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Kommissarin Sarah Molony , Band 1 + 2: Doppelband: "Whiskey-Ballett" und "Patchwork-Morde", Band 1 + 2
Kommissarin Sarah Molony , Band 1 + 2: Doppelband: "Whiskey-Ballett" und "Patchwork-Morde", Band 1 + 2
Kommissarin Sarah Molony , Band 1 + 2: Doppelband: "Whiskey-Ballett" und "Patchwork-Morde", Band 1 + 2
eBook300 Seiten3 Stunden

Kommissarin Sarah Molony , Band 1 + 2: Doppelband: "Whiskey-Ballett" und "Patchwork-Morde", Band 1 + 2

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Über dieses E-Book

Es ist ein Doppelband der Bücher "Whiskey-Ballett" und "Patchwork-Morde". Das ungleiche Ermittlerduo aus der Deutsch-Irin Kommissarin Sarah Molony und der Zollbeamtin Richenza Ottilie Schmitzlein-Ithana im Kampfe nicht nur gegen die Kriminellen...

Whiskey-Ballett:
Kommissarin Sarah Molony ist schon genervt, als sie nach durchzechter Nacht Rizena Ottilie Schmitzlein-Ithana vor ihrem Büro sitzen sieht. Der Schock setzt bei der Deutsch-Irin erst ein, als sie erfährt, dass die dralle bunt gekleidete Dame vom Zoll ist und sie gemeinsam ein Team bilden sollen, um einen versuchten, später vollendeten Mord an dem Kleinkriminellen Timo Brenner in der Schwarzbrennerszene aufzuklären. Auch die Zollkollegin ist wenig begeistert. Sarah ist das genaue Gegenteil von ihr, der veganen Antialkoholikerin. Dass die junge Kollegin sie nach ihren Initialen R-O-S-I "Rosi" nennt, verbessert die Situation nicht. So recherchiert in dem Fall jede für sich allein. Im Zuge der Ermittlungen gerät auch die illegale Hobby-Brennerei von Sarah Molony in das Visier von Schmitzlein-Ithana. Die beiden Frauen kommen im Zuge ihrer Recherchen der Russen-Mafia in die Quere. Für Schmitzlein-Ithana wird dies ein sehr nachhaltiger Kontakt mit der organisierten Kriminalität sein. Ihr Kollege Arian Wichter kommt dadurch in zunehmendem Maße ins Spiel. Die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten ergeben verschiedene, meist gegensätzliche Ansätze für Deals, Handlungen und Unterlassungen. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischen immer mehr, soweit überhaupt vorhanden ...

Patchwork-Morde:
»Jesses!« Sarah starrt ungläubig auf die Toten. »Was ist das denn schon wieder?« Bizarre Morde an vier älteren Damen eines Nähkränzchens bringen das Zwangsteam aus Kommissarin Sarah Molony und Zollbeamtin Schmitzlein-Ithana auf den Plan. Die Morde lassen sich in Verbindung bringen mit gefälschten Nobelstoffen und führen die beiden erst in die örtliche Pachtwork-Szene, dann zu religiösen Eiferern und Sektierern, extremen Feministinnen, katholischen Würdenträgern, der organisierten Kriminalität und korrupten Beamten. Mittendrin die italienische Unternehmerin Flavia Nobile, die in der Sache mehr als nur ein doppeltes Spiel treibt.
Sarahs Bruder Paul hat sich unterdessen bei seiner Schwester einquartiert. Der vorgebliche Verwaltungscoach zieht im Hintergrund der Ermittlungen und darüber hinaus, inkognito und unbemerkt, vielerlei Strippen. Derweil sind die aus einer Anstalt getürmten Sturm und Wichter weiter auf der Suche nach Verschwörungen, dem Heiligen Gral und der Bundeslade, dabei kommen sie Paul in die Quere …
Im Flickwerk aus Morden, Entführungen, Fakten, Indizien, Intrigen, Verschwörungsfantasien, falschen Freunden und Aussagen laufen die Ermittlungen ins Leere. Sarah ist dabei mehr Getriebene als Handelnde.
Wird sich das Gewirr aus Lügen, Halbwahrheiten und in die Irre führenden Fährten auflösen lassen? Wird Michail Kraknikow Rache üben für seinen getöteten Sohn? Werden weitere Menschen ihr Leben verlieren?
Patchwork-Morde ist nach Whiskey-Ballett die zweite Crimedy mit Kommissarin Molony.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. März 2022
ISBN9783347465022
Kommissarin Sarah Molony , Band 1 + 2: Doppelband: "Whiskey-Ballett" und "Patchwork-Morde", Band 1 + 2
Autor

Peter Faszbender

Kurzvita Peter Faszbender, Jahrgang 1966, geboren und aufgewachsen in einer rheinischen Kleinstadt, lebt und arbeitet er nun in Köln. Beruflich im technischen Bereich unterwegs, bleibt ihm dennoch genügend Muße, seine Gedanken literarisch schweifen zu lassen. Ein Grundinteresse an Büchern und Literatur lag schon in Kindheit und Jugend vor, aber die intensive Beschäftigung mit dem Verfassen von literarischen Texten hat sich beim ihm erst in den letzten Jahren entwickelt. In diversen Schreibwerkstätten und Workshops konnte er sich eine Basis erarbeiten, was, über zahlreiche Kurzgeschichten, zu dem Buchprojekt „Whiskey-Ballett“ geführt hat.

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    Buchvorschau

    Kommissarin Sarah Molony , Band 1 + 2 - Peter Faszbender

    Kapitel 1

    »Ist das jetzt grade echt passiert?« Die beiden Männer schauen dem betagten Saab Cabrio hinterher, das soeben die Ladezone des gründerzeitlichen Backstein-Warendepots verlässt.

    »Dieser schmierige Kerl bietet uns einen ganzen Sattelzug mit schwarzgebranntem Whiskey an? Ausgerechnet uns?« Die beiden Männer wenden sich dem Eingangstor der Lagerhalle zu.

    »Na, allein von der geschäftlichen Seite aus betrachtet ist das ein richtig guter Preis. Warum nicht zugreifen? Unser eigener Selbstgebrannter kostet schon in der Herstellung mehr, Chef.«

    »Ja.« Er atmet tief durch. »Das Angebot ist gut. Zu gut, mein lieber Fred, viel zu gut. Es geht nicht um mehr oder weniger Geld, es geht um das Geschäft als solches. Mit Konkurrenz muss man leben, selbst wenn sie zuweilen lästig ist. Aber einen ruinösen Preiskampf zu beginnen, das ist kein ehrenhaftes Verhalten unter Kaufleuten, das ist Krieg.«

    Sie schlendern langsam in die Halle, vorbei an Hochregalen, in denen sich Kartons mit Whiskeyflaschen und anderen hochpreisigen Spirituosen stapeln. Ihr Weg führt sie in Richtung des erhöht liegenden gläsernen Büros, das einen Blick über die gesamte Halle erlaubt.

    »Kann es eine Falle sein? Woher sollte irgendein dahergelaufener Kerl unser Lager hier kennen?«

    »Eine Falle?« Der Chef schaut Fred nachdenklich an. »Nein, das glaube ich nicht, so dämlich stellt sich die Polizei nun auch wieder nicht an. In den richtigen Kreisen sind Informationen über unseren Laden leicht zu bekommen.« Er deutet auf die Arbeiter, die im Lager zugange sind. »Personalintensive Tätigkeiten sind selten geheim zu halten.« Sie bleiben stehen, um einen Lkw durchzulassen.

    »Also doch nur ein Naivling, der sich in das Geschäft drängen will? Wir können mit so einem Hühnerdieb doch keinen Krieg anfangen, Chef.«

    »Da hast du recht, wir dürfen solche Zwerge nicht wie Riesen behandeln, das macht uns klein.« Er schlägt Fred jovial auf die Schulter.

    »Also sehen wir generös über die Sache hinweg?«

    »Nein, nein, das können wir uns auch nicht erlauben. Ignorieren dürfen wir solche Vorkommnisse auf keinen Fall. Wer weiß, wo und bei wem alles der schon mit seinem Angebot war. Wir müssen ein Exempel statuieren. Als Warnung für jeden, der uns in die Quere kommt – oder auch nur mit dem Gedanken spielt, es zu tun.«

    »Wir können ihn schnappen und diskret aus dem Weg räumen, Chef.«

    »Nein. Nicht einfach verschwinden lassen, und schon gar nicht diskret. Wir werden ein Fanal setzen.« Die beiden Männer verlangsamen ihre Schritte, um einen voll beladenen Gabelstapler passieren zu lassen.

    »Hast du das Autokennzeichen von dem Kerl?«

    »Ja, klar.« Fred eilt die Stahltreppe zum Büro hoch und öffnet seinem Chef die Tür, der beschwingt den Raum betritt und sich mit einer Drehung in den gediegenen Ledersessel fallen lässt.

    »Finde heraus, wer das ist und wo er wohnt.«

    »Wird gleich erledigt, Chef.«

    »Und bereite unsere bewährte Sonderbehandlung vor. Wir wollen dem Kerl, der Konkurrenz und der gesamten Öffentlichkeit ein nachhaltiges Schauspiel bieten. Zeigen wir doch einfach allen, was passiert, wenn man uns auf diese Weise das Geschäft versauen will. Und wenn der Whiskey halbwegs etwas taugt, nehmen wir uns den auch. Als kleine Aufwandsentschädigung für unsere Mühe.« Fred läuft die Treppe hinunter und hastet zum Ausgang.

    Allein im Büro legt der Chef die Füße auf den Schreibtisch und schaltet mit der Fernbedienung die High-End-Musikanlage ein. Klassische Musik erfüllt den Raum. Er schließt die Augen, dirigiert die Symphonie annähernd im Rhythmus und schwingt mit dem Oberkörper dem Takt hinterher.

    Kapitel 2

    Die Sanitäter schieben bereits die Trage mit dem Patienten in den Krankenwagen, als der Notarzt seinen Kombi vor dem großen Wohnblock abstellt.

    »Platz da, ich muss hier durch! Unmöglich, dieses Volk.« Er bahnt sich mit seinem Notfallkoffer den Weg durch die versammelten Anwohner und Passanten, die das Geschehen konzentriert verfolgen und teils mit Smartphones in Bildern und Videos dokumentieren.

    »Leute, jetzt lasst doch mal das Kind durch.« Eine tätowierte Frau schiebt ein kleines Mädchen nach vorne in die erste Reihe.

    »Eh«, beschwert sich ein Mann, der unsanft von ihr beiseitegestoßen wird, »wir wollen doch alle was sehen.«

    Die Leute in den hinteren Reihen des Menschenauflaufs heben ihre Smartphones hoch und filmen über die Köpfe der vor ihnen stehenden Personen hinweg.

    Der Notarzt erreicht kopfschüttelnd den Krankenwagen.

    »Hallo, die Herren, was veranstaltet ihr denn hier, ein Volksfest? Fehlen nur noch ein Bierzelt und eine Imbissbude.« Er klettert in den Krankenwagen zu dem Patienten.

    »Wir arbeiten dran«, verspricht der Fahrer des Rettungswagens.

    »Wen habt ihr denn da schon wieder?« Der Arzt sieht sich das Gesicht des Mannes auf der Trage genauer an. »Das ist doch der Simulant von letzter Woche?«

    »Wie man’s nimmt. Nachbarn haben ihn auf dem Boden hinter dem Hauseingang gefunden, er hat Sehstörungen, die Haare fallen ihm aus. Er ist kollabiert. Nach einer Show sieht mir das eher nicht aus«, antwortet einer der Sanitäter.

    Der Arzt untersucht kurz die Pupillen und prüft die Haut auf Reizreaktionen. »War er ansprechbar?«

    »Ja, aber er konnte nur kurz die Symptome beschreiben, danach hat er das Bewusstsein verloren. Sein Puls ist auch viel zu schnell.«

    »Dann schließt ihn ans EKG an, lasst noch flott den Hut im Publikum herumgehen, und dann sofort ab ins nächste Krankenhaus.«

    Mit Blaulicht und Sirenen scheucht der Krankenwagen beim Anfahren die Gaffer auseinander und rast im Eiltempo durch die Stadt. Die Rettungsassistenten versorgen den Patienten, während der Fahrer per Funk die angesteuerte Klinik über Ankunftszeit und Symptome informiert. An der Krankenhausrampe empfängt ein Notfallteam das Einsatzfahrzeug. Die Sanitäter ziehen die Bahre mit dem Patienten aus dem Wagen und übergeben ihn an das Krankenhauspersonal.

    »Timo Brenner, 42 Jahre alt, Sehstörungen, Haarausfall, Herzrhythmusstörungen, ist vor Kurzem kollabiert. Wir hatten letzte Woche schon einen Einsatz bei ihm, da handelte es sich aber nur um eine Diarrhö und erhöhtes Schmerzempfinden. Außer der Darmgeschichte war nichts Pathologisches oder Organisches zu finden. Mehr liegt uns von seiner Krankengeschichte nicht vor.«

    »Okay, dann wollen wir mal.« Der Arzt schaut sich den Patienten kurz an. »Sofort auf die Intensivstation mit ihm«, weist er eine Krankenschwester an: »Veranlassen Sie eine Untersuchung auf Thalliumvergiftung und besorgen Sie Eisenhexacyanoferrat als Medikation, ich komme gleich nach.«

    Die Pflegekräfte schieben Timo Brenner eilends von der Rampe und verschwinden mit ihm im Aufzug. Der Arzt wählt eine Nummer auf seinem Smartphone.

    »Ja, ich bin es. Das angekündigte Paket ist angekommen. Wir werden das jetzt ganz vorschriftsmäßig und professionell abwickeln, aber eure Spielchen könnt ihr hier nicht weitertreiben. Jedenfalls nicht mit mir. Ich bin schließlich immer noch und vor allem Arzt, und er ist jetzt mein Patient.«

    Er drückt die Verbindung weg, kickt einen weggeworfenen Kaffeebecher über eine Hecke und hastet in das Krankenhaus.

    Kapitel 3

    Mit großen Schritten eilt Kriminaldirektor Seidel über den Flur in den Besprechungsraum.

    »Alle da?« Er lässt den Blick über die versammelte Runde gleiten, knöpft das Sakko seines grauen Zweireihers auf und setzt sich auf einen der schäbigen alten Stühle. Ganz hinten kauert eine sonnenbebrillte junge Frau am Tisch, die Kapuze ihres Hoodies tief in das Gesicht gezogen.

    Seidel fixiert sie einen Moment. »Sarah, ist es für Sie vorstellbar, in dieser fensterlosen Räumlichkeit auf Ihre Sonnenbrille zu verzichten?«

    Sie schiebt die Kapuze nach hinten, gibt dabei die Locken ihres feuerfarbenen Haarschopfs frei und nimmt die Brille ab. Dunkle Ringe liegen unter den von roten Äderchen durchzogenen, verquollenen Augen. Das Weiße ist kaum mehr zu erkennen, die grüne Farbe der Augen nur zu erahnen.

    Seidel atmet schwer. »Sarah, tun Sie mir und uns allen einen Gefallen und setzen Sie die Brille bitte doch wieder auf. Was hatten wir denn dieses Mal? Einen weiteren Feiertag Ihrer irischen Altvorderen?«

    »16. Juni«, gesteht Sarah Molony leise. Seidel starrt sie ratlos an, genauso die anderen Kollegen.

    »Juni, der 16.«, sagt sie lauter.

    »Ja, und heute ist der 17. Wie wäre es mit ein wenig mehr Kontext, Sarah?«

    »An dem Tag, am 16. Juni 1904, spielt der Roman ›Ulysses‹ von James Joyce. Weltliteratur aus Irland – man sollte auch mal über den deutschen Tellerrand hinausschauen.«

    »Das muss ja ein äußerst interessantes Buch sein, wenn es jemanden noch im Jahr 2018 in einen solchen Zustand bringen kann«, sagt Seidel, den Blick fest auf Sarah gerichtet.

    »Das Buch handelt von einem Tag im Leben des Leopold Bloom in Dublin, eben der 16. Juni. Gelesen habe ich das Buch nicht, aber der Tag, Bloomsday, wird von den Leuten gefeiert – in Dublin und überall auf der ganzen Welt. Von einigen zumindest, im Irish Pub und so …«

    Aufkommendes Gelächter unterbricht ihre Ausführungen.

    »Ruhe, meine Damen und Herren«, mahnt Seidel mit erhobenen Händen und fügt zu Sarah gewandt hinzu: »Ich verstehe … Ihre Anwesenheit dabei war natürlich absolut unverzichtbar. Das Werk zu ehren, indem Sie es entspannt zu Hause lesen, ist Ihnen diese Möglichkeit jemals in den Sinn gekommen, Sarah?«

    »Ja, nein, aber …«

    »Danke, Kriminaloberkommissarin Molony, genug der literarischen Plauderei. Wir haben hier ernsthaft zu arbeiten. Anerkennenswert, dass Sie es heute wenigstens geschafft haben, pünktlich zu sein, und zudem ansprechbar – zumindest ansatzweise.« Er schaut sie einige Augenblicke wortlos an. »Wenn ich es recht bedenke, brauchen wir Sie hier bei der Dienstbesprechung momentan nicht. In einer Dreiviertelstunde kommt eine Kollegin vom Zoll wegen der versuchten Tötung vom Wochenende zu Ihnen ins Büro.« Er blättert in seiner Kladde. »Der Fall Timo Brenner. Der Mann ist anscheinend nicht nur Opfer. Er ist nach bisherigen Erkenntnissen des Zolls in der Schwarzbrennerszene unterwegs. Kein unbeschriebenes Blatt also, er hat schon einiges auf dem Kerbholz. Versuchen Sie doch bitte, bis die Dame hier eintrifft, sich in einen vorzeigbaren Zustand zu bringen.«

    Sarah zieht die Kapuze wieder über, schiebt rumpelnd ihren Stuhl zurück, drückt sich mit beiden Händen auf der Tischplatte hoch und trottet wortlos zur Tür. Die stummen Blicke der Kollegen folgen ihr, bis sie den Raum verlassen hat.

    »Gut«, unterbricht Seidel die Stille. »Dann kümmern wir uns jetzt mal um das Tagesgeschäft.«

    Kapitel 4

    Sarah sitzt am Tisch des Bereitschaftsraums, löst zwei Päckchen Magnesiumgranulat in einem großen Glas Wasser auf und leert es in einem Zug. Sie bleibt noch einige Minuten starr sitzen, schleppt sich dann langsam zur Umkleide, zieht ihre zerknitterten Klamotten aus und wankt in die Duschkabine. Regungslos lässt sie das heiße Wasser minutenlang auf ihren Körper herabprasseln. Dampfschwaden steigen in die Luft wie dämonische Gestalten, die Sarahs Körper nach und nach verlassen. Erst jetzt erwachen allmählich ihre Lebensgeister aus der Starre, die Vitalität des flüssigen Elements scheint sich auf Sarah zu übertragen. Sie seift sich ein und schamponiert ihre Haare, duscht sich noch einmal gründlich ab. Leichten Fußes steigt sie aus der Duschkabine, trocknet sich hastig ab. Lässt heiße Luft aus dem an der Wand montierten Haartrockner durch ihre Locken pusten, wickelt sich in ein Frotteehandtuch und eilt zu ihrem Spind mit der Wechselkleidung. Über das legere Baumwollhemd gurtet sie das Schulterholster, steigt in robuste Boots und wirft die Lederjacke über. Die Zeitschrift »Whisky & Meat« klemmt sie unter den Arm.

    »Jetzt erst einmal anständig frühstücken«, murmelt sie vor sich hin und folgt dem Kaffeeduft durch die Flure.

    »Molony, du siehst ja fast wieder aus wie ein Mensch«, ruft ihr der Kollege Jesper quer durch die Cafeteria zu. »Und? Welcher Feiertag steht heute an?« Feixend stößt er mit dem Ellbogen den Polizisten neben sich an, der ganze Tisch stimmt prustend in das Lachen ein.

    »Du kannst mich mal, Jesper, bei dir zu Hause ist doch jeden Abend Kirmes, fetter Heimsäufer«, röhrt Sarah durch den Raum. »Was glotzt ihr denn so blöd? Irgendwelche Kommentare, die Herren? Nein? Gut, Jungs, ist auch besser so.«

    Sie greift sich an der Theke zwei Mettbrötchen, füllt einen großen Pott mit Kaffee, bezahlt in aller Ruhe an der Kasse und schlendert Richtung Büro.

    Kapitel 5

    Langsam öffnet er die Augen und blinzelt dem kalten Licht der Leuchtstoffröhren entgegen.

    »Wo bin ich?« Timo Brenner schaut auf einen weiß gekleideten Mann, auf Apparaturen und Maschinen, mit denen er durch Schläuche und Kabel verbunden ist.

    »Sie sind im Krankenhaus der Heiligen Fabiola von Rom in Münzstadt und ich bin Oberarzt Doktor Weiss. Sie sind dem Tod gerade noch einmal von der Schippe gesprungen. Aktuell haben Sie relativ große Chancen, die Sache zu überstehen. Ob in Ihrem Körper noch mehr Schäden angerichtet wurden, müssen wir aber im Rahmen von weiteren Untersuchungen noch klären.«

    Brenner schaut Doktor Weiss mit großen Augen an. »Ich erinnere mich nur, dass ich auf dem Heimweg war – und jetzt bin ich hier. Was ist denn passiert? Ein Unfall?«

    »Sie haben eine beträchtliche Dosis Thallium abbekommen, die für die meisten Menschen tödlich wäre. Man könnte sich fast schon genötigt sehen zu sagen: noch mal Glück gehabt! Haben Sie beruflich mit dem Stoff zu tun?«

    »Womit? Mit Thallium? Was ist das überhaupt?«

    »Ah ja, also nicht. Thallium ist ein Metall, ein extrem giftiges Metall. Zum Glück gibt es Gegenmittel, wenn man die Vergiftung frühzeitig erkennt.«

    »Wie kann das denn passieren? Oder glauben Sie etwa, jemand hat mich vergiftet?«, fragt Brenner.

    »Wenn Sie mit Thallium sonst keinen Kontakt haben, dann ist das nach Lage der Dinge die wahrscheinlichste Option.« Doktor Weiss kritzelt in die Krankenakte. »Einen dummen Zufall kann man natürlich nie ausschließen. Die Menschen gehen zugegebenermaßen manchmal recht sorglos mit Giftstoffen um.«

    Doktor Weiss blickt auf. »Oder kennen Sie jemanden, der ein Interesse daran hat, Sie über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen elendiglich verrecken zu lassen?«

    »Was? Wieso denn das?«, kreischt Brenner.

    »Sagen wir es mal so: Thallium ist nicht der Stoff, den man einem guten Freund gibt, um ihn schnell von einem unheilbaren Leiden zu erlösen. Aber das wird die Polizei sicherlich noch eingehend mit Ihnen besprechen. In solchen Fällen sind wir selbstredend verpflichtet, umgehend die entsprechenden Behörden zu informieren.«

    Timo Brenner dreht wortlos den Kopf auf dem Kissen weg von Doktor Weiss.

    »Ja, ruhen Sie sich weiter aus, es war eine harte Zeit für Ihren Körper«, sagt der Doktor. »Das wird schon werden, Sie scheinen eine überaus gute Kondition zu haben, sonst lägen Sie längst bei uns im Keller in einem Kühlfach.« Er klopft Brenner leicht auf die Schulter. »Eine Schwester wird Ihnen gleich Medikamente bringen, ich sehe später noch einmal nach Ihnen.«

    Kapitel 6

    »Oh, Gott, was ist das denn?«

    Auf einem verschlissenen Besucherstuhl vor Sarahs Büro breitet sich ein aufgeplustertes buntes Etwas aus. Eine stämmige Frau, wohl weit in den Fünfzigern, eingehüllt in eine Art afrikanische Tracht, ganz ortsunüblich übermäßig farbenprächtig und in krassem Kontrast zu der rosig glänzenden Haut, den groben grauen Wollsocken und den schwarzen Gummisandalen.

    »Die Zweigstelle der Kleiderkammer vom Roten Kreuz ist im Erdgeschoss, der Zugang ist von der Straße aus.« Sarah stellt Kaffee und Brötchen auf einem freien Stuhl ab, holt den Schlüssel aus der Tasche und schließt ihr Büro auf. »Es hängt ein großes Schild davor, kaum zu übersehen.«

    »Wie bitte?«, fragt die Frau sichtlich irritiert.

    Sarah stutzt. »Können Sie mich verstehen?«, fragt sie sehr langsam und laut.

    »Was soll denn diese komische Fragerei? Sind Sie Frau Molony?«, erwidert die farbenfrohe Dame.

    »Ja, wie kann ich helfen? Soll ich jemanden für Sie holen oder anrufen?«

    »Nein, natürlich nicht. Ich bin Richenza Ottilia Schmitzlein-Ithana vom Zoll, wir haben seit nunmehr zwei Minuten einen Termin.« Sie tippt zur Bekräftigung auf das Zifferblatt ihrer Uhr mit Holzgehäuse und Korkarmband.

    »Seit zwei Minuten«, sagt Sarah. »Wie doch die Zeit verfliegt. Dann sputen wir uns, damit wir alles zügig erledigt bekommen. Wir wollen Sie ja nicht allzu lange aufhalten hier, und vielleicht möchten Sie ja doch noch in die Kleiderkammer, die sollen zum Teil ganz schöne Sachen haben. Jedenfalls Schöneres als – na ja, egal.«

    Schmitzlein-Ithana folgt Sarah unaufgefordert in das Büro. Und bleibt zu dessen eingehender Musterung erst mal stehen. Würdigt die Wände mit Postern vom irischen Touristikverband und der Flagge der Grünen Insel sowie den Aktenbock, auf dem sich eine Art Altar erhebt, eine mittelgroße Bischofsfigur mit einem Kleeblatt in der Hand.

    »Sie pflegen hier in der Behörde offenkundig einen eher legeren Umgang mit der Büroraumgestaltung.«

    Sarah zuckt mit den Achseln und setzt sich. »Es hat sich bisher keiner beschwert, zumindest nicht

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