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Jonas von Dohms zu Brügge
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eBook268 Seiten3 Stunden

Jonas von Dohms zu Brügge

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Über dieses E-Book

Sexy und ironisch, frivol mit viel Esprit
„Jonas von Dohms zu Brügge“, ein Schelmenroman von KD Regenbrecht
Die Geschichte des Jonas von Dohms zu Brügge beginnt mit seiner Zeugung auf der Toilette des Frankfurter Flughafens. Seine Eltern sind Bettina Brügge, ihr Vater ist Inhaber einer Bank, die sie später übernimmt, und Dirk Sommer, Flugkapitän bei der Lufthansa. Weil seine Mutter Bettina bei seiner Geburt noch sehr jung ist, wächst er in einer Pflegefamilie auf, bei Josef und Miriam Dohms, der Schwester ihrer Mutter. Daher sein Name „von Dohms zu Brügge“, denn zunächst wird er Dohms genannt, heißt aber tatsächlich Brügge, weshalb ihm eine Erzieherin spöttisch den Namen „von Dohms zu Brügge“ verleiht.
Ähnlich wie sein literarisches Vorbild in Henry Fieldings Roman „Tom Jones“ wird Jonas in eine Reihe von erotischen Abenteuern verstrickt von Frankfurt über Oxford bis Las Vegas, vom Ufer der Nidda zum Ufer des Redwood Creeks in Nordkalifornien. Gleichzeitig ist „Jonas von Dohms zu Brügge“ auch ein Familienroman. Auf der Suche nach seinem in Afrika verschollenen Onkel, Bettinas Bruder, verschlägt es Jonas sogar ins kalifornische San Fernando Valley, die Hochburg der amerikanischen Porno-Industrie. In der Familie gibt es überhaupt eine Reihe von Turbulenzen frei nach dem Motto „shame and scandal in the family.“ So stellt sich heraus, dass Daniela, mit der Jonas wie Bruder und Schwester in der Dohms-Familie aufwächst, in Wirklichkeit seine Tante ist.
Genau wie im literarischen Vorbild „Tom Jones“ gibt es ein wunderschönes Mädchen, das Tom von Anfang an liebt, das er aber erst nach vielen Irrungen und Wirrungen in die Arme schließen kann. Und wie im literarischen Vorbild heißt diese Figur auch im Roman „Jonas von Dohms zu Brügge“ Sophia Western und ist Tochter eines amerikanischen Generals und Kriegsveteranen (Irak, Afghanistan). Natürlich enthält der Roman viel Zeitgeschehen von 1989 bis 2014, unter anderem auch die Finanzkrise und damit den Zusammenbruch des Brüggeschen Bankhauses. All das in einer aktuellen und ironischen Sprache und mit viel Esprit erzählt.
SpracheDeutsch
HerausgeberRegenbrecht
Erscheinungsdatum20. Okt. 2014
ISBN9783925805721
Jonas von Dohms zu Brügge
Autor

Klaus-Dieter Regenbrecht

Klaus-Dieter Regenbrecht, Jahrgang 1950, ist der Autor von "Tabu Litu - ein documentum fragmentum in neun Büchern" (1985-1999), sowie einer Reihe von Romanen und Erzählungen. 2017 veröffentlichte er seine Autobiografie "Paradise with Black Spots and Bruises" (Englisch). 2014 gewann er den ersten Preis beim "Landschreiber-Literatur-Wettbewerb." 2019 veröffentlichte er einen bemerkenswerten Essay zur Romantik: "Ein Mythos wird vermessen", der Grundlage für den Roman "Die selige Verzückung absehbarer Enttäuschung" ist. Mit dem Roman "Göttern und Menschen zum Troz" ist die Romantiktrilogie mit rund 1000 Seiten vollständig. Als letztes erschien in der Romantik-Reihe "Romantische Liebe - So reich an Freud ihr Schatten."

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    Buchvorschau

    Jonas von Dohms zu Brügge - Klaus-Dieter Regenbrecht

    Von Klaus-Dieter Regenbrecht

    sind bisher erschienen

    Tabu Litu - ein documentum fragmentum

    in neun Büchern

    Continuity - Hitchcocks, Pocahontas

    Das Camp - Acht neue Erzählungen

    Die Reisen des Johannes

    AmoRLauf - ein Bildungsroman

    Transit Wirklichkeit

    Im Goldpfad 10 - ein Schlüsselroman

    It hath been observed by wise men and women,

    I forget which, that all persons are doomed

    to be in love once in their lives.

    Henry Fielding, Tom Jones

    Unser Gedächtnis und unser Herz sind

    für die Treue nicht groß genug.

    Marcel Proust, Auf der Suche

    nach der verlorenen Zeit

    Die wichtigsten handelnden Personen:

    Jonas Brügge, „von Dohms zu Brügge", Sohn von Dirk Sommer und Bettina Brügge, wächst bei Miriam und Josef Dohms auf.

    Dirk Sommer, Lufthansa-Flugkapitän, Vater von Jonas

    Bettina Brügge, Mutter von Jonas, Tochter von Bertold und Margot Brügge (geb. Singer).

    Daniela Dohms, Tochter von Josef und Miriam Dohms (geb Singer).

    Miriam Dohms, Schwester von Margot Brügge, Mutter von Daniela Dohms, Lehrerin für Französisch und Biologie.

    Josef Dohms, Ehemann von Miriam, Lehrer für Deutsch und kath. Theologie.

    Bertold Brügge, Vater von Bettina und Tobias Brügge, Inhaber eines Frankfurter Bankhauses.

    Margot Brügge, (geb Singer), Ehefrau von Bertold, Schwester von Miriam Dohms.

    Tobias Brügge, Sohn von Margot und Bertold.

    Sophia Western, Tochter von John W und Carolin, Kindergarten- und Schulkameradin von Jonas und Daniela.

    John W Western, Angehöriger US-Army zunächst in Frankfurt/M, später Washington DC, Kriegsteilnehmer Naher Osten.

    Carolin Western, geb. Holzer.

    Aaron Western, Bruder von Sophia.

    Inhaltsverzeichnis

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    1

    Die Liebe der jungen Frau Brügge war von besonderer Art. Der Lufthansa-Pilot, der sie auf einer Damentoilette des Frankfurter Flughafens schwängerte, war nach einer nur knapp glimpflich verlaufenen Notlandung, auf der Landebahn herrschte dichter Nebel bei schmierigen Verhältnissen, zu schnell gekommen und zitterte fürchterlich. Die ganze Zeit.

    Der Lufthansa Flug LH401 vom John F. Kennedy Airport in New York City war am ersten November ruhig verlaufen, und erst über den britischen Inseln geriet man in widrige Wetterverhältnisse und Turbulenzen, die nicht nur bei den Passagieren zu Erregungszuständen mit schnellerem Atem und feuchten Händen führten.

    Über dem Frankfurter Flughafen herrschte Hochbetrieb wie in einem Kontakthof im Bahnhofsviertel, denn die Lande- und Startbahnen waren mit Blitzeis überzogen; es sah aus wie glänzendes, hauchzartes Organza, das den glatten Asphalt schwarz durchschimmern ließ.

    LH401 verbrachte so viel Zeit in der Warteschleife, dass der Anflug zu einem anderen Flughafen schwierig geworden wäre. Die Streufahrzeuge schafften es aber rechtzeitig, eine ausreichende Anzahl von Landebahnen frei zu bekommen, so dass keine unmittelbare Notsituation entstand.

    Der Anflug war schwierig, die Bahn war schmierig; der Touchdown, verfolgt mit klopfenden Herzen und begleitet von lautem Stöhnen, endete in erleichtertem Beifall.

    „Holy fuck, dachte Flugkapitän Sommer, „wie soll man sauber runterkommen, wenn das Baby so störrisch ist.

    Und Flugbegleiterin Alina, die schon mal vergaß, ihre Blusenknöpfe wieder ordnungsgemäß zu schließen, bevor sie aus dem Cockpit in den Passagierraum stolzierte, meinte, „bei dir ist jedes Runterkommen ein Höhepunkt, Dirk."

    „Und jedes arrival ein Abgang", dachte der Copilot.

    So lange Dirk Sommer noch in der Maschine war und die Landeformalitäten erledigte, reichte sein Adrenalinschub aus, um ihn weiter funktionieren zu lassen, und zwar einwandfrei. Erst in der Halle, in der laute Aufregung und ein wimmelndes Gewusel an den Schaltern und vor den Bildschirmen herrschte, wurde ihm schummerig und seine Sinne gingen auf „deaf mute."

    Er lief einen der Gänge entlang, die zu den Parkhäusern führten. Der Gang war menschenleer und eine der Leuchtröhren flackerte unregelmäßig. Sommer glaubte einen Moment, die Morsezeichen für SOS entziffert zu haben. Und schon packte ihn eine Frau um die Hüfte und zog ihn durch die Tür zur Damentoilette. Betty, in ihrer Uniform einer Klofrau, war auf den Gang hinaus getreten, weil sie sich wunderte, dass schon längere Zeit kaum jemand in den Toilettenräumen auftauchte, hatte den schwankenden Piloten gesehen, sein gemurmeltes „SOS" gehört und zugegriffen.

    Natürlich war ihr seine Erektion aufgefallen, die sich deutlich in der engsitzenden Uniformhose abzeichnete; das Jackett hatte er über die Schulter geworfen und klemmte unter dem Riemen seiner Reisetasche.

    „Die Aufregung", hatte er später entschuldigend erklärt, und behauptet, dass er sich seines steifen Gliedes überhaupt nicht bewusst gewesen sei.

    „Als du da auf meinem Stuhl hocktest, Dirk, konnte ich nicht anders."

    Er war erschöpft, zitterte, sah fiebrig aus, und im Sitzen spannte sich seine Hose noch mehr.

    „Das geht ja gar nicht", murmelte Betty, machte den Gürtel auf, öffnete den Hosenknopf und zog den Reißverschluss herunter; der optische Eindruck der Erektion war so stark, dass sich in ihrem Kopf das zugehörige mechanische Geräusch einstellte, als sei eine elastische Feder freigegeben worden, die sanft vibrierte.

    „What a bumper." Betty spürte, dass sie besser nicht allzu viel Zeit mit einem Blowjob verschwendete, knöpfte ihren Kittel auf, schob den schmalen Streifen ihres Slips in die kleine Einkerbung zwischen ihrer linken äußeren Schamlippe und der Innenseite ihres Oberschenkels, beide völlig haarlos.

    „Bingo, lachte sie, und Dirk machte große Augen. Als er für Bettys langsamer anschwellende Lust zu schnell kam und fast bewusstlos wurde, tätschelte sie seine Wangen, „hei, bleib bei mir, und dachte, „wer weiß, wie lange der schon mit seinem Steifen rumläuft."

    Nach Schichtwechsel, der kurz danach erfolgte, brachte Betty Dirk in das Hotel am Flughafen, päppelte ihn mit zwei Whiskey wieder auf, und die zweite Nummer war dann schon eher nach dem Geschmack der jungen Frau Brügge. Bettina Brügge war eine Prä-Inkarnation, die burleske Fleischwerdung vor und von einer Dita von Teese, mit ihrem wallenden schwarzen Haar und der mit Korsagen zurecht getrimmten Hüfte, mit den echten Brüsten, die perfekt in 75C BH passten und den wohlgeformten Schamlippen, rasiert, schon damals 1988, als sich nur wenige Frauen die Scham rasierten. Plus dazugehöriger Garderobe. Die Kostümierung der Klofrau samt Häubchen gehörte dazu, auch wenn Betty sich für den tatsächlichen Dienst auf dem Flughafen nicht schminkte.

    . . .

    Die frühen achtziger Jahre waren, was den Intimbereich anbelangte, noch stark von den Naturvorstellungen der Flower-Power-Zeit geprägt. Man ließ wachsen, was wachsen wollte. Bärte und lange Haare wucherten überall. Sean Connery soll als James Bond angeblich nicht nur auf dem Kopf ein Toupet getragen haben. Wer wäre in einer solchen Zeit auf die Idee gekommen, sich ausgerechnet da zu rasieren, wo die Natur am lustvollsten war. Die rasierte Scham, vor allem bei Frauen, gab es zu allen Zeiten, wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen. Über die Beschneidung hinaus war bei Muslimen die Entfernung der Schambehaarung seit jeher gängige Praxis. Päderasten bevorzugten schon immer Prostituierte, die ihnen mit rasierter Scham den Unterleib eines jungen Mädchens anbieten wollten.

    Hygiene, Religion, Ästhetik und Erotik sind in der Menschheitsgeschichte seltsame Wege gegangen. Dass Schamhaare nicht einfach nur Haare waren, bedurfte keiner weiteren Erläuterung, wuchsen sie doch erst mit der Pubertät, der Geschlechtsreife, wie die weiblichen Brüste und der männliche Bartwuchs.

    Gelegentlich wird der Mensch auch als das nackte Tier bezeichnet. Die vergleichsweise wenigen Haare betonen somit seine animalische Herkunft.

    Warum also versuchte sich der Mensch in einen Zustand zu versetzen, der vom Aussehen her dem ähnelte, der vor der Geschlechtsreife zu sehen war? Um sich wieder in ein vermeintlich unschuldiges Kind zurück zu verwandeln? Dagegen sprach, dass sich die Intimrasur um die Jahrtausendwende eindeutig aus sexuellen Motiven heraus und in der Pornographie rasant verbreitet hatte, zumindest was den westlichen Kulturkreis Europas und Nord-Amerikas anging. In Japan dagegen nannte man Frauen, die nach eigenem Empfinden zu dünne Schambehaarung hatten und diese mit Kopfhaarperücken verdichteten, Blumen der Nacht.

    L’Origine du monde, der Ursprung der Welt, nannte Gustave Courbet sein Bild von 1866, das Partien eines liegenden, nackten Frauenkörpers zeigte, die gespreizten Oberschenkel im Anschnitt, über die Brust und um den Körper herum ein Laken so drapiert, dass nur eine Brustwarze sichtbar wurde; im Bildzentrum ein stark behaarter Venushügel und eine sich nur einen winzigen Spalt öffnende Vulva.

    Der Gegenstand also, von dem wir hier ausgehen und dem wir uns zuwenden wollen, ist nichts anderes als die menschliche Natur. Ich hoffe, dass meine Leser, mit klarer Vernunft und feinstem Geschmack gesegnet, nicht anfangen zu nörgeln oder beleidigt sind, weil dieser eine Gegenstand als gewöhnlich und vulgär empfunden wird. Die menschliche Natur besitzt eine solch außerordentliche Vielfalt, dass kein Autor sie je erschöpfend darstellen kann. Genauso gut könnte er anfangen, die Haare aller Menschen auf der Welt zu zählen.

    . . .

    Miriam Singer war eine der Frauen, die sich zu der Zeit von Love & Peace Blumen ins Haar geflochten hatten und niemals auf die Idee gekommen wären, sich die Schambehaarung zu entfernen. Sie war eine der Beteiligten, als 1978 die Bürgerinitiative gegen den Ausbau der Startbahn West ins Leben gerufen wurde, und die bei vielen Protest-Aktionen auf dem Gelände dabei war, auf dem ein paar Jahre später Dirk Sommer seine Maschine sauber zur Landung brachte. Dass sie sich nicht ganz so engagieren konnte, wie sie das gerne getan hätte, lag daran, dass sie in den Vorbereitungen zu ihrem zweiten Staatsexamen steckte. Sie hatte Französisch und Biologie studiert.

    Bei den Demonstrationen hatte sie auch ihren späteren Mann kennengelernt, Josef Dohms, der ein paar Jahre älter und Studienrat mit den Fächern Deutsch und katholische Religion, war. Auch wenn beide nicht in vorderster Front vor den Absperrungen zu finden waren, der Strahl der Wasserwerfer reichte weit. So weit, dass beide an einem kalten Novembertag patschnass wurden und sich zähneklappernd in seine kleine Wohnung verzogen, wo sie sich gegenseitig mit Handtüchern abrieben und in trockene Klamotten schlüpften. Josef und Miriam in seinen Sachen. „Scheiße, war das Wasser kalt."

    Auf seinem Schreibtisch stand ein Foto von Karol Wojtyla, dem dritten Papst des Jahres 1978. Im August war Papst Paul VI nach fünfzehnjährigem Pontifikat gestorben, sein Nachfolger Johannes Paul I nach nur dreiunddreißig Tagen. Johannes Paul II war der erste Nichtitaliener seit rund 400 Jahren auf dem Papststuhl. An der Wand hing außerdem ein Zeitungsfoto, das Günter Grass mit dem Bundespräsidenten Heinemann und dem brasilianischen Bischof Dom Hélder Pessoa Câmara 1970 in Bonn beim Deutschen Forum für Entwicklungshilfe zeigte. Die kleine Wohnung sah insgesamt eher nach Theologiestudent als nach Studienrat aus.

    „Du bist so schön", hatte Josef nur gemurmelt, während er sie abtrocknete, aber stets das Handtuch so gehalten, dass seine Hände ihre heilige Haut nicht berührten. Und das Handtuch kratzte auf ihrer Haut; seine Hände dagegen, das sah sie, waren glatt und weich wie die einer Wachsfigur in einem Devotionalien-Laden in Rom.

    „Bist du Priester", fragte sie ihn, nachdem sie sich in dem

    Zimmer umgesehen hatte.

    „Nein, war seine Antwort, „ich bin Lehrer, aber, ja, ich habe Theologie studiert, schlimm?

    „Nein, überhaupt nicht."

    Sie war ja auch dabei, Lehrerin zu werden. Dass sie mit ihm auch geschlafen hätte, wenn er Priester gewesen wäre, sprach sie nicht aus. Ihr war klar, woher seine Befangenheit rührte; wahrscheinlich beschäftigte er sich den ganzen Tag neben Gebeten mit sexuellen Phantasien.

    „Dich kriege ich", ging ihr durch den Kopf und sie lächelte ihn an. Einfach süß.

    Miriams ältere Schwester Margot war seit einigen Jahren verheiratet, hatte zwei Kinder, Bettina und Tobias, die beide schon beziehungsweise noch in der Pubertät steckten. Nach der Geburt von Tobias hatte Miriams Schwester zu ihrem Mann Bertold Brügge gesagt, „so, das war’s dann jetzt aber auch."

    Was sie damit gemeint hatte, erklärte Schwager Bertold der jüngeren Schwester seiner Frau, als er mit ihr, die nun mit Josef verheiratet war, ein Verhältnis angefangen hatte, „kein Sex, verstehst du, Miri."

    „So ist meine Schwester, konsequent."

    Ob da nun ein archaisches Stellvertreterinnenprinzip griff, ähnlich dem alttestamentarischen, das zum Onaniebegriff geführt hatte, jedenfalls übernahm Miriam diesen Part, und zwar gerne und gewissenhaft, denn Josef war ein herzensguter Mann, aber nicht gerade der Bringer im Bett.

    Bertold Brügge gehörte das Bankhaus Brügge & Cie, seit zwei Generationen in Frankfurt ansässig. Er war verdammt reich und hatte unbedingt einen männlichen Nachkommen für das Unternehmen gewollt. Auch wenn seine Frau Margot den Sex nicht kategorisch aufgekündigt hätte, er wäre sicher nicht der treueste Mann gewesen, der er dann doch für Miriam wurde, nachdem er sich von Ende der Sechziger bis Anfang der Achtziger mit zunehmend langweiliger werdenden Bordellbesuchen und kurzen aber teuren Liebschaften mehr oder weniger vergnügt hatte. Seit zwei Jahren trafen sich Bertold und Miriam regelmäßig in seiner Jagdhütte auf der Höhe über dem Rheingau oder gingen auf Kurztripps in alle Welt, wenn Josef zu seinen Exerzitien ins Kloster ging.

    Bertold hatte Feuer im offenen Kamin gemacht, das Wetter an diesem Novembertag 1988 war sehr ungemütlich, fast hätten sie es wegen Blitzeis nicht zur Hütte geschafft. Miriam und er hatten es so arrangiert, dass sie nicht nur ein paar Stunden miteinander verbringen konnten, sondern den Abend und die ganze Nacht. Sobald es warm genug war, würden sie sich vor dem Kamin lieben, sich unterhalten, den Abend bei einem guten Essen in einem Weingut verbringen und dann hatten sie noch die ganze Nacht vor sich.

    „Wie läuft es so mit den Kindern, Berti?"

    „Naja, du weißt doch, Bettina will Schauspielerin werden, aber auf keine Schauspielschule, sie will echte Rollen spielen, im Leben."

    Betty war nicht nur eine Prä-Inkarnation der Dita von Teese, ihre Schauspielerei hatte sehr große Ähnlichkeit mit dem, was später als reality soaps auf den privaten Kanälen für fatale Fehlrezeptionen bei den jugendlichen Zuschauern sorgen sollte. Vor ihrer Rolle als Klofrau hatte sie sich bei einer anderen Aktion einige Exemplare von „Der Wachturm und „Erwachet! besorgt und war mit einem ehemaligen Klassenkameraden aus der Abi-Klasse als Zeugen Jehovas von Haustür zu Haustür gezogen, um die Menschen zu missionieren. Nicht ohne Erfolg.

    „Hauptsache, sie hat ihr Abi in der Tasche, Bertold, das andere wird sich im Laufe der Jahre fügen."

    „Ich werde drei Kreuzzeichen machen, wenn Tobias das auch geschafft hat. Dann mache ich nur noch so lange weiter, bis eins der Kinder so weit ist, die Bankleitung zu übernehmen, und dann können wir beide endlich ein gemeinsames Leben beginnen, Miriam."

    „Wer weiß, was alles noch passieren wird."

    Was auf jeden Fall an diesem Abend, in dieser Nacht passierte, war, dass Bettina Brügge und Miriam Dohms schwanger wurden. Die Babys kamen beide am siebzehnten August des darauffolgenden Jahres zur Welt. Über die genaue Uhrzeit der Empfängnis, im Gegensatz zu den Geburten, könnte niemand je mit Bestimmtheit Angaben machen, gab es doch in dem fraglichen Zeitraum insgesamt fünf Geschlechtsakte von zwei Paaren, die zu je einer Befruchtung führten.

    Miriam jedoch wurde sich zuerst ihrer Schwangerschaft bewusst, zwischen den Jahren, nachdem ihre Regelblutung mehr als sechs Wochen ausgeblieben war. Sie konnte sich nicht hundertprozentig sicher sein, aber sie spürte mit allen Fasern, dass Bertold und nicht Josef, ihr Ehemann, derjenige war, der für die erfolgreiche Zeugung verantwortlich war. Bertold freute sich, meinte aber, „wir müssen das jetzt nicht klären, Miriam, oder wird Josef misstrauisch werden?"

    „Eher nicht, Liebling, wir haben zwar selten Sex und er führt nicht Buch darüber, wann wir welchen haben, aber er wartet schon lange darauf, dass ich schwanger werde."

    „Und gerade das könnte irgendwann zu Mutmaßungen bei ihm führen."

    „Ja, vielleicht."

    Miriam und Bertold waren sich jedenfalls einig, dass sie das Kind bekommen würden, wer immer der Vater war. Das konnte später noch geklärt werden, da verwischten sich ja keine genetischen Spuren, das war nun einmal so.

    Bei Bettina dauerte es etwas länger, bis sie ihre Schwangerschaft wahrnahm. Sie war jünger, ihre Periode kam seit ihrer Pubertät unregelmäßig, eine Zeitlang hatte sie die Pille genommen, dann wieder nicht. Sie wandte sich an ihren Vater, der nicht lange überlegen musste.

    „Abgetrieben wird nicht, mein Kind, auf keinen Fall. Weißt du denn, wer der Vater ist?"

    „Ja, Papa, er heißt Dirk, Dirk Sommer, und ist Kapitän bei der Lufthansa, also genau genommen Co-Pilot, der aber bald die Flugstunden für den Käptn zusammen hat."

    „Verheiratet?"

    „Ja, klar, aber ich hab mit dem nichts mehr."

    Dirk hatte Betty gar nicht beichten müssen, dass er verheiratet war und die Auslandsaufenthalte für seine außerehelichen Aktivitäten nutzte. Überrascht war sie also nicht, als er nach einigem Herumdrucksen mit der Sprache herausrückte.

    „Hier in Frankfurt, jetzt auch noch du, Betty, das wird mir zu viel, ich hoffe, du verstehst das. Ich meine, ich mag dich wirklich, du bist die aufregendste Frau, die mir je untergekommen ist …"

    „Schon gut, Dirk, die aufregendste Frau ist nicht auf Dauer zu haben, mach dir da keine Sorgen oder Hoffnungen. Was also war zu tun seitens Bertold Brügges, Inhaber des Frankfurter Bankhauses Brügge & Cie, Vater einer Tochter, die ein Kind von einem verheirateten Piloten erwartete? Vater womöglich eines Kindes mit Miriam, die Tante seiner Tochter Bettina und Schwester seiner Frau Margot war. Er beruhigte seine Tochter und meinte, „das kriegen wir schon hin, mir wird was einfallen, verlass dich drauf.

    Er gab sich ein knappes halbes Jahr Zeit dafür, dann musste alles geregelt sein. Und es wurde geregelt. Von Bertold Brügge. Der Sohn Bettina Brügges, auf den Namen Jonas getauft, sollte in der Familie Dohms als Pflegekind aufwachsen als Bruder von Daniela Dohms. Das Arrangement sah vor, dass nur Bertold, seine Tochter Bettina und seine Schwägerin Miriam wussten, wer die wirklichen Eltern von Jonas waren. Abgesehen natürlich von den Behörden und demjenigen ärztlichen Personal, das bei der Geburt dabei war. Bettina Brügge entband in einer Privatklinik in Bad Schwalbach, die auf plastische Chirurgie spezialisiert war. Die Klinik und ihr Leiter waren Kunden des Bankhauses Brügge & Cie.

    Nur wenige Wochen nach der Geburt, als Jonas schon bei seiner Pflegefamilie war, ging Betty in die Schweiz nach Genf, um nach einem Bankpraktikum, vom Papa arrangiert, Jura zu studieren. Sie versprach, in den nächsten Jahren bei Kontakten mit ihrem Sohn das Geheimnis der Mutterschaft für sich zu behalten. Da die beiden Kinder, Jonas und Daniela, am gleichen Tag zur Welt kamen und sich zunehmend verblüffend ähnlich sahen, wurden sie sehr bald allgemein als echtes Zwillingspaar angesehen und behandelt.

    2

    Eines der vielen nicht tot zu kriegenden Gerüchte, die sich um Elvis is still alive rankten, besagte, dass der King in Bad Nauheim im Taunus als molliger aber rüstiger Rentner gut getarnt seine letzten Lebensjahre verbrachte. Sollte das stimmen, wäre er 2013 achtundsiebzig Jahre alt gewesen; was spräche dann dagegen, dass er, wie andere weiter kolportierten, jeden Dienstag im Nauheimer Männergesangverein „Moosröschen" sang und wegen seiner nach wie vor mehr als zwei Oktaven umfassenden Stimme sehr geschätzt wurde.

    Sein amerikanischer Akzent fiel im Chorgesang nicht weiter auf, weil es beim Singen leichter fällt, eine Sprache phonetisch korrekt nachzuahmen. Auch bei einem Paul McCartney oder Mick Jagger war sehr deutlich ein Unterschied zu hören; sangen sie, klangen sie nach American pop, sprachen sie, klangen sie rather British.

    Vom

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