Polizei.Wissen: Sozialwissenschaften für die Polizei
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Über dieses E-Book
auf sich zulassen. Das können z.B. die juristische, soziologische und die polizeipraktische Sichtweisen sein. Die
Zeitschrift macht sich nun zur Aufgabe,
a) eine Mannigfaltigkeit an Sichtweisen
b) in kurzen Texten
zusammenzuführen. Dadurch soll eine Diskussion möglich werden, die ansonsten nur schwer zu organisieren wäre und die
sehr lange dauern könnte.
Grundsätzlich wird in den Themenheften, ein Thema von verschiedenen Seiten beleuchtetet.
Dabei wird jeweils besonders der polizeilichen Lehre als auch der polizeilichen Praxis Raum zur Aussprache eingeräumt.
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Buchvorschau
Polizei.Wissen - Verlag für Polizeiwissenschaft
Vorwort der Herausgeber des aktuellen Heftes
Von der Initiative Polizei in der Wissenschaft*
Die Initiative Polizei in der Wissenschaft hat sich auf Basis der Beobachtung zusammengefunden, dass eine neutrale, unvoreingenommene Beschäftigung mit der Polizei in den Sozialwissenschaften in Deutschland nach wie vor selten praktiziert wird. s spannende und facettenreiche Forschungsbereich Polizei immer noch randständig behandelt. Die Mitglieder der Initiative, deren fachlicher Hintergrund sozial-, geschichts-, politikwissenschaftlich und kriminologisch geprägt ist, haben vor diesem Hintergrund bereits eine kritische Standortbestimmung verschiedener Disziplinen in Bezug auf die wissenschaftliche Betrachtung der Polizei verfasst.
„Es stellt sich die Frage nach der polizeilichen Offenheit gegenüber akademischer Sozialwissenschaft auch jenseits eines ‚Anwendungsimperativs’."
Fast unmittelbar stellt sich sodann die Anschlussfrage nach der Grundvoraussetzung einer verstärkten wissenschaftlichen Akzeptanz und auch Beforschung der Polizei: die nach der polizeilichen Offenheit gegenüber akademischer Sozialwissenschaft auch jenseits eines „Anwendungsimperativs. Diese schlägt sich einerseits sehr unmittelbar in Feldzugängen nieder, andererseits auch in einem Interesse an und Akzeptanz von Forschungsergebnissen, die durch einen Blick „von außen
auf die eigene Institution entstanden sind.
Eine Facette der künftigen Entwicklung der Akzeptanz von Wissenschaft in der Polizei ist dabei sicherlich die Haltung derjenigen, die neu in die Institution kommen und deren Gesicht in den nächsten Jahrzehnten prägen werden: der polizeiliche Nachwuchs, die Kommissaranwärterinnen und -anwärter an den polizeilichen Hochschulen. Bei der Vermittlung sozialwissenschaftlicher Inhalte an diese Zielgruppe setzen die unterschiedlichen Perspektiven dieses Heftes an.
Polizeigeschichte, Politikwissenschaften, Ethik, Psychologie und Soziologie werden in der polizeilichen Ausbildung durchaus bereits seit langem studiert. Um ihr Ansehen ist es dabei allerdings nicht immer gut bestellt. Studierende und manche Polizeipraktiker bezeichnen sie als „weiche, „rosa
, oder als „Nebenfächer – nicht selten fallen sie auch unter die Kategorie „Laberfächer
, d.h. man unterstellt diesen Disziplinen, dass es ihnen lediglich um die Produktion heißer Luft gehe, nicht aber um griffige Inhalte.
„Man unterstellt diesen Disziplinen, dass es ihnen lediglich um die Produktion heißer Luft gehe, nicht aber um griffige Inhalte."
Gemessen an dieser Kritik halten sich die Fächer hartnäckig und werden nie vollends aus den Kurrikula der polizeilichen Ausbildung gestrichen. Das ruft mehrere Fragen auf den Plan: Was wird in den Fächern eigentlich gelehrt? Welche Erwartungen knüpfen sich an die Lehre von sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern in der Polizeiausbildung? Welche Inhalte werden mit in die Praxis genommen und dort in polizeiliches Handeln übersetzt? Wie sieht die Lehre aus, sowohl aus Perspektive der Lehrenden wie der Lernenden? Was würden Fachgelehrte für die polizeiliche Ausbildung als wichtig erachten? Diese und ähnliche Fragen will das aktuelle Heft der Reihe „Polizei.Wissen" angehen. Nicht zuletzt soll damit ergründet werden, inwiefern sich sozialwissenschaftliche Inhalte und eine Akzeptanz für wissenschaftliche Denkweisen nachhaltig in der künftigen Polizei etablieren können und sollten.
* Die Initiative Polizei in der Wissenschaft ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen, die sich um eine Vernetzung der jungen Polizeiforschung bemühen. Zu der Initiative gehören Jonas Grutzpalk, Daniela Hunold, Lena Lehmann, Daniela Pollich, Andreas Pudlat, Patricia Schütte und Michaela Wendekamm.
„Alles schwule Themen" - Kollektive Selbstaffirmationen im Feld Polizei
Von Marschel Schöne und Martin Herrnkind*
Szene: 2002. Ein Polizeidirektor, stellv. Leiter einer pol. Ausbildungseinrichtung, am Fenster im Büro. Blick auf das gegenüberliegende Gebäude für Berufsethik und Sozialwissenschaften. Ruhig führt er seine Zigarette zum Mund, nimmt einen tiefen Zug, deutet mit einem Wink in Richtung Gebäude und spricht: „Alles schwule Themen".
Szene: 2019. Rhetorik-Training an einer FH Polizei. Ein Student fragt den Dozenten ostentativ: „Das ist doch hier das Fach mit all‘ den schwulen Themen, oder?".
Wie sind die beiden exemplarischen Äußerungen einzuordnen? Die Ablehnung der (Sozial-)Wissenschaften kann zunächst zusammengedacht werden mit der geschlechtsspezifischen Verfasstheit der Organisation Polizei. Die homophobe Tendenz beider Episoden scheint in dem Kontext unstrittig. Das Adjektiv „schwul ist hier abwertend konnotiert. Die direkte und indirekte Geringschätzung der (Sozial-)Wissenschaften ist partiell das Produkt einer habituellen Homophobie, die der traditionellen und tradierten männlichen Herrschaft konstitutiv eingeschrieben ist. Bereits Niederhoffer (1969: 129) beschrieb die Polizei als extrem homophobes Arbeitsfeld: „Of all occupations the police are apparently most free from the taint of homosexuality. The merest hint of effiminacy would absolutely bar a candidate from appointment to the force, and after the probationary period, any sign of homosexuality would lead to his immediate dismissal or forced resignation.
Homophobie im Feld Polizei geht einher mit Geringschätzung, zotigem Humor, maskulinen Imponiergehabe, also ostentativer Männlichkeit. Das Adjektiv „schwul reicht dabei weit über die homophobe Konnotation hinaus: Es steht hier vor allem für alles „Nicht-Maskuline
im Feld Polizei. Der Student meinte damit Rhetorik-Trainings, Anti-Konflikt-Trainings, Interkulturelle Trainings. Der Polizeidirektor meinte die Fächer Ethik, Psychologie, Verhaltenstraining, Soziologie, Politologie oder Kriminologie.
Für Bourdieu¹ ist das biologische Geschlecht zunächst eine elementare Dimension des Habitus, die „alle mit den fundamentalen sozialen Faktoren zusammenhängenden sozialen Eigenschaften modifiziert" (Bourdieu 1997: 222). Die geschlechtsspezifische Sozialisation ist dabei untrennbar mit der Sozialisation für eine bestimmte soziale Position der Akteure verbunden (vgl. Bourdieu, 1997: 222ff.). Das biologische Geschlecht wird also als sozial konstruiertes Ordnungsprinzip feldspezifisch determiniert und bestimmt entscheidend die Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata der sozialen Akteure. Und damit darüber, ob etwas als schwul wahrgenommen wird.
Die Organisation Polizei wurde ursprünglich von Männern für Männer konzipiert und kann auch gegenwärtig noch als Feld der institutionalisierten männlichen Herrschaft gesehen werden. Seine Feldstrukturen und die Habitus der Akteure sind auf männliche Herrschaft abgestimmt und trotz des (wachsenden) Frauenanteils von ca. 20 % dominieren männliche Kulturen noch mit apodiktischer Direktheit die Berufswelt Polizei. Der geschlechtliche Transformationsprozess der Polizei ist analog zur Token Theorie aufgrund der weiblichen Minderheitenposition in Teilen lediglich noch ein Formenwandel, nicht aber ein tatsächlicher Paradigmenwandel polizeilicher Grundbedingtheit.
Harry Callahan: Sie kommen aus der Gegend?
Chico Gonzales: Ja, aber ich bin nicht hier zur Schule gegangen.
H. C.: Baseball?
C. G.: Äh, Nein, ich hab geboxt, Mittelgewicht.
H. C.: Ich wollt schon immer mal'n Studenten.
C. G.: Bisher haben Sie noch nichts an mir entdeckt, was