Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung
Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung
Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung
eBook351 Seiten3 Stunden

Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Dieses Buch informiert so kurz wie möglich und so ausführlich wie nötig über die Inhalte der Sachkundeprüfung des Sicherheitsgewerbes zur Erlangung des „34a-Scheins“. Die dargestellten Inhalte beziehen sich auf den aktuellen Rahmenstoffplan der IHK (Stand: 2018). Dieses Buch ist nach Prüfungsrelevanz (und nicht nach der gängigen Prüfungsreihenfolge) strukturiert. Der Fließtext stellt alle wichtigen Inhalte dar und erklärt diese. Das wird durch die Anhänge ergänzt, die erweiterte Informationen bieten. Weiterhin eröffnet die (teilweise gekürzte) Auswahl aller wichtigen Vorschriften dem interessierten Leser die Möglichkeit, bei Bedarf noch tiefer in die Materie einzusteigen.
SpracheDeutsch
HerausgeberVerlag Ludwig
Erscheinungsdatum18. Okt. 2019
ISBN9783869353708
Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung

Ähnlich wie Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung

Ähnliche E-Books

Politik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Grundlagen der Sachkunde des Bewachungsgewerbes und Vorschriftensammlung - Patrick Wolframm

    Literaturverzeichnis

    Einleitung

    Das vorliegende Buch soll dem Leser für die Sachkundeprüfung im Sicherheitsgewerbe als Unterstützung dienen, um die Inhalte kennen zu lernen und zu wiederholen. Die Hauptintention dieses Readers folgt dem Prinzip der Informationsverdichtung¹, das heißt, es sollen viele Informationen kompakt und verständlich dargestellt werden. Der Leser soll in die Lage versetzt werden in einem relativ kurzen Zeitraum die prüfungsrelevanten Themen zu verinnerlichen, damit eine erfolgreiche Teilnahme an der Prüfung ermöglicht wird.

    Um einen Überblick über das Anforderungsprofil des Rahmenlehrstoffplans der IHK (Stand: 2018) zu bekommen, werden kurz die kognitiven Taxonomiestufen aufgezeigt.²

    Die aufgeschlüsselten Taxonomiestufen zeigen, dass die Sachkundeprüfung über das bloße Auswendiglernen hinausgeht. Nichtsdestotrotz ist die Kenntnis vieler Vorschriften zwingende Voraussetzung, um bei der Prüfung zu bestehen.

    Das leitet sich aus der Tatsache ab, dass die Themengebiete ÖffR, StGB, StVO und BGB bei der schriftlichen Prüfung mit der doppelten Punktzahl pro Aufgabe ausgewiesen sind.

    Dieses Buch kann eine Teilnahme an einem Vorbereitungskurs und eine weiterführende Beschäftigung mit dem Thema nicht ersetzen.

    Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme an der Sachkundeprüfung der IHK ist die aktive Teilnahme an einem Sachkundekurs und aktive Beschäftigung mit den hier dargestellten Themengebieten.

    In fettgedruckter Schrift werden Themen, Leitfragen, wichtige Begriffe und Definitionen dargestellt.

    Eine weitergehende Einführung findet sich im Anhang 1.

    Anhang 1 sollte gelesen werden.

    Der Verfasser wünscht maximalen Erfolg!

    Modul 1 Rechtliche Grundlagen

    1 a Öffentliches Recht (ÖffR)

    I. Was ist Recht?

    (i) „Recht ist der Inbegriff der in einer politischen Gemeinschaft geltenden Rechtsordnung. Diese gilt für ein bestimmtes Staatsgebiet und einen bestimmten Personenkreis."³

    (ii) „Unter Recht versteht man die Gesamtheit aller Rechtssätze, das heißt alle rechtlichen Normierungen in einem Staat."

    Vereinfacht kann auch formuliert werden:

    (iii) Recht ist die Gesamtheit aller Rechtsvorschriften in einer Gemeinschaft oder Gesellschaft.

    II. Welche Rechtsquellen gibt es?

    Die wichtigste Rechtsquelle bildet das Geschriebene Recht, das gliedert sich in

    (i) Gesetze (Kodifiziertes Recht z. B. StGB, BGB)

    (ii) Verordnungen (Kodifiziertes Recht z. B. GewO)

    (iii) Erlasse (Kodifiziertes Recht; Erlasse sind verwaltungsinterne Regelungen).

    Weiterhin existiert das Richterrecht; das sind sogenannte Grundsatzentscheidungen hoher Gerichte, die die weitere Rechtsprechung binden.

    Als Letztes gibt es das sogenannte Gewohnheitsrecht. Das sind über einen langen Zeitraum (mind. 10-15 Jahre) eingeübte Verhaltensweisen, die unter Umständen eingeklagt werden können.

    III. Was ist die höchste Rechtsnorm in der Bundesrepublik Deutschland (BRD)?

    Das Grundgesetz (GG) ist die höchste Rechtsnorm in Deutschland und bildet gleichzeitig die Verfassung der BRD.

    IV. Wie ist das Grundgesetz strukturiert?

    Das Grundgesetz gliedert sich in zwei Abschnitte:

    (i) Artikel 1 bis 19 bilden die Abwehrrechte gegen den Staat bzw. die Freiheitsrechte (Menschenrechte/Bürgerrechte).

    (ii) Artikel 20 bis 37 regeln das Verhältnis Bund/Länder (Staatsform).

    V. Was sind die wichtigsten Artikel und Staatsprinzipien des GG?

    Der wichtigste Artikel des GG ist Artikel 1, dieser besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Eine weitere wichtige Norm ist der Art. 20 GG, der die sieben wichtigsten Staatsprinzipien regelt:

    (i) Demokratie bedeutet, dass alle Macht durch Wahlen vom Volke ausgeht (Volksherrschaft).

    (ii) Sozialstaat heißt, dass die Lebensbedingungen der Menschen sich nicht zu stark unterscheiden sollen (Existenzminimum; auch ableitbar aus Art. 1 GG und Gefälle Arm/Reich soll nicht zu groß werden).

    (iii) Rechtsstaat bedeutet, dass der Staat und die Bürger an die Gesetze gebunden sind (»Keine Strafe ohne Gesetz«). Zu diesem Prinzip gehört auch die Gewaltenteilung:

    Legislative (Gesetzgebende Gewalt)

    Exekutive (Gesetzausführende Gewalt)

    Judikative (Rechtsprechende Gewalt)

    Das sogenannte Gewaltmonopol besagt, dass nur der Staat grundsätzlich Gewalt anwenden darf.

    (iv) Bundesstaat heißt, dass Bund und Länder eigene Gesetzgebungskompetenzen haben und die Gemeinden/Städte eigene Verordnungen erlassen dürfen (Föderalismus).

    (v) Republik bedeutet, dass das Staatsoberhaupt (Bundespräsident) ein »normaler« Bürger⁷ ist.

    (vi) Liberales Prinzip heißt, dass dem Bürger Freiheitsrechte zugebilligt werden (ferner Subsidiaritätsprinzip; Art. 23 [1a] GG).

    (vii) Widerstandsrecht bedeutet, dass jeder Deutsche das Recht hat, gegen jeden, der es unternimmt diese Ordnung zu beseitigen, Widerstand zu leisten (natürlich im ersten Schritt auf dem Rechtswege!).

    Ein zusätzlicher wichtiger Grundpfeiler des Grundgesetzes bildet Art. 79 GG, demnach dürfen die Artikel 1 GG und Artikel 20 GG nicht verändert werden; das nennt sich die Ewigkeits- oder Bestandsklausel.

    Der Staat an sich definiert sich durch das (i) Staatsrecht, (ii) Staatsgebiet und (iii) Staatsvolk.

    VI. Gibt es neben dem ÖffR noch andere Rechtsbereiche?

    In der BRD werden zwei Rechtsgebiete voneinander unterschieden; zum einen gibt es das ÖffR und zum anderen gibt es das Privatrecht. Das wichtigste Abgrenzungskriterium beider Rechtsbereiche liegt im Relationsverhältnis (Beziehungsgeflecht) der Akteure.

    Im ÖffR liegt ein Über- und Unterordnungsverhältnis vor (»Subordinationsprinzip«). Das Organisationsprinzip ist hierarchisch.

    Im Privatrecht besteht ein Gleichheitsverhältnis (»Koordinationsprinzip«). Das Organisationsprinzip folgt einem heterarchischen Muster.

    Typische Beispiele für das ÖffR sind das GG, StGB und StPO. Die Beispiele für das Privatrecht sind BGB, HGB und AktG. Wichtig ist, dass der Staat auch bei privatrechtlichen Streitigkeiten als Akteur auftreten kann und sich dann dem Koordinationsprinzip unterwerfen muss (z. B. Die Stadt Kiel klagt gegen ein Bauunternehmen auf Schadensersatz, da Bauarbeiten nicht korrekt durchgeführt wurden). Weiterhin gibt es neben dem Bürger noch weitere privatrechtliche Akteure (z. B. Vereine, Genossenschaften, Handelsgesellschaften, u. a.).

    VII. Welche Relevanz hat das ÖffR und die Abgrenzung zum Privatrecht für den/die Sicherheitsmitarbeiter*In (SMA)?

    Es wurde aufgezeigt, dass der Staat das Gewaltmonopol inne hat, daher stellt sich die Frage nach den Rechtfertigungsgründen zum Tätigwerden der SMA.

    Private Sicherheits- und Ordnungsdienste (SOD) können in der Regel nur aufgrund von Ausnahmerechten tätig werden.

    Es sollte der Begriff »Jedermannsrechte« vermieden werden; der bezieht sich eher auf die Menschenrechte des GG.

    SOD nehmen keine hoheitlichen Rechte wahr, das ist lediglich staatlichen Organen vorbehalten (z. B. Polizei).

    Die Maßnahmen der SOD dürfen nicht gegen Gesetze verstoßen.

    Weiterhin gilt die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte; sie wirken sich auch auf die privatrechtlichen Verhältnisse aus (Wirkung Grundrechte: Bürger ↔ Bürger).¹⁰

    Daher ist es geboten, die Maßnahmen/Handlungen der privaten Sicherheitskräfte von denen der öffentlichen Sicherheitskräfte abzugrenzen.

    SOD dürfen (i) befragen, (ii) aufbewahren, (iii) nachschauen und (iv) (vorläufig) festnehmen.

    Im Gegensatz dazu dürfen Öffentliche Sicherheitskräfte (i) vernehmen/verhören, (ii) sicherstellen/beschlagnahmen, (iii) durchsuchen und (iv) festnehmen.

    In der Regel dürfen die SOD nur mit Einwilligung des Betroffenen tätig werden, während öffentliche Sicherheitskräfte ohne Zustimmung des Betroffenen (also durch Zwang) aktiv werden können.

    In keinem Fall dürfen die genannten Maßnahmen der öffentlichen Sicherheitsakteure als Tätigkeiten der SOD deklariert werden.

    Das bedeutet, dass ein*e SMA, der/die z. B. im Eingangsbereich einer Diskothek arbeitet und die Aufbewahrung eines Gegenstandes vor dem Gast als Beschlagnahmung bezeichnet, gegen ein Gesetz verstößt (§ 132 StGB Amtsanmaßung).

    Nichtsdestotrotz gibt es Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Sicherheitskräften. Ein Beispiel bildet das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG). Dabei ist die zuständige Behörde berechtigt, durch die sogenannte Beleihung (§ 16 a LuftSiG) den SMA hoheitliche Rechte zu übertragen (hier: Durchsuchung; § 5 LuftSiG). Das nennt sich folglich Public Private Partnership.¹¹

    VIII. Was sind die Ausnahmerechte? (Nur Aufzählung!)

    (i) § 227 BGB Notwehr/Nothilfe (ii) § 229 BGB Selbsthilfe

    (iii) § 859 BGB Selbsthilfe Besitzer (iv) § 860 BGB Selbsthilfe Besitzdiener

    (v) § 228 BGB Defensiver Notstand (vi) § 904 BGB Aggressiver Notstand

    (vii) § 32 StGB Notwehr/Nothilfe (viii) § 34 StGB Rechtfertigender Notstand

    (ix) § 35 StGB Entschuldigender Notstand (x) § 15 OWiG Notwehr/Nothilfe

    (xi) § 127 [1] StPO Vorläufige Festnahme (xii) Rechtfertigende Einwilligung¹²

    Im Anhang 2 sind ausgewählte Artikel des GG zu finden, die als Lektüre zum Selbststudium dringend empfohlen werden.

    1 b Strafrecht (Strafgesetzbuch (StGB), Strafprozessordnung (StPO), Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG))

    I. Wie ist das StGB gegliedert?

    Das StGB gliedert sich in einen Allgemeinen Teil (§§ 1-79 b StGB: Voraussetzungen der Strafbarkeit), der auch für alle Nebengesetze (z. B. Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Waffengesetz (WaffG)) des StGBs gilt und einen Besonderen Teil (§§ 80-358 StGB: Einzelne Delikte).¹³

    II. Was regelt das StGB und welchem Rechtsgebiet ist es zuzuordnen?

    Das StGB ist Teil des ÖffR; es gelten daher alle bereits diskutierten Eigenschaften (»Subordinationsprinzip« u. a.).

    Das StGB befasst sich im Grunde mit allen menschlichen Handlungen und auch Unterlassungen, bei deren Realisierung (Straftatbestand) eine Rechtsfolge (Strafe) eintritt.¹⁴

    III. Was sind die Elemente einer Straftat?

    (i) Tatbestand ist eine konkrete Handlung (objektiver Tatbestand), die Vorsatz oder Fahrlässigkeit (subjektiver Tatbestand) der handelnden Person voraussetzt.

    (ii) Rechtswidrigkeit ist ein Gesetzesverstoß; das heißt, das Handeln oder Unterlassen muss im Gesetz mit Strafe angedroht sein und es liegt kein Rechtfertigungsgrund vor.

    (iii) Schuld beschreibt die persönliche Vorwerfbarkeit der Tat, das heißt, der Täter ist sich seinem Tun bewusst und es liegt kein Entschuldigungsgrund vor.¹⁵

    IV. Welche Abgrenzungskriterien gibt es bei Delikten?

    Die erste Einteilung erfolgt nach dem Strafmaß; dabei wird zwischen Vergehen (Freiheitsstrafe < 1 Jahr, Geldstrafe) und Verbrechen (Freiheitsstrafe ≥ 1 Jahr) differenziert.

    Die nächste Unterscheidung erfolgt nach der Deliktsart; hier wird zwischen Offizialdelikt (alle Verbrechen sind Offizialdelikte) und Antragsdelikt (bei einigen Vergehen muss der Betroffene Strafantrag stellen) unterschieden. Bei Offizialdelikten muss die Staatsanwaltschaft tätig werden, wobei die Staatsanwaltschaft bei einem besonderen öffentlichen Interesse auch bei Antragsdelikten tätig werden kann.

    Die nächste Differenzierung betrifft die Strafbarkeit des Versuchs; bei einem Verbrechen ist der Versuch immer strafbar, während die Strafbarkeit des Versuchs bei einem Vergehen im Gesetz stehen muss.

    Die letzte Einteilung erfolgt nach der Art des subjektiven Tatbestands; Grundsätzlich ist nur der Vorsatz (mit Wissen und Wollen der Tat) strafbar, wobei die Strafbarkeit einer fahrlässigen (außer Acht lassen der notwendigen Verkehrssicherheit) Handlung ebenfalls im Gesetz stehen muss (vgl. §§ 12, 22, 23 StGB).¹⁶

    Weiterhin kann jemand eine Tat selbst begehen (Täter) oder mit einem anderen gemeinschaftlich handeln (Mittäter). Anstifter ist, wer die Idee für eine Straftat in jemand anderen hervorruft; Beihilfe leistet, wer bei der Verwirklichung einer Straftat hilft, ohne Mittäter zu sein (vgl. §§ 25, 26, 27 StGB).¹⁷

    V. Welche Relevanz hat das StGB für den SOD?

    Der SOD agiert in der Regel auf privatrechtlicher Basis. Nichtsdestotrotz strahlt das GG auf das StGB (und auch auf das BGB) aus. Es wurde schon angedeutet, dass Grundrechtsverletzungen Straftatbestände sein können (Art. 2 [2] GG Recht auf körperliche Unversehrtheit → § 223 StGB Körperverletzung). Weiterhin findet sich auch der Grundsatz des Rechtsstaates im § 1 StGB (Keine Strafe ohne Gesetz) wieder.

    Dies bedeutet für den/die SMA, dass in Ausübung des Auftrags gegen keine Gesetze verstoßen werden darf, das kann aber nicht nur durch aktives Tun geschehen, sondern der/die SMA können sich ebenso durch Unterlassen strafbar machen, da er/sie sich in einer sogenannten Garantenstellung befinden.

    VI. Was ist eine Garantenstellung und welche strafrechtlichen Folgen ergeben sich daraus?

    Eine Garantenstellung ergibt sich aus der Pflicht für ein fremdes Rechtsgut einzustehen (z. B. Eltern → Kind) oder ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Akteur für eine Gefahrenquelle verantwortlich ist (z. B. Betrieb → Brandschutz).

    Die SMA sind in der Regel aufgrund eines privatrechtlichen Vertragsverhältnisses (z. B. § 611 BGB Pflichten Dienstvertrag) automatisch in einer Garantenstellung. Deswegen gilt für die SMA insbesondere der § 13 StGB Begehen durch Unterlassen.

    Dabei werden zwei Arten von Unterlassungsdelikten unterschieden:

    (i) Echte Unterlassungsdelikte sind Straftaten, die auf Unterlassung beruhen (z. B. § 323 c StGB Unterlassene Hilfeleistung).

    (ii) Unechte Unterlassungsdelikte ergeben sich, wenn jemand (Garant) es unterlässt, obwohl er/sie die Möglichkeit dazu gehabt hätte, den Erfolg einer Straftat abzuwenden. Beispiel: Ein*e SMA sieht, dass auf dem Hafengelände ein Betriebsanghöriger nicht in den ausgewiesenen Raucherbereichen raucht, bleibt aber untätig. In der Folge kommt es zu einem Entstehungsbrand, der wertvolle Papierrollen unbrauchbar macht (§ 306 f StGB Herbeiführen einer Brandgefahr).¹⁸

    VII. Was haben StGB, StPO und OWiG mit den Ausnahmerechten zu tun und was bedeutet das für die SOD?

    In Bezug auf die oben genannten Rechtsnormen bilden die kodifizierten Ausnahmerechte Rechtfertigungsgründe und Entschuldigungsgründe für die SOD, um rechtswidrige Handlungen gegen sich oder in Wahrnehmung des Dienstauftrags als Garant auch Angriffe auf fremde Rechtsgüter abzuwehren.

    Im Folgenden werden daher die wichtigsten Ausnahmerechte des StGB, der StPO und des OwiG erläutert:

    § 32 StGB Notwehr/Nothilfe:

    [1] Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

    [2] Notwehr ist diejenige Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen (Nothilfe) abzuwenden.

    Absatz 1 schützt vor Strafe (Rechtfertigungsgrund).

    Absatz 2 bedarf bei einigen Begriffen der Erläuterung:

    (i) Verteidigung beinhaltet alle Maßnahmen, die geeignet sind den Angriff sofort zu beenden.

    (ii) Erforderlichkeit bedeutet, dass es kein milderes Mittel zur Abwehr des Angriffs zur Verfügung steht.

    (iii) Gegenwärtigkeit heißt, dass der Angriff unmittelbar bevorsteht, bereits begonnen hat oder noch nicht beendet ist.

    (iv) Rechtswidrigkeit bedeutet, dass ein Straftatbestand vorliegt und kein Rechtfertigungsgrund ersichtlich ist.

    (v) Angriff ist die Verletzung von Rechtsgütern (Leib, Leben, Freiheit, Eigentum, Ehre) durch eine Person.¹⁹

    Bei der Nothilfe muss beim »Opfer« ein Verteidigungswille ersichtlich sein!

    Der Gesetzestext ist beim § 15 OWiG Notwehr/Nothilfe identisch zum StGB. Der Unterschied besteht in der Rechtsfolge; Ordnungswidrigkeiten sind „Straftaten minderer Qualität" und haben in der Regel eine Geldbuße (§ 1 OWiG) als Rechtsfolge. In Absatz 3 findet sich ein Entschuldigungsgrund; nämlich die Überschreitung der Notwehr (vgl. weiter unten VIII).²⁰

    § 34 StGB Rechtfertigender Notstand:

    [1] Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

    Satz 1 schützt vor Strafe (Rechtfertigungsgrund) und es werden die wichtigsten Begrifflichkeiten erläutert:

    (i) Gegenwärtigkeit heißt, dass es sich um eine akute Gefahr handelt oder der Schadenseintritt in kurzer Zeit absehbar ist.

    (ii) Gefahr bedeutet, dass die Gefährdung von einer Sache (Situation) oder Tier ausgeht.

    (iii) Abwägung Rechtsgüter heißt, dass das Rechtsgut, das verletzt wird, nicht größer sein darf als das Rechtsgut, das geschützt wird (»Verhältnismäßigkeit«).

    Satz 2 definiert, dass das eingesetzte Mittel angemessen (Pro-/ Kontraabwägung) sein muss.²¹

    § 35 StGB Entschuldigender Notstand:

    [1] Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

    [2] Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. [...]

    Absatz 1 schützt vor Strafe (Entschuldigungsgrund; kein Rechtfertigungsgrund!) Die Begriffe (i) Gegenwärtigkeit und (ii) Gefahr sind analog wie im obigen Fall anzuwenden.

    (iii) Abwägung Rechtsgüter definiert, dass ausschließlich die Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit verteidigungsfähig sind und das zusätzlich eingeschränkt wird, dass nur die eigene Person, Nahestehende und Verwandte verteidigt werden dürfen.²²

    § 127 StPO Vorläufige Festnahme:

    [1] Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. [...]

    [2] [...]

    [3] Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht [beachte Anmerkung zu Absatz 3] gestellt ist. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist.

    Voraussetzungen Absatz 1:

    Der Täter wird auf frischer Tat (i) betroffen oder (ii) verfolgt und die (iii) Identität ist unbekannt oder es besteht (iv) Fluchtgefahr.

    (iv)]²³

    Anmerkungen zu Absatz 3:

    Grundsätzlich ist die Strafverfolgung eine hoheitliche Aufgabe und kein Aufgabenbereich des SOD. Deshalb sollte ein*e SMA vorher gut überlegen, ob man sich auf dieses Recht berufen möchte. Es gilt hier ebenfalls die Güterabwägung und Verhältnismäßigkeit ins Auge zu fassen. Bei Verbrechen, Offizialdelikten und Eigentumsdelikten ist eine Vorläufige Festnahme sicherlich

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1