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Stadtjagd: Blüten der Vergeltung
Stadtjagd: Blüten der Vergeltung
Stadtjagd: Blüten der Vergeltung
eBook206 Seiten2 Stunden

Stadtjagd: Blüten der Vergeltung

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Über dieses E-Book

Als der erfolgreiche Architekt Stefan Höck unter einem einstürzenden Baugerüst den Tod findet, vermutet die Polizei zunächst Schlamperei am Bau. Doch den Unfall begleiten Ungereimtheiten, welche die Mordkommission auf den Plan rufen.

Erst nachdem ein guter Bekannter der Familie des Architekten unter ebenso merkwürdigen Umständen ums Leben kommt, wird der Mordverdacht der Ermittler zur Gewissheit.

Rätselhaft erscheinen ihnen vor allem diese gelben Schwertlilien, die an den "Unfall"-Stellen zurückbleiben …

Ihre Recherchen führen sie zu einer Unbekannten, nach der gefahndet wird; doch dann stellt sich heraus, dass die Gesuchte schon vor Jahren verstarb.

Ist den leitenden Beamten bei ihrer Jagd auf die Mörder Waidmannsheil beschieden?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum18. Juni 2020
ISBN9783347020665
Stadtjagd: Blüten der Vergeltung

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    Buchvorschau

    Stadtjagd - Michael Duesberg

    Stadtjagd

    Jagdbeginn, 2015

    I.

    Es war kurz vor halb zwölf. Auf dem Herd brodelte und zischte es aus zwei Töpfen und der Pfanne; Elsa Höck kochte das Mittagessen. Im Stockwerk darüber hörte sie, wie Stefan, ihr Mann, in seinem Bürozimmer hin und her ging. Jetzt ertönte das charakteristische Geräusch einer ankommenden Nachricht auf dem Faxgerät; danach war es kurz still. Plötzlich vernahm sie von oben wilde Sprünge, und da brüllte Stefan auch schon durch das ganze Haus: „Wir haben es geschafft! Wir haben es – verdammt noch mal – geschafft!"

    Elsa erschrak, öffnete die Küchentür und stürzte zum Treppenabsatz. „Alles in Ordnung, Stefan?", rief sie hinauf.

    Die Antwort war ein weiterer Triumphschrei. „Geschafft! Donner und Doria aber auch, endlich geschafft!" Und da kam Stefan schon die Treppe herunter, mehr schlitternd als gehend, riss Elsa in seine Arme und tanzte mit ihr im Flur herum.

    „Was haben wir denn geschafft?", stammelte sie, wobei sie nach Luft schnappte.

    „Erinnerst du dich an die Ausschreibung für das Freizeit- und Gemeindezentrum?", fragte Stefan. „Ja, gelt? Diese Pläne sind angenommen worden; drei andere Architektenbüros gehen jetzt leer aus, juhu! In der Gemeindeversammlung haben sie unsere Pläne vorgezogen."

    „Das ist ja fabelhaft!, bestätigte Elsa, ohne die Tragweite der Mitteilung zu verstehen, „was bedeutet das für uns?

    „Folgendes", lachte ihr Mann, „das Ding ist ein Millionenprojekt. Es geht über Jahre und nochmals Jahre und umfasst außer dem Bau auch noch die Betreuung und Instandhaltung der Anlage und einzelner ihrer Elemente. Wir sind auf mindestens zwanzig, ach, was sage ich, hundert Jahre sorgenfrei."

    „Und wie kam es, dass sie deine Pläne angenommen haben?", fragte Elsa.

    „Weil es die besten, die schönsten, sichersten und billigsten waren, antwortete Stefan, „ich bin eben ein verdammtes Genie!

    „Dann können wir die Kinder später auf die beste Uni des Landes schicken, sagte Elsa, „welche ist das denn?

    Während Elsa in Träumen schwelgte und Stefan triumphierte, lächelten die drei Schicksalsgöttinnen Klotho, Lachesis und Atropos ihr falsches Lächeln vom Götterhimmel herab und Ananke, die Göttin des Verhängnisses, rieb sich die schneeweißen Hände.

    Stefan Höck war ein landesweit bekannter Architekt, in dessen Firma mehrere Kollegen mit ihm zusammenarbeiteten: Architekten, Ingenieure, Statiker, Rechtsanwälte und Bankleute. Das Team trug den Firmennamen „MÜNCHENBAU" und hatte seit Jahren volle Auftragsbücher. Stefan liebte seinen Beruf; böse Zungen behaupteten, er liebe sich selbst und seinen Job mehr als die Familie. Er trug als Chef-Architekt viel Verantwortung, und dazu passte, dass er seiner Natur nach ein notorischer Workaholic war, der früh zur Arbeit ging, spät heimkam und sich oft auf Geschäftsreisen befand.

    Am nächsten Morgen kam Stefan Höck die Treppe vom 1. Stock heruntergesprungen, immer zwei Stufen auf einmal, wie üblich, und wollte im Familienkreise frühstücken. Es war schon 7: 45 Uhr. Er öffnete die Tür zum Esszimmer, doch das war leer. Verwundert und auch etwas unmutig blickte er über den leeren Tisch. Was war heute los, warum saßen die Kinder, Sophie und David, nicht beim Frühstück? Er schüttelte den Kopf, nahm die Tageszeitung vom Buffet und setzte sich an den Tisch. In der Küche nebenan hörte er seine Frau rumoren. Als sie mit Brötchen und Kaffee ins Esszimmer trat, blickte er kurz von der Zeitung auf.

    „Wo sind die Kinder?", fragte er statt eines Grußes.

    „Sophie hat erst um 9 Uhr Unterricht, und David sollte jeden Moment hier sein, antwortete sie, ebenfalls statt eines Grußes. Nach kurzer Pause fragte sie: „Hast du heute lange zu tun?

    Stefan riss sich von dem Zeitungsartikel los. „Na ja, mittellang. Warum?" Keine Antwort.

    „Wir haben heute einen Rohbau mit fünf Stockwerken zu checken, erklärte er, „der wird am Nachmittag vom Stadtrat besichtigt. Wenn alles nach Wunsch verläuft, bin ich um 20 Uhr wieder hier. Warum fragst du?

    „Um 20: 15 Uhr kommt eine nette Serie im Fernsehen", antwortete sie, „Inspector Barnaby. Die solltest du dir auch einmal ansehen."

    „Bei Gelegenheit mal", sagte Stefan ohne großes Interesse und schenkte sich Kaffee ein.

    Dann rumpelte es auf der Treppe, die Tür wurde aufgerissen und der 15-jährige David, ein dünner Schlacks von fast zwei Meter Länge trat ein. „Hallo, Leute", sagte er.

    Die Eltern mussten sich ein Lachen verkneifen.

    „Salve, Davide", sagte sein Vater.

    „Grüß dich, Kleiner", schob seine Mutter nach.

    David blickte irritiert zu ihr hinüber.

    „Was habt ihr denn zurzeit im Hauptunterricht?", fragte Stefan seinen Sohn.

    „Physik: Elektrizität und Wärme", antwortete David.

    „Ist das gut?", fragte Elsa.

    „Hm ja, geht so. Wird das hier ein Verhör?", erkundigte er sich vorsichtig.

    „Nein, antwortete seine Mutter und lachte, „rein elterliches Mitgefühl.

    „Aha."

    Sie frühstückten, und danach verabschiedete sich Stefan und verließ das Zimmer. Später hörten sie ihn draußen in den Wagen steigen und wegfahren. Kurz darauf sagte auch David tschüss und ging. Als er die Haustür zuschlug, kam Sophie die Treppe herunter und trat in den Raum. Sie war zwei Jahre älter und einen Kopf kleiner als ihr Bruder und schon in der Abi-Klasse.

    „Hi, Mom", sagte sie und umarmte Elsa.

    „Grüß dich, Sophie. Gut geschlafen?"

    „Jo, ging so. Du, ich gehe heute doch etwas früher zur Schule als geplant; muss in der Bibliothek noch etwas nachlesen."

    Als Sophie aus dem Haus war, wählte Elsa auf ihrem Handy eine Nummer. „Hallo, Fritz! Guten Morgen! Das Haus ist leer; du kannst kommen", sagte sie, als der Angerufene sich meldete.

    „Schon unterwegs", antwortete dieser.

    Stefan hatte eine halbe Stunde Fahrtzeit bis zu dem eingezäunten Parkplatz in der Nähe seines Büros; dort stellte er seinen Wagen üblicherweise ab und ging die letzten 500 Meter zu Fuß. Der Weg führte durch eine Parkanlage und danach in einen anderen Stadtteil Münchens. Während der kühleren Jahreszeiten diente ihm der Weg als Joggingstrecke. Als er heute durch den Park schritt, sah er eine frische gelbe Schwertlilie mitten auf dem Weg im Staub liegen. Er stutzte kurz und ging dann weiter; doch das Bild der abgeschnittenen Blume ließ ihn für eine Weile nicht mehr los.

    Der Tag war anstrengend, die Arbeit wie immer erfüllend, aber auch fordernd. Als der Nachmittag in den frühen Abend überging, freute sich Stefan auf den Feierabend. Er verließ die Firma gegen sieben Uhr und marschierte Richtung Parkplatz, den er um Viertel nach sieben erreichte. An der Frontscheibe seines Wagens, eingeklemmt hinter dem Scheibenwischer, hing der nun bereits schlaffe Stängel der Schwertlilie.

    Stefan erschrak, drehte sich um und musterte die anderen geparkten Wagen auf dem Platz. Einen Moment lang war ihm, als ob er beobachtet würde, doch die Autos schienen leer zu sein und außerhalb des Maschendrahtzauns sah er niemanden. Er öffnete seinen Wagen, löste die Blume vom Fenster und warf sie auf den Rücksitz; dann setzte er sich hinters Steuer und fuhr los.

    Ein kleiner grauer Wagen folgte ihm in größerem Abstand, blieb aber so weit auf Distanz, dass er Stefan nicht auffiel. Um kurz vor acht Uhr erreichte er sein Haus in der Freibergstraße, fuhr in die Einfahrt, stieg aus und öffnete die Haustür. Wieder hatte er das Gefühl beobachtet zu werden, doch ein schneller Blick zurück zur Straße korrigierte den Eindruck. So dachte er wenigstens.

    Am folgenden Morgen, als Stefan auf dem Weg zum Büro aus seinem Wagen stieg, stellte sich abermals dieses unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden in seinem Rücken ein, aber auf dem Platz war niemand zu sehen; also war wohl alles in Ordnung. Auf seinem letzten Wegstück aber lag, an derselben Stelle wie am Vortag, ein frischer Stängel Schwertlilie auf dem Boden. Stefan, der in Gedanken schon bei der Arbeit war, zuckte kurz zusammen und sah sich um, doch wieder konnte er nichts Beunruhigendes wahrnehmen. Tief in Gedanken versunken schritt er weiter und kam schließlich zur Zentrale, wo er über den Aufgaben des Tages die Blume im Staub vergaß. Jedenfalls bis zum Abend, denn auf dem Heimweg ging er dieselbe Strecke zurück, und da war die Blume fort. Vor seinem Wagen aber wurde ihm die Sache wirklich unheimlich, denn die Iris klemmte verwelkt hinter seinem Scheibenwischer. Mit einem Fluch zog er sie heraus und warf sie zu der anderen auf den Rücksitz.

    Am Abend rief er Fritz Gugelmann an, den Freund der Familie, der auch Pate seines Sohnes war, und erzählte ihm von den Blumen. Sein Freund hörte sich die Geschichte schweigend an, pfiff aber zwischen den Zähnen, als die Rede auf die gelben Schwertlilien kam.

    „Noch kein Grund zur Panik, Alter", beruhigte er Stefan.

    „Und wer hat mir die Stängel dann auf den Weg gelegt?", fragte Stefan scharf zurück.

    „Das kann etwas völlig anderes sein, als du jetzt denkst", wiegelte Fritz ab. Dann beendeten sie das Gespräch. In dieser Nacht schlief Stefan schlecht.

    Die Träume, die ihn überfielen, waren dunkel und drohend, und er kämpfte mit Panikattacken.

    Der dritte Tag verlief wie die beiden zuvor, Stefan fuhr zum Parkplatz und sah auf seinem Weg einen frischen Irisstängel im Staub liegen. Diesmal hob er ihn sofort auf und nahm ihn mit zum Arbeitsplatz.

    Er musste an einem seiner Neubauten am Rosensteinplatz einen letzten Sicherheitscheck durchführen, weil sich für den Vormittag des folgenden Tages eine Besuchergruppe mit wichtigen Investoren zur Besichtigung angemeldet hatte.

    Am späten Vormittag war Stefan auf seinem Kontrollgang im 3. Stockwerk angekommen. Er prüfte alle Räume und Winkel, dazu die Sicherheitsvorkehrungen jener Bauteile, an welchen Teile der Außenwände fehlten, weil sie später verglast werden sollten; man hatte sie einstweilen mit Provisorien gesichert. Er trat kurz ans Ende einer der noch unverglasten Seiten, legte die Hände auf den dort befestigten Holzzaun und lehnte sich etwas vor, um durch das Baugerüst hindurch einen Blick an der Außenwand hinab zu tun, als es im selben Augenblick über und unter ihm krachte und knirschte, und ein Teil des Baugerüsts zusammenbrach und abstürzte.

    Ehe Stefan zurückspringen konnte, schlug ihm eine schwere Gerüststange auf Kopf und Nacken, brach ihm das Genick und riss ihn dabei über die Absperrung hinweg in die Tiefe. Der Lärm des stürzenden Gerüsts ging im Arbeitslärm der Maschinen unter, die auf der anderen Hausseite noch im Einsatz waren, und Stefans Fehlen fiel erst später auf. Als die Männer des Werkschutzes den Bau umrundeten, fanden sie ihn am Boden unter einem Gewirr aus Metallstangen und Holzbohlen liegen.

    Der Zusammenbruch des Gerüsts schien anfangs noch ein bedauerlicher Unfall zu sein und erregte bei den Kollegen der „Münchenbau" zunächst nur Missfallen der schlampigen Arbeit wegen. Die Polizei wurde verständigt und ermittelte gegen den Gerüstbauer wegen fahrlässiger Tötung durch Schlamperei.

    II.

    Bei der Polizei Bayerns sind ungefähr 42 000 Mitarbeiter beschäftigt. Seit der Reform 2006–2009 besteht der ganze Polizeiapparat aus drei großen Blöcken:

    1.) dem Bayerischen Staatsministerium des Innern und für Integration;

    2.) zehn neuen Polizeipräsidien,

    dem Bayerischen Landeskriminalamt,

    der Bayerischen Polizeiverwaltung,

    dem Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei und

    3.) den Inspektionen, die der Bevölkerung als Ansprechpartner dienen.

    Ihre Dienststellen erstrecken sich über zehn der drei Teilregionen Bayerns: Bayern, Schwaben und Franken. Allein das Polizeipräsidium München umfasst mehr als 6 000 Beschäftigte. Deren Abteilung E 3 ist zuständig für die Verbrechensbekämpfung. Die Inspektionen 11–16 gehören zum Abschnitt „München Mitte" und verfügen außer über das Stammpersonal über einige Ergänzungsdienste wie Hundertschaften, Reiter- und Hundestaffeln und etliche Sonderdienste.

    Um 11: 30 Uhr meldete Polizeioberkommissar Fritz Gerold seinem Vorgesetzten, dem Polizeihauptkommissar Joseph Grander, den Unfall auf der Baustelle Rosensteinplatz.

    „Seit wann beschäftigen wir uns mit Schlampereien am Bau?", fragte Grander ungnädig.

    „Wir wissen nicht, ob mehr dahintersteckt", antwortete Gerold, „ein Mann vom Werkschutz, der darum bittet, dass sein Name nicht genannt wird, sagte, die zuständige Gerüstbaufirma sei absolut zuverlässig. Er bitte darum, dass wir den Unfall unter die Lupe nehmen.

    „So, so, er bittet darum. Will er das auch bezahlen, worum er bittet?"

    Gerold schwieg.

    „Also, los, dann lass uns halt hinfahren."

    Eine halbe Stunde später stellten sie den Wagen am Rosensteinplatz ab und stiegen über die Absperrbänder, welche von den Streifenpolizisten vor Ort gespannt worden waren. Der Arzt, der den Toten untersucht hatte, packte eben seine Gerätschaften zusammen, und zwei Männer waren dabei, den Toten in einen Sarg zu heben, um ihn anschließend in die Pathologie zu bringen. Zwei Gruppen von Bauarbeitern wurden von zwei Streifenbeamten befragt. Einer von ihnen drehte sich gerade um, sah Grander und Gerold aus dem Wagen steigen und ging auf sie zu.

    „Pfiat di, Hannes, sagte Grander, „was haben wir denn?

    „Pfiat eich", antwortete der Angesprochene, Polizeimeister Hannes Höfer.

    „Jo, a Leich. Diesen Stararchitekten Stefan Höck, du kennst ihn wahrscheinlich aus der Zeitung. Er wurde von einem Teil des Baugerüsts erschlagen und ist vom 3. Stock abgestürzt. Seine Witwe haben wir schon verständigt, ebenso seine Firma, die Münchenbau."

    „Gibt es etwas Auffälliges an dem Unfall?"

    „Dr. Wagner sagt, Höck habe sich das Genick gebrochen; ob beim Sturz oder von einem Teil des Baugerüsts, kann er noch nicht sagen."

    „Danke. Dann reden wir erst einmal mit den Arbeitern. Ist unter ihnen auch der Kapo?"

    „Der Dicke da drüben, er heißt Kurt Immendinger", antwortete der Polizeimeister.

    Die Kriminalbeamten gingen zu der Gruppe hinüber.

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