anspannung, Wut und Erschöpfung auf der Treppe nieder. Na toll. Ich war ein wahrer Verhandlungskünstler, nicht wahr? Ich war mit der einzigen Kreatur, die mir hätte helfen können, in sein Haus eingedrungen und hatte ihn als Geisel zurückgelassen.

    Es war dumm, hier herumzusitzen. Ich stand auf und wankte zur örtlichen Taverne. Plumpe Brettertische und Stühle, ein Purg-Kellner und ein kleines schwarzes Brett neben der Theke, auf dem ein paar Quests standen.

    Für drei Gramm Staub bestellte ich eine Portion gebratenes Schweinefleisch mit Zwiebeln und ein Bier. Als das Essen serviert wurde, stürzte ich mich mit Genuss auf das duftende Fleisch und vertilgte es in fünf Minuten. Das bereute ich sofort, als ein scharfer Schmerz durch meinen Magen schoss. Ich hätte meinen Körper nicht überfordern sollen. Ich beschloss, dass es unmöglich noch schlimmer werden konnte, nippte an meinem Bier und dachte nach.

    Ich hatte so eine Vorahnung, dass, wenn es so einfach gewesen wäre, Künstlerin das Elixier für diesen Trottel bereits besorgt hätte. Die Tatsache, dass sie es nicht getan hatte, bedeutete, dass es irgendeine Art von Komplikation geben musste. Abgesehen davon gab es eine Sache, die ich über die Verträge hier nicht wusste. Waren sie so bindend wie Eide, oder konnten sie gebrochen werden? Denn wenn das der Fall war, hinderte nichts dieses Arschloch daran, mir das Elixier abzunehmen und mich an die Antalopen zu verfüttern.

    Alternativ könnte auch ich mich über den Vertrag hinwegsetzen. Aber wie sollte ich in diesem Fall Künstlerin und Litius befreien? Das war die Preisfrage.

    Die beste Denkstrategie war, so zu tun, als wäre man mit etwas anderem beschäftigt. Dann tauchte die richtige Antwort automatisch auf. Deshalb öffnete ich mein Interface.

    Die gute Nachricht war, dass das Gelege der Rachnaiden-Königin noch da war. Das bedeutete, dass ich möglicherweise etwas Kapital hatte. Ich musste nur noch jemanden finden, dem ich die Eier verkaufen konnte.

    Hatte es nicht auch geheißen, ich hätte ein neues Level erhalten?

    Verfügbare Punkte: 3

    Stärke: 26 (x)

    Intellekt: 18 (x)

    Tapferkeit: 20 (x2)

    Gewandtheit: 24 (x2)

    Ausdauer: 18 (x3)

    Rhetorik: 15 (x3)

    Schnelligkeit: 16

    Es war keine Frage, worin ich die freien Punkte investieren würde. In Rhetorik und Ausdauer. Eigentlich waren das nicht die richtigen Attribute für diesen Job. Aber was sollte ich tun? Es schien, als würde ich ständig die falschen Fähigkeiten stärken.

    Der letzte verfügbare Punkt brachte mich zum Nachdenken. Sowohl mein Messer als auch mein Katzbalger waren technisch gesehen Waffen mit kurzer Klinge. Das bedeutete, dass die

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