Begleitperson
Von Dietmar Sievers
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Begleitperson - Dietmar Sievers
1. Das Ganze in Hellgrün
Hans Dietmar Sievers
Begleitperson
© Hans Dietmar Sievers, Uranusstraße 31, 06118 Halle (S.)
Statt eines Klappentexts:
Ronnie Schmalwand-Tetzel, Spitzname Odin oder Odie, hat sein Studium abgebrochen und sitzt nach Gelegenheitsjobs unterfordert zu Hause. Seine Frau Sabine Schmalwand-Tetzel (Bini) hat ihr Studium mit Bestnoten abgeschlossen und eilt nun beruflich von Erfolg zu Erfolg. Die Beiden haben unter kuriosen Umständen geheiratet und nehmen ihre Ehe ernst. Sie driften sozial auseinander und müssen ständig ihre Beziehung retten. Die Frau geht scheinbar im Konventionellen auf, dann aber doch nicht. Der Mann changiert zwischen Recke und Witzfigur in einem Deutschland, das wieder von Besatzungsmächten verwaltet wird. Und Gestaltwandler gibt es in diesem Buch auch.
Der Autor dankt dem Land Sachsen-Anhalt für die freundliche Förderung der Arbeit an diesem Manuskript im Rahmen des Programms Kultur ans Netz 2021
.
Odin ist schon wieder da, er sitzt im Restaurant des Hotels Europa und hält sich an seinem zweiten Kännchen Kaffee fest. Bini ist gerade auf dem Weg zu ihm, berichtet am Mobiltelefon von völlig überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Stadt ist voller Flüchtlinge aus der kurdischen Besatzungszone, dem ehemaligen Niedersachsen. Auch das Restaurant war gut besucht, immer wieder nahmen Gäste an Odins Tisch Platz, aßen eine Kleinigkeit und gingen dann wieder.
Manche versuchten auch, ein Gespräch mit ihm anzufangen. Dann schützte er mangelnde Sprachkenntnisse vor und versteckte sich hinter einem Exemplar der Gazeta wyborcza, in der er plötzlich erstaunlich viel lesen konnte. In Polen hatte er immer mit Sprachschwierigkeiten zu kämpfen gehabt, die sich hier ganz zwanglos zu verflüchtigen schienen. Auch englischsprachige Lehrinhalte bereiteten ihm große Probleme, hinzu kam eine Art Trosttrinken. An einem Obstschnaps-seligen Herbstabend in der Alten Brauerei von Poznan fiel dann die Entscheidung: Odin beantragte seine Exmatrikulation vom Studium.
Währenddessen eilte Bini von einem Studienerfolg zum nächsten, absolvierte ihr Masterstudium mit Auszeichnung in etwas über einem Jahr. Dabei kümmerte sie sich auch noch rührend um Odin, der manchmal wirklich nicht mehr vorzeigbar war. Schließlich hatten sie sich am Papp-Amboss von Gretna Green Online die Treue geschworen, in guten wie in schlechten Zeiten. Bini bewarb sich bei einer Behörde des schönen EU-unmittelbaren Landes an Elbe und Saale und wurde auch sofort probeweise eingestellt. Odin räumte noch ihre gemeinsame Studentenbude, dann folgte er seiner Frau in die alte Saalestadt.
Gegen 19.00 Uhr erreichte Bini endlich das Hotel und eilte zum Restaurant. Ihre Umarmung war so innig, dass Odin Tränchen in die Augen traten. „Habe ich ein Glück", murmelte er ergriffen. Sie bestellten Würzfleisch, dazu Apfelschorle und Bini erzählte von ihrem neuen Job. Dazu musste sie freilich ganz nah an ihren Göttergatten heranrücken, in sein Ohr flüstern und dabei seitlich mit der Hand ihren Mund verdecken.
Binis neue Arbeitsstelle war das Amt für Hygienesicherheit, einer Art Geheimdienst, dessen Aufgabe es sein sollte, Krankheitsüberträger und Hygieneferkel ausfindig und dingfest zu machen. Odin hatte am Bahnhof die riesigen Plakatwände gesehen, die mit Sprüchen wie ‘Im Dunkeln Gutes munkeln!‘ für eine lukrative Karriere im neuen Geheimdienst warben.
Bini gestand flüsternd, dass sich ihre neuen Kollegen als riesig nett erwiesen hätten, auch nicht lauernd oder gar spitzelnd. Eher unkompliziert und offen, so offen, wie man in solch einem Job eben sein könnte. Nur die Arbeitsaufgaben wären leider „voll der Dreck". Dabei sei Bini sogar für Höheres ausersehen, sie sollte die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der neuen Behörde aufbauen. Für einen Moment glaubte Odin, Verzweiflung in den großen rehbraunen Augen seiner jungen Gattin aufblitzen zu sehen. Er flüsterte ihr Tröstliches ins Ohr, fragte dann in einer plötzlichen Eingebung:
„Frau Meisterin, habt Ihr Arbeit für mich?" Bini hatte längst daran gedacht, war dabei aber auf einige Probleme gestoßen: Odin konnte keinen Berufsabschluss vorweisen, er kam gerade aus dem nicht-globalistischen Ausland und er hatte vor Jahren einige unklare Datenspuren in den großen Daten-Staubsaugern hinterlassen. Bei seiner direkten Anstellung im Amt hätten sie sofort eine interne Ermittlung an den Hacken gehabt. Bini konnte ihm ein anderes Angebot machen: einen Honorarjob bei einem privaten Unterauftragnehmer des Amtes.
„Aber bitte keine Spitzelei", wandte Odin ein.
„Was denkst du von mir", tadelte sie leise, „das ist ein selbstverwaltetes Designer-Kollektiv und die bekommen den Auftrag, innovative neue Uniformen für das Amt zu entwerfen.
„Dann is‘ ja gut", säuselte er in ihr Ohr und ließ seinen Kopf auf ihre Schulter sinken.
„Du musst nach der langen Reise müde sein", sagte sie und ließ die Summe der Verzehrrechnung auf ihre Hotelrechnung übertragen, setzte schwungvoll ihre Unterschrift auf das entsprechende Formular.
Am Empfang musste Odin seinen Ausweis vorzeigen, kein Zweifel: Herr Ronnie Schmalwand-Tetzel war seit über einem Jahr glücklich mit Frau Sabine Schmalwand-Tetzel verheiratet. Trotzdem räusperte sich die Rezeptionistin peinlich berührt und legte ihnen ein Merkblatt vor: gemäß des Gesetzes zur Verhütung weiß-faschistoiden Nachwuchses war es weißen Männern streng untersagt, die Hotelzimmer weißer Frauen zu betreten.
„Ja, wenn Sie ein fescher stark Pigmentierter wären oder ein prächtiger Mulatte ...", gab die Empfangsdame zu bedenken.
„Ich dachte, das Gesetz wäre längst aufgehoben?", fragte Bini.
„Wo leben Sie denn? Das Gesetz wurde novelliert und dabei eher noch verschärft", gab die Rezeptionistin Auskunft. Odin spürte, dass die Meister-Philosophin an seiner Seite nahe daran war, emotional zu werden und machte noch einen Vermittlungsversuch.
„Wie haben Sie das mit dem prächtigen Mulatten gemeint?"
„Nun, raunte die Empfangsdame verschwörerisch, „in unserem kleinen Reiseshop gibt es eine Bräunungscreme auf rein pflanzlicher Basis, mit Biosiegel. Wenn Sie damit ihrer natürlichen Bräune ein wenig nachhelfen wollten, würde ich beide Augen zudrücken ...
In einer nahegelegenen Besenkammer schminkte Bini ihren Göttergatten und schimpfte: „Weißt du, dass wir uns gerade des Blackfacings schuldig machen? Darauf stehen hohe Vermögensstrafen und lebenslange Berufsverbote!"
„Und genau deshalb können wir die Empfangskraft nun nicht mehr anzinken, auch wenn wir noch so hochrangige Spitzel wären, erläuterte Odin. Am Empfang bekamen sie problemlos die Zimmerschlüssel ausgehändigt und im Aufzug grübelte Bini: „Alles wird irgendwie aushaltbar gemacht.
„Alles wird besser, aber nichts wird gut, bestätigte Odin und zog sie zu sich heran. Dann verrieb er noch ein wenig die Bräunungscreme auf seinen Wangen und schmierte überschüssige Creme auf Binis Nase, was er anscheinend lustig fand:
Brown nosing".
Im Zimmer wollte sie noch an der Aufgabenstellung für die Designfirma arbeiten. Odin durfte zuerst ins Bad und duschte ausgiebig, doch die Bräune in seinem Gesicht erwies sich als haltbar. Auch Rasierwasser half da kaum, Abschminktücher waren völlig wirkungslos. Er putzte so lange in seinem Gesicht herum, bis Bini ins Bad wollte. Während sie duschte, schaute er vom Bett aus noch ein wenig Fernsehen. Einen Degeto-Krimi, in dem ein superschlauer schwarzer Kommissar ältliche weiße Ermittler alt aussehen ließ.
Bini sah überwältigend aus in dem großen weißen Bademantel und mit der lustigen braunen Nase. Im Bett begann sie wieder zu flüstern: „Komm, lass uns Pimpfe zeugen!"
„Und Pimpfinnen", flüsterte er zurück.
„Unbedingt", bestätigte sie und löschte das Licht.
„Gibt es weibliche Schwejk-Charaktere?", fragte Ronja Peer-Hajo. Der Chefdesigner schüttelte den Kopf.
„Frauen in Uniform gehen ganz in ihren zugeschriebenen Rollenbildern auf, etwa als Flintenweib oder als Mutter Theresa. Während Männer auch in ordentlich getragenen Uniformen immer nur ein Missgeschick weit vom Komischen entfernt sind."
Da schauten sie Odin über die Schulter, der gerade Uniformierte zeichnete. Der dicke Schwejk mit der Knollennase war ihm schon recht gut gelungen. Chefdesigner Peer-Hajo fühlte sich an Josef Lada erinnert.
Auszubildende Ronja wandte ein, dass die Gewaltigen der Hygienewächter wohl kaum mit Schwejk-Mützen herumlaufen wollen würden. Peer-Hajo befürchtete das auch. Ronja kehrte an ihren Computer-Arbeitsplatz zurück, wo sie Bilder von japanischen Eisenbahnern und chinesischen Polizistinnen aus dem Netz kopierte. Doch die Asiaten hatten sich auch nur bei den Briten bedient, so dass sie hier kaum weiterkamen.
Odin brauchte eine Pause, er trat auf die Balkonfront, die sich über die gesamte Breite des Coworking space am Kotgraben erstreckte. Es war ein schöner Vormittag im Mai, die Vögel sangen und überall regte sich frisches Grün. Der Kotgraben unter ihm führte zwar keinen Kot mehr, roch aber immer noch so.
Das Telefon klingelte, Oma Inge war dran. Sie erkundigte sich nach seinem Befinden. Erfuhr, dass es ihrem Nachwuchs gut ginge. Der Enkel orientierte sich gerade beruflich neu und vielleicht lägen seine Stärken ja auch wirklich im Gestalterischen?
Die Oma hielt dies für möglich, sie lud beide zu einem Wochenendbesuch ein. Wollte doch endlich einmal persönlich die hübsche junge Braut kennenlernen, die ihr auf den Handyfotos gleich so sympathisch gewesen sei.
Zwei Wochen später waren Bini und Odin auf dem Weg nach Neu-Rojava, dem früheren Hannover. Mit der Regionalbahn fuhren sie nach Stendal und dann weiter mit dem Zubringerbus zur Zonengrenze. Das Land Stagnat-Unhold wollte es sich nicht mit der Türkei verderben, deshalb gab es keine Schienen- oder Straßenübergänge in die kurdische Zone, nur drei Trampelpfade bei Marienborn, Stendal und Ilsenburg.
Im Gänsemarsch strebten sie einer baufälligen Baracke zu, wo tieftraurig wirkende Kurdinnen in Tarnkleidung ihre Passierscheine abstempelten. Weiter ging es über schlammige Feldwege und provisorische Bretterstege zum Zubringerbus, der die Reisenden bis zur Endhaltestelle der großstädtischen S-Bahn brachte.
Oma Inge hatte Streuselkuchen gebacken und Opa Stefan hatte die gute Stube geheizt. Es gab Friedens-Kaffee
mit Kondensmilch vom Schwarzmarkt. Odin berichtete von seiner beruflichen Umorientierung und Bini von ihrem neuen Job. Die Kollegen dort seien eigentlich ganz nett, wären auch mit Humor darüber hinweg gegangen, dass ein notorischer Spaßvogel ihre Nase braun gefärbt hätte.
Odins Eltern hatten unter den nächtlichen Luftangriffen sehr gelitten, befanden sich gerade zu einem längeren Erholungsaufenthalt in der Slowakei. Die Großeltern hielten derweil die Stellung, Opa engagierte sich im ehrenamtlichen Luftschutz und Oma restaurierte Kostüme, die bei einem Bombentreffer auf das Heimatmuseum einer benachbarten Kleinstadt zu Schaden gekommen waren.
Abends dann der Ernstfall: Anflug starker Bomberverbände aus dem Raum Bielefeld in Richtung Neu-Rojava.
„Alles halb so schlimm, gab Opa Stefan Entwarnung. „Heute sind sie stark, da fliegen sie bis über die Innenstadt. Gefährlich wird es, wenn nur wenige Bomber unterwegs sind. Dann getrauen sie sich nicht bis in die Innenstadt und werfen ihre Bomben über den Vorstädten ab.
Dumpfes Brummen schwoll rasch an, zwei dichte Bomberverbände überflogen in kurzem Abstand Tetzels Hausgarten. Der Opa kauerte sich in den selbst gezogenen Splittergraben im Kräuterbeet und bedeutete Odin, in Deckung zu bleiben. Dann zückte er sein Handfunkgerät und setzte einen knappen verschlüsselten Funkspruch ab.
„Da kommt ganz schön was runter" sagte er und reichte Odin sein Fernglas. Der Enkel beobachtete Bombeneinschläge und Rauchsäulen am Horizont, hörte zeitversetzt das Donnern der Einschläge.
„Stefan, kommst du bitte mal", rief Oma von der Haustür aus.
„Das geht jetzt ganz schlecht Liebes", antwortete der Angesprochene. Odin gab das Fernglas zurück und eilte gebückt ins Haus. Es gab ein Problem mit dem Hightech-Kühlschrank.
„Das ist der Fluch des vernetzten Hauses", erklärte Oma Inge. Während der Luftangriffe sollten elektromagnetische Strahlungsquellen möglichst ausgeschaltet werden. Oma hatte längst den Netzstecker gezogen, doch der Kühlschrank hatte eine eingebaute unterbrechungsfreie Stromversorgung. Mit einiger Mühe hatte Bini dann den Resetknopf gefunden, doch der Kühlschrank startete einfach neu und suchte nach verfügbaren Funknetzen. Und die Rückwand war mit raffinierten Spezialschrauben verschlossen.
„Da hilft nur noch rohe Gewalt", meinte Odin, doch das wollte Oma Inge nicht. Der Kühlschrank war immer noch nützlich. In besseren Zeiten hatte er die Lebensmittel-Vorräte verwaltet und Bestellungen beim örtlichen Bio-Supermarkt ausgelöst. Mit zunehmender Lebensmittelknappheit gab es Software-Updates und der Kühlschrank zeigte fortan Kochtipps mit Huflattich und Brunnenkresse auf seinem stylischen Display an. Und glücklicherweise konnte das Gerät nicht nachprüfen, ob es sich bei den als Eicheln und Baumrinde deklarierten Päckchen wirklich um solche handelte. Inge fand noch zwei Rollen Alufolie in ihrem Küchenschrank, in die sie das verräterische Gerät einwickelte. Sie prüfte mit dem Elektrosmog-Detektor nach, es war keine Strahlung mehr feststellbar.
Die Oma und ihre Schwiegerenkelin zogen sich zum Lesen bei Kerzenschein in den Partykeller zurück, während Odin im Garten nach Opa Stefan suchte. Der saß auf einer halb eingegrabenen Hollywoodschaukel am Ende des Splittergrabens. Sie politisierten noch ein wenig über die Wirtschaftskraft der Türkei und den Kriegsindex nach Heinsohn, dann kam per Funk-Rundspruch die Entwarnung für ihren Luftschutz-Sektor.
Im Flur wechselte Opa Stefan seine Gartenschuhe gegen häusliche Schlappen und zog sich zu einem Bierchen in die Küche zurück. Odin verspürte das dringende Bedürfnis, seine Angetraute in den Arm zu nehmen. Im Partykeller tröstete Bini ihren Gatten, dann wandte sie sich wieder ihrem Comic zu. Oma war eine große Sammlerin von 90er-Jahre-Comics, dozierte über Jason Pearson, Adam Warren und Mark Beachum, vor allem über Letzteren.
In einer nahen Zukunft beherrscht ein Netzwerk männerhassender Lesbo-Feministinnen faktisch das Land. Im Zentrum der Macht befindet sich die tyrannische Herrscherin Suborna Ross. Sie ist Chefin eines Sozialkonzerns, der den Armen auf privatwirtschaftlicher Basis die Bissen in den Mund zählt. Doch Suborna treibt auch ein geheimes Eugenik-Programm des Konzerns voran. Das Doppel-Y-Projekt hat zum Ziel, endlich das alte Comic-Versprechen einzulösen und Menschen mit Superkräften zu züchten. Doch die Lebewesen mit den Geschlechtschromosomen aus zwei Y-Strängen entwickeln sich zu einer Gruppe von Super-Lesben, die nichts weniger als die Weltherrschaft anstrebt.
Hier kommt nun Roberta Lindsay ins Spiel, eine hoffnungsvolle Medizinstudentin mit Grundsätzen und einem ausgeprägten Aufstiegswillen. Tyrannin Suborna rekrutiert sie für ihr Doppel-Y-Projekt. Roberta steigt rasch in die Führungsebene des Konzerns auf und auch die Superlesben mit den beiden Y-Strängen sind ganz versessen auf die umgängliche und hübsche Roberta. Die körperlich schon ein wenig überlagerte Suborna entbrennt in heftiger Eifersucht. Sie unterzieht Roberta einer Hightech-Gehirnwäsche mit dem Ziel, sie zur gefügigen Sexsklavin der gesamten Doppel-Y- Belegschaft zu machen.
Doch eine Außenseiterin der Doppel-Y-Trägerinnen hat längst Kontakt zum Widerstand aufgenommen. Die mysteriöse Anführerin des Untergrunds Mostress W. tritt in Aktion. Mit ihrem fliegenden Motorrad knallt sie in die Glasfassade des Labors, teilt freigiebig Tritte mit ihren Highheels aus und rettet Roberta vor dem Schicksal, eine gefügige Sexbetreuerin
für frustrierte Superlesben zu werden.
Im Untergrund des Großstadtslums trainiert Roberta hart, wird zu Backlash, der Super-Soldatin mit eigenem fliegenden Motorrad und dem gnadenlosen Peitschenschlag. Roberta/Backlash dringt in die Wolkenkratzer-Festung Subornas ein, in der sie mithilfe eines fingierten Telefonanrufs versucht, die Tyrannin in eine Falle zu locken. Doch der Plan misslingt. Sie wird entdeckt und von einer Übermacht Kampflesben in schwarzem Latex in die Enge getrieben. Nur die eingebaute Intelligenz und Feuerkraft ihres fliegenden Motorrads lässt sie noch einmal entkommen. Übel lädiert verkriecht sich die Freiheitskämpferin in den Slums.
Opa Stefan hatte Schnittchen gemacht, mehrere Sorten Wurst auf fast frischem Bauernbrot. Es sollte ja schließlich niemand hungrig zu Bett gehen müssen. Auch neue Informationen hatte er: Teile der Innenstadt standen in Flammen, der S-Bahn-Ring war unterbrochen.
Ich muss Montag früh wieder im Amt sein
, meinte Bini besorgt. Da müssten sie, rieten die Großeltern, am Sonntag gleich früh aufbrechen, um noch vor der zu erwartenden Flüchtlingswelle einen Bus in Richtung Grenze zu erwischen. Odins Eltern riefen aus der Slowakei an und waren besorgt.
Alles im Griff
, gab Oma Inge gelassen Auskunft. Familiärer Smalltalk folgte, Odin sprach einen Gruß ins Telefon, Bini schloss sich an. Als Odin im Comic weiterlesen wollte, meinte Oma, sie schenke ihm das Buch, wollte lieber noch ein wenig reden: über die Hungersnot in Berlin, jetzt Nordkoreanische Besatzungszone, über die Clankriege im ehemaligen Hessen und die neue Rede der UN-Generalsekretärin Angela Merkel.
Opa stellte sein vor einiger Zeit erschienenes Ebook vor: „Permakultur unter Luftschutz-Bedingungen. Er schrieb auch schon an einem neuen: „Terra Preta im Felde
. Dafür liefen noch einige Feldversuche. Oma belustigte sich über die gespreizte Sprache, in der ihr Angetrauter beschrieb, wie er Heizungsasche im Hausgarten ausstreute. Gegen 23.00 Uhr gingen alle zu Bett. Odin träumte von eiskalten Latex-Lesben, die sich gegenseitig mit Peitschenhieben und Fußtritten traktierten.
Zum Frühstück gab es aufgebackene Brötchen und selbst gemachte Hagebutten-Marmelade. Im Nachrichtenradio hörten die Tetzels, dass es einen Notfahrplan bei der S-Bahn geben sollte, Abfahrten zur vollen Stunde vom Hauptbahnhof. Opa rechnete nach und meinte dann, dass in etwa 20 Minuten eine Bahn vom Haltepunkt unten im Dorf abfahren würde. Heute würden sich bestimmt wieder viele derer, die schon länger hier lebten, auf die Flucht in Richtung Osten begeben, aber im Moment würden die noch packen. Bini und Odin hatten nicht viel zu packen, den Reisebedarf, das Comicbuch, ein Wurstpäckchen: „Aber das wäre doch nicht nötig gewesen!"
Mit vollem Mund verabschiedeten sie sich und eilten zum Haltepunkt, wo sie auch gar nicht lange zu warten brauchten.
Backlash und ihr getreues Motorrad sind immer noch auf der Flucht vor den Greiferinnen-Trupps der Konzernlenkerin. Suborna ist per Videodrohne zugeschaltet und feuert ihre knapp bekleideten Untergebenen an: Holt sie euch, Ihr faulen Schlampen!
Sie ist zu schnell, Suborna!
Und sie macht seltsame Geräusche: Schrazt! Smash! Psht! Bratta! Bratta! Wha-Boom!
Irgendwann ist Backlash dann ihren Häscherinnen entkommen und taumelt durch vernachlässigte Gassen. Die Heldin sucht eine Zuflucht, um ihre Wunden zu lecken (!) und findet sie in der Kirche des Widerstands. Im großen Taufbecken vollziehen nackte Schönheiten laszive Taufrituale, beziehen ihre neue Heldin erfreut mit ein. Das Wasser der Vergebung fließt freigiebig, später nimmt die Hohepriesterin Backlash die Beichte ab, alle ihre Sünden sind vergeben. Gemeinsam sprechen sie das Glaubensbekenntnis. Backlash legt ihr lila Oberteil ab, nicht aber das schwarze Latex an Armen und Beinen.
Doch der Kampf geht weiter! Wochen später sind die Häscherinnen der Heldin wieder dicht auf den Fersen. Suborna selbst setzt ihr mit einem Kampfhubschrauber gehörig zu. In einem fulminanten Endkampf bringt Backlash per Peitschenhieb Subornas Hubschrauber zum Absturz. Die Tyrannin verbrennt unbefriedigt in einem flammenden Inferno und das Glaubenssystem der brunzgeilen