Polizei.Wissen: Autorität für die Polizei
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Über dieses E-Book
auf sich zulassen. Das können z.B. die juristische, soziologische und die polizeipraktische Sichtweisen sein. Die
Zeitschrift macht sich nun zur Aufgabe,
a) eine Mannigfaltigkeit an Sichtweisen
b) in kurzen Texten
zusammenzuführen. Dadurch soll eine Diskussion möglich werden, die ansonsten nur schwer zu organisieren wäre und die
sehr lange dauern könnte.
Grundsätzlich wird in den Themenheften, ein Thema von verschiedenen Seiten beleuchtetet.
Dabei wird jeweils besonders der polizeilichen Lehre als auch der polizeilichen Praxis Raum zur Aussprache eingeräumt.
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Buchvorschau
Polizei.Wissen - Verlag für Polizeiwissenschaft
Einführung vom Herausgeber des Heftes
von Matthias Weber*
Autorität in der Polizei ist durchaus schon im polizeiwissenschaftlichen Diskurs thematisiert worden (vgl. z.B. vom Hau 2017), allerdings ist die wissenschaftliche Debatte um Autorität keinesfalls abgeschlossen. Erkenntnisse zur Bedeutung polizeilicher Autorität für die polizeiliche Arbeit gehen weit zurück: Seit den 1960er Jahren liegen durch empirische Us-amerikanischen Polizeiforschungen (z.B. Skolnick 1966, Reis 1970, Sykes & Brent 1983) Erkenntnisse vor, dass es Personen vor Verhaftungen schützt, wenn sie im Kontakt mit der Polizei der polizeilichen Autorität Ehrerbietung erweisen. Ebenso zeigen weitere Studien, dass Polizisten erlebte Autoritätsverluste mit Gewalt kompensieren (vgl. z.B. Hunold 2012). Dies verweist darauf, dass Wahrnehmung und Ausübung polizeilicher Autorität folgenreich sein kann: Sie hängt mit Gewalt, Machtausübung, Eskalation und Deeskalation sowie mit Beziehungsgestaltung zwischen Polizisten und Personen der Zivilgesellschaft zusammen. Diese Ausgabe von „Polizei. Wissen" setzt vor diesem Hintergrund an eine wissenschaftliche Debatte um polizeiliche Autorität und diesbezüglichen Fragen an. Darüber hinaus wird nicht nur polizeiliche Autorität aus einer polizeiwissenschaftlichen Perspektive thematisiert, sondern es wird auch ein sozialwissenschaftlicher Diskurs um Autorität im Allgemeinen lanciert, der über eine bloße polizeiwissenschaftliche Perspektive hinausgeht.
Autorität ist nicht nur für die Polizei relevant, sondern taucht schon in der Beziehungsgestaltung zwischen Eltern und Kindern, in Kindergarten und Schule, sowie am Arbeitsplatz auf. Autorität mag man als anthropologische Konstante bezeichnen, aber genauso sozial konstruiert und veränderbar ist sie, wenn man untersucht, wie gesellschaftlicher Wandel, kulturelle Normen und Werte, Organisationsstrukturen und- kulturen, sowie Variablen auf der Mikroebene dazu beitragen, Autorität entstehen und zerfallen zu lassen. Autorität kann soziale Ordnung und Kontrolle herstellen und kann Akteuren ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Auf der anderen Seite kann Autorität Angst, Verachtung und Misstrauen auslösen und Konflikte massiv eskalieren lassen.
Um Autorität in ihrer Komplexität zu beleuchten, macht es daher Sinn, sich ein umfassendes Bild von Autorität zu machen, und dazu Autorität auch in anderen Disziplinen, wie in der Pädagogik zu betrachten, oder aber wie Autorität sich gesellschaftlich entwickelt. Zu Klärung dieser Fragen werden verschiedene fachwissenschaftliche Perspektiven zusammengetragen, die sich mit Autorität befassen. Insofern folgt auch diese Ausgabe dem Ziel des Heftes diverse Perspektiven bzgl eines Themas zusammenzubringen.
Das Heft ist in zwei Teile aufgebaut. Der erste Teil befasst sich mit Autorität in der Polizei, der zweite Teil (ab Beitrag 10) fokussiert auf allgemeinere sozialwissenschaftliche Debatten um Autorität.
Martin Herrnkind und Marschel Schöne (1) stellen Autorität in der Polizei als soziales Feld nach Pierre Bourdieu dar. Autoritätskonstruktionen in der Polizei greifen auf Merkmale das Feldes der Polizei zurück.
Anja Mensching (2) befasst sich mit der Frage, wie Autorität hergestellt wird und argumentiert, dass Autorität aktiv im Kontakt mit den Rezipienten der Polizeiarbeit erzeugt werden muss. Polizeiliche Autorität stellt das Ergebnis gelungener Beziehungsarbeit dar.
Astrid Jacobsen (3) fokussiert in ihrem Beitrag darauf, dass Polizisten per se keine Autorität haben und lehnt es ab, dass es nur eine kontextunabhängige Autorität der Polizei gibt. Stattdessen wird die Relevanz einer situativ hergestellten Autorität betont.
Luise Klaus und Leila Abdul-Rahman (4) beleuchten unrechtmäßige Gewalteinsätze der Polizei und stellen dazu Daten aus dem Projekt KviAPol vor. Hier wird deutlich, dass Gewaltausübung und Autorität der Polizei in einem Zusammenhang stehen.
Meike Heker und Jan Starke (5) analysieren den Zusammenhang zwischen vorhandenem Vertrauen und Autorität anhand der Daten eines empirischen Forschungsprojektes. Sie greifen auf die Erkenntnisse der Procedural Justice Theory zurück und zeigen, dass Vertrauen in die Polizei die Anzeigebereitschaft erhöht.
Geoffrey Alpert und Kyle Mac Lean (6) thematisieren die Notwendigkeit, Trainings für Polizisten zur Prävention von Polizeigewalt zu entwickeln. Sie fokussieren auf die Reformbedürftigkeit der US-amerikanischen Polizei und plädieren für substanzielle Reformen in der polizeilichen Aus- und Fortbildung, um Polizeigewalt zu reduzieren.
Matthias Weber (7) stellt einen Workshopentwurf dar, der sich mit der Frage befasst, wie Autorität gemäß ethischen Kriterien in der Polizei unterrichtet werden kann und stellt die These auf, dass dies nur als eine umfassende Auseinandersetzung mit Macht, Gewalt, Autorität und Respekt im Kontext polizeilicher Arbeit geschehen kann.
Ziv Gilad und Caroline Wahl (8) gehen der Frage nach, wie Ansätze aus dem Konzept der Neuen Autorität genutzt werden können, um die Beziehung zwischen Polizei und arabischen Bevölkerungsteilen neu zu gestalten und beleuchten, wie Kooperation zwischen Teilen der arabischen Bevölkerung und der israelischen Polizei neu konzipiert wird.
Hermann Groß (9) skizziert in seinem Beitrag, welche verschiedenen Typen von Autorität in der Polizei vorhanden sind und debattiert kritisch, ob für jede dieser Autoritätsformen ein Autoritätsverlust vorherrscht. Zudem diskutiert er, welche Forschungsfragen bzgl. polizeilicher Autorität sich lohnen, erforscht zu werden.
Matthias Weber (10) thematisiert den Zusammenhang zwischen Deeskalation und Autorität im Strafvollzug. Respekt und Vertrauen sind hier wichtige Komponenten, die Autorität als Ergebnis deeskalierender Beziehungsarbeit im Strafvollzug strukturieren.
Zoe Clark, Caroline Inhoffen und Fabian Fritz (11) stellen die Folgen von Racial Profiling in der Jugendhilfe dar und welche Auswirkungen dies auf Vertrauen in die Polizei und generell auf das Bild der Polizei hat. Racial Profiling in der Jugendhilfe führt dazu, dass Misstrauen und Distanz zwischen der Polizei, Angestellten in der Jugendhilfe, sowie Klienten der Jugendhilfe befeuert werden.
Stefan Dierbach (12) thematisiert den Umgang mit Autorität in der Pädagogik und hebt in diesem Zusammenhang den Stellenwert von Anerkennung für eine professionelle pädagogische Beziehungsgestaltung hervor. Es ist in der pädagogischen Beziehungsarbeit vielmehr wichtig, Anerkennung zu befördern als sich auf Autorität zu fokussieren.
Judith Weber (13) beleuchtet Autoritätsfigurationen in den Bereichen der Religion und der Spiritualität. Im Beitrag wird skizziert, wie sich innerhalb dieser Bereiche Autoritätsfigurationen verändert haben und stellt diese Veränderungen in den Zusammenhang mit dem Prozess der Individualisierung. Da gesellschaftlicher Wandel auch immer Autoritätsfigurationen verändert, ist es wichtig zu aufzuzeigen, wie sich dies in diversen gesellschaftlichen Teilbereichen widerspiegelt.
Literatur:
Hunold, D. (2012): Polizeiliche Zwangsanwendungen gegenüber Jugendlichen
Reiss (1971): The Police and the Public.
Sykes / Brent (1983): Policing. A Social Behaviorist Perspective.
Vom Hau (2016): Autorität Reloaded
* Matthias Weber ist WHK an der Universität Bielefeld und Lehrbeauftragter an der HSPV NRW
Die Fragilität polizeilicher Autorität*
Marschel Schöne/ Martin Herrnkind
1. Polizeiliche Autorität
Polizeiliche Fachzeitschriften inkl. der Leserbriefspalten sind seit Jahrzehnten (z.B. Bergmann 1953) gefüllt mit diversen Klagen über das Schwinden des Respekts und damit der polizeilichen Autorität bei verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren. So aus Sicht der Polizei bspw. bei Linken, Beatniks, Provos, Hippies, Mods, Rockern, Gammlern, Punkern, Terroristen, Neuen sozialen Bewegungen, Querdenkern, Autonomen, chaotischen Demonstranten, arabischen Clans, Bürgerwehren etc. Auch wenn der postulierte Autoritätsverlust sowie die gruppenbezogenen Stigmatisierungen nur bedingt generalisierbar und realitätstauglich sind, können diese (Angst-)Projektionen als spezifische Ausprägungen des Kollektivhabitus eines sozialen Feldes und damit seiner bestimmenden Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsweisen gelesen und interpretiert werden. Zudem gilt: Wenn soziale Akteure etwas für real halten, können auch die Folgen real sein. Weswegen ein genauerer Blick auf die grundlegenden Determiananten polizeilicher Autorität lohnenswert ist.
„Um ansatzweise zu verstehen, warum und wie das Feld Polizei auf einen angenommenen Autoritäts-verlust reagiert, ist es notwendig, sich mit den feldspezifischen (Habitus)merkmalen und deren Ausformungen zu befassen."
Diese tendiert zunächst dazu, sich als fachliche Autorität zu inszenieren. Bourdieu sprach auch vom Doppelcharakter der Kompetenzen, die amtlich beglaubigte Titel suggerieren (vgl. Bourdieu, 2004, S. 143ff.). Die polizeilichen Titel und Rechte müssen von den Bürgern wahrgenommen und