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Laufen und Leben auf der Überholspur
Laufen und Leben auf der Überholspur
Laufen und Leben auf der Überholspur
eBook179 Seiten1 Stunde

Laufen und Leben auf der Überholspur

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Über dieses E-Book

Der erste Teil der Trilogie "Laufen und Leben auf der Überholspur" schildert die Anfänge der Laufkarriere von Björn Grass. Angefangen hat alles mit einer Diät, die nicht als solche geplant war, sondern, die das Leben schrieb. Er war gerade in einer abenteuerlichen Aktion aus der DDR geflohen und durch diesen Einschnitt in seinem Leben purzelten die Pfunde. Um nicht dem Jojo-Effekt zu verfallen, mußte die richtige Sportart gefunden werden: das Laufen. Anfangs standen die 10 Kilometer-Wettkämpfe im Focus, die Strecken sollten allerdings schnell länger werden. Bis zur Königsdiziplin des Ultralaufes, dem 100 Meilen-Lauf. Seit 1997 hält Björn Grass den Weltrekord im "Marathon auf offener See"; gelaufen in 2:48:25 Std.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. März 2017
ISBN9783734516917
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    Buchvorschau

    Laufen und Leben auf der Überholspur - Björn Grass

    1Wie alles begann...

    Ich war nie das, was man einen Sportaholic nennt. Eher der Typ, der den Abfall mit dem Auto zur Mülltonne fährt. Wenn die durchschnittliche Entfernung, die ein Mensch heute noch am Tag zu Fuß zurücklegt, bei 300 Metern liegt, war ich der, der alles wieder ausglich, wenn einer es zum Beispiel auf 500 Meter brachte.

    Alles fing Anfang 1988 mit einer Diät an, die ich nicht als Diät geplant hatte, sondern die das Leben schrieb, bei der ich 30 kg abnahm und plötzlich feststellen musste, dass ich mich richtig gut fühlte, aber leider nichts von Dauer ist. Ich war gerade in einer abenteuerlichen Aktion aus der DDR geflohen, wo es mir finanziell sehr gut gegangen war und begann jetzt in Westberlin noch einmal von vorn, nur mit dem, was ich am Körper trug. Durch diesen Einschnitt in meinem Leben purzelten die Pfunde, dass es nur so eine Freude war, zuzusehen. Da ich jetzt kein Auto mehr hatte, brachte ich sogar den Müll wieder zu Fuß weg. Ich fühlte mich körperlich so gut wie nie zuvor in meinem Leben. Als dann aber irgendwann mein Leben wieder in „normalen" Bahnen verlief, merkte ich, dass ein schleichender Prozess einsetzte.

    Ich musste erkennen: Wer wieder „normal" isst und sich nicht bewegt, nimmt auch wieder zu. Herzlich willkommen Mr. Jojo-Effekt, aber nicht mit mir.

    Das erste Mal in meinem Leben dachte ich darüber nach, mich körperlich zu betätigen. Na ja, das stimmt nicht ganz, denn immerhin hatte ich als Jugendlicher mal Handball gespielt. Das war aber nicht der Rede wert. Ich wollte einfach nicht wieder zunehmen, weil ich mich jetzt viel wohler fühlte, so wie ich war. Mit 67 Kilogramm auf 1,78 Meter merkte ich, dass Lebensqualität etwas war, was ich bisher ganz anders definiert hatte.

    Nun musste nur noch die Sportart gefunden werden, die meine neu gewonnene Lebensqualität sicherte, und das war gar nicht so einfach.

    Ein Plakat half mir da weiter: „Private Trainerstunde 50 DM" stand da an der Tennishalle. Das hört sich doch gut an, dachte ich. Deutschland war im Boris Becker-Fieber und ich ein paar Stunden später im Besitz von Adidas-Hallen-Tennis-Schuhen. Hochmotiviert ging es zur ersten Tennisstunde, die dann auch schon nach 45 Minuten wieder zu Ende war. Und geschwitzt hatte ich eigentlich auch nicht. Mir war klar, auf Dauer würde das teuer werden mit zweifelhafter Garantie auf Erfolg, und auch der Weg bis Wimbledon war noch sehr weit...

    Ein paar Tage später war ein weiteres Plakat erneut die Rettung: „Samstag 15:00 Uhr, Bad Driburger-Brunnenlauf, 10 km durch den Teutoburger Wald".

    Das war es, schoss es mir durch den Kopf. Ich erinnerte mich, wie begeistert ich in den 70-er Jahren den Neuseeländer John Walker im Fernsehen verfolgt hatte und heimlich davon geträumt hatte, so wie er laufen zu können.

    Laufen, das war meine Sportart. Ich fühlte das. Ich hatte keinen einzigen Meter trainiert, aber war das überhaupt nötig? Vielleicht hatte ich ja Talent. Auf jeden Fall hatte ich NULL Ahnung, auf was ich mich da einließ.

    Ich fühlte mich fit und war hochmotiviert, und so stand ich zwei Tage später am Start des 10 km langen Brunnenlaufes, an den Füssen meine neuen Adidas-Hallen-Tennis-Schuhe. Punkt 15:00 Uhr fiel der Startschuss und los ging es mit meiner Laufkarriere, was ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wusste. Erstaunlicherweise konnte ich in der Spitzengruppe mitlaufen, allerdings nur bis Kilometer 3, was trotzdem erstaunlich war. Danach brannte die Lunge und es gab kaum einen Körperteil, der nicht höllisch weh tat. Komischerweise lief ich aber weiter und weiter, woran mir aber im Nachhinein jegliche Erinnerung fehlt. Als ich dann endlich die Ziellinie überquerte, brach ich „halbtot" auf dem Rasen zusammen. Nach einiger Zeit endlich wieder ansprechbar, erfuhr ich, dass ich in 43 Minuten den 14. Platz belegt hatte. Konnte das sein? Na ja, meine Ziele bzw. Hoffnungen waren vor dem Start deutlich höher gewesen. Natürlich völlig unrealistisch. Jetzt, wo ich realisierte, dass vielleicht der eine oder andere Teilnehmer vorher schon einmal trainiert hatte, war ich doch zufrieden. Als ich dann auch wieder sprechen konnte, war mir klar, dass ich in einem Jahr diesen Lauf gewinnen würde bzw. wollte. Um es vorweg zu nehmen, damit lag ich völlig richtig.

    2Trainieren ohne Sinn und Verstand

    Das Erstaunliche war, dass ich keine Nachwehen vom Brunnenlauf hatte, es tat einfach überhaupt nichts mehr weh am nächsten Tag. Das Ziel stand fest: Wettkämpfe zu bestreiten und zu gewinnen. Jetzt musste nur noch dafür trainiert werden. Ich war hochmotiviert und obwohl ich noch nie mit einem anderen Läufer gesprochen hatte, geschweige denn irgend welche Fachliteratur gelesen hatte, startete ich am nächsten Tag mein Lauftraining. Von nun an trainierte ich täglich, an den ersten Tagen ca. eine halbe Stunde, bald aber auch länger. Alle Läufe fanden im Wald statt, viele Berge inbegriffen, das war mein Terrain. Es machte Spaß, einfach vor sich hin zu laufen und die Natur zu genießen, allerdings war das alles völlig ohne Plan. In Bad Driburg und Umgebung hatte ich optimale Trainingsmöglichkeiten, der Teutoburger Wald lag direkt vor der Haustür.

    Mittlerweile besaß ich auch mein erstes Paar Laufschuhe, ich hatte natürlich gemerkt, dass kein anderer Läufer beim Brunnenlauf Hallen-Tennis-Schuhe an den Füßen hatte. Gleich am nächsten Tag fuhr ich nach Paderborn und kaufte mir bei Reno ein Paar Laufschuhe (Hausmarke) für 19,90 DM. Alles ging so unglaublich schnell, nach nur wenigen Tagen war das Laufen zu meinem Hauptlebensinhalt geworden. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich nie etwas anderes gemacht.

    Da ich mir beim Brunnenlauf einen Laufkalender und sämtliche Volkslauf-Ausschreibungen der Umgebung mitgenommen hatte, war ich bestens informiert, wo und wann Laufveranstaltungen stattfanden. Jedes Wochenende war ich nun zu Volksläufen unterwegs, wo ich immer auf der 10 km-Distanz an den Start ging. Das Ziel erreichte ich in der Regel zwischen Platz 4 und 8. Ich merkte, wie das tägliche Training Früchte trug, obwohl ich natürlich noch viele taktische Fehler im Rennen machte. Meist ging ich es viel zu schnell an, ganz nach der Devise: wenigstens einmal im Lauf auf Platz 1 sein.

    Es dauerte nicht lange, ich war gerade Vierter über 10 km in Gütersloh geworden, als mich der Sieger des Laufes beiseite nahm und mich auf meine Reno-Laufschuhe ansprach. „Was ist das??? Wie kannst du damit laufen?". Ich verstand damals gar nicht, was er von mir wollte.

    3Der erste amtlich vermessene 10 km-Lauf

    Durch meine kontinuierliche Präsenz auf Laufveranstaltungen mit akzeptablen Platzierungen wurden auch die verschiedensten Vereine auf mich aufmerksam. So wurde ich dann auch relativ schnell Mitglied beim „Non-Stop-Ultra-Brakel". Der Winter stand vor der Tür und ich brachte ihn mit Cross-Läufen so gut und so schnell es ging hinter mich. Damals merkte ich schon, dass ich viel lieber bei Hitze lief, als in der Kälte. Ich lief jetzt bereits ein halbes Jahr und hatte noch nicht einen amtlich vermessenen 10 km-Lauf gemacht.

    Am 03. März 1991 war es dann endlich so weit. Mit zwei anderen Läufern fuhr ich nach Vreden, einer Stadt nahe der holländischen Grenze, zu einem amtlich vermessenen 10 km-Straßenlauf. Einen Tag vorher fuhr ich noch nach Paderborn und kaufte mir bei Runners Point meine ersten Marken-Laufschuhe. Einen rot-weißen Adidas Wettkampfschuh! Einen ganz kleinen Haken hatte die Sache natürlich wieder. Der linke Schuh hatte in der Auslage gelegen und war von der Wintersonne ausgeblichen, sodass er jetzt pink war.

    Mit meinen zweifarbigen Wettkampfschuhen (einer rot und einer pink) stand ich dann hochmotiviert am Start in der ersten Reihe in Vreden. Von Beginn an lief ich in der Spitzengruppe, die von Kilometer zu Kilometer kleiner wurde, bis wir bei Kilometer 7 nur noch zu zweit waren. Als ich 1000 Meter vor dem Ziel beschleunigte und mein Mitstreiter nicht mithalten konnte, wusste ich, dass ich heute meinen ersten Lauf gewinnen würde. Die Uhr stoppte bei 33:40 Minuten.

    Ich war total happy, mein erster richtiger 10-er und gleich mit dem Gesamtsieg gekrönt. Auch die Zeit fand ich ganz anständig. Wer konnte das bei uns in der Gegend schon laufen, vielleicht ein oder zwei Läufer...

    Ein gewohntes Bild bei Volksläufen Mitte der 90-er Jahre

    Die ersten Erfolge

    Ich konzentrierte mich von nun an ausschließlich auf die 10 km-Strecke, auch weil ich unterdessen einen Sponsor hatte, der mich nach der Anzahl meiner Starts bezahlte. Es dauerte nicht lange, da startete ich mindestens zweimal an jedem Wochenende, wenn es logistisch möglich war, auch schon mal dreimal.

    Die Wettkämpfe waren mein wöchentliches Tempotraining, es sollte noch Jahre dauern bis ich das erste Mal eine Laufbahn zum Tempotraining betrat. Meine Bestzeiten auf den verschiedensten Distanzen bin ich alle ohne jegliches Tempotraining gelaufen. Mein Laufprogramm, das sich von alleine ergeben hatte, funktionierte also hervorragend. Die Laufzeiten wurden besser, ich hatte immer mehr Spaß am Laufen, der sicherlich auch aus den Erfolgen resultierte. Und was viel wichtiger war: es ging mir gut.

    4Aus Versehen der erste Halbmarathon

    Im Februar 1992 fuhr ich mit meinem späteren Trainer Karl Kemper, damals ein sehr guter Altersklassenläufer aus Bad Driburg, nach Herten Bertlich. Dort werden noch heute dreimal im Jahr alle Wettkampfstrecken zwischen 5 Kilometer und der Marathondistanz während einer Veranstaltung angeboten.

    Warum ich an diesem Tag nicht 10 Kilometer, sondern 7,5 Kilometer lief, weiß ich heute nicht mehr. Auf jeden Fall gewann ich den 7,5 km-Lauf nicht und startete daraufhin direkt im Anschluss noch über 5 Kilometer. Diesen Lauf gewann ich dann nach einem harten Fight in 15:44 Minuten. Damit hatte ich auch meinen ersten 5 km-Lauf als Sieger beendet.

    Ich lief jetzt schon einige Zeit und war noch nie eine Wettkampfstrecke gelaufen, die länger als 10 Kilometer war, und hatte es eigentlich auch nicht vor. In Brakel, der Heimatstadt unseres Vereins „Non-Stop-Ultra", organisierten die dort stationierten belgischen Soldaten jährlich eine schöne Laufveranstaltung, bei der 10 km und 21 km zur Auswahl standen.

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