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Architekten- und Ingenieurrecht nach Ansprüchen: Entscheidungshilfen für Auftraggeber und Auftragnehmer von Planung, Bauüberwachung, Projektleitung und -steuerung
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Architekten- und Ingenieurrecht nach Ansprüchen: Entscheidungshilfen für Auftraggeber und Auftragnehmer von Planung, Bauüberwachung, Projektleitung und -steuerung
eBook850 Seiten5 Stunden

Architekten- und Ingenieurrecht nach Ansprüchen: Entscheidungshilfen für Auftraggeber und Auftragnehmer von Planung, Bauüberwachung, Projektleitung und -steuerung

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Über dieses E-Book

Nach Anspruchsgrundlagen geordnet werden die tatbestandlichen Voraussetzungen aller relevanten Ansprüche von Auftraggebern und Auftragnehmern von Planungs-, Objektüberwachungs-, Projektleistungs- und Projektsteuerungsleistungen dargestellt. Ablaufdiagramme und graphische Erläuterungen bieten dem Leser einen schnellen Überblick und praxisnahe Hilfestellungen. Die vorliegende 2. Auflage berücksichtigt das zum 1. Januar 2018 reformierte Werkvertragsrecht des BGB.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum22. Okt. 2019
ISBN9783658262211
Architekten- und Ingenieurrecht nach Ansprüchen: Entscheidungshilfen für Auftraggeber und Auftragnehmer von Planung, Bauüberwachung, Projektleitung und -steuerung

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    Buchvorschau

    Architekten- und Ingenieurrecht nach Ansprüchen - Michael Christian Bschorr

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    M. C. Bschorr, P. BräuerArchitekten- und Ingenieurrecht nach AnsprüchenBau- und Architektenrecht nach Ansprüchenhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-26221-1_1

    1. Einführung

    Michael Christian Bschorr¹  und Peter Bräuer²

    (1)

    Rechtsanwalt und Notar, Schlichter SO Bau, Berlin, Deutschland

    (2)

    Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, München, Deutschland

    1.1 Das Werkvertragsrecht im BGB/Vertragsabschluss

    Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält seit dem 1. Januar 2018 spezielle für den Architektenvertrag bzw. den Ingenieurvertrag bestimmte Regelungen. Die neue Rechtslage beruht auf dem Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts.¹ Das neue Recht gilt für Verträge, die ab dem 01.01.2018 abgeschlossen wurden. Für Vertragsänderungen oder Nachträge zu bestehenden Verträgen, die vor dem 01.01.2018 geschlossen worden sind, ist die Übergangsvorschrift in § 39 zu Art. 229 EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB) zu beachten. Die Vorschrift besagt nur, dass auf Verträge, die vor dem 01.01.2018 abgeschlossen worden sind, das alte Recht weiterhin Anwendung findet. Einfache Korrekturen bestehender Verträge sollen an der Geltung des alten Rechts jedoch nichts ändern.² Die Abgrenzung anhand der Übergangsvorschrift sei daher mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.

    Die Übergangsvorschrift knüpft allein an den Entstehungszeitpunkt des Schuldverhältnisses an. Für Änderungen bestehender Verträge, die das Äquivalenzverhältnis (Leistung/Gegenleistung) nicht verändern, gilt daher das bisherige Recht. Werden die Leistungen des Planers jedoch um neue Pflichten ergänzt oder die von ihm zu planende Bauleistung erweitert, entsteht ein neues Schuldverhältnis. Dieses unterliegt dem aktuellen Recht. Nachträge, die die Leistungspflichten des Architekten/Ingenieurs verändern oder erweitern, unterliegen daher dem neuen Recht. Man wird hier an Ausnahmen denken können, wenn diese Nachträge bereits optional im bisherigen Vertrag vorgesehen waren. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Parteien auch für z. B. besondere Leistungen das vor dem 01.01.2018 geltende Vertragsrecht gelten lassen wollten.

    Das BGB kannte bis zur Neuregelung nur den Werkvertrag, der letztlich für jede Art der Werkleistung von der Autoreparatur bis zur Bauleistung dieselben Regeln enthielt. Einer der bedeutendsten Wirtschaftsbereiche, die Planung- und Entwicklung von Immobilien und das Bauen, waren im BGB spezialgesetzlich nicht geregelt. Der Gesetzgeber unterscheidet nunmehr zwischen dem allgemeinen Werkvertrag, § 631 ff. BGB und speziellen Werkverträgen. Die allgemeinen Regeln gelten weiterhin für alle Vertragstypen. Im allgemeinen Werkvertragsrecht wurde die Abnahme neu geregelt. Es wurden Regelungen zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages eingeführt, die auch für den Architekten und Ingenieur bedeutsam sind, weil sie erstmals die Voraussetzungen einer solchen Kündigung benennen. Darüber hinaus gibt es jetzt die folgenden speziellen Vertragstypen:

    Bauvertrag, § 650a – § 650h BGB

    Verbraucherbauvertrag, § 650i BGB – § 650o BGB

    Architekten- und Ingenieurvertrag, § 650p – § 650t BGB

    Bauträgervertrag, § 650u, § 650v BGB

    Soweit hier von Architekten und Ingenieuren die Rede ist, sind damit gleichfalls Personen- oder Kapitalgesellschaften wie PartG, GmbH, GmbH & Co. KG oder AG erfasst, die Architekten- und Ingenieurleistungen erbringen. Der Gesetzgeber spricht für den Architekten und Ingenieurvertrag immer nur vom „Unternehmer". Damit ist klargestellt, dass es nur auf die erbrachten Leistungen ankommt, nicht darauf, ob der Unternehmer als Architekt oder Ingenieur einer Berufskammer angehört. Werden also Architektenleistungen durch eine Projektsteuerer erbracht, gilt gleichsam das Spezialrecht der § 650p – § 650t BGB für Architekten- und Ingenieurverträge. Im Übrigen fällt der Projektsteuerer für seine Projektsteuerungsleistungen aber nicht unter § 650p BGB.

    Der Architekten- und auch der Ingenieurvertrag enthalten neben werkvertraglichen auch dienstvertragliche Elemente. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich bereits im Jahr 1959 für die werkvertragliche Qualifikation des Architektenvertrages ausgesprochen.³ Später hat der BGH schließlich auch den Vertrag über die örtliche Bauaufsicht nach der GOA sowie über die Objektüberwachung nach HOAI ausdrücklich als Werkvertrag eingeordnet.⁴ Der Architekt schuldet nicht das Bauwerk als körperliche Sache, sondern das Werk des Architekten, welches sich im Gegensatz zur Leistung des Bauunternehmers aus vielfältigen Einzelleistungen geistiger Art zusammensetzt. Der Architekt hat insbesondere eine technisch- und wirtschaftlich einwandfreie Planung mit einem Leistungseinsatz zu erbringen, der unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und entsprechend dem Stand der Technik auf die Verwirklichung der Planung in ein mangelfreies Bauwerk gerichtet ist.⁵ Die Architekten- und Ingenieurleistungen sind mit der Neufassung des Gesetzes jetzt stets dem Werkvertragsrecht und dem speziellen neuen Vertragstypus des BGB zuzuordnen. Die Leistungspflichten ergeben sich weiterhin aus den Vereinbarungen der Parteien, in der Regel aus dem Architekten- oder Ingenieurvertrag und der Auslegung seines Leistungsumfangs⁶ (vgl. Ziffer 1.7; 2; 6). Dabei kann es auch weiterhin zu Abgrenzungsfragen kommen, nämlich dann, wenn ein reiner Beratungsauftrag vorliegt. Hier ist immer zu prüfen, ob das Leistungsziel schlussendlich einen bestimmten Erfolg bezwecken soll. Dann sind die §§ 650p ff BGB anzuwenden.

    Der Architekten- und Ingenieurvertrag sind jetzt stets ein entgeltlicher und gegenseitiger Vertrag, auch, soweit es um Akquise geht. Der Unternehmer (Hersteller) verpflichtet sich – und darin liegt die vertragstypische Leistung – zur Herstellung und Verschaffung des versprochenen individuellen Werks, welches nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen, so die neue Gesetzesdefinition in § 650p Abs. 1 BGB.

    Der Gesetzgeber hat auch den Fall bedacht, dass die Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vorliegen. In diesem Fall ist der Architekt oder der Ingenieur verpflichtet zunächst eine Planungsgrundlage und eine Kosteneinschätzung für das Vorhaben des Auftraggebers zu erstellen. Mit dieser Neuregelung soll die bisherige Akquisephase abgedeckt werden. Man geht also auch für den Fall, dass der Planer eine erste Planungsgrundlage zur Beurteilung des Auftraggebers erstellen soll, davon aus, dass schon ein Vertragsverhältnis zustande gekommen ist. Der Begriff Kosteneinschätzung unterscheidet sich elementar von der aus der HOAI bekannten Kostenschätzung, ist also damit nicht zu vergleichen. Es handelt sich um eine Grobkosteneinschätzung, die auch keiner genauen Kostenermittlungsvorschrift unterliegt, z. B. der DIN 276. Diese ist darauf nicht anwendbar. Im Gegenzug zur Annahme, dass auch die erste Tätigkeit des Architekten oder Ingenieurs schon zu vergüten ist, gewährt § 650r BGB dem Auftraggeber ein Sonderkündigungsrecht, sobald der Unternehmer seinem Auftraggeber die Planungsgrundlage nebst Kosteneinschätzung vorlegt. Zusätzlich muss der Unternehmer dem Auftraggeber einen Hinweis in Textform erteilen, dass er binnen 2 Wochen kündigen kann. Kündigt der Auftraggeber binnen dieser Frist, hat der Unternehmer Anspruch auf die bis zur Kündigung für seine Leistungen angemessen Vergütung. Dies geschieht im Austausch gegen die Leistung einer Vergütung.

    Zu beachten ist beim Abschluss von Architekten- und Ingenieurverträgen weiterhin das Koppelungsverbot gemäß Art. 10, § 3 MRVerBG. Hiernach kann sich im Grundsatz der Erwerber eines Grundstücks im Zusammenhang mit dem anstehenden Erwerb weder ausdrücklich noch durch konkludentes Verhalten verpflichten, bei Entwurf, Planung und Ausführung eines Bauwerkes auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Architekten oder Ingenieurs in Anspruch zu nehmen.

    Ein Verstoß hiergegen führt zur Unwirksamkeit des betreffenden Vertrages gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz. Unwirksam sind die Bindungsvereinbarung und der auf ihrer Grundlage abgeschlossene Architekten- oder Ingenieurvertrag.

    Die Verpflichtung zum Grundstückserwerb bleibt entgegen § 139 BGB aber in der Regel wirksam.¹⁰

    Für den schädlichen Zusammenhang zwischen Grundstückserwerb und Bindung an die Vergabe von Architektenleistungen genügt ein tatsächlicher z. B. wirtschaftlicher Zusammenhang der Verträge.¹¹

    Das Verbot gilt auch, wenn die Verträge mit verschiedenen Personen und/oder zeitlich nacheinander geschlossen worden sind,¹² wenn der wirtschaftliche Zusammenhang besteht.

    Der Werkvertrag kommt im Übrigen durch Einigung nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches, also durch Angebot und Annahme zustande. Gegebenenfalls kann ein Werkvertrag auch durch konkludentes, also schlüssiges, Handeln zustande kommen.¹³ Inhalt sind entweder die vereinbarten Planungs- und/oder Überwachungsziele, § 650p Abs. 1 BGB oder, soweit diese noch nicht feststehen, der Auftrag zur Schaffung einer Planungsgrundlage nebst Kosteneinschätzung nach § 650p Abs. 2 BGB.

    Eine Einigung über die Vergütung bzw. ihrer Höhe ist hingegen nicht zwingend nötig. Bei fehlender Einigung über die Höhe der Vergütung gilt § 632 BGB, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.¹⁴ Daran hat sich mit dem neuen Recht nichts geändert.

    Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe (z. B. bei zwingender Anwendung der HOAI) die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.¹⁵

    Mit dem neuen Recht stellt sich die Frage, ob noch Raum für eine kostenfreie Akquise vor Vertragsabschluss besteht. Das wird man nur noch dann annehmen können, wenn der Unternehmer von sich aus werbend tätig wird, ohne dazu vom Auftraggeber gebeten worden zu sein oder wenn die Vorarbeiten hinter der Qualität einer Planungsgrundlage zurück bleiben. Liegen die Vorarbeiten überwiegend im Interesse des Bestellers, z. B. weil sie einen im Verhältnis zum späteren Auftrag unverhältnismäßigen Aufwand verursachen, so ist eine Vergütungspflicht anzunehmen.¹⁶ Die Vergütungspflicht ergab sich auch bisher schon dann, wenn der Auftraggeber Leistungen aus der Akquisephase tatsächlich verwertet hatte. Die Akquisephase endete bisher auch dann, wenn eine Honorarvereinbarung abgeschlossen worden ist.¹⁷

    Für einen Kostenanschlag enthält § 632 Abs. 3 BGB die ausdrückliche Regelung, wonach eine Vergütungspflicht im Zweifel nicht anzunehmen ist. Danach kann der Architekt/Ingenieur eine Vergütung des Kostenanschlags nur verlangen, wenn er nachweist, dass die Erstellung gegen Vergütung vereinbart wurde.¹⁸ Diese Regelung dürfte nach wie vor auch für den Architekten- und Ingenieurvertrag gelten, da § 632 BGB für die übliche Vergütung stets voraussetzt, dass schon ein Vertrag vorliegt. Ein reines Honorarangebot wird man unter den Kostenvoranschlag fassen müssen. Verlangt das Honorarangebot hingegen die Erstellung einer Planungsgrundlage, dürfte die Schwelle nach § 650p Abs. 2 BGB zum Vertrag überschritten sein und Vergütungspflicht entstehen. Hier gilt auch weiterhin, dass eine etwaige Unsicherheit durch ein vergütungspflichtiges Angebot beseitigt werden kann.

    Wer Dienste eines Architekten in Anspruch nimmt, insbesondere ihn zu ihrer Erbringung auffordert, muss mit einer Vergütungspflicht rechnen.¹⁹ Diese Rechtsprechung hat in § 650p Abs. 1 BGB Eingang gefunden.

    Der ausnahmsweise ausdrückliche Verzicht auf Vergütung bleibt weiterhin denkbar, so im Fall eines Bauunternehmers, der zusätzlich die kostenlose Erbringung der Leistungsphasen 1–4 ausdrücklich zugesagt hatte²⁰ (vgl. Ziffer 2.1.1).

    Zur Frage des Vertragsabschlusses vgl. auch Ziffer 1.6.2.

    1.2 Die Honorarordnung der Architekten und Ingenieure HOAI

    Die HOAI gilt derzeit in ihrer Fassung von 2013.²¹ Mit der 7. HOAI-Novelle (2013) wurde die HOAI grundlegend abgeändert. Die HOAI besteht aus verbindlichen Honorarregelungen, die bisher zwingendes Preisrecht darstellen und enthält in den Anlagen Leistungsbilder, die die verbindlichen Grundleistungen von den unverbindlichen besonderen Leistungen abgrenzen. Der EuGH, Rs. C-377/17, hat am 04.07.2019 entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI gegen Europarecht verstoßen. Die Begründung des Europäischen Gerichtshofes ist, dass Mindest- und Höchssätze nicht geeignet sind, die Qualität der Leistungen zu gewährleisten. Diese aktuelle Entwicklung ist nachfolgend und in Kapitel 2.1. kommentiert. Eine Novellierung der HOAI wird erwartet. Das Bundesministerium des Inneren hat am 05.08.2019 in einem Rundschreiben an alle Bundesbehörden klargestellt, dass das EuGH-Urteil vom 04.07.2019 nicht rückwirkend auf Architekten- und Ingenieurverträge anzuwenden ist, die vor dem Urteil vereinbart worden sind, aber künftig zu beachten sei, auch in Vergabeverfahren. Für Verträge mit öffentlichen Auftraggebern des Bundes ist damit Rechtssicherheit geschaffen worden. Da die HOAI bei Einbeziehung in den Vertrag eine zwischen den Parteien bindende Abrechnungsgrundlage bildet, behalten die Ausführungen für bestehende Verträge unter Einbeziehung der HOAI ihre Gültigkeit. Dies gilt für Verträge mit der öffentlichen Hand als auch für Verträge zwischen Privaten. Denn es steht den Parteien frei, die HOAI als Abrechnungsystem zu vereinbaren, einschließlich der Tafelwerte. Insoweit ist herauszustellen, dass die HOAI kein Leitbild des Architektenvertrages ist, sondern lediglich Vergütungstatbestände für die vertraglich zu erbringenden Leistungen definiert.²²

    Der BGH räumte 1996 mit einem Missverständnis der Praxis auf: „Die HOAI enthält keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architekten- und Ingenieurverträgen. Die in der HOAI geregelten „Leistungsbilder sind Gebührentatbestände für die Berechnung des Honorars der Höhe nach. Ob ein Honoraranspruch dem Grunde nach gegeben oder nicht gegeben ist, läßt sich daher nicht mit Gebührentatbeständen der HOAI begründen.

    Der Bundesgerichthof hat allerdings in dem Urteil zur Teilerfolgsrechtsprechung bei Verträgen, die auf die Leistungsbilder der HOAI verweisen, festgestellt, dass die Grundleistungen über die Einbeziehung der Leistungsbilder in den Vertrag in der Regel als Teilerfolge geschuldet werden.²³ Ein solcher vertraglicher Verweis auf die Leistungsbilder ändert aber nichts am rechtlichen Charakter der HOAI. Die Einbeziehung der Leistungsbilder wird in der Praxis aber häufig gewählt, damit diese in Verbindung mit dem konkreten Objekt zum Planungssoll werden. So kann die Übereinstimmung zwischen dem, was vertraglich geschuldet ist und dem, was die HOAI als Vergütung insoweit vorsieht, hergestellt werden.

    Zusammenfassend ist mit § 650p BGB der Architekten- und Ingenieurvertrag geregelt. Die Vergütung ergibt sich aus einem Vergleich der Leistungsbilder der HOAI mit den tatsächlich vereinbarten Leistungen. Werden nicht alle Leistungen übertragen, regelt die HOAI in § 8, dass das Honorar entsprechend den Teilleistungen aufzuteilen ist.

    Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist aufgeteilt wie folgt:

    1.2.1 Der verbindliche Teil der HOAI

    Die Verordnung HOAI regelt die Berechnung der Entgelte für die Leistungen der Architekten und Architektinnen und der Ingenieure und Ingenieurinnen mit Sitz im Inland, soweit die Leistungen durch die Verordnung HOAI erfasst und vom Inland aus erbracht werden (§ 1 HOAI). Werden Leistungen aus der HOAI erbracht, dann ist diese anwendbar, soweit die anrechenbaren Kosten für die Leistungen innerhalb der Tafelwerte der HOAI liegen. (Abb. 1.1).

    ../images/304948_2_De_1_Chapter/304948_2_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Leistungsbilder der HOAI

    Soweit Leistungen nicht in den Teilen 2–4 der HOAI geregelt sind, ist die HOAI nicht anwendbar und das Honorar kann frei vereinbart werden. Dies gilt in erster Linie für die besonderen Leistungen und die sogenannten Beratungsleistungen, welche schon mit der 6. HOAI-Novelle 2009 aus dem zwingenden Preisrecht in den Anhang, Anlage 1, ausgegliedert wurden.²⁴ In den Anlagen 2 bis 15 findet man die in früheren Fassungen der HOAI geführten Leistungsbilder, z. B. in Anlage 10 das Leistungsbild für die Architekten mit Grund- und besonderen Leistungen, in der Anlage 15 das Leistungsbild für die Technische Ausrüstung. Grundleistungen unterliegen bisher dem zwingenden Preisrecht. Für Besondere Leistungen ist das Honorar frei vereinbar.

    Die Bestimmungen der HOAI sind ausschließlich Preisrecht.²⁵ Als Preisrecht legte die HOAI bisher für Grundleistungshonorare verbindlich den Höchstsatz als auch den Mindestsatz der Honorierung fest (zum EuGH-Urteil vom 04.07.2019, Rs. C-377/17, vgl. Kapitel 2.1.). Soweit die HOAI dem Vertrag zugrundegelegt worden ist, gilt sie kraft Vereinbarung. Daher behalten die nachfolgenden Ausführungen für solche Verträge Gültigkeit. Im Übrigen ist für Verträge ohne Einbeziehung der HOAI noch unklar, ob das EuGH-Urteil zu Mindest- und Höchstsätzen sofort gilt oder erst nach Änderung der HOAI. Da das Urteil nicht die HOAI insgesamt betrifft, ist diese weiterhin anzuwenden. Das EuGH-Urteil betrifft nur die Festlegung von Mindest- und Höchstsätzen. Entfallen diese, gilt §632 Abs. 2 BGB, es ist dann die übliche Vergütung geschuldet (vgl. Kap. 2). Die HOAI ist nicht abdingbar. Die Vertragsparteien können also nicht wirksam vereinbaren, dass die HOAI in ihrem Vertragsverhältnis nicht geltend soll.²⁶ Der persönliche Anwendungsbereich der HOAI ist immer dann eröffnet, wenn Architekten und Ingenieure tätig werden. Es war lange umstritten, ob die HOAI auch zugunsten und zulasten solcher Auftragnehmer gilt, die weder Architekten noch Ingenieure sind.

    Die Frage der Anwendbarkeit der HOAI wird im Übrigen aber leistungsbezogen und nicht personenbezogen beurteilt.²⁷ Zum Begriff des Architekten und des Ingenieurs (siehe unten Ziffer I. 4).

    Ein Honoraranspruch nach HOAI ist nicht gegeben, wenn der Leistende in einem Anstellungsverhältnis gebunden ist. Bei einem freien Mitarbeiter ist stets einzeln zu betrachten, ob dieser als Nachunternehmer das Risiko eines Werkunternehmers trägt und in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei ist. Dann wird man auch die HOAI im Verhältnis zum Auftraggeber anwenden können.

    Der Begriff „Grundleistungen" wurde in der HOAI 2013 im Gegensatz zur HOAI 2009 wieder aufgenommen. Besondere Leistungen werden in den Anlagen zur HOAI wie die einzelnen Leistungsbilder aufgeführt. Dies aber nur als beispielhafte Aufzählung. Denn die Vergütung dieser Leistungen unterliegt keinen zwingenden Vorschriften.

    Die bisherige Preisbindung der HOAI gilt innerhalb der Tafelwerte der anrechenbaren Kosten. Sofern die anrechenbaren Kosten die Tafelwerte zu den einzelnen Leistungsbildern unterschreiten oder übersteigen, so besteht keine Preisbindung. Das Honorar kann dann frei vereinbart werden (Abb. 1.2). Für Verträge, die nach dem Zeitpunkt des EuGH-Urteil vom 04.07.2019 abgeschlossen werden, ist weiterhin eine Einbeziehung der HOAI 2013 in den Vertrag nach wie vor möglich. Die HOAI gilt dann als vereinbartes Abrechnungssystem. Die Parteien können auch die Tafelwerte zu den einzelnen Leistungsbildern auch als Honorar vereinbaren.

    ../images/304948_2_De_1_Chapter/304948_2_De_1_Fig2_HTML.png

    Abb. 1.2

    Honorartafel Objektplanung § 35 Beispiel

    Die Regelung eines Zeithonorars ist seit der HOAI 2009 nicht mehr vorgesehen. Gleichwohl spielt das Zeithonorar für die Vergütung von Planungsleistungen in der Praxis nach wie vor eine große Rolle. Besondere Leistungen und Zusatzleistungen, die von den Leistungsbildern nicht erfasst sind, werden in der Praxis häufig nach tatsächlichem Zeitaufwand abgerechnet. Nicht anwendbar ist die Zeithonorarvereinbarung dann, wenn eine Grundleistung geändert oder wiederholt wird. Gleichfalls nicht, wenn Nachtragswünsche des Bauherrn oder von Unternehmern eine Anpassung der Planung erfordern, die nicht auf Planungsfehlern des Architekten oder Ingenieurs beruhen. Dann ist jeweils zu prüfen, ob die Planung verloren ist und die Grundleistungen zu wiederholen sind. Ist dies der Fall, sind die Nachträge auch entsprechend nach HOAI abzurechnen. Es wird gleichwohl empfohlen, sich in Architekten- und Ingenieurverträgen stets auch auf einen Stundensatz zu einigen, der zur Anwendung kommen soll, wenn preisrechtlich nicht geregelte Leistungen, wie besondere oder Zusatzleistungen, erbracht und abgerechnet werden sollen. Die Honorarsätze nach Zeit können frei bestimmt werden. Sie sind weder nach oben oder unten begrenzt.²⁸ Dasselbe gilt für Ansprüche auf Bauzeitverlängerung über die vereinbarte Bauzeit hinaus. Auch diese unterlagen schon bisher nicht der Preisbindung der HOAI und konnten frei vereinbart werden.²⁹ Auch dafür kann die Vereinbarung eines Zeithonorars sinnvoll sein.

    Im Rahmen ihrer Anwendbarkeit normiert die HOAI Preisrecht. Die HOAI greift damit regelnd in die Vertragsfreiheit ein. Sie bestimmt die Wirksamkeit von Preisvereinbarungen und ersetzt sie, sollten diese fehlen oder unwirksam sein, indem sie auch in diesen Fällen die Höhe des Leistungsentgelts bestimmt.³⁰

    Die HOAI legt den Rahmen für Mindest- und Höchstsätze der zu vereinbarenden Honorarbeträge fest. Der von der HOAI jeweils festgelegte Honorarmindestsatz muss beachtet werden. Eine Unterschreitung dessen ist nur in Ausnahmefällen gemäß § 7 Abs. 3 HOAI zulässig. Auch der Höchstsatz des Honorars wird durch die HOAI festgelegt. Eine Überschreitung ist nur in Ausnahmefällen gemäß § 7 Abs. 4 HOAI möglich. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der HOAI ist die Einigung der Vertragsparteien über die Erbringung grundsätzlich vergütungspflichtiger Planungsleistungen durch den Auftragnehmer (Architekt/Ingenieur). Zu weiteren Aspekten und Einzelheiten zur Anwendbarkeit der HOAI vgl. auch Ziffer 2.2.1.

    Ergänzt werden die Teile 2–4 durch die Anlagen 2–15 soweit dort Grundleistungen und Objektlisten aufgeführt sind:

    Anlage 2 Grundleistungen im Leistungsbild Flächennutzungsplan

    Anlage 3 Grundleistungen im Leistungsbild Bebauungsplan

    Anlage 4 Grundleistungen im Leistungsbild Landschaftsplan

    Anlage 5 Grundleistungen im Leistungsbild Grünordnungsplan

    Anlage 6 Grundleistungen im Leistungsbild Landschaftsrahmenplan

    Anlage 7 Grundleistungen im Leistungsbild Landschaftspflegerischer Begleitplan

    Anlage 8 Grundleistungen im Leistungsbild Pflege- und Entwicklungsplan

    Anlage 9 Grundleistungen und Besondere Leistungen zur Flächenplanung

    Anlage 10 Grundleistungen im Leistungsbild Gebäude- und Innenräume, Besondere Leistungen, Objektlisten

    Anlage 11 Grundleistungen im Leistungsbild Freianlagen, Besondere Leistungen, Objektliste

    Anlage 12 Grundleistungen im Leistungsbild Ingenieurbauwerke, Besondere Leistungen, Objektliste

    Anlage 13 Grundleistungen im Leistungsbild Verkehrsanlagen, Besondere Leistungen, Objektliste

    Anlage 14 Grundleistungen im Leistungsbild Tragwerksplanung, Besondere Leistungen, Objektliste

    Anlage 15 Grundleistungen im Leistungsbild Technische Ausrüstung, Besondere Leistungen, Objektliste

    1.2.2 Der unverbindliche Teil der HOAI

    In den Anlagen zur HOAI sind auch preisrechtlich unverbindliche Inhalte geregelt:

    Anlage 1 Beratungsleistungen

    In Anlage 1 sind die Beratungsleistungen mit empfehlendem Charakter aufgeführt. Die Anlage 1 hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit (Abb. 1.3, 1.4 und 1.5).

    ../images/304948_2_De_1_Chapter/304948_2_De_1_Fig3_HTML.png

    Abb. 1.3

    Beratungsleistungen Anlage 1

    ../images/304948_2_De_1_Chapter/304948_2_De_1_Fig4_HTML.png

    Abb. 1.4

    Bauphysik Anlage 1; Wärmeschutz, Bauakustik, Raumakustik

    ../images/304948_2_De_1_Chapter/304948_2_De_1_Fig5_HTML.png

    Abb. 1.5

    Bauphysik Anlage 1; Ingenieurvermessung

    1.3 Die Vergütung für Projektsteuerungs- und Projektmanagementleistungen (AHO)

    Der Projektsteuerungsvertrag fällt nicht unter § 650p BGB, da die typischen Projektsteuerungsleistungen keine Architektenleistungen oder Fachplanerleistungen beinhalten. Es gilt aber Werkvertragsrecht, wenn die Leistungen des Projektsteuerers den Erfolg eines Projektes zum Ziel haben. Das ist immer dann der Fall, wenn der Projektsteuerer über die Beratung des Bauherrn hinaus eine Kostenhaftung- oder Terminhaftung übernommen hat. Gilt Werkvertragsrecht, besteht ein Anspruch auf die übliche Vergütung. Wie die Vergütung zu ermitteln ist, ist gesetzlich nicht geregelt.

    Die HOAI 2009 und die HOAI 2013 sind für Leistungen der Projektsteuerung bzw. des Projektmanagements nicht mehr anwendbar. In § 31 HOAI 1996 war das Leistungsbild der Projektsteuerung nur lückenhaft geregelt. Eine Honorierungshöhe war nicht geregelt. Vor dem Hintergrund des dynamischen Wachstums des Marktes für Projektsteuerungs- und Projektmanagementleistungen hat der Deutsche Verband der Projektsteuerer Entwürfe zum Leistungsbild und zur Honorierung der Projektsteuerung veröffentlicht. Diese Vorschläge der AHO können zur Grundlage einer vertraglichen Vergütungsvereinbarung gemacht werden. Anders als bei der HOAI gibt es also keine Rechtsverordnung des Gesetzgebers.

    Diese Vorschläge sind in den Entwurf einer „Leistungs- und Honorarordnung Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft der hierzu gegründeten Fachkommission „Projektsteuerung/Projektmanagement der AHO eingegangen. Die aktuelle Fassung der AHO aus dem Mai 2014 enthält detaillierte Regelungen für eine umfassende Honorarordnung zu Projektsteuerungs- und Projektmanagementleistungen. Sie ist als Vertragsgrundlage im Rahmen der Übertragung von Projektsteuerungs- und Projektmanagementleistungen gedacht. Nach dem Muster des Aufbaus der HOAI wurde hier ein umfassendes Leistungsbild für die Projektsteuerung, die Projektleitung und Projektmanagementleistungen zusammengestellt.

    Das entwickelte Leistungsbild und die Honorarordnung Projektmanagement mit den klar strukturierten Grundleistungen und besonderen Leistungen für klassische Projektkonstellationen decken ein weites Anwendungsfeld für Bau- und Immobilienprojekte ab.³¹ Die Leistungs- und Honorarordnung Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft ist nun in 12 Paragraphen aufgeteilt. Das Leistungsbild Projektsteuerung findet sich in § 2, das Leistungsbild Projektleitung in § 3. Regelungen zur Honorierung von Projektmanagementleistungen findet sich in § 4. Danach enthält die Honorarordnung Vorschläge für die Honorierungsalternativen nach anrechenbaren Kosten, entweder als Abrechnungsauftrag oder Pauschalauftrag und nach Zeitaufwand, entweder als Abrechnungsauftrag oder als Pauschalauftrag (§ 4 Abs. 2). Ein Honorar nach anrechenbaren Kosten ist für die Grundleistungen des Leistungsbildes Projektsteuerung nach den in § 5 definierten Honorarzonen und sodann nach der Honorartafel in § 7 zu ermitteln. In der Praxis sehr häufig gewählt wird das Vergütungsmodell nach Zeitaufwand, welches näher in § 9 geregelt ist.

    Zu beachten ist, dass die Anwendung des AHO-Vergütungsmodells in jeder Hinsicht eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien voraussetzt.

    1.4 Definitionen/Begriffsbestimmungen

    1.4.1 Architekt

    Die Begriffe des Architekten und des Ingenieurs werden in der HOAI nicht definiert. Unter dem Begriff des Architekten fallen alle diejenigen Personen, die gesetzlich zur Führung der Berufsbezeichnung „Architekt" berechtigt sind. Dies können freiberuflich tätige Architekten, angestellte oder verbeamtete Architekten sein. Die HOAI gilt auch für Architekten, die sich in Gesellschaften wie einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einer Partnerschaft mit beschränkter Berufungshaftung (PartG mbB) oder einer GmbH zusammengeschlossen haben und hieraus Architektenleistungen erbringen. Auf das Dienstverhältnis oder Beamtenverhältnis selbst ist die HOAI dagegen nicht anwendbar (siehe oben Ziffer I. 2).³²

    1.4.2 Ingenieur

    Ingenieure sind diejenigen Personen, die nach den Landesingenieurgesetzen zur Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur" befugt sind.

    1.4.3 Projektsteuerer

    Der Projektsteurer ersetzt nicht den Planer (Architekt/Ingenieur), sondern soll diesem auf Grund seines Gesamtüberblicks zum Projekt dabei helfen, seine Aufgaben zu erledigen. Die Erwartung der Auftraggeber an Projektsteuerer besteht darin, dass sie in ihrer Bauherrenaufgabe durch den Projektsteuerer

    bei der Erreichung ihrer Projektziele im Hinblick auf Funktion, Qualitäten und Termine effizient unterstützt werden. Das Berufsbild der Projektsteuerung bzw. des Projektmanagements beinhaltet eine projektspezifische Unterstützungsleistung in Bezug auf eine geeignete Organisation, die Wahrung der Kosten- und der Terminziele, sowie die Gewährleistung der vereinbarten Qualität bei der Realisierung eines Bauvorhabens.³³ Die Aufgabe der Projektsteuerer bzw. des Projektmanagements ist es, eine steuernde, koordinierende und kontrollierende Bauherrenfunktion zu übernehmen.³⁴

    1.4.4 Projektmanager

    Vom Projektmanagement wird heute gesprochen, wenn zu dem Leistungsbild der Projektsteuerung auch die konkrete Projektleitung hinzukommt. Die HOAI 2013 ist weder auf Leistungen der Projektsteuerung, noch auf Leistungen des Projektmanagements anwendbar.

    1.4.5 Generalplaner

    Wenn sämtliche für die Erfüllung der gestellten Planungsaufgabe erforderlichen Planungsleistungen aus einer Hand geliefert werden sollen, so spricht man von einem Generalplanervertrag. Der Auftragnehmer (Generalplaner) übernimmt die für die Realisierung der vertragsgegenständlichen Bauaufgabe erforderlichen Planungsleistungen vollumfassend, d. h., er erbringt sämtliche erforderlichen Fachingenieurleistungen, gegebenenfalls durch ein von ihm zu stellendes Team von Planern.

    Der Generalplaner steuert im Regelfall das gesamte Planungsvorhaben in dem er die Erbringung der erforderlichen Fachplanungsleistungen überwacht und koordiniert und entsprechend der Terminplanung des Vorhabens zu dem jeweils passenden Zeitpunkt abruft.

    Im Ergebnis trägt der Generalplaner also die Gesamtverantwortung für die rechtzeitige und mangelfreie Erbringung aller für die Realisierung des vertragsgegenständlichen Vorhabens erforderlichen Planungsleistungen. Insbesondere bei komplexen Planungs- bzw. Bauvorhaben schaltet der Generalplaner für die Bereitstellung der erforderlichen Fachkompetenzen regelmäßig Nachunternehmer ein. Innerhalb des Anwendungsbereichs der HOAI (Tafelwerte) ist sowohl für den Generalplanervertrag, als auch für die Nachunternehmerverträge (Subplaner) zwischen Generalplaner und den von diesem beauftragten Fachplaner jeweils die Anwendung der HOAI zu beachten. In den nachgeordneten Vertragsverhältnissen gelten die gleichen Rechtsgrundsätze wie in dem Hauptauftragsverhältnis zwischen Bauherren und Generalplaner.

    1.4.6 Generalübernehmer

    Von einem Generalübernehmer spricht man, wenn ein Unternehmer, der selbst keinerlei Bau- oder Planungsleistungen ausführt, sämtliche Leistungen an Nachunternehmer weiter vergibt. Er tritt als kaufmännisch Verantwortlicher auf, der Planungs-, Koordinierungs- und Überwachungsleistungen jedoch durch Dritte erbringt. Gegenüber dem Bauherren hat er seinen eigenen Vertrag, der im Allgemeinen auch als Werkvertrag, im Sinne einer Geschäftsbesorgung (vgl. § 673 BGB), zu kennzeichnen ist.³⁵ Oft handelt es sich bei den Generalübernehmern um Architekten oder Bauträger, die auch das Management für die Realisierung der Bauaufgabe übernehmen.

    Der Generalübernehmer wird regelmäßig selbst aus dem Vertrag mit dem Auftragnehmer berechtigt und verpflichtet. Solche Verträge finden sich in der Praxis vor allem im Bereich des schlüsselfertigen Bauens. Der Generalübernehmervertrag weist daher erhebliche Bezüge zur Geschäftsbesorgung auf (§§ 675 ff. BGB).³⁶ Dies aber mit der Einschränkung, dass hier die VOB/B als Ganzes nicht vereinbart werden kann.³⁷ Der Generalübernehmer übernimmt nämlich Pflichten, wie die Planung des Projektmanagement und der Projektsteuerung, neben der Bauausführung und der Abwicklung.

    Der typische Generalübernehmervertrag zeichnet sich dadurch aus, dass er aus wenigstens zwei Teilen besteht. Zum einen kommt es zum Erwerb des Eigentums in Form eines Kaufvertrages und zum anderen wird ein Werkvertrag über die Errichtung des Bauvorhabens geschlossen. Häufig kommt im Rahmen eines dritten Vertragsteils dann auch die Übernahme der Planungsleistungen hinzu. Auf Rechtsverhältnisse, wie dem Generalübernehmervertrag, bei denen Planungs- und Bauleistungen aus einer Hand erfolgen, ist die HOAI nicht anwendbar³⁸ (vgl. dazu auch nachstehend das Kapitel „Der Bauunternehmer als Planer").

    1.5 Der Bauunternehmer als Planer

    Übernimmt der Bauunternehmer Planungsleistungen neben den von ihm zu erbringenden Bauleistungen, kommen also Planung und Bauausführung aus einer Hand, so ist die HOAI nicht anwendbar.³⁹ In der HOAI werden nämlich lediglich die Entgelte für die dort beschriebenen Planungsleistungen geregelt, wobei diese in Form eines selbstständigen Leistungserfolges zu erbringen sind. Übernimmt der Bauunternehmer den Auftrag, auch Planungsleistungen zu erbringen, so liegt der Schwerpunkt des jeweils geschuldeten Leistungssolls regelmäßig in einer vertragsgerechten Herstellung des Bauwerks selbst.

    Die dafür erforderlichen Planungsleistungen gelten lediglich als Vorbereitungshandlungen, die von dem Werklohn für die Bauleistungen kalkulatorisch erfasst werden müssen.⁴⁰

    Vereinzelt wird dazu vertreten, dass von der tätigkeitsorientierten Anwendung der HOAI aus gesehen, die zwingenden preisrechtlichen Vorschriften der HOAI nicht durch die Gestaltung gemischter Verträge (Verpflichtung zur Erbringung von Bau- und Planungsleistungen) unterlaufen werden dürften. Nach dieser Auffassung hätten die Auftragnehmer, die neben der Planung auch die Bauausführung übernehmen, wegen der Planungsleistung die Regelungen der HOAI anzuwenden, insbesondere auch die Mindest- und Höchstsätze einzuhalten.⁴¹

    Diese Meinung hat sich aber nicht durchgesetzt.

    Der Bundesgerichtshof hat vielmehr gegenteilig entschieden, wonach in diesen Fällen die HOAI nicht zur Anwendung kommt. Begründet hat der BGH dies mit einer engen Interpretation des § 1 HOAI, wonach die HOAI nur für die Berechnung der Honorarforderungen für Leistungen von Architekten und Ingenieuren gilt, soweit sie durch die jeweiligen Leistungsbilder der HOAI oder durch andere Regelungen der HOAI beschrieben werden.

    Für solche Auftragnehmer, die gemischte Verträge eingehen, und neben Bauleistungen auch Planungsleistungen übernehmen, ist die HOAI im Ergebnis nicht anzuwenden (Abb. 1.6).

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    Abb. 1.6

    Gemischte Verträge

    Zur Abgrenzung solcher Fälle ist das Auftragsziel des jeweiligen Vertragsverhältnisses zu untersuchen. Jedenfalls für solche Fälle, in denen die Werkleistung für die Bauausführung selbst den Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses bzw. des vertraglichen Leistungssolls bildet, kann dieser Auffassung gefolgt werden. Übernimmt derselbe Auftragnehmer vertraglich getrennt in einem ersten Schritt Planungsleistungen und in einem zweiten Vertrag sodann die Bauleistungen, so liegen zwei unabhängige, voneinander getrennt zu beurteilende Verträge vor. In diesen Fällen ist die HOAI auf den Planungsvertrag anzuwenden.⁴² Mit dem neuen Bauvertragsrecht würde man hier den Teil der Bauleistungen nach § 650a BGB ff. einzuordnen haben, während für den Teil der Architekten- und Ingenieurleistungen § 650p BGB ff. anzuwenden ist.

    1.6 Honorarvereinbarung

    Während im Bereich der Übernahme von Bauleistungen, insbesondere nach der VOB/B eine weitreichende Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien in Bezug auf die Wahl der Vergütung besteht, war dies im Bereich der Übernahme von Planungsleistungen nur außerhalb des Anwendungsbereichs der HOAI der Fall (Abb. 1.7). Insoweit ist aber das Urteil des EuGH vom 04.07.2019, C-377/17, zu beachten. Mindest- und Höchstsätze der HOAI verstoßen gegen Europarecht. Honorarvereinbarungen, die diese Mindest- und Höchstsätze unterschreiten oder überschreiten, sind danach künftig wirksam. Dies gilt insbesondere für Pauschalpreisvereinbarungen. Zumindest für Verträge, die nach dem 04.07.2019 geschlossen werden, ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung diese Vereinbarungen europarechtskonform auslegen wird.

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    Abb. 1.7

    Honorarvereinbarung

    Bei der Übernahme von Leistungen, die in den verbindlichen Teil der HOAI fallen, gilt folgendes Prüfungsschema:

    1.6.1 Anrechenbare Kosten außerhalb der Tafelwerte

    So ist es bei großvolumigen Planungsvorhaben, deren anrechenbare Kosten außerhalb der Tafelwerte der HOAI zu den einzelnen Leistungsbildern liegen, in der Praxis durchaus üblich Teilpauschalen und/oder Pauschalen zu vereinbaren, die auf Grundlage des zu erwartenden personellen Leistungsaufwandes beim Auftragnehmer kalkuliert werden. Auch die Vereinbarung von Einheitspreisverträgen, mit denen Personalkostensätze in Form von Zeithonoraren für die unterschiedlichen Mitarbeiter des Planungsteams, je nach Fachrichtung, Berufserfahrung oder Position im Unternehmen des Auftragnehmers

    vereinbart und so dann nach tatsächlichem Aufwand abgerechnet werden, sind in

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