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Der Alienkristall
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eBook427 Seiten6 Stunden

Der Alienkristall

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Über dieses E-Book

Als Paags Ventor mit seinem Raumschiff auf dem mittelalterlichen Planeten Volksland strandet, wird nicht nur das Helixgitter beschädigt, man stiehlt ihm obendrein noch Proton-Blau, jene Kugel, die unabdingbar für das Funktionieren seines Schiffes ist.

Er muss eine wichtige Nachricht an seinen Heimatplaneten überbringen: Die Hoolc planen Volksland zu okkupieren und zu versklaven.
Zusammen mit neuen Gefährten, wagemutigen Kämpfern aus den Ebenen von Delphhaim, macht sich Paags Ventor auf, den Alienkristall zurückzuholen.

Doch ihre Gegenspieler haben andere Pläne.

"Der Alienkristall" ist eine Mischung aus Fantasy und Science Fiction, erzählt mit den Augen der Hauptperson Vesker van Straat.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum25. Sept. 2012
ISBN9783849117900
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    Buchvorschau

    Der Alienkristall - Peter Barroll

    1. Kapitel

    Feuriger Himmel

    Die Flammen der jungen Feuerstelle züngelten zwischen den feuchten Holzscheiten. Erste Wärme drang zu mir herüber und ich zog den Pelz enger um meine Schultern. Ich rückte noch näher heran, streckte dem zögerlichen Lodern beide Hände entgegen.

    Langsam begann der Herbst den Sommer zu vertreiben und die Abende hielten erste kühle Stunden bereit. Ein Schauer jagte über meinen Rücken.

    Weisshaupt schnaubte, schüttelte den braun-schwarzen Kopf mit der großen Blässe. Ich blickte auf, aber da war nichts. Nichts außer dem verhaltenen Zirpen der Grillen, den Geräuschen der Nacht. Die Dunkelheit senkte sich unaufhaltsam auf den Horizont und aus der Schwärze des Firmaments stachen die ersten Sterne hervor.

    Das Feuer hatte an Kraft gewonnen, spendete wohlige Wärme in einem Umkreis von zwei Mannslängen. Die Steife in meinen Gliedern wich nach und nach einer Mischung aus Müdigkeit und Entspannung. Ich hatte mein Schwert beiseitegelegt, noch immer griffbereit. Obgleich die Lider schwer wurden, hatten die Jahre meine unterschwelligen Sinne geschärft. Wer um diese Zeit allein in den Wäldern von Delphhaim unterwegs war, tat gut daran, Augen und Ohren offen zu halten.

    Ich hatte mich niedergelegt, den verklärten Blick auf das prasselnde Holz gerichtet, die Gedanken fern des Tages, gefangen in Erinnerungen längst vergangener Tage. Mein Zerwürfnis mit den hohen Herren am Hof von Koomsburg lag nun schon drei Monde zurück. Nur die überstürzte Abreise bei Nacht und Nebel hatte mein bescheidenes Leben verschont. Manch anderer hätte es wohl als Flucht bezeichnet, ich selbst sah es als taktische Option mit Vorteil für Leib und Leben. Bei Hofe ging Klaas Valic Treesberg nicht gerade zimperlich mit denen um, die sein Wohlwollen verwirkt hatten.

    Der Karacabey schnaubte erneut, schlug den dichten Schweif aufgeregt um den Leib und begann nervös zu trampeln. Die Agonie glitt wie ein Tuch von mir ab. Diesmal griff ich nach meiner Waffe, richtete den nun wachen Blick in die Dunkelheit des Waldes.

    Wind kam auf.

    War noch wenige Augenblicke zuvor das Geäst in Stille erstarrt, so kam es nun in aufgeregte Bewegung. Die Wipfel der Kiefern tanzten nervös von einer Seite zur anderen.

    Die Zickaden verstummten abrupt. Eine seltsame Unruhe hatte den Wald ergriffen.

    Der Wind verstärkte sich weiter, zerrte nun bereits an meinen Haaren. Das Rauschen der Bäume hob zu einem Tosen an, erfüllte die kleine Lichtung und übertönte das Knistern des Feuers. Die Flammen stemmten sich verzweifelt gegen den Wind, Funken stoben in einer Wolke davon.

    Ich hatte mich nun gänzlich aufgerichtet, mein Blick huschte über die gebeugten Baumwipfel hinweg, strich über den Himmel. Keine Wolke war zu sehen, kein Zeichen von schlechtem Wetter. Ein Sturm kam auf, ohne Zweifel, aber seine Boten hatte ich den Tag über nicht ausmachen können.

    Weisshaupt wieherte und zerrte an seiner Leine. Noch hielt der Pflock, aber die Aufregung des Hengstes stieg mit jeder Sekunde. Ich blickte besorgt zu meinem vierbeinigen Gefährten. So hatte ich das Tier in vielen Jahren nicht erlebt. Etwas Seltsames ging hier vor.

    Während sich der Wind zu einem Heulen steigerte, die Wipfel der Bäume peitschte, schloss sich meine Hand enger um den Griff meines Schwertes. Die Luft zerrte an dem Pelz um meine Schultern. Ich musste meinen Stand verbreitern, um der aufkommenden Naturgewalt mehr Kraft entgegenzusetzen. Meine Aufmerksamkeit wich gesteigerter Besorgnis und sie hatte bereits ihren Freund, die Angst, im Schlepptau.

    Als ich den Blick erneut gen Himmel richtete, sah ich ein Leuchten hinter den Bäumen. Zuerst dachte ich an Feuerschein, aber dafür war die Erscheinung zu großflächig. Der Lichtschein bedeckte den Horizont mehr als eine Schwertlänge. Hatte gar jemand die Urgewalten mit Magie entfesselt? Schickte der Herrscher von Koomsburg mir heute Nacht seine Rache?

    Mit einem trockenen Knall riss die Leine meines Pferdes und Weisshaupt stieg auf den Hinterlauf. Er war aufgeregter denn je. Ich sprang herbei, griff in die Trense und zerrte den Hengst zu mir hernieder. Meine Nähe und beruhigende Worte ließen ihn zitternd verharren, wenngleich ich mir nicht sicher war, ob das angesichts der Umstände von Dauer sein würde.

    Das Leuchten am Himmel hatte sich ausgeweitet, erhellte nun einen Großteil des Himmels, schien sich uns zu nähern.

    Noch immer peitschte der Wind die Baumwipfel und sein Tosen erfüllte die Welt um uns herum.

    Das Feuer war kaum mehr zu sehen, die Flammen lagen an den Boden gepresst. Hinter der Feuerstelle wirbelten die Funken, verschwanden im dichten Unterholz der Lichtung.

    Mein Blick hing gebannt am Schauspiel über unseren Köpfen. Das Licht am Himmel war nun zu einem gleißenden Schein geworden, verdrängte das Schwarz der Nacht und das Leuchten der Sterne. Als stünde der Horizont in Flammen, als würde jede Sekunde eine Feuersbrunst über uns hinweg rauschen.

    Und tatsächlich, so war es!

    Das Tosen des Windes verstärkte sich zu einem Brüllen. Weisshaupt's Geschirr zerrte an meinen Händen. Mein Schwert hatte ich entlassen, um mit beiden Armen den Hengst zu halten, der voller Angst gegen mich ankämpfte.

    Etwas schob eine unglaubliche Böenwalze vor sich her, und als kaum mehr eine Steigerung möglich schien, da donnerte ein Drache über uns hinweg. In lodernde Glut gehüllt, groß wie ein Gigant der Hölle, sah ich die flache Scheibe am Rand der Lichtung auftauchen. Sie fegte etliche Mannslängen über die Baumwipfel hinweg, ein kreisrundes Etwas, eingehüllt in Flammen und Wind.

    Als es über uns hinwegzog, betäubte sein Kreischen meine Ohren, ich duckte mich instinktiv, entließ den Hengst aus meinen Händen und presste sie gegen den Kopf. Der Feuerdrache, denn nichts anderes konnte es sein, donnerte über uns hinweg und war zwei Augenblicke später bereits wieder verschwunden. Sein Sog zerrte an den Baumspitzen, an meiner Kleidung, an Pelz und Kette. Geäst und Blätter flogen in dichten Wolken über die Lichtung.

    Der Drache nahm das Toben des Windes mit sich und ebenfalls das Glühen, das ihn umhüllte. Ich drehte den Kopf, sah seinen Feuerschein zwischen den Bäumen am jenseitigen Horizont niedergehen. Kurz darauf ein Lichtblitz, der den Himmel ein weiteres Mal seiner Sterne beraubte, dann folgte das Brüllen der Hölle. Ein Knall, dass es mir beinahe die Trommelfelle sprengte, körperlich fühlbar als Schlag gegen den Körper. Weisshaupt taumelte in einem Ausfallschritt und es riss mich von den Füßen. Ich landete auf meinem Schwert, schlug der Länge nach hin. Die Bäume rund um die Lichtung wurden mit einer Gewalt gebogen, dass ich glaubte, sie würden zerbersten.

    Im Augenblick darauf herrschte unglaubliche Stille.

    Kein Wind, kein Tosen. Die Kiefern schwangen in ihre Ausgangsposition zurück und erstarrten. Nur das Pochen des Blutes war in meinen Ohren zu hören. Wie benebelt richtete ich mich auf. Die Flammen des Lagerfeuers züngelten neugierig empor, so als sei nichts gewesen.

    Ich bückte mich, nahm mein Schwert wieder an mich und versengte es in der Scheide an meinem Gürtel. Mit ratlosem Blick auf mein Pferd klopfte ich mir Dreck und Blätter vom Gewand.

    »Bei den Göttern von Gellnwarth«, frage ich, »was um alles in der Welt war das?«

    Der Hengst schnaubte, wohl ebenso ratlos wie ich, schüttelte die dichte Mähne und trabte wieder an den Platz, an dem ich ihn noch vor Beginn des Abends festgemacht hatte.

    Mein Blick wanderte erneut zum jenseitigen Horizont. Etwas hatte sich verändert. Fahler Lichtschein tänzelte unruhig zwischen den Wipfeln. Mir schien, als sei der glühende Drache nicht weit entfernt niedergegangen. Ob er wiederkehren würde? War er gar auf der Suche nach mir? Und wenn ja, was hätte ich seiner Kraft entgegenzusetzen, wenn er alsbald die Bäume zur Seite knicken würde, um mich anzugehen?

    Tags zuvor, zum Zeitpunkt meiner Rast, hatte ich keine anderen Reisenden in diesem Gebiet ausgemacht. Weder Rauch noch Feuerschein. Ich war allein, soweit ich das beurteilen konnte. Wen anderes konnte der Drache meinen, als mich?

    Der Gedanke an Flucht schlich sich in meinen Geist. Ich sollte die Feuerstelle aufgeben und so schnell es ging im dichten Wald untertauchen. Aber war das tatsächlich eine Lösung? Würde mich der Drache nicht auch noch einen Tagesritt entfernt finden? Er hatte mich hier gefunden, warum also sollte es ihm nicht erneut gelingen?

    Oder nahm ich mich gar zu wichtig?

    War nicht möglicherweise ich in Schwierigkeiten, sondern gar die glühende Scheibe selbst, die noch kurze Zeit zuvor über meinen Kopf hinweggedonnert war?

    Ich hockte mich unsicher an der Feuerstelle nieder, schob etwas Holz zurück zwischen die Scheite. Von einem Drachen wie diesem hatte ich nie zuvor gehört. Geschichten gab es zuhauf von ihnen und wohl noch mehr von tapferen Kriegern, die einen von ihnen bezwungen haben wollten. Weitaus seltener hingegen waren tatsächliche Begegnungen mit diesen magischen Wesen, und wenn es eine war, dann lag sie wohl bereits Jahrhunderte zurück. In den Liedern der Barden, in denen der fahrenden Sänger, wurden sie jedoch gänzlich anders beschrieben. Nicht eine Geschichte hatte ich vernommen, die von einer feurigen Scheibe erzählte. Ich hörte von mächtigen Schwingen und von einer Haut, fest wie das Leder von zehn Rindern, hörte von glühenden Augen im Kopf eines zornigen Reptils, einem langen, peitschengleichen Schwanz und den Klauen des Teufels.

    Das, was ich gerade gesehen hatte, passte so gar nicht in die Mär vom Drachen. Konnte es etwas anderes sein, das dort vom Himmel kam? Hatten vielleicht die Götter eine neue Schöpfung auf unsere Welt entlassen? Bösartiger noch, als alles, was ich kannte?

    Obwohl ich wachsam immer wieder den Blick in die Richtung hob, in der die glühende Erscheinung verschwunden war, tat sich nichts mehr. Einzig der Feuerschein am Himmel blieb, ein gelbrotes Leuchten zwischen den Wipfeln der Bäume. Das erschreckende Ereignis ging nicht aus meinem Kopf, der Schlaf wollte in dieser Nacht nicht zu mir kommen und auch Weisshaupt war voller Unruhe.

    Ich ließ die Feuerstelle niederbrennen ohne nachzulegen. Als die Glut zur Neige ging, erhob ich mich, schnürte meine Sachen an den Hengst und verlöschte den Rest der Lagerstätte, wie ich es gelernt hatte. Ich klopfte Weisshaupt beruhigend an den Hals, prüfte den Sitz meines Dolches am Oberschenkel. Das Gewicht meines Schwertes zog beruhigend am breiten Leder.

    »Ruhig, mein Alter«, sagte ich zu meinem Gefährten. »Ich denke, wir werden dem Ort des Unheils einen Besuch abstatten. Ich muss erfahren, was uns heute Nacht heimgesucht hat.«

    Er schnaubte, so als wolle er mir zustimmen und sein Blick war ohne Angst.

    Ich griff in die Zügel, schwang mich auf seinen Rücken. Während mein Blick ein letztes Mal über die Lagerstätte strich, zog ich Weisshaupt herum und gab ihm vorsichtig die Ferse.

    Unser Ziel war der Feuerschein jenseits der Hügelkuppe.

    *

    Der Weg wurde beschwerlicher, als ich angenommen hatte.

    Nach einem Stundenglas hatten wir die Hügelkette ein gutes Stück erklommen. Die Gewalt der nächtlichen Erscheinung hatte erhebliche Zerstörung hinterlassen. Inzwischen war ein fahler Mond aufgegangen. Vor dem Feuerschein dicht über dem Horizont sah ich umgestürzte Bäume und loses Geäst. Unser Weg durch den Wald wurde alsbald so erschwert, dass ich vom Rücken meines Tieres absteigen und den Hengst führen musste. Der Pfad für Reiter und Wagen war auf größerer Strecke durch umgestürzte Bäume unpassierbar geworden. Bis auf den rot glühenden Schein jenseits der Kuppe war in der Dunkelheit kaum etwas auszumachen. Der Boden war trocken, aber uneben. Wir bewegten uns abseits des Pfades.

    In der einen Hand mein Ross, stapften wir den Hang hinauf und erreichten zwei Stunden später die Kuppe des Hügels.

    Auch hier hatte die Erscheinung gewütet, mehr sogar noch als talwärts an unserer Lagerstätte. Ihre Kraft hatte viele Kiefern auf halber Länge geköpft, es stank nach verbranntem Holz. Hier und da sah ich schmale Rauchfahnen vor dem nächtlichen Himmel aufsteigen. Ich hielt inne, ließ meinen Blick in das Tal hinab gleiten, das ich nun gänzlich überblicken konnte.

    Weiter unten beherrschte ein erschreckendes Bild das unwegsame Terrain.

    Das Objekt war in der Mitte des Tals niedergegangen. Es hatte eine Schneise der Verwüstung hinter sich gelassen, Bäume zur Seite geknickt und abgerissen, einen Teil des Tals mit einer feurigen Spur überzogen. Ich hatte den Eindruck, dass es versucht hatte, seinen Sturz mehrmals zu verhindern, aber zum Schluss war es wohl dennoch gescheitert. Auf halbem Weg zu Talsenke erkannte ich weiteren Feuerschein und diesmal schien es mir, als sei es nicht dem Drachen geschuldet. Das flackernde Licht musste tatsächlich eine Feuerstelle sein.

    Jemand war wie ich Zeuge der Geschehnisse geworden.

    Da es ohnehin auf meinem Weg lag, beschloss ich, die Lagerstatt des Fremden aufzusuchen. Ich nahm die Zügel enger und schwang mich wieder auf den Rücken meines Pferdes. Von der Hügelkuppe an, wo die Verwüstung zunächst am größten war, wurde unser Weg nun leichter. Weisshaupt fand allein seine Schritte durch den düsteren Wald. Vorsichtig schritt er den Hügel hinab und das brennende Geschehen weiter unten im Tal verschwand zunächst hinter den Wipfeln der Bäume. Bis wir das fremde Lager erreichten, würde noch einige Zeit vergehen.

    Die Wälder von Delphhaim waren weitläufig und unwegsam. Man konnte Tage mit dem Pferd unterwegs sein und sah nichts anderes, als die Vielfalt der Arten. Nadel- und Laubhölzer wechselten sich in reicher Mischung ab. Dazwischen gab es immer wieder felsige Erhebungen und die ein oder andere Waldlichtung, auf denen sich das Rotwild in den frühen, taunassen Morgenstunden zum Äsen traf.

    Für diese Nacht hatten die Sterne ihren Weg am Firmament zurückgelegt. Nicht mehr lange, dann würde sich das Schwarz des Himmels langsam zu einem zaghaften Blau wandeln. Der neue Tag machte sich bereit.

    Die Lichter, die ich über mir erkennen konnte, reichten aus, um mir die richtige Richtung zu weisen. Mit langsamem Trab näherte ich mich dem Ort, den ich von oberhalb des Hügels hatte ausmachen können. Wen ich auch immer an der Lagerstätte vorfinden würde, ich hoffte, dass es sich dabei nicht um einen Haufen Diebe und Mörder handelte. Vorsicht war geboten in den Wäldern von Delphhaim. Nicht zum ersten Mal hatte ich die Bekanntschaft von unlauterem Gesindel gemacht. In diesen Zeiten war es schnell möglich durch die Hand eines Verbrechers zu sterben und das eigene Hab und Gut wechselte umso schneller den Besitzer, je mehr man es an Achtsamkeit missen ließ. In dieser Nacht hatte ich nicht vor, diesen, oder ähnliche Fehler zu begehen. Als wenn er dies wusste, setzte Weisshaupt vorsichtig einen Huf vor den anderen. Mehrfach musste ich mein Haupt neigen, um dem dichten Geäst auszuweichen. Schließlich zeigte sich zwischen den Stämmen der Bäume undeutlich der Schein eines Lagerfeuers. Nicht mehr weit, dann hatte ich den Ort erreicht, den ich von oberhalb des Hügels entdeckt hatte. Ich fasste erneut in die Zügel. Mein Pferd setzte unbeirrt einen Schritt vor den Nächsten und mit erstaunlicher Lautlosigkeit kamen wir einer kleinen Lichtung näher.

    Als die Bäume beiseite wichen, bot sich mir ein seltsames Spektakel.

    Zwei Kreaturen des Waldes hatten soeben einen Mann bei der Rast aufgeschreckt.

    Die beiden Waldreißer boten einen beängstigenden Anblick. Einer von ihnen hatte Sekunden zuvor das Pferd des Mannes mit einem gewaltigen Hieb zu Boden gestreckt. Der Gaul lag wild zuckend in einer blutigen Fontäne neben einem zweiten Reittier, das voller Panik an seiner Leine zerrte und schäumte.

    Beide Angreifer waren von erschreckender Statue.

    Waldreißer waren eine Mischung aus Wolf und Bär, größer als ein Mann und am ganzen Körper beharrt. Das grau-braune Fell war grob gemustert und ihren Rücken entlang zog sich ein unbehaarter Streifen, so breit wie meine Hand. Zu beiden Seiten des Streifens stellte sich jeweils ein Fellkamm empor. Die Bestien verfügten über einen furchterregenden Kiefer, gefüllt mit einem Arsenal von fingerlangen Reißzähnen. Die tellergroßen Tatzen offenbarten rasiermesserscharfe Krallen, je fünf an der Zahl. Das Reittier des Fremden war überrascht worden und hatte an seiner Leine nicht die geringste Chance. Der kraftvolle Hieb des einen Waldreißers hatte das Pferd der Länge nach geöffnet. Während er sein gieriges Maul im zuckenden Leib des Opfers versenkte, sah ich den Anderen, wie er sich vor einem Fremden aufrichtete.

    In der einen Sekunde, in der Weisshaupt den Rand der Lichtung erreichte, war der Mann aufgesprungen und hatte zu seiner Waffe gegriffen. Die schwere Streitaxt wirbelte herum, senkte sich für eine Sekunde in die Brust des Angreifers. Der Waldreißer brüllte auf, und während er das tat, zuckte bereits der Kopf seines gefräßigen Gefährten empor. Obwohl schwer getroffen, wankte der erste Wolfsbär, brachte es dennoch fertig, sich gänzlich vor dem Fremden aufzurichten. Blutend fegte seine gewaltige Tatze vorbei. Ein zweiter, tödlicher Hieb mit der Streitaxt ließ seinen Hinterlauf einknicken. Als er mit geiferndem Rachen zu Boden ging, sah ich, wie der Mann zu einem letzten tödlichen Schlag ausholte. Gleichzeitig aber bemerkte ich, wie sich der zweite Waldreißer vom getöteten Pferd löste. Die Entfernung zwischen den beiden war nicht sonderlich groß, wenige Meter nur. Für ein Tier dieser Größe nur ein paar kurze Schritte, die es in einer knappen Sekunde hinter sich brachte. Einen Lidschlag später war es heran.

    Noch ehe der Fremde sich umwenden konnte, hatte der Waldreißer zu einem mächtigen Schlag ausgeholt. Die blutige Streitaxt wurde ihm aus der Hand gerissen und wirbelte jenseits des Lagerfeuers davon. Mit einem Schrei kam er zu Fall, landete auf dem Rücken unweit der getöteten Bestie. Schnell versuchte er sich aufzurichten. Die zweite Kreatur stieß ihn mit der flachen Tatze erneut zu Boden und man hörte, wie er mit dem Schädel aufprallte.

    In diesem Moment wurde mir klar, dass der ungleiche Kampf bereits entschieden war. Ohne wirklich bewusst zu denken, hatte ich Weisshaupt die Sporen gegeben. Mein Schwert sprang wie von selbst aus seiner Scheide und ich flog heran.

    Als der Waldreißer überrascht den Kopf hob, hatte ich meinen Sattel bereits verlassen. Mit einer Hechtrolle zog ich unter ihm durch. In der gleichen Bewegung ließ mein Schwert eine furchtbare Wunde auf seinem Leib zurück. Die Bestie brüllte voller Schmerz, ließ von dem Fremden ab. Ich vollendete meine Bewegung, kam federnd auf die Füße und drehte mit gestrecktem Arm in der Hüfte. Mit einem Pfeifen durcheilte meine Klinge die Luft und trennte Augenblicke später das Haupt des Waldreißers vom Rumpf. Die Kreatur verharrte einen Lidschlag zuckend in seiner Position, dann knickten die Beine ein und der massive Körper brach über dem Fremden zusammen. Ich hörte einen erstickten Schrei, die Fleischmasse begrub den Mann unter sich. Als der davonrollende Kopf des Tieres zur Ruhe kam, hatte ich meinen Stahl bereits wieder in der Scheide versenkt, grub beide Hände in das dichte Fell, um den Fremden von seiner Last zu befreien. Der lag noch immer strampelnd und laut schreiend unter dem massigen Körper. Mit seiner Hilfe konnte ich ihn schnell von dem übelriechenden Angreifer befreien.

    Der Mann kam auf die Füße, in seinem Gesicht ein blutiger Striemen, wohl durch einen Hieb des tierischen Gegners. Seine Brust hob und senkte sich schwer, er war außer Atem.

    Der Fremde war einen guten Kopf kleiner als ich, von massiger Statue. Ein echtes Muskelpaket. Mir wurde klar, dass er sich gut und gerne seiner Angreifer hätte erwehren können, wenn er nicht unglücklich im Schlaf überrascht worden wäre. Der Zufall hatte es gefügt, dass ich just in diesem Augenblick die Lichtung erreichte und ihm zu Hilfe eilen konnte.

    Der Fremde hatte schwarzes, mehr als schulterlanges Haar, das zu einem Zopf geflochten war. Ein pelzener Umhang bedeckte seine Schultern und unter dem ledernen Hanisch war er in Kette gewandet. Die Hüften bedeckte ein gefalteter Rock, darunter sah ich lederne Hosen, die bis zu den Knien reichten. Kampfstiefel aus dickem Rindsleder schützten seine Füße. Beide Unterarme wurden von metallenen Stulpen bedeckt, seine nackten Hände waren schmutzig und blutüberströmt.

    Während ich den toten Körper des Waldreißers zur Seite rollte, war er zügigen Schrittes hinter das Lagerfeuer getreten und hatte sich nach der Streitaxt gebückt, die im kurzen, aber heftigen Kampf davongewirbelt war.

    Mein geübtes Auge sah sofort, dass es sich dabei um eine Waffe edelster Fertigung handelte. Die Doppelstreitaxt war beinahe halb so groß wie der Fremde selbst und die beiden gegenüberliegenden, ultraschlanken Klingen konnten seine gesamte Brust bedecken. Obwohl nicht poliert, glänzte der Stahl einem Spiegel gleich. Der Schaft der Waffe schien mir ebenso aus Stahl gefertigt und sein Griff war reich verziert. Unterhalb des Schaftes baumelte eine lederne Schlinge. Mit geübtem Griff setzte er die Schlinge um und schwang sich die mächtige Axt auf den Rücken. Dann drehte er sich zu mir und sah mich an.

    »Euch schickt der Himmel, Mann«, sagte er mit tiefer Stimme.« Ich denke, ich schulde Euch mein Dank. Ohne Euch stünde ich wahrscheinlich schon vor den Toren von Gellnwarth.«

    Auch ich klopfte mir den Schmutz von der Kleidung, musterte ihn ausgiebig.

    »Manchmal sind Glück und Zufall ideale Begleiter für jemanden, der in den Wäldern von Delphhaim unterwegs ist.«

    »Das mag sein«, lächelte er. »Aber ich glaube nicht an Zufall und erst recht nicht an Glück. Mir scheint, die Götter haben es recht gefügt, Euch zu dieser Zeit an mein Lager zu führen. Nehmt also zur Kenntnis, dass mein Leben nun nicht mehr in meine eigene Bestimmung, sondern in Eure Hände gehört.«

    Während er auf den leblosen Körper des Waldreißers deutete, hatte ich das Lagerfeuer umrundet und nach dem Zügel meines Pferdes gegriffen.

    »Das mögt Ihr so sehen«, antwortete ich. »Aus meiner Sicht war es nichts weiter als das bisschen Hilfe, dass Ihr brauchtet, um Euch wieder zu erheben. Mehr nicht. Seht es als ausgleichende Gerechtigkeit in einem ungleichen Kampf.«

    Der Fremde schüttelte den Kopf.

    »Nichts da. Ich verdanke Euch mein Leben und ich sehe nichts Unehrenhaftes darin, dass auch entsprechend zu würdigen. Die Tradition verlangt, dass ich von nun an an Eurer Seite bleiben werde, bis meine Schuld getilgt ist. So wird es sein!«

    Noch ehe ich etwas erwidern konnte, war er an mich herangetreten und streckte mir seinen kräftigen Arm zu einem Handschlag entgegen.

    »Makos Lingsberg III«, stellte er sich vor, »Krieger von Westenthal. Ich bin auf dem Weg nach Koomsburg, hauptsächlich um Besorgungen zu machen und Dinge für mein Dorf zu regeln. Nun aber haben die Götter entschieden, dass ich Euch unterstützen werde, was auch immer Ihr begehrt.«

    Ich ergriff seine Hand. Der Druck war kraftvoll und bestimmt. Sein Blick hielt dem meinen Stand und noch immer spielte ein freundliches Lächeln um seine Lippen. Schließlich löste ich meinen Griff und lächelte ebenfalls.

    »Vesker van Straat, Sohn von Kail«, gab ich zur Antwort. »Ich ziehe es ehrlich gesagt vor meiner Wege allein zu gehen. Wenn es Euch aber ein Anliegen ist, so kann ich nichts dagegen finden, wenn Ihr mich ein Stück meines Weges begleitet. Ihr scheint mir ein aufrechter Mann und Euer Blick ist ehrlich. Was also spräche dafür, Eure Gesellschaft von mir zu weisen?«

    Die Miene des Muskelbergs erhellte sich.

    »Das klingt schon besser«, sagte er, klopfte mir an die Schulter und entspannte sich deutlich.

    »Sagt, was führt Euch in die dunklen Wälder von Delphhaim?«

    Ich zuckte mit den Schultern.

    »Da stellt Ihr mir eine schwierige Frage. Tatsächlich ist es so, dass ich weniger aufgrund von Besorgungen oder Anliegen hier unterwegs bin. Vielmehr sah ich mich gezwungen, die Feste von Koomsburg überstürzt zu verlassen.«

    »Eine Flucht? Seid Ihr gar ein Geächteter?«

    Er legte den Kopf schief. »Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn es tatsächlich so sein sollte. Glaubt mir, ich mag von barbarischem Äußeren sein, aber meine Menschenkenntnis hat mich noch nie im Stich gelassen. Wer auf der Flucht vor den Soldaten des Herrschers ist, dem ist nicht nach Gesellschaft. Erst recht nicht, wenn es die Gesellschaft von Kreaturen des Waldes ist, an die man sein Leben verlieren kann. Ihr wäret mir nicht zu Hilfe gekommen.«

    Ich hob erneut die Schultern.

    »Sagen wir, ich wollte Zwistigkeiten mit den hohen Herren aus dem Wege gehen und damit Probleme vermeiden, die über kurz oder lang zu weitaus größeren Schwierigkeiten geführt hätten.«

    Makos Lingsberg grinste mich an.

    »Ich denke, ich verstehe in etwa, was Ihr meint. Lassen wir es derweil dabei bewenden, bis Ihr bereit seid, mir etwas mehr von Euren Gründen zu erzählen. Worte sind die Sache der Weiber. Nicht die Menge zählt, sondern allein der Wert. Wenn es also an der Zeit ist, werde ich erfahren, was ich erfahren soll.«

    Damit schien sein Wissensdurst gestillt, er wandte sich ab und suchte ein paar Dinge zusammen, die sich im Laufe des Kampfes um das Lager verstreut hatten. Ich bemerkte jetzt, dass er augenscheinlich nicht während des Schlafs überrascht worden war, sondern bereits begonnen hatte das Lager aufzulösen. Möglicherweise hatte er, wie ich, die Entscheidung getroffen, dem abgestürzten Objekt einen Besuch abzustatten.

    Da die Gefahr durch die Waldreißer gebannt war, sprach ich ihn auf die leuchtende Erscheinung an, die Stunden zuvor die Bäume gebogen und über meinen Kopf hinweggezogen war. Er berichtete mir wortreich, wie er selbst die beängstigende Offenbarung erlebt hatte und erst kurz vor dem Aufbruch von den Kreaturen des Waldes überrascht wurde. Tatsächlich hatte er kurz zuvor die Entscheidung getroffen, der glühenden Scheibe zu folgen. Um ehrlich zu sein, war ich erleichtert, dass ich nicht allein meines Weges ziehen musste und nun jemanden gefunden hatte, der mit mir den Drachen aufsuchen würde. Auf meinen Hinweis, dass es wohl nur ein Drache sein könne, zeigte sich Makos Lingsberg skeptisch. Zwar habe er noch nie ein solches Geschöpf zu Gesicht bekommen, aber der Zweifel nagte an ihm, ob es sich bei dem Gebilde tatsächlich um eines jener magische Wesen handeln könnte.

    »Ihr sagt selbst, dass Ihr eine Scheibe gesehen habt«, fuhr er fort, »feurig und hell. Keine der Geschichten, die mir zu Ohren gekommen sind, berichtete von Drachen, die einer Scheibe ähneln. Habt ihr je ein Wesen gesehen, wie Ihr es beschreibt?«

    Ich schüttelte den Kopf.

    »Nein«, sagte ich. »Bei aller Skepsis fehlt es mir jedoch an Alternativen. Habt Ihr eine Erklärung für das, was Eure Augen sahen? Wenn es nicht ein Drache war, der dort niederging, dann bleiben allein die Götter. Nur sie vermögen es, eine solche Erscheinung zu erschaffen. Bedenkt die Kraft, mit der es all diese Zerstörung hinterlassen hat.«

    Makos Linksberg nickte stumm und auf seinen Zügen zeigte sich die Ratlosigkeit, die wohl auch auf meinen zu erblicken war.

    Der Krieger von Westenthal war an den leblosen Körper seines Pferdes herangetreten, schüttelte nun wehmütig den Kopf.

    »Mein treues Ross«, sprach er traurig. »Viele Jahre schon war es mein Gefährte, nie hat es mich im Stich gelassen. Einen Tod wie diesen hat es nicht verdient. Vielleicht hätte es fliehen können, wenn ich es nicht festgemacht hätte. Jetzt bleibt mir nichts als mein Lasttier, um Euch zu begleiten.«

    Ich kam herbei und blickte über seine Schulter hinweg auf das leblose Tier, das mit geöffnetem Leib sein Leben ausgehaucht hatte.

    »Sein Opfer hat Euch die Sekunden gebracht, die letztlich Euer eigenes Leben gerettet haben. Das war sein letzter Dienst für Euch. Gegen zwei Waldreißer hättet Ihr nicht bestehen können, bedenkt das.«

    Er nickte.

    »Lasst es gut sein«, gab er zur Antwort. »Ich werde das zweite Tier satteln und bei nächster Gelegenheit ein neues Ross für mich erstehen. Bis dahin muss es dieses hier tun.«

    Er war an das Lasttier herangetreten und tätschelte es am Hals. Eine braune Stute, kein schlechtes Tier, wenngleich nicht von der Güte wie das Dahingeschiedene. Das Pferd war noch immer sichtbar nervös, schien die Ereignisse nicht zu verstehen. Wer konnte es ihm verdenken?

    *

    Ein knappes Stundenglas später hatte Makos Lingsberg III sein Lager zusammengesucht und alle notwendigen Dinge auf seinem Reittier verstaut. Ich selbst hatte die Zeit genutzt, mich um mein eigenes Pferd zu kümmern, hatte ihm eine Handvoll Hafer und etwas Wasser gegeben und auch mich mit einer Kleinigkeit gestärkt. Nun saß ich wieder im Sattel.

    Weisshaupt schien gänzlich unbeeindruckt vom Geschehen. An seiner Seite hatte ich so manche Auseinandersetzung gefochten. Stets war er umsichtig genug gewesen, sich selbst der Gefahr zu entziehen. Mehr als einmal hatte er mich verletzt aufgenommen und in Sicherheit gebracht. Der Tod meines vierbeinigen Gefährten würde mich tief treffen. So gesehen konnte ich Makos Lingsberg nur bedauern, seinen Verlust nachvollziehen.

    Der Muskelmann hatte seinen Platz im Sattel eingenommen und blickte nun grimmig zu mir herüber.

    »Lasst uns den Rest des Weges angehen«, brummte er. »Was immer dort vom Himmel gefallen ist, es wird uns nicht aufhalten, sondern muss sein Geheimnis preisgeben.«

    Er gab seinem Pferd die Versen und verließ vor mir die Waldlichtung. Ohne dass es eines Befehls bedurft hätte, trabte Weisshaupt an und folgte dem Barbaren. Zurück blieb eine Lichtung, die von Tod und Gewalt zeugte.

    Die Nacht lag in den letzten Zügen. Meiner vorsichtigen Schätzung nach begann der Tag in etwa zwei Stunden. Unser Weg führte uns weiterhin talwärts. Die Zerstörungen des flammenden Objektes hielten sich in Grenzen. Auf dieser Strecke zeigten sich nur wenige umgeknickte Bäume, der Pfad für Wagen und Pferd war durchaus gangbar und führte sogar in die gewünschte Richtung. Ein mäßiger Trab ließ uns gut vorankommen.

    Während das Schwarz des Himmels mehr und mehr dem Blau des Morgens wich, näherten wir uns dem Ort, der das Ende einer flammenden Reise war. Für wen auch immer. Obgleich die Landung der Scheibe bereits mehr als eine ganze Kerzenlänge zurücklag, schien es noch immer Feuer im Wald zu geben und dunkler Rauch stieg am Himmel empor. Makos Lingsberg trabte ruhig neben mir, sagte kein Wort.

    »Ein interessante Waffe, die Ihr da habt«, stellte ich fest. »Wie lange ist sie schon in Eurem Besitz?«

    »Oh, Ihr meint Genderine?«

    »Genderine?«

    Er nickte. »So nenne ich sie. Es ist zugleich der Name meines Weibes, und da ich selten genug bei ihr sein kann, ist es mir ein Anliegen, mich so ihrer zu erinnern.«

    Ich sah mit einem Grinsen zu ihm herüber.

    »Weil Euer Weib so scharf ist?«

    Er lachte schallend.

    »Nein, nicht ganz. Es ist die Stärke, die ich an ihr bewundere und gleichsam ist es die Stärke dieser Axt. Es ist der Schutz, den sie mir bietet, und ebenso tut es der Stahl. Zu guter Letzt macht sie mich stärker, wenn sie da ist, erweitert meine Möglichkeiten und im Vergleich dazu ist es ähnlich mit der magischen Klinge, die mir Schutz und Hilfe zugleich ist.«

    »Es ist eine magische Klinge?«, fragte ich erstaunt.

    »Magischer Stahl«, nickte er. »Gefertigt in den dunklen Höhlen von Süderberg. Seit vier Generationen ist sie nun in unserem Besitz.«

    »Wer hat sie geschmiedet?«

    Auf meine Frage hin zuckte er mit den Schultern. Er schien es nicht zu wissen, denn er gab keine Antwort.

    Ich betrachtete erneut den edlen Stahl auf seinem Rücken. Jetzt, da er es erwähnt hatte, wurde mir klar, dass Genderine wirklich etwas Besonderes war. Die Streitäxte, die ich kannte, waren von martialischer Bauform, schwer, unhandlich und nur durch jemanden zu führen, der über große Kraft verfügte. Es waren Waffen, nicht dazu gebaut einen eleganten Streich zu führen, sondern gedacht, um rohe Gewalt an ihr Ziel zu bringen. Genderine war anders. Die Axt schien leicht und elegant. Obwohl hauchdünn, war die edle Klinge von höchster Festigkeit und messerscharf. Kein Kratzer zeigte sich auf ihrer Oberfläche, ihre Schneiden waren makellos, selbst nach vier Generationen. Ihre Farbe war nicht die von reinem Stahl, sondern hatte den leichten Einschlag von Bronze.

    »Ihr sagt das Material ist magisch?«

    Makos Lingsberg nickte erneut, drehte sich im Sattel zu mir. Dann griff er auf seinen Rücken und holte die Axt hervor. Sie glänzte selbst im dürftigen Licht der Sterne.

    »Sie ist älter als das Leben von vier Männern«, begann er. »Das ist die Zeit, von der wir wissen. In Wahrheit jedoch scheint es, als wenn sie noch weitaus älter ist. Habt Ihr einen einzigen Kratzer, eine einzige Beschädigung an ihr entdecken können?«

    Ich schüttelte den Kopf. Nein, das hatte ich in der Tat nicht. Das Leben in Volksland war rau, selbst der edelste Stahl konnte auf Dauer den harten Bedingungen nicht widerstehen. Ich hatte viele gute Schwerter gesehen. Waffen und Stahl von edelster Herkunft, mit größter Schmiedekunst gefertigt. Wie oft man auch immer den Stahl gefaltet hatte, noch ein jeder hatte irgendwann die Spuren des Kampfes angenommen. Auch meine eigene

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