Im aufsteigenden Zeichen: Gedichte
Von Volker Zotz und Friederike Migneco
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Buchvorschau
Im aufsteigenden Zeichen - Volker Zotz
Schachbrett
SCHACHBRETT I
Neu das Schachbrett erfunden
war sie König und Bauer
sprang sie von Freude zu Trauer
vom Weißen ins Schwarze
gewann sie die Runden
im Spiel aller Spiele
versank in Partien
die sie dann doch erfunden
Überall auf dem Brett
war sie all die Figuren
doch keine von diesen
konnte sie bergen
gewann sie im Schwarzen
so war sie verraten
gewann sie im Weißen
so verlor sie das Ganze
und verspielte das Eine
vor Schmerzen verrückt
erhaben und weise
kam sie ans Ende
um das Leben in Splittern
nicht mehr zu kitten
Sie sah hell und glasklar
hinterließ keinen Dunst
sondern sich selbst im Schachmatt
– auf Weiß wie sie war
(An Sylvia Plath)
***
DER TOD ist heilig
denn er hinterlässt
nichts
Sichtbares
***
SO LANGE DER SCHREI
nicht ein einziger ist
bleibt alles zerfetzt
und die Bomben zünden
SCHACHBRETT II
Dein Marmor war
von saurer Atmung warm
du wolltest nicht weiter
werden sondern
eins in der Entzweiung
dein Leben ein Schachbrett
du warst die Königin
ließest den Bauer
sein Spiel führen und gewinnen
du wolltest den Verräter sehen
im bipolaren Spiel
mit schwarzen
und mit weißen Zügen
auferstehen
im neunmaligen Schachmatt
dich ganz verspielen
der Bauer packte dich zuletzt
nicht auf Schwarz sondern auf Weiß
und du schriest nicht um Hilfe
denn du warst weit
der Raum zwischen dir
und der müden Sonne
war schon breit
(An Sylvia Plath)
WANN?
Mit Seife und Asche
haben wir uns schon
rein gewaschen
aber schwarze Milch
fließt noch in unseren Venen
und wir schreiben im Schein
der Lampenhaut aus Brudermord
geboren im Abgrund
verkennen wir den Grund
sind wir doch
in drei Generationen
mit Dieselabgasen
gereifte Früchte.
Wann kommt sie die Schuld?
Wann tritt sie zutage?
Wann sieht man
endlich
das letzte Zeichen?
Null oder Eins
in Alternative
Herrschaft der Zahl
Erbschaft der Paarung
von Hakenkreuz
mit Hammer und Sichel
(An Paul Celan)
***
DIE LUFT ist sauer
die Sonne weiß
Gedanken gepresst
der Boden fest
Meere stauen
Dämme faulen
Augen werden Schlitze
in die klebrige Menschen
sich Eingänge bahnen
und sie mit Bomben verminen
die uns von innen zerreißen
Wir sind explodiert
wir sind nun die Masse
erblindet im Staub
und kriechen in Wunden
aneinander vorbei
verloren der Sinn
vergangener Stunden
vergraben die Schuld
begangener Morde
nur reine Mauer
nur alles Trauer
aus Benzin ist das Blut
das klebt an den Scherben
und wir sind alle zusammen
Opfer und Schergen
NATIVITAS MORTIS
Es gibt Menschen
die sind nur
die Schutzhülle
ihres Todes
Wenn sie sich abwetzt
und reißt
versucht er
sie von innen zu flicken
Wenn das nicht mehr geht
tritt er aus ihnen hervor
und schüttelt sich frei von ihnen
wie ein Küken von seinen Eischalen
und streift ihre Reste ab
wie ein Küken die Eischalen abwirft
Von da an ist er
nur auf sich selbst angewiesen
(Erich Fried)
NATIVITAS …
(Variation)
Es gibt Menschen,
an denen
sich ihr Tod reibt,
die lassen sich abwetzen
so lange bis ihnen
das Leben nackt übrig bleibt.
… AMORIS
Dann gibt es Menschen,
die schenken ihr nacktes Leben
(Fried Erike)
TRIUMPH
Dass Liebe und Tod
zueinander stehen
wie Schmetterling und Raupe
wissen wir im Schimmer
der vergehenden Jahreszeiten
und auf immer
denn wenn wir lieben
sind wir ganz einander
hingegeben
dem Tode entreißen wir
den letzten Trumpf
denn wir haben schon
alles preisgegeben und
im letzten Hauch ist dann Triumph
Italienischer Saum
NON PIÙ
Volevo toccarTi
ma non voglio più
affondare il dito nelle Tue piaghe
è sofferenza in più
Dov’è la consolazione
se il sangue
è la croce che
bisogna portare?
Dov’è la croce
con Te leggera
che siamo chiamati
ad amare?
Non vi è scelta
con o senza di Te
siamo inchiodati
con o senza di Te
moriamo abbandonati
Nulla da chiederTi
perchè non hai nulla da dare
se non l’impotenza
del rinnovo della sofferenza
Un altro nome
con cui chiamare
il dono d’amore
ASSOLUZIONE
L’uomo d’oggi
non chiede aiuto
è murato sepolto
la bara è
di diamante
no – è di gomma
dura grigia
se l’uomo d’oggi
urla
dal sarcofago
il suo grido
non ha eco
non risuona
non si sente
eppure vorremmo sentire
vorremmo assolvere
assolviamo
chi chiede
di essere assolto
ma l’uomo d’oggi
non chiede
allora lasciamo stare
così
chi non chiede
chi ha il corpo
di gomma plastificato
fucsia verde pisello
icona windows
irradiata
contaminata
che resta
tale e quale
con un inizio
ma senza fine
prodotta
ma non distrutta
risultato in serie
ma non farfalla
l’uomo d’oggi
è un agglomerato
sinaptico
ceduto al meccanismo
la dissoluzione
è avvenuta
il creato si è fermato
con la plastica
NOLI ME TANGERE
Tu ci conduci là dove
non ti si può toccare
per contrade bruciate e desolate
illuminate solo dagli occhi
di