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Mord im Kowloon-Park: Gefährliche Tage in Hongkong
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Mord im Kowloon-Park: Gefährliche Tage in Hongkong
eBook288 Seiten4 Stunden

Mord im Kowloon-Park: Gefährliche Tage in Hongkong

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Über dieses E-Book

Ein deutscher Student lernt beim Joggen in Hamburg eine junge Eurasierin kennen, die an sich bei ihren wohlhabenden Eltern in Hongkong lebt, aber zu dieser Zeit in Hamburg eine kaufmännische Lehre absolviert und während der Lehrzeit bei ihrer Oma in Hamburg wohnt. Beide verlieben sich ineinander. Die Eurasierin läd den Studenten zu sich nach Hongkong ein, wo beide beim Spaziergang im Kowloon-Park Zeugen eines Mordes werden. Die Killer versuchen in der Folgezeit, die beiden einzigen Zeugen zu beseitigen ...
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum21. Juni 2017
ISBN9783745076868
Mord im Kowloon-Park: Gefährliche Tage in Hongkong

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    Buchvorschau

    Mord im Kowloon-Park - Günter Wilkening

    Mord im Kowloon-Park

    Gefährliche Tage in Hongkong
    Roman
    von
    Günter Wilkening

    Impressum

    Mord im Kowloon-Park

    Günter Wilkening

    published by: epubli GmbH, Berlin

    www.epubli.de

    Konvertierung: Sabine Abels | www.e-book-erstellung.de

    Der 24 Jahre alte Jan Sander, der gerade sein Studium der Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen hat, lernt beim Joggen in Hamburg die 22 Jahre alte, hübsche Eurasierin Susanne Mo aus Hongkong kennen, die Tochter eines wohlhabenden Chinesen und einer deutschen Mutter aus Hamburg. Beide verlieben sich ineinander. Einer Einladung Susanne`s nach Hongkong, wo sie und ihre Eltern leben, steht Jan zunächst zögernd gegenüber, nimmt sie schließlich jedoch an und fliegt nach Hongkong. Hier werden sie während eines Spaziergangs im Kowloon – Park Zeugen eines Mordes, den zwei Killer im Auftrag eines skrupellosen Investors begehen. An den folgenden Tagen werden sie von den Killern verfolgt, die sie auftragsgemäß als gefährliche Zeugen für sie und damit auch für den Investor beseitigen wollen.

    Meinen Freunden Horst und Jürgen Schaschke in Dankbarkeit für 65 Jahre Freundschaft.

    Günter Wilkening

    Guenter Wilkening

    DerAutor, Jahrgang 1933, studierte Rechtswissenschaften und war nach seiner Ausbildungszeit zunächst etwa drei Jahre als Staatsanwalt und anschließend bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1998 als Richter am Amtsgericht tätig, wo er hauptsächlich Strafsachen zu bearbeiten hatte, aber auch Familiensachen und Vormundschaftssachen. Zum Schreiben von Geschichten fand er erst im hohen Alter. Sein erstes Buch „Die kleine Tanne Carolina, eine märchenhafte Erzählung (2012), wurde von der schweizer „Stiftung Kreatives Alter mit einer Anerkennungsurkunde ausgezeichnet, die ihm am 28. 10. 2014 in einem Festakt im Kongresshaus in Zürich überreicht wurde – eine von neunzehn Urkunden und zwölf Preisen bei 427 Einsendungen aus zahlreichen Ländern.

    Ende 2013 erschien der Roman „Der Franzmann, in dem das tragische Schicksal eines französischen Kriegsgefangenen bei einer deutschen Bauernfamilie während des zweiten Weltkriegs erzählt wird, aber auch die wechselvolle Geschichte der Bauernfamilie während dieser Zeit und in den unsicheren Monaten nach Kriegsende. Dieser Roman wurde von der „Stiftung Kreatives Alter mit einem Preis bedacht, der mit 10 000 schweizer Franken dotiert war und der dem Autor am 25. 10. 2016 in einem Festakt im Kongresshaus in Zürich überreicht wurde – einer von zwölf Preisen bei 389 Einsendungen aus zahlreichen Ländern.

    Anfang 2015 erschien der Roman „Zum Glück gab`s Tante Wanda" – ein etwas anderer Roman.

    Der Roman „Mord im Kowloon-Park" – gefährliche Tage in Hongkong – ist ein weiteres Werk des Autors. Er ist ein Liebes- und Kriminalroman und eine Hommage an Hongkong.

    Ende 2016 unternahm der Autor einen literarischen Ausflug in die Politik und veröffentlichte „Eine kritische Betrachtung der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung – Gedanken und Befürchtungen eines alten Mannes (83)".

    1. Kapitel

    Es war an einem Freitagabend Ende November, fünf Minuten vor achtzehn Uhr, als der nahezu voll besetzte Lufthansa - Jumbo seine Position am Anfang der Startbahn West in Frankfurt erreicht hatte, um seinen weiten Flug nach Hongkong anzutreten, der nach den Berechnungen der Piloten elf Stunden und etwa dreißig Minuten dauern sollte. Diese Flugzeit war den Passagieren auf dem Weg zur Startbahn von einer Flugbegleiterin über Lautsprecher mitgeteilt worden.

    Der 24 Jahre alte, schlanke, sportlich wirkende und gut aussehende Jan Sander, der am frühen Nachmittag dieses Tages mit einem kleineren Flugzeug der Lufthansa von Hamburg nach Frankfurt geflogen und dort nach einer Wartezeit von etwa zwei Stunden in den Jumbo umgestiegen war, saß ganz hinten im Flieger am Fenster, und zwar dort, wo der Rumpf nicht mehr so breit war wie vorn und in der Mitte und wo sich an den beiden Fensterseiten nur zwei statt drei Plätze nebeneinander befanden. Der Platz neben ihm war frei.

    Jan hatte erst vor zwei Wochen erfolgreich sein Studium in Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen und hatte vor, im nächsten Monat mit seiner Doktorarbeit zu beginnen.

    Er blickte zur Uhr, als der Flieger angehalten wurde, und schaute dann nach draußen in die Dunkelheit. In der abgedunkelten Kabine herrschte eine angespannte Stille. Nur das leise Summen der in den Leerlauf geschalteten vier Triebwerke war zu hören.

    Es war, als wollte das riesige Flugzeug erst einmal tief Luft holen, bevor es zum Start ansetzte.

    Obwohl es nur knapp eine halbe Minute auf dieser Position stand, kamen sie dem jungen Mann, der zum ersten Mal in einem solch großen Flieger saß, fast wie eine Ewigkeit vor. Er spürte, wie sich seine auf den Knien liegenden Hände leicht verkrampften und wie sein Herz auf Grund seiner inneren Anspannung schneller zu schlagen begann. Für ihn war es ein Rätsel, wie ein derart großes Fluggerät mit etwa dreihundertfünfzig Personen an Bord und sicherlich ebenso vielen Koffern im Gepäckraum vom Boden abheben und fliegen konnte. Der Gedanke daran hatte ihm vor einem Start schon immer Unbehagen bereitet, auch bei kleineren Flugzeugen, an diesem Tag aber wegen der Größe des Fliegers und der vielen Menschen an Bord ganz besonders.

    Dann war plötzlich ein sattes, dumpfes Sausen der auf vollen Schub geschalteten Triebwerke zu hören. Ein kurzes, schwaches Vibrieren ging durch den Rumpf des Flugzeugs, als es sich in Bewegung setzte und danach schneller und schneller wurde.

    Obwohl er bei zunehmender Geschwindigkeit gegen die Rücklehne seines Sitzes gedrückt wurde und obwohl er aufgeregt war, blickte Jan aus dem Fenster. Er sah Lichter vorbeihuschen, konnte aber keine Konturen erkennen, und er spürte, wie sich die geringen Unebenheiten der Startbahn auf das Flugzeug übertrugen und es in leichte, kaum merkbare Schwingungen versetzten.

    Dann, nach mehreren scheinbar unendlich langen Sekunden, neigte sich der vordere Teil des Fliegers plötzlich etwas nach oben, und es waren mit einem Mal keine Unebenheiten mehr zu spüren. Der Koloss hatte von der Startbahn abgehoben, und die Lichter der Straßen und Häuser waren jetzt unten, als zögen sie unterhalb des Flugzeugs vorüber. Gleich danach war ein Rumpeln zu hören, verursacht durch das Einfahren des Fahrwerks. Dann waren nur noch das sonore Brummen der Triebwerke und das Sausen der Luft zu vernehmen, die das Flugzeug durchflog, ein Geräusch, das wie ein dumpfes Zischen klang.

    Die Lichter in der Tiefe verschwanden zwischendurch mal für Sekunden, tauchten dann plötzlich wieder auf und waren mit einem Mal ganz weg. Der Jumbo befand sich in den Wolken, was für einen Augenblick eine geringe Turbulenz, ein leichtes Rütteln des Flugzeugs, zur Folge hatte. Danach flog es völlig ruhig. Nur die Geräusche der Triebwerke und das Strömen der Luft waren zu hören, die es durchflog.

    Jan spürte, wie sich seine innere und äußere Anspannung allmählich löste, und er blickte erneut durch das kleine, ovale Fenster nach draußen. Aber er sah nur Dunkelheit.

    Auf dem Monitor über dem zweiten Sitz vor ihm wurde die Route angezeigt, die der Flieger auf seinem weiten Flug nach Hongkong nehmen sollte. Sie führte - wie er zu erkennen glaubte - über einen Teil Russlands, über Kasachstan und dann über China bis zum Zielort im tiefen Süden dieses großen Landes.

    Jan lehnte sich entspannt gegen die Rücklehne seines Sitzes, die er inzwischen durch einen Knopfdruck etwas nach hinten gestellt hatte, so dass er sich fast in einer bequemen Liegeposition befand, und horchte auf die Geräusche, die ihn umgaben. Und er beobachtete interessiert seine in der Nähe sitzenden Mitreisenden in der jetzt nicht mehr abgedunkelten Kabine. Dabei hatte er den Eindruck, dass sich auch bei ihnen die Anspannung gelöst hatte, unter der sie vor und während des Starts wahrscheinlich ebenfalls gestanden hatten. Einige unterhielten sich mit ihren Nachbarn, andere lasen und einzelne hatten sich sogar schon von ihren Sitzen erhoben und gingen auf den Gängen entlang.

    Für Jan war das alles außerordentlich interessant, und seine Neugier auf die unbekannte große Stadt, der sie sich immer mehr näherten, besonders aber auf die Menschen, die in ihr lebten, wuchs von Minute zu Minute. Dann wurden seine Gedanken an Hongkong, wurde seine wachsende Spannung auf diese Stadt unterbrochen, weil ihn Flugbegleiterinnen ablenkten, die nach etwa einer halben Stunde Flugzeit die Getränkewagen durch die beiden Gänge schoben und den Passagieren etwas zum Trinken anboten. Jan wählte ein Bier, weil er hoffte, dadurch etwas müde zu werden und ein bisschen einschlummern zu können. Aber dazu kam es zunächst nicht, weil schon bald nach dem Getränkeangebot ein Essen serviert wurde, das ihn bis zum Abräumen etwa eine Stunde lang hellwach bleiben ließ und an einen oberflächlichen Schlaf hinderte. Mit einem Tiefschlaf rechnete er inmitten seiner interessanten und geräuschvollen Umgebung ohnehin nicht.

    Etwa gegen zwanzig Uhr, als sie sich nach der Anzeige auf dem Monitor bereits über Russland befanden, wurde ihm bewusst, dass es in Hongkong inzwischen drei Uhr morgens war. In einem Reiseführer, den er intensiv studiert hatte, hatte er nämlich gelesen, dass der Zeitunterschied zwischen Deutschland und Hongkong in dieser Jahreszeit sieben Stunden betrage. Und er rechnete aus, dass das Flugzeug bei einem Flug von elf Stunden und etwa dreißig Minuten gegen zwölf Uhr dreißig Ortszeit auf dem Flughafen in Hongkong landen würde. Jan hatte also noch viele Stunden Zeit, sich mit einigen Einrichtungen des Fliegers vertraut zu machen und sich innerlich auf Hongkong einzustellen, auf eine Stadt, die schon beim Studieren des Reiseführers ein großes Interesse in ihm geweckt und wegen der zahlreichen farbigen Fotos darin geradezu eine Faszination auf ihn ausgeübt hatte.

    Was werde ich in dieser Stadt erleben? fragte er sich. Wie werde ich in ihr zurechtkommen ohne chinesische Sprachkenntnisse, nur mit meinem Schulenglisch, das ich jedoch inzwischen weitgehend vergessen habe, weil ich nach dem Abitur kaum Gelegenheit hatte, Englisch zu sprechen? Und wird Susanne am Flughafen sein und dich abholen? Ohne sie werde ich mir wahrscheinlich völlig verloren in Hongkong vorkommen, in dieser Metropole mit mehr als sechs Millionen Einwohnern. Aber sie hat versprochen, bei deiner Ankunft da zu sein und dich ins Hotel zu bringen. Dieses Versprechen wird sie sicherlich auch halten.

    Bei der Vorstellung jedoch, dass sie trotz ihres Versprechens nicht am Flughafen sein würde, sicher unbeabsichtigt, vielleicht wegen eines Staus oder eines Unfalls, wurde er etwas unruhig. Er versuchte aber, den Gedanken an diese Möglichkeit zu verdrängen, und beruhigte sich damit, dass sie ja das Hotel kannte, in dem er zwei Wochen übernachten sollte. Sie selbst hatte es ausgesucht und für ihn ein Einzelzimmer gebucht. Spätestens dort würden sie sich wiedersehen, falls sie sich am Flughafen verpassen sollten. Und bis zum Hotel könnte er notfalls mit einer Taxe fahren. Sicherlich würde es am Flughafen eine Information geben, bei der er auch mit seinen geringen Englischkenntnissen Auskunft darüber würde erhalten können, wo er den Taxistand finden und wie viel eine Fahrt zum Hotel kosten würde. Mit Deutsch, davon ging er aus, würde er wohl nicht weiterkommen. Bei der Auskunft würde man ihm, wenn nötig, sicher auch den Namen des Hotels für den Taxifahrer in Chinesisch auf einen Zettel schreiben. Und er würde bei der Information auch in Erfahrung bringen können, wo er sein deutsches Geld in Hongkong - Dollar würde umtauschen können.

    Alle diese Gedanken gingen ihm durch den Kopf und verdrängten seine Befürchtungen, eventuell allein auf dem sicher sehr großen Flughafen in Hongkong zu stehen. Er lehnte sich noch weiter zurück und kuschelte sich geradezu in seinen Sitz. Dann schloss er die Augen und dachte an Susanne, die von ihren Angehörigen und Freunden Suska genannt wurde und die ihn wiederholt gebeten hatte, sie in Hongkong zu besuchen, und deren Bitten er nach Rücksprache mit seinen Eltern, die für die Reisekosten aufgekommen waren, schließlich nachgegeben hatte. Aber er hatte sich auch deshalb zu der Reise entschlossen, weil er auf Grund ihrer Erzählungen immer neugieriger auf diese Stadt geworden war und weil er Suska wiedersehen wollte, in die er sich verliebt hatte - wie bisher in keine Frau.

    Ach ja, Suska, diese bildhübsche, lebensfrohe und feinfühlige Eurasierin aus dem fernen Hongkong, ohne die er niemals auf die Idee gekommen wäre, diese Stadt zu besuchen.

    Jan schmunzelte, als er sich daran erinnerte, wie er sie kennen gelernt hatte. Eigenartig war das damals gewesen vor etwa zwei Monaten, als er sich noch mitten im Examen befunden hatte.

    Er sah sich wieder in einem Park in Hamburg joggen, wie er das schon vorher fast jeden Tag getan hatte, und er erinnerte sich, wie er sich damals, vom Laufen verschwitzt, einer Kreuzung genähert hatte und plötzlich auf Suska aufmerksam geworden war, die sich unmittelbar vor der Kreuzung befunden hatte, aber auf einem anderen Weg, und ihren Kopf und ihren Oberkörper tief gebeugt und ihre Unterarme auf ihren etwas eingeknickten Knien gestützt hatte, ebenfalls verschwitzt und ziemlich außer Atem. Er hatte zunächst weiterlaufen wollen, hatte dann jedoch zurück geblickt, als er gerade an ihr vorbei gewesen war, weil er plötzlich die Befürchtung gehabt hatte, dass es der Joggerin nicht gut gehen könnte, dass sie Hilfe benötigte und sie aus diesem Grunde in der ungewöhnlichen Haltung verharrte. Er hatte daraufhin seinen Lauf unterbrochen, war die wenigen Schritte bis zu ihr zurückgekehrt und hatte sie gefragt, ob bei ihr alles in Ordnung sei, ob es ihr gut gehe oder ob er ihr helfen solle.

    Ja, und dann hatte Suska sich aufgerichtet, hatte ihn etwas außer Atem angelächelt und gesagt: Danke. Ich habe keine Beschwerden. Ich habe nur etwas Luftnot, weil ich wohl zu schnell gelaufen bin und nicht so gleichmäßig, wie man das beim Joggen tun sollte.

    An sich hätte er nun seinen Lauf fortsetzen können; aber er hatte es nicht getan. Der Grund für sein damaliges abwartendes Verhalten war ihm bis heute unerklärlich. Er war einfach stehen geblieben und hatte sie, ebenfalls lächelnd, angeblickt und hatte gefragt, in welche Richtung sie denn weiterlaufen wolle. Zunächst wolle sie ein bisschen gehen, hatte sie auf seine Frage geantwortet und hatte in die Richtung gezeigt, die auch er hatte einschlagen wollen. Dann hatten beide einen Moment geschwiegen und hatten sich interessiert angeschaut, bis er etwas zögernd die Frage gestellt hatte, ob er sie begleiten dürfe, er wolle in dieselbe Richtung laufen oder gehen, aber ihm würde es auch gut tun, wenn er sein Laufen mal unterbreche und etwas gehe. Sie hatte darauf erklärt, dass sie gegen seine Begleitung nichts einzuwenden habe, und hatte ihn dabei angestrahlt. So war es gekommen, dass beide nebeneinander her gegangen waren und sich dabei lebhaft unterhalten hatten. Im Verlauf des Gesprächs hatte er dann erfahren, dass sie vor kurzem ihre Lehre in einem Großhandelsunternehmen in Hamburg abgeschlossen habe und in vier Wochen wieder nach Hongkong zurückfliegen wolle, wo sie geboren sei und an sich auch wohne. Während der drei Lehrjahre habe sie bei ihrer Großmutter, der Mutter ihrer Mutter, gelebt, die Witwe sei und in Hamburg wohne, nicht weit von hier, und trotz ihrer dreiundsiebzig Jahre noch allein in ihrem eigenen Haus lebe. Allerdings wohne in der ersten Etage ihr Sohn mit seiner Familie. Während ihres Urlaubs sei sie jedoch regelmäßig zu ihren Eltern nach Hongkong geflogen und habe die Urlaubstage bei ihnen verbracht. Das sei mindestens zweimal im Jahr der Fall gewesen, da sie den gesamten Urlaub nie auf einmal genommen habe. Auf seine Frage, wie sie denn überhaupt nach Hongkong gekommen sei, hatte sie freimütig erzählt, dass ihre Mutter früher mal für eine Hamburger Firma dort gearbeitet habe, wegen ihrer sehr guten Englischkenntnisse, und dass sie während dieser Zeit ihren Vater, einen Chinesen, kennen gelernt habe. Beide hätten geheiratet. Aber ihre Mutter habe schon alsbald danach ihren Beruf aufgegeben und habe drei Kinder bekommen. Zwei ältere Brüder seien in der Firma ihres Vaters beschäftigt, und sie als jüngstes Kind habe eine kaufmännische Lehre in Hamburg absolvieren sollen, aber auch wollen, nachdem sie zuvor an einem internationalen Gymnasium in Hongkong das Abitur gemacht habe.

    Jan erinnerte sich, dass er damals erstaunt zugehört hatte und auf Grund einiger Fragen auch noch erfahren hatte, dass sie außer Deutsch, das sie von ihrer Mutter, ihrer Oma, in der Schule und natürlich während ihrer Lehrjahre gelernt habe, auch noch fließend Chinesisch und Englisch spreche. Aus ihrer Erzählung hatte er seiner Zeit geschlossen, dass sie zweiundzwanzig Jahre alt sein müsste, was auch zutreffend gewesen war.

    Ihre Mutter, so hatte sie noch erzählt, die natürlich Deutsch, aber auch fließend Englisch und ziemlich gut Chinesisch spreche, habe mit den Kindern mindestens zweimal im Jahr ihre Mutter, also Suskas Oma, in Hamburg besucht, jedenfalls als sie noch zur Schule gegangen seien, und immer während der Ferien. In der Regel sei einmal im Jahr auch ihr Vater dabei gewesen, der allerdings nicht fließend Deutsch spreche, der sich aber inzwischen ganz gut in dieser Sprache unterhalten könne. Außerdem spreche er ein sehr gutes Englisch. Bis zum vergangenen Jahr sei ihre Oma sogar noch regelmäßig einmal im Jahr nach Hongkong gekommen und habe sie, also ihre Eltern und Geschwister, dort besucht. Dieses Jahr sei sie allerdings wegen ihres Alters noch nicht bei ihnen gewesen. Sie habe aber vor, im nächsten Jahr noch einmal den langen Flug zu wagen.

    Natürlich hatte auch Jan von seinem Werdegang erzählt, von seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder, die in einem Dorf in der Nähe von Hamburg wohnten, und Suska hatte interessiert zugehört und hatte Fragen gestellt, die er ebenso freimütig beantwortet hatte wie sie seine.

    Ja, und dann waren sie an einen Parkplatz gekommen, auf dem sie ihr Auto abgestellt gehabt hatte. Beide hätten sich nun verabschieden können; aber sie hatten herumgedruckst und darauf gewartet, dass der andere fragen würde, ob sie sich wiedersehen könnten. Schließlich hatte Jan dann mit leicht zitternder Stimme diese Frage gestellt, und Suska hatte sofort zugesagt. Am übernächsten Tag hatte es sein sollen, auch bei Regenwetter, auf dem Parkplatz, an dieser Stelle und zu dieser Uhrzeit. Beide hatten wieder joggen wollen.

    Und Suska war damals pünktlich erschienen, und Jan, der schon zehn Minuten vor der verabredeten Zeit gekommen war und voller innerer Spannung auf sie gewartet hatte, war erleichtert gewesen, als sie mit ihrem kleinen Auto auf den Parkplatz gefahren war. Sie hätten damals zwar joggen wollen, aber die meiste Zeit waren sie anschließend gegangen und hatten sich angeregt unterhalten, was beim Laufen kaum möglich gewesen wäre. Über drei Stunden waren sie seiner Zeit zusammen gewesen, und nicht eine Minute hatten sie geschwiegen oder sich gelangweilt. Danach war es selbstverständlich für beide gewesen, dass sie sich wieder verabreden würden, dieses Mal aber an einem bestimmten Platz an der Elbe und schon am nächsten Tag.

    Jan öffnete die Augen, richtete sich etwas auf und blickte aus dem Fenster. Es war noch dunkel. Weit unten sah er einzelne Lichter und vor sich eine große erhellte Fläche. Offensichtlich näherten sie sich einer größeren Stadt. Jan war von diesem Anblick derart fasziniert, dass er so lange hinaus schaute, bis die vielen Lichter unter ihm aus seinem Blickfeld gerieten. Dann zog er die Jalousie vor dem Fenster herunter und kuschelte sich wieder in seinen Sitz.

    In der Kabine herrschte inzwischen ein abgedunkeltes Licht. Viele Passagiere schienen zu schlafen, andere lasen und einige gingen auf den Gängen hin und her, wohl deshalb, weil sie sich nach dem Essen und vor dem Schlaf, der bei vielen wahrscheinlich nur ein versuchter sein würde, die Beine vertreten wollten. Von den Flugbegleiterinnen und den Flugbegleitern war niemand mehr zu sehen.

    Jan schloss wieder die Augen und versuchte zu schlafen. Und tatsächlich nickte er für einige Zeit ein. Wie lange er geschlafen hatte, war ihm aber nicht bewusst.

    Als er wieder wach wurde, schob er die Jalousie vor dem Fenster etwas nach oben und stellte fest, dass es inzwischen hell geworden war. Die Sonne stand bereits über dem Horizont.

    Er blickte nach draußen und sah weit unten eine karge, bergige Landschaft, dazwischen größere Ebenen, eine Art Steppe, wie er zu erkennen glaubte, die wie die Berge von Schnee überpudert waren. Nach seiner Vorstellung musste es da unter bitter kalt sein. Und nirgendwo bemerkte er einzelne Häuser oder Ortschaften. Die Gegend war öde und nach seinen Beobachtungen menschenleer. Auf dem Monitor sah er, dass sich der Flieger über Kasachstan, etwa im Bereich der Grenze zu China befand.

    In Deutschland wird es jetzt noch dunkel sein, dachte er, zog die Jalousie wieder herunter, lehnte sich zurück, schloss die Augen und dachte erneut an Suska, mit der er nach dem zweiten Treffen fast jeden Tag am späten Nachmittag bis in die Abendstunden zusammen gewesen war. Schon nach einigen Tagen hatten sie Zärtlichkeiten miteinander ausgetauscht, und als er sie eines Abends mit in sein kleines Apartment in Hamburg genommen hatte, war es zum ersten Mal zum Verkehr mit ihr gekommen. Beide hatten gegenseitig erklärt, dass sie sich liebten. Jan hatte danach den Zeitpunkt der jeweiligen Verabredungen kaum erwarten können, und er hatte unter der Sehnsucht nach ihr gelitten. Solche Gefühle hatte er bis dahin nicht gekannt. Vor der Begegnung mit Suska hatte er zwar bereits einige Freundinnen gehabt, aber in keine war er richtig verliebt gewesen. Suska war seine erste große Liebe geworden. Das spürte er jeden Tag mehr und mehr.

    Etwa in dieser Zeit hatte sie zum ersten Mal davon gesprochen, dass er sie in Hongkong besuchen solle. Sie würde glücklich sein, wenn er zu ihr komme. Sie habe ihre Eltern inzwischen über ihn informiert, habe ihnen Fotos von ihm geschickt, auch von beiden, und ihre Eltern hätten den Wunsch geäußert, ihn kennen zu lernen. Sie hatte sogar eine Bereitschaft angedeutet, für ihn die Reisekosten zu bezahlen. Zunächst hatte er sich ihren

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