Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Diabolischer Engel: Spannungsroman
Diabolischer Engel: Spannungsroman
Diabolischer Engel: Spannungsroman
eBook432 Seiten5 Stunden

Diabolischer Engel: Spannungsroman

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

In Reichenau an der Rax …
freut sich die junge Juristin Agnes Feder auf ihr Meditationsseminar über Pfingsten. Dann aber schneiden heftige Unwetter und Muren das Seminarhotel nahe Schloss Hinterleiten von der Umwelt ab. Und völlig unerwartet stirbt vor aller Augen ein Mitglied der Meditationsgruppe.
Agnes findet heraus, dass dieser Tod keine natürliche Ursache hat. Und das bedeutet: Sie alle sitzen offenbar mit einem Mörder im Hotel fest!
Nicht nur dieser Verdacht stellt Agnes' Welt auf den Kopf. Denn sie sieht nach zwei Jahren ihre große Liebe, den Anwalt Siebert Thal, wieder; er ist zum Feuerlauf angereist.
Doch da verschwindet bereits das nächste Seminarmitglied …

Ommmmmmm … Nach diesem spannenden Roman brauche ich dringend selbst einen Entspannungskurs! Petra K. Gungl verbindet in "Diabolischer Engel" Thriller- und Krimielemente geschickt mit mystisch-außergewöhnlichem Geschehen. Aufregende Mischung! (Fenna Williams)
SpracheDeutsch
HerausgeberLeinpfad Verlag
Erscheinungsdatum10. Juni 2022
ISBN9783960310112
Diabolischer Engel: Spannungsroman

Ähnlich wie Diabolischer Engel

Ähnliche E-Books

True Crime für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Diabolischer Engel

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Diabolischer Engel - Petra K. Gungl

    Pfingstwochenende – Freitag, Anreisetag, Reichenau an der Rax

    1. Es scheint ein …

    … physikalisches Gesetz zu sein, ähnlich dem Magnetismus, dass ab dem Moment, an dem man von Männern nichts mehr wissen will, dieselben einen in Scharen belagern.

    Agnes schaltete eben den Rechner aus, als die Tür zu ihrem Büro aufging. Ein schmaler Mann mit wirren rotblonden Locken, die unangenehm in den Augen kratzen mussten, stand breitbeinig da. Die riesige Reisetasche neben ihm besaß Rollen und quer über den Schultern hing eine weitere Tasche. Gemessen an seiner Kleidung, wollte er den Himalaya besteigen.

    »Bin ich zu früh, Schneewittchen?«

    »Komm rein, Claudio.« Agnes verdrehte die Augen – von wegen Schneewittchen. »Hatte noch die Unterlagen für die Mitarbeiterschulung vorzubereiten – die brauch ich nächste Woche, gleich am ersten Arbeitstag.« Sie klappte die Mappe zu und schob sie in ein Regal direkt neben dem Tisch. »Wir können sofort los.« Rasch trat sie an den Spiegel, bürstete die langen Haarsträhnen glatt, wickelte sie zu einem Knoten und steckte ihn mit einem emailverzierten Essstäbchen fest. Aus dem Spiegel blickte ihr ein ausgeruhtes, ebenmäßiges Gesicht entgegen, die dunklen Augen nach langer Zeit wieder frei von Schatten, die Wangen längst nicht mehr so hohl wie noch vor einem Jahr. Es geht mir gut, sagte sie sich in Gedanken und griff nach der Regenjacke. Den Koffer schob sie mit dem Fuß hinter dem Schreibtisch vor.

    »Hast du die ›Padres‹ anständig durchgeknetet?« Der Versuch, Claudio aufzuheitern, misslang. Sein Gesicht verzog sich säuerlich.

    »Ich hatte heute zwei Shiatsu-Behandlungen und vier klassische Massagen, plus fünf Patienten zur Heilgymnastik. Das ist kein Spaziergang, liebe Agnes. Die alten Herren sind anspruchsvoll.«

    »Mit Humor geht alles leichter, mein Lieber.« Die Hoffnung die Kurve zu kriegen, befand sich im mikroskopischen Bereich. Vier gemeinsame Seminartage mit Mister Mimose, wenn das kein Spaß würde! Zum hundertsten Mal bereute Agnes, für Claudio den Kursplatz klargemacht zu haben. Immerhin hatte Carla ihr für den Neuzugang die Kursgebühr erlassen. Also gute Miene machen zu Claudio, dem pitzelig- sten Mann der Welt, der noch dazu auf sie stand. Ein Schokoriegel war ihr derzeit allerdings lieber als alle Verehrer der Welt.

    »Wenn ich bedenke, wieviel unsere Ärzte hier im Sanatorium verdienen, werde ich angesichts meiner mickrigen Bezahlung megasauer«, fuhr er fort und ließ sich von Agnes auf den Gang hinaus bugsieren. »Und die Klienten fast ausschließlich greise Pfarrer. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich mich selbstständig machen kann.«

    Agnes sperrte die Tür ab und zog den Koffer zum Lift. »Nachdem das Sanatorium von einem katholischen Orden geführt wird, kannst du dir keine Topmodels erwarten.«

    Claudio lief mit trippelnden Schritten hinter ihr her. »Ich habe sechs Zusatzausbildungen – das sollte denen mehr wert sein.«

    »Es genügt, eine einzelne Sache richtig gut zu machen.« Agnes bereute augenblicklich ihre Worte.

    »War das Kritik, weil ich viel kann?«

    »Nein, so habe ich das nicht …« Agnes wurde vom Öffnen der Lifttür unterbrochen.

    »Ich bin vielseitig: Physiotherapie, klassische Massage, Shiatsu, Triggerpunkt, Aromatherapie, Edelsteintherapie, Auraklärung …« Claudio stieg ohne innezuhalten nach Agnes in die Liftkabine. »Die Menschen wollen einen Wunderguru und ich liefere.«

    »Hey, du bist großartig.« Beschwichtigend klopfte sie ihm auf die Schulter. »Aber den greisen Pfarrern ist das egal.«

    »Das hat meine Mutter immer zu mir gesagt.« Claudio sah eine Spur wehmütig drein.

    Bitte kein Selbstmitleid, dachte Agnes und unterdrückte vergeblich ihren inneren Schalk.

    »Dass du greisen Pfarrern egal bist?«

    Claudios Augen wurden eng. »Soll das witzig sein?«

    So viel zum Thema Humor. Agnes musste dringend das Thema wechseln. »Waren deine Eltern eigentlich Italiener?«

    »Wieso?«

    »Der Name?«

    Bei Claudio fiel wohl endlich der Groschen. »Meine Mutter war Südtirolerin. Mein Vater … weiß ich nicht. Nur dass er Pfarrer ist oder war. Wir hatten nie Kontakt.«

    »Oh.« Was sagte man zu jemanden, dessen Vater Geistlicher war und ganz klar gegen das Keuschheitsgelübde verstoßen hatte? »Tut mir leid für dich.«

    »Ich bin drüber weg. Eine Zeitlang wollte ich für meine Mutter Priester werden.«

    »Bist du aber nicht, oder?«

    »Sie starb, als ich ins Priesterseminar eintrat. Kurz darauf brach ich die Ausbildung ab.«

    »Verzeih mir, ich wollte nicht indiskret sein.« Agnes wurde schmerzlich bewusst, dass sie eigentlich niemals so viel über Claudio hatte erfahren wollen. War die Liftkabine vorhin bereits ebenso eng gewesen? Und seit wann stank Claudios Deo dermaßen nach Moschus? Himmel, fuhr dieser Lift langsam!

    »Ich bin gespannt, wie dir das Seminar gefallen wird«, wechselte sie erneut das Thema. »Für deine Freundin war es okay, dass du über Pfingsten weg bist?«

    »Ach, die.«

    Herrje, das hätte sie doch wissen müssen: In Sachen Beziehungen stand es bei Claudio meistens schlecht.

    »Ihr seid doch grad mal ein paar Wochen zusammen.«

    Er verdrehte die Augen. »Sie ist unglaublich oberflächlich.«

    »Ihr müsst euch erst richtig kennenlernen.«

    »Es ist vorbei.«

    Die Lifttür schob sich auf und die Eingangshalle lag vor ihnen. Nur ein Pfleger war zu sehen und die Dame am Empfang. Agnes gab die Richtung vor. »Das Auto steht im Hinterhof. Oberarzt Pöltl hat mir seinen Parkplatz heute überlassen. Echt nett, was?«

    »Wenn man eine scharfe Braut ist – mir hat der Pöltl noch nie seinen Parkplatz angeboten.«

    »Du hast kein Auto, Claudio.«

    »Typisch Juristin – die finden immer eine Ausrede.« Wenigstens grinste er und hatte die schlechte Laune abgelegt – für den Augenblick jedenfalls.

    Sie nahmen einen Seitengang und verließen das Gebäude durch den Hinterausgang. Ein Stahlhimmel und schneidender Wind erwarteten sie. Agnes‘ Wagen stand in mattem Rot unter BMWs, Audis und Porsches. Ein Esel im Rennstall. Rasch verfrachteten sie das Gepäck im Kofferraum und warf mit aller Kraft die Klappe zu. Trotz lautem Krachen verriegelte das Schloss nicht und Agnes brauchte mehrere Anläufe, bis der Kofferraum verschlossen war. Der Blick, mit dem Claudio ihr Fahrzeug betrachtete, ließ einiges an Vertrauen wünschen, letztendlich stieg er aber ein.

    »Danke fürs Mitnehmen«, murmelte er. »Jetzt kann ich dich ausgiebig über Carla Draschy ausfragen. Sie soll eine geniale Therapeutin sein. Ich möchte unbedingt alles über sie wissen.«

    »Hast du dir nicht ihre Homepage angeschaut?«

    »Klar – sie war Krankenschwester und hat nebenher Psychologie studiert. Drei Bandscheibenvorfälle später wurde sie in Rente geschickt.«

    »Dann weißt du ja alles.« Agnes versuchte den Motor zu starten. Der Anlasser leierte genauso mutlos vor sich hin, wie sie sich angesichts der Aussicht auf die einstündige Fahrt mit Claudio fühlte.

    »Ich bin total auf ihre Vorgehensweise gespannt«, begann Claudio erneut. »Wie sie seelische Auslöser für Krankheiten aufspürt und sie auflöst.«

    »Mir hat sie jedenfalls sehr bei meiner Migräne geholfen«, erwiderte Agnes zurückhaltend, weil Claudio weder ihre Panikattacken noch die posttraumatische Belastungsstörung etwas angingen, und juchzte auf, als der Wagen endlich ansprang. »Und die Meditationsgruppe ist nett.«

    »Neben Carlas Qualifikationen interessiert mich ganz besonders der Mensch dahinter.«

    »Frag sie das alles persönlich.« Für kurze Zeit war es still und Agnes reihte das Auto in den fließenden Verkehr ein.

    »Aber wie kommt sie auf die richtigen Fragen?«

    Agnes atmete tief durch. Das würde eine lange, lange Fahrt werden.

    2. Die Scheibenwischer wedelten …

    … mit monotonem Quietschen auf höchster Stufe über die Windschutzscheibe, schoben Wassermassen zur Seite, die seit fast einer Stunde auf den Wagen niedergingen. Claudio war mittlerweile verstummt, vermutlich weil er keine Antworten mehr bekam. Die Straßen glänzten nass, tiefe Lachen breiteten sich darauf zu Seen aus. Immer wieder drohte Aquaplaning das Fahrzeug ins Schleudern zu bringen und Agnes‘ Handknöchel am Lenkrad hoben sich weiß vom Handrücken ab. Nervös warf sie einen Blick auf die Tachometernadel und ging vom Gas. Bei diesen Straßenverhältnissen brauchte sie wenigstens keine Ausreden für ihr Schweigen. Endlich fuhren sie die Bundesstraße nach Reichenau entlang, doch rote Bremslichter leuchteten auf, kündigten einen Stau aus PKWs und LKWs an. Agnes bremste und kuppelte aus. Feuerwehr und Polizei überholten die Kolonne mit eingeschaltetem Blaulicht, dass sich in den Pfützen spiegelte. Agnes blickte aus dem Seitenfenster hinaus auf die Schwarza, die sich ob der heftigen Regenfälle der letzten Tage in einen reißenden Fluss verwandelt hatte. Nur wenig Raum blieb noch zwischen Brücke und Wasser, in dem Äste und Baumstämme verkeilt hingen. »Das sieht nicht gut aus«, murmelte Agnes.

    »Hm.«

    War Claudio beleidigt? Die Bremslichter vor ihr gingen aus und Agnes legte den ersten Gang ein. »Es ist nicht mehr weit«, sagte sie. »Nach dem Supermarkt den Berg hinauf.« Soll er schmollen, dachte sie und betätigte den Blinker. Herrenhäuser aus Urgroßvaters Zeiten zogen an ihnen vorbei, umgeben von großzügigen Gärten, repräsentativ, abweisend. »Da vorne ist das ehemalige Schloss von Nathaniel Rothschild, ein märchenhaftes Gebäude.« Sie hielt den Wagen an der Einfahrt zum Park an und stellte den Motor ab. Die sofort eintretende Ruhe fühlte sich erlösend an, lediglich das Prasseln des Regens war zu hören. Eine Mauer aus Granit, Ziegeln und Sandstein, durchbrochen von einem herrschaftlichen Schmiedeeisentor, trennte die Anlage von der Straße. Über der Durchfahrt prangte ein ebenfalls schmiedeeisernes, geschwungenes Schild mit der Aufschrift: ›Rothschild’sche Stiftung für k. und k. Officiere‹. Dahinter befand sich ein Pförtnerhaus und das üppige Grün alter Bäume. Es musste ein herrlicher Park um das Schloss angelegt worden sein.

    Claudio las das Schild laut vor und schüttelte den Kopf. »Wie kommt das Militär an ein Schloss? Dabei heißt es ständig, das Heer hat kein Geld.«

    Claudios Entrüstung löste bei Agnes Heiterkeit aus. »Zuerst hatte der alte Rothschild das Gebäude den ›Brustkranken‹ geschenkt, was die hiesige Bevölkerung allerdings auf die Barrikaden brachte.«

    »Brustkrebs? War das damals ein Tabu?« Claudio sah sie verdattert an.

    »Tuberkulose.«

    »Ach so.«

    »Letztendlich überließ Nathaniel Rothschild das Schloss dem k. und k. Kriegsministerium für invalide Offiziere. Muss noch vor 1900 gewesen sein.« Sie beugte sich näher zur Windschutzscheibe, um besser sehe zu können. Am liebsten wäre sie auf der Stelle ausgestiegen und in den Park spaziert, hätte es nicht derart gegossen. »Vielleicht gibt es Privatführungen?«

    Ihr Sitznachbar teilte die Schwärmereien mitnichten. Er schnaubte verächtlich. »Ich spüre definitiv eine negative Schwingung. Das liegt mit Sicherheit an der militärischen Nutzung. Fahren wir weiter.«

    Vom Berg oben würden es eine gute Sicht auf das Schloss geben, war sich Agnes sicher und lenkte das Auto zurück auf die Straße. Nach ein paar Kurven tauchte das Seminarhotel aus dem Wald auf, umgeben von Obstwiesen, Weiden und noch mehr Wald. Drei Hochlandrinder mit rotem Zottelfell grasten gemächlich, Schafe drängten sich unter einem Scheunendach zusammen, Gänse schnatterten, Zwergschweine liefen weiter oben am Berg einem Traktor hinterher. Auf der Koppel suchten zwei Haflingerpferde Schutz im Unterstand. Von der Rax war bloß ein Schatten zu erahnen, Wolken hatten den 2007 Meter hohen Gipfel verschlungen.

    Es duftete nach Laub und Rinde. Das Grün der Wiesen und Wälder lockte Agnes. Hoffentlich verzog sich die Wetterfront bald, damit sie die Wanderung vom Preiner Gscheid hinauf auf die Rax zum Waxriegelhaus mache konnte. Wenn genug Zeit bliebe, könnte sie den Schlangenweg entlang bis zum Karl-Ludwig-Haus weitergehen. Die Aussicht sollte überwältigend sein.

    Sie beeilte sich, ins Haus zu kommen. Mit Claudio im Schlepptau, ging sie zur Rezeption und erledigte die Formalitäten. Die beiden zuvorkommenden Rezeptionistinnen stellten sich als Co-Chefinnen des Hauses, sowie Töchter des berühmten Flackl-Wirtes vor und hießen Agnes herzlichst willkommen. Kaum hatte man Agnes einen nostalgischen Zimmerschlüssel ausgehändigt, überließ sie Claudio den geduldigen Hotelbetreiberinnen und eilte zum Lift. »Claudio-Pause!« Sie betrachtete ihr müdes Spiegelbild in der Liftkabine und musste grinsen.

    3. Ramona reinigte die …

    … Schuhe vor dem Hotelportal und zog die Glastür auf. Der Polterabend ihrer Arbeitskollegin war zwar erst morgen, aber hey, es war kein Nachteil, schon vorher die Gegend und das Hotel erkundet zu haben, um auf alles vorbereitet zu sein. Wer wusste schon, was sich die Trauzeugin und ihre Freundinnen an verrückten Spielen ausgedacht hatten. Sie war absolut nicht der Party-Typ, sondern gehörte in die Kategorie ›nerdige Besserwisserin‹. Das sagten jedenfalls die anderen über sie. Weil es keiner aushält, wenn eine gut gepolsterte junge Frau mit einer Vorliebe für rosa Haarbänder klüger ist als alle anderen. Im Regen allein spazieren zu gehen fand Ramona herrlich. Die Wiesen und der Wald dampften geradezu Entspannung aus – in diesem Erde-Pilz-Nadelbaum-Duftgemisch konnte unmöglich jemand etwas anderes empfinden. Nach den letzten stressigen Monaten tat ihr die Ruhe gut. Was sie vor den Mädels niemals zugeben würde. Sie war die einzige Polizeijuristin in der Runde, die Braut war Kriminalinspektorin und die übrigen kannte sie kaum.

    Ramona betrat die Lobby und ging hinüber zum Lift. Da vorne an der Rezeption standen neue Gäste. Eine dunkelhaarige junge Frau unterhielt sich mit den beiden Töchtern des Flackl-Wirts, die das Haus vor ein paar Jahren übernommen hatten. Ramona informierte sich stets genauestens über das Umfeld, in dem sie sich aufhielt. Toller Familienzusammenhalt und äußerst freundliches Personal. Maximale Begeisterung löste bei Ramona das hiesige Essen aus: Zu jeder Mahlzeit bog sich das Buffet unter den regionalen Köstlichkeiten. An der Rezeption sprach wieder diese fremde Frau – die Stimme kam Ramona bekannt vor. Zwischen der Frau und dem Mann mit den rotblonden Locken standen ein Koffer, darauf eine Tasche und daneben eine Reisetasche. Offenbar gehörte der Mann, der ebenfalls einchecken wollte, zu ihr.

    Die Lifttür ging auf und im selben Moment wandte die Frau den Kopf, sodass Ramona ihr Profil sehen konnte – das durfte nicht wahr sein – Agnes Feder! Ramona sprang in den Lift und drückte auf den Schalter. Was für ein Mist! Sie saß über Pfingsten mit Agnes fest! Von allen Frauen, die sie nicht leiden konnte, die Schlimmste.

    4. Agnes‘ Zimmer befand …

    … sich im hinteren Teil des Hauses, mit Blick den Berg hinunter, auf das Rothschild-Schloss. Der Anblick ließ sie lächeln und ohne Zögern öffnete sie die Balkontür. Das Rauschen des Regens drang in den gemütlichen Raum. Das helle Holz der Möbel harmonierte mit dem lindgrünen Anstrich der Wand hinter dem Betthaupt. Ein kleiner Schreibtisch, davor ein Stuhl mit Armlehnen. Agnes hievte den Koffer auf das kleine Sofa gegenüber dem Bett, räumte ihn nach und nach aus, brachte das Necessaire ins Bad, stellte die Zahnbürste ins Glas, Gesichtscreme und Reinigungslotion daneben. Ihre Finger tasteten im Beutel nach dem Täschchen mit den Medikamenten für Migräneattacken und zum Schlafen.

    Nichts.

    Das konnte nicht sein! Sie kippte den Inhalt ins Waschbecken nur um festzustellen, dass der Beutel fehlte. Vielleicht im Koffer? Sie ging zurück, schüttelte den Koffer über dem Bett aus, griff in Seitenfächer – nichts. Kleider, Notizbuch, Teetasse, Federschachtel, Teesäckchen lagen verstreut auf der Decke, bloß die Medikamente fehlten. Ein Zittern ergriff ihre Beine, setzte sich über die Wirbelsäule fort bis in Brust und Arme. Unmöglich. Sie hatte das Täschchen daheim auf den Sekretär gelegt – und dann? Vielleicht in der Handtasche? Hastig griff sie nach der Tasche und der Inhalt ergoss sich über die Kleider auf dem Bett. Das ersehnte Rosenmuster des Beutels tauchte nicht auf. Er lag wohl immer noch auf dem Sekretär. Zu Hause.

    Agnes rieb sich die Stirn, lief auf und ab. Blieb am Fenster stehen, atmete tief durch – wenn sich nur diese Enge in der Brust lösen wollte! Ohne ihre Medizin konnte sie nicht einschlafen. Ohne diese Tabletten würden die Träume zurückkommen. Ihre Hand legte sich um die Kehle, ein Finger ertastete die blassen Narbe seitlich davon. Den ganzen Weg zurück nach Wien bei diesem Wetter – bloß nicht. Die Apotheke im Ort würde ihr ohne fachärztliche Verschreibung das Medikament keinesfalls verkaufen. Natürlich – Theres! Agnes wühlte in dem Durcheinander auf ihrem Bett nach dem Handy und tippte die Kurzwahl ein. Theres nahm den Anruf nicht an, doch dafür konnte Agnes auf ihren Anrufbeantworter sprechen. »Theres, bitte sei so gut und schicke mir den Beutel, der auf dem Sekretär liegt, so schnell wie möglich – meine Medikamente befinden sich darin. Nimm einen Botendienst, ich bezahle alles. Danke, Liebes!« Okay, das war ein guter Plan. Sollte sie noch Paps anrufen, damit er bei Theres nachfragte? Ihre Finger tippten bereits ins Handy und der Name ›Ludwig Feder‹ erschien am Display – doch dann löschte sie ihre Eingabe wieder. Sie wollte ihren alten Paps nicht aufregen. Konzentriere dich auf etwas Positives, mahnte sie sich und sah zum Balkon hinaus. Blätter glänzten im Nieselregen. Rastlosigkeit erfasste sie, zwang sie, die Regenjacke überzuziehen, in feste Schuhe zu steigen und hinaus in den Wald zu laufen. Nur weg von den Gedanken an eine Nacht ohne Schlafmittel!

    5. So ähnlich musste …

    … sich Goldmarie gefühlt haben, als sie durch den Brunnen gefallen war und auf einer Wiese erwacht, in einer jenseitigen Welt, dem Reich von Frau Holle.

    Der Wald dampfte. Junges Grün schimmerte schwach durch den Nebel, der den Widerhall jeglicher Geräusche verschluckte; ihr Keuchen vom steilen Aufstieg genauso wie das Knacksen unter ihren Schuhen und das Krächzen unsichtbarer Raben. Aus der Erde stieg der Geruch nach Moos, Pilzen und verrottetem Laub. Der Regen hatte aufgehört, dafür benetzten Nebeltröpfchen Agnes’ Haare, Haut und Kleidung.

    Vom Laufen erschöpft, stützte sie sich auf den Oberschenkeln ab. Das Gute daran war, dass alle Grübeleien verschwanden, das Schlechte – nun ja, dass sie eine gute Kondition brauchte, um das Tempo durchzuhalten. Immerhin ebbte ihre Panik ab. Die Ängste, die sie zuvor angetrieben hatten, wichen dem Frieden des Waldes. Die Stille dröhnte in ihren Ohren, gemeinsam mit dem Herzschlag, der im steten Rhythmus spürbar in der Halsschlagader klopfte. Sie konnte bis zu den nächsten Bäumen sehen, je weiter ihr Blick schweifte, desto verschwommener wurden die Linien der Stämme. Nebelschwaden verschluckten den Himmel, die Wipfel, das Erdreich. Zwielicht fiel ein, erschwerte zunehmend die Wahrnehmung. Immer enger wurde es zwischen den Bäumen. Außen wurde zum Innen und das Innen zum Außen. Sie hob den Kopf und wünschte sich hinauf in die Wipfel.

    Ein Schrei, dissonant und rau, ließ sie zusammenzucken.

    Schwingen kämmten durch den Nebel, ein Ton breitete sich aus, der wie das Wusch-Wusch eines Riesenfächers klang – der Windhauch berührte ihre Wangen, doch der Vogel selbst blieb unsichtbar.

    Da war etwas – oder jemand?

    Bedacht, möglichst kein Geräusch zu verursachen, setze sie Schritt auf Schritt, wollte das Unbehagen in Zaum halten, nahm eine Abkürzung abseits des Weges. Die Richtung war klar, einfach bergab, nördlich halten. Ihre Sinne achteten auf jeden noch so schwachen Windhauch, auf jedes Rascheln und Zwitschern. Der Regen setzte erneut ein, prasselte monoton auf ihre Kapuze. Es roch so intensiv nach Steinpilzen, dass sie vorsichtshalber auf die Erde unter ihren Schuhen achtete. Ein riesiger Fels tauchte vor ihr aus dem Nebel auf. Sie strebte die flachste Kante an, um darüber zu klettern. Ihre Hand griff ins Moos, weich und nachgiebig unter ihren Fingerspitzen. Auf der anderen Seite bohrten sich Steinkanten in die Handfläche. Agnes kletterte hinüber, hörte sich keuchen. Blätter rutschten unter ihrem Fuß weg. Sie glitt ein Stück weit, fing sich gerade noch an einer umgestürzten Fichte, um nicht zu Boden zu gehen.

    »Verdammt.« Sie rieb sich die Stelle am Gesäß, wo sie gegen den Felsen geprallt war. Ein Knacken. Sie erstarrte. Als hätte sich der Wald bewegt. Die Härchen auf ihren Armen sträubten sich. Da vorne, direkt vor ihr – Zweige brachen, ein Grollen hallte über den Hang. Blitzschnell wandte sie sich dem Dornengestrüpp links von ihr zu. Das Herz trommelte gegen das Brustbein. Hinter den Nebelfetzen schimmerte eine dunkle Silhouette. Mannshoch, regungslos. Es fühlte sich an, als würde das Wesen sie anstarren. Ein Windstoß blies die Schwaden weiter und verhüllte die Erscheinung erneut.

    Sie konnte keinen Finger rühren, stand stocksteif da, vergaß zu atmen. Das Gestrüpp bewegte sich wieder – was war das? Ein Mensch hätte ihr etwas zugerufen, oder? War es ein Tier? In dieser Größe konnte das nur ein Bär sein! Ihre Gedanken überschlugen sich. Aber weglaufen war ganz verkehrt, oder doch nicht? Wie war das in diesem Kinofilm gewesen, mit Leonardo Di Caprio – Himmel, der Bär hatte ihn zu Hollywoodbrei verarbeitet! Eine Lichtreflexion blitzte dort auf, wo sie die Gestalt zuletzt gesehen hatte. In ihren Ohren pochte Blut, die Bäume rückten noch näher. Ein neuerlicher Laut – war das eben ein Schnauben gewesen?

    Lass es kein Bär sein, murmelte sie lautlos. Sie konnte unmöglich weiter hier stehen bleiben und in den Nebel starren. Ein mächtiges Blitzen erhellte für den Bruchteil einer Sekunde den Wald – da war sie wieder, die Bärengestalt! Und dann, im nächsten Augenblick war sie hinter Nebelfetzen verschwunden. Gehetzt blickte sie nach allen Seiten, lauschte. Einen Atemzug lang stand Agnes noch da, sammelte alle Kraft, dann rannte sie los, immer den Berg hinunter.

    6. Endlich tauchte Agnes …

    … aus dem Wald auf, wie aus einem ihrer bösen Träume. Ihre Lungen brannten. Erleichtert sah sie die Lichter des Hotels ein Stück des Weges vor sich. An den Waden klebten feucht die Hosenbeine. Umso verlockender erschien ihr der beleuchtete Wintergarten, ein sicherer Hafen, den sie dringend nötig hatte. Kaum hatte Agnes die Glastür aufgedrückt, umgaben sie Wärme und Essensgerüche. Die Gäste an den Tischen unterhielten sich entspannt, niemand beachtete sie. Agnes schlüpfte aus der Jacke und schüttelte die Haare aus.

    Jemand rief ihren Namen. Die Frau, die ihr zuwinkte, erhob sich und kam auf sie zu. »Wie schön, dass du bereits heute anreisen konntest.« In ihrem rotgoldenen Zopf glänzten weiße Strähnen, doch ihre Bewegungen waren jugendlich.

    »Carla, wie schön dich zu sehen!« Agnes schloss ihre Therapeutin in die Arme. In dieser Geste lag so viel mehr aus als nur einen Gruß; Carla war im vergangenen Jahr zu ihrer Vertrauten geworden. Nach wenigen Sekunden lösten die Frauen die Umarmung und Carla machte einen Schritt zurück.

    »Wie geht es dir?«, fragte sie und musterte Agnes durchdringend. »Du bist – anders.«

    »Mir ist eben ein Bär über den Weg gelaufen.« Agnes blinzelte.

    »Ein – was?« Carla blickte sie ungläubig an und unterdrückte ein Husten. Gemeinsam gingen sie zu Carlas Tisch hinüber.

    »Möglicherweise habe ich einen Bären gesehen.« Hier unter Menschen kamen Agnes allmählich Zweifel.

    »In den Alpen gibt es keine Bären«, wandte Carla ein. Sie setzte sich an den Tisch und nippte am Rotweinglas.

    »Wer weiß.« Im Hinsetzen griff Agnes nach dem Silberring an ihrem kleinen Finger. Ein 600 Jahre alter Ring, den sie in England dank einem ihrer Träume gefunden hatte. »Wegen der schlechten Sicht kann es womöglich eine optische Täuschung gewesen sein.«

    Ehe Carla etwas erwidern konnte, stapfte ein stattlicher Mann Ende sechzig auf sie beide zu, dessen wettergegerbtes Gesicht Beweis seine Naturverbundenheit war.

    »Ah, da sind’S ja, Frau Draschy. Wollt fragen, ob alles in Ordnung ist.«

    Carla nickte erfreut. »Agnes, das ist unser Wirt, der Herr Flackl«, stellte Carla den Mann vor und blickte zu ihm auf. »Den Seminarraum haben Sie uns perfekt vorbereitet – vielen Dank! Die Heizung werden wir eine Spur höher einstellen, sonst frieren wir während der Meditation. Und bitte Obst für die Pausen.«

    »Ist alles schon veranlasst.«

    Bewundernswert diese Kraft, die er in seinem Alter ausstrahlte, dachte Agnes, während sie ihm zuhörte. »Es gibt sogar ein Grander-Wasser. Die Leut‘ mögen das.«

    »Das klingt großartig«, erwiderte Carla begeistert, und begann in den Taschen ihrer Strickjacke zu kramen, hustete, und zog ein Hustenbonbon hervor. »Eine ganz andere Frage: Gibt es in diesem Gebiet Bären?« Sie steckte das Bonbon in den Mund.

    »Scho‘ lang nicht mehr. Die vom WWF haben mal versucht, welche auszuwildern, aber die halten si‘ned.« Flackl stemmte die Arme in die Seiten. »Die Bauern sind sowieso keine Fans von Bären. Nur den Alois, unseren Jäger, täten’s freuen.« Der Flackl-Wirt lachte amüsiert auf. »Keine Sorge, die Damen, die Bären sind schon alle abg’schossen.«

    »Schlimm.« Carla wirkte betroffen. »Bären waren früher mal heilige Tiere.«

    »Die reiß‘n Lämmer.« Der Flackl-Wirt zuckte mit den Schultern.

    Agnes jedoch wollte die Ehre der Bären retten. »Bären sind überwiegend Vegetarier und waren bis vor 140 Jahren noch in den Alpen heimisch. Da gab’s doch einen Bären, der aus Slowenien nach Österreich gekommen ist. Und dann hat man Weibchen ausgesetzt. Die haben sich tatsächlich vermehrt.«

    »Der Ötscher-Bär, richtig. Der hat eine Menge Bärchen gezeugt. Da sind leider keine mehr übrig.«

    »Ich erinnere mich«, mischte sich Carla ein. »War in der Zeitung – bei einem Jäger im Keller hat man einen ausgestopften Jungbären gefunden. Das ganze Projekt ist gescheitert, weil der Genpool zu klein geworden ist.«

    »Ich habe möglicherweise einen Bären im Wald gesehen«, sagte Agnes an den Wirt gewandt. »Lebt wirklich keiner in ihrer Gegend?«

    »Nein, den hätt’ der Alois scho‘ erwischt.« Der Wirt runzelt die Stirn. »Ich bin täglich im Wald und hab nie einen g‘sehen.« Jetzt fiel ihm wohl etwas ein, denn in seinen Augen blitzte es schelmisch. »Einen Bären hätten wir scho‘ …« Erwartungsvoll blickte Agnes zu ihm auf. »Am Parcours – also Bogenschießen, draußen im Wald. Der Bär is‘ lebensgroß, aber aus Styropor.« Er genoss sichtlich die Wirkung seiner Worte und lachte vergnügt. »I muaß weiter. Habt‘S an schönen Abend, griaß‘ Eich.«

    Carla erwiderte seinen Gruß und Agnes sah ihm nach. Flackl ging zum Tresen zurück und kümmerte sich um andere Gäste. Mit einem schweren Seufzen ließ Agnes sich auf einen Stuhl sinken und streckte die Beine aus.

    »War’s der Bär aus Holz?« Carla blickte sie mit einem unverblümten Schmunzeln an.

    »Gut möglich.«

    »Der Nebel kann böse Streiche spielen.«

    »Sicher.« Agnes hatte keine Lust weiter von ihrem Erlebnis im Wald zu sprechen. Der Gedanke an ihr Notizbuch festigte den Wunsch, das Erlebnis festzuhalten, egal ob der Bär echt oder aus Holz gewesen war. Ehe Agnes sich verabschieden konnte, betrat Claudio den Wintergarten und steuerte zielstrebig ihren Tisch an. Sein Focus lag ausschließlich auf Carla. »Da kommt Claudio«, raunte Agnes. Kurz darauf stand er auch schon vor ihnen.

    »Mein Name ist Claudio Nuretti.« Er streckte Carla die Hand entgegen.

    »Hallo, Claudio.« Carla erwiderte sein Lächeln. »Ich freue mich, dich kennenzulernen. Beim Seminar sind wir alle per Du, wenn das für dich in Ordnung ist.«

    »Na klar. Darf ich mich zu euch setzen?« Im nächsten Moment stand sein Rotweinglas neben Carlas und er nahm Platz. Fast zeitgleich erhob sich Agnes und wies auf ihre nassen Hosenbeine.

    »Entschuldigt mich. Ich bin völlig durchweicht von meinem Waldspaziergang. Muss dringend unter die Dusche. Schätze danach bin ich zu müde, um nochmals runterzukommen.« Ihr Blick streifte Claudios Schuhe – ebenfalls erdverschmiert und durchnässt. War er das da draußen gewesen? Hatte er sie verfolgt und absichtlich erschreckt? Sofort verscheuchte sie diese absurden Gedanken.

    »Bitte tu das, sonst holst du dir eine Erkältung wie ich«, sagte Carla. »In der Früh um sieben halten wir eine Meditation ab. Im Seminarraum ist Morgensonne – sollte sie es durch die Wolken schaffen.«

    »Ich werde kommen. Gute Nacht, ihr beide.« Agnes küsste die Wangen ihrer Freundin.

    »Was ist mit mir?« Claudio hielt ihr seine Wange erwartungsvoll entgegen. Sie schaute ihn überrascht an und zwang sich zu einem Lächeln, machte allerdings einen Schritt von ihm weg.

    »Du gehst leer aus.«

    »Kann ich nachher noch bei dir anklopfen?«

    »Nein. Wozu?«

    Claudio grinste vielsagend und zuckte mit den Schultern, ganz ›unschuldiger Chorknabe‹, der er nicht war. »Ich kann so schlecht einschlafen in fremden Betten.«

    Allmählich wurde Agnes ärgerlich. »Dabei werde ich dir nicht helfen.« Sein Grinsen zerbröselte augenblicklich und Agnes erschrak vor dem Ausdruck in seinen Augen. Die Emotionen, die auf sie übersprangen, schnitten in ihre Brust. Ihre verdammte Empathie war im Begriff aufzuwachen und das Einzige, was dagegen half, lag daheim auf dem Sekretär. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und verließ den Wintergarten. Im Zimmer angekommen kontrollierte sie ihr Handy auf Nachrichten und fand tatsächlich eine von Theres. Sie wollte morgen die Tabletten schicken. Erleichtert legte Agnes das Handy auf den Nachttisch und schlüpfte aus der klammen Hose. Jetzt rasch duschen und sich unter der Decke verstecken. Vielleicht blieb sie heute noch traumlos.

    7. Alphons – 7. Juni 1889

    Ringsum Wald, vor ihr eine Lichtung im Dämmerlicht. Sie saß in einem Hochstand. Die beste Zeit, um Rotwild anzutreffen. Die Wiese lag tief im Forst, auf

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1