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Alte Träume - Neue Pläne
Alte Träume - Neue Pläne
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eBook335 Seiten4 Stunden

Alte Träume - Neue Pläne

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Über dieses E-Book

Alexander Wulfen kommt gerade aus seinem Urlaub aus Las Vegas zurück, als ihn zuhause am Flughafen seine Vergangenheit einholt. Ronaldo Ortega, alias Roland Otte, war tot aufgefunden worden. Schnell ist klar, er ist nicht auf natürlichem Weg gestorben und es hat irgendetwas mit dem mysteriösen Todesfall des Hamburger Unternehmerpaares von Straaten zu tun. Denn Ronaldo war nicht nur deren Chauffeur, sondern auch der Begünstigte einer Lebensversicherung, die von Alexander über die Elbe-Weser-Versicherung ausbezahlt wurde. Vier Millionen Euro. Und die sind nun verschwunden und mit ihnen die Witwe Ronaldos - Mona, die Geliebte Alexander Wulfens, der von ihr eine stattliche Provision aus der Versicherungssumme erhielt. Nun steht Wulfen unter Generalverdacht. Einzig Kommissar Wegener, der damals im von Straaten-Fall ermittelte, und Rolf Burmeester, Alexanders engster Kollege, sind von der Unschuld Alexanders überzeugt. Die Ereignisse überschlagen sich und während Mona versucht einen Weg zurück in die Heimat zu finden, ohne verhaftet zu werden, muss Alexander um seine Zukunft kämpfen.

„Alte Träume-Neue Pläne“ ist die Fortsetzung des erfolgreichen Romans „Einfacher Einsatz-Doppeltes Spiel“ um den Chefermittler der Elbe-Weser-Versicherung Alexander Wulfen.
SpracheDeutsch
Herausgeber110th
Erscheinungsdatum7. Dez. 2015
ISBN9783958657489
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    Buchvorschau

    Alte Träume - Neue Pläne - Monika Heil

    werden.

    Kurzinhalt

    Alexander Wulfen kommt gerade aus seinem Urlaub aus Las Vegas zurück, als ihn zuhause am Flughafen seine Vergangenheit einholt. Ronaldo Ortega, alias Roland Otte, war tot aufgefunden worden. Schnell ist klar, er ist nicht auf natürlichem Weg gestorben und es hat irgendetwas mit dem mysteriösen Todesfall des Hamburger Unternehmerpaares von Straaten zu tun. Denn Ronaldo war nicht nur deren Chauffeur, sondern auch der Begünstigte einer Lebensversicherung, die von Alexander über die Elbe-Weser-Versicherung ausbezahlt wurde. Vier Millionen Euro. Und die sind nun verschwunden und mit ihnen die Witwe Ronaldos – Mona, die Geliebte Alexander Wulfens, der von ihr eine stattliche Provision aus der Versicherungssumme erhielt. Nun steht Wulfen unter Generalverdacht. Einzig Kommissar Wegener, der damals im von Straaten-Fall ermittelte, und Rolf Burmeester, Alexanders engster Kollege, sind von der Unschuld Alexanders überzeugt. Die Ereignisse überschlagen sich und während Mona versucht einen Weg zurück in die Heimat zu finden, ohne verhaftet zu werden, muss Alexander um seine Zukunft kämpfen.

    „Alte Träume-Neue Pläne ist die Fortsetzung des erfolgreichen Romans „Einfacher Einsatz-Doppeltes Spiel um den Chefermittler der Elbe-Weser-Versicherung Alexander Wulfen.

    Über die Autorin

    Ich bin 1945 in Wippra/Südharz geboren, verbrachte meine Schul- und Jugendzeit in Wetzlar. 1968 heiratete ich. Wir lebten und arbeiteten bis zu unserem Ruhestand in Oberursel/Taunus. Ich bin ausgebildete Anwaltsgehilfin und war in diesem Beruf über vierzig Jahre tätig. Nach meinem langen Berufsleben und gleichzeitig großem Engagement im Ehrenamt – politisch, sozial, kulturell – begannen mein Mann und ich 2004 einen neuen Lebensabschnitt, der auch in einer neuen Umgebung stattfinden sollte. So zogen wir von Oberursel im Taunus in das schöne Stade, nahe dem Alten Land.

    Bereits erschienene E-Books: „Am Strand, „Sommer auf der Insel, „Bruno und andere Gestalten, „Einfacher Einsatz-Doppeltes Spiel

    1. Kapitel

    1.

    30.Oktober

    Sein Flug dauerte sieben Stunden. Viel Zeit, mit offenen Augen vor sich hin zu träumen. Alexander holte sich ein zufriedenes Lächeln aus seinen Erinnerungen und es schien, als wolle er dies nie wieder aufgeben. Sein Sitznachbar schlief, während Alexander Wulfen in Gedanken Pläne schmiedete.

    Ob Mona seine Ansichtskarte inzwischen erhalten hatte? Wann würden sie sich wiedersehen? Er beschloss, sie gleich morgen anzurufen und sie genau das zu fragen. Er glaubte, ihr helles Lachen zu hören, während er sich ihr noch nicht geführtes Telefonat in immer neuen, lebhaften Varianten ausdachte.

    »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« Erschrocken blinzelte er die Stewardess an. Auch sein Nachbar war erwacht und setzte sich kerzengerade auf. Beide lächelten wie verabredet, und baten um einen Whisky. Wenn ihn so seine Mitarbeiter sehen würden - Kollege Wulfen trinkt Whisky, er, der bekennende Milchtrinker. Tja, Kollegen, die schöne Mona hat mir die Augen geöffnet. In Zukunft weht ein anderer Wind. Jetzt wird gelebt! Er hob sein Glas, als stünde die Schar der Kollegen vor ihm. Irritiert tat es sein Nachbar ihm nach, weil er die Geste missverstanden hatte. Und so kamen sie ins Gespräch. Alexander stellte sich namentlich vor und erwähnte, dass er bei einer Versicherung arbeite und dies seine erste Amerikareise war. Und das ausgerechnet im Spielerparadies Las Vegas. Hätte er die Gedanken dieses Dr. Kühn lesen können und nicht schon sein drittes alkoholisches Getränk vor sich stehen gehabt, wäre er vielleicht weniger redselig geworden. Der fand seinen Gesprächspartner nämlich ziemlich blass und fad, schätzte ihn auf Ende fünfzig, Anfang sechzig und mutmaßte, dass dieser Wulfen noch nicht sehr oft geflogen sei. Das würde zu dem Eindruck passen, den der Mann vermittelte. Spießig. Ein anderes Wort fiel ihm nicht ein.

    »Dann ist das wohl Ihr erster großer Ausflug?«, erkundigte sich Dr. Kühn ohne Neugier.

    »Das nicht. Geschäftlich bin ich viel und oft unterwegs. In ganz Europa. Ab und zu fliege ich auch mal. Das ist schließlich schneller und bequemer, als wenn ich mit dem Auto quer durch Deutschland fahren müsste. Das ist halt der Nachteil, wenn man im schönen Norden wohnt«, antwortete Wulfen. Ihr Gespräch plätscherte dahin mit nutzlosen Erörterungen über die schönsten geografischen Gegenden Deutschlands, Wetterprognosen und ähnliche uninteressante Dialoge.

    Dr. Kühn unterdrückte ein Gähnen und schielte mehrfach auf die Zeitungen im Ablagefach vor ihm. Zwei Tageszeitungen hatte er geschafft, flüchtig durchzublättern. Die Börsenzeitung wartete noch darauf, ausführlicher gelesen zu werden. Vergeblich. Dieser Wulfen schien keinen Alkohol zu vertragen, denn er wurde immer lebhafter, schwärmte von einer Frau, die sein Leben umgekrempelt habe, von einem vorzeitigen Ruhestand, den er plane, kurz - von einem ganz neuen Leben. Rechtsanwalt Dr. Franz Kühn gähnte verstohlen. Das alles interessierte ihn herzlich wenig und so ließ er den anderen reden, gab so selten als möglich einen Kurzkommentar ab und überlegte dabei, was er morgen mit seinem Freund und Mandanten Markus Zeller besprechen werde.

    Endlich kam die Durchsage des Kapitäns, dass sie sich im Landeanflug auf Frankfurt befänden. Es folgten Temperaturangaben und der Hinweis auf Windstille und herbstlichen Sonnenschein. Alexander Wulfen packte aufgeregt seinen ungelesenen Kriminalroman „Der Falschspieler" von Anton Mehler in seine schmale Ledertasche. Er kannte den Schriftsteller persönlich, war er doch der Ehemann von Michaela van Straaten. Und die wiederum war der Auslöser zu seinem jetzigen Glück. Ohne diese Frau säße er heute nicht hier und hätte er auch Mona Berger nie kennengelernt. Jetzt strahlte er, als sei er wegen guter Führung vorzeitig aus der JVA entlassen worden, während er die Zucker- und Salztüten einpackte, die er während des Fluges nicht verbraucht hatte. Dr. Kühn schüttelte unmerklich den Kopf, während er seine Zeitungen ordnete und - bis auf das Börsenblatt - wieder in das Fach vor sich stopfte. Menschen gab es. Und der hier schwärmte von einer selbständigen Geschäftsfrau der Hamburger Gesellschaft. Sogar ein zerknittertes Foto hatte er ihm gezeigt. Die Linke war offenbar seine Angebetete. Er hatte die zwei unbestritten attraktiven Damen an einem Swimmingpool betrachtet. Auf dem Grundstück ihrer Villa, wie sein Gesprächspartner betont hatte. Naja, wenn die Dame meinte, diesen Langweiler zu mögen.

    Kühn vergaß den anderen augenblicklich nach dem Ausstieg in Frankfurt. Als er im Anschlussflieger nach Hamburg saß, erkannte er Wulfen sofort an seiner Kombination wieder, deren Farbe und Karogröße vor mehreren Jahren modern gewesen war. Der gelbe Pullunder zur blauen Jeans waren noch das Schickste an ihm. Er saß jetzt am Fensterplatz auf der anderen Gangseite und hatte offenbar ein neues Opfer für seine Schwärmereien gefunden und Dr. Kühn konnte sich endlich seinem Börsenblatt widmen.

    2.

    Als Alexander Wulfen in Hamburg-Fuhlsbüttel zum Ausgang kam, entdeckte er zu seinem Erstaunen einen Bekannten. Kommissar Herbert Wegener schien auf einen der ankommenden Passagiere zu warten. Freudig ging er auf ihn zu.

    »Hallo, Herr Wegener, Sie wollen mich doch nicht etwa abholen?«, versuchte er zu scherzen.

    »Richtig. Genau deshalb bin ich hier. Kommen Sie, ich fahre Sie nach Hause«, erwiderte Wegener überraschend ernst und nickte. »Guten Flug gehabt?«, fuhr er gleich fort.

    »Wie jetzt?« Wulfen hielt das für einen Scherz, als er schräg hinter Wegener Rolf Burmeester entdeckte, den Sicherheitsbeauftragten seines Unternehmens, dem er eifrig zuwinkte. »Nicht nötig, lieber Wegener, dort steht ein Kollege von der Elbe-Weser-Versicherung. Der will mich wahrscheinlich wirklich abholen.« Wie unlogisch die Anwesenheit zweier Bekannter war, ging ihm nicht auf. Burmeester schloss zu den beiden Männern auf.

    »Hey Alexander. Guten Flug gehabt?«, fragte auch er. Jetzt stutzte Wulfen. Merkwürdig. Der Urlaub war vorbei. Sein rational denkender Verstand schob alle privaten Gedanken beiseite und wurde dienstlich.

    »Kann mir bitte mal jemand erklären, wie dieses Empfangskommitee zu verstehen ist?« Irritiert sah er die beiden Männer an. Eine Gruppe Japaner marschierte an ihnen vorbei, schweigend und in Zweierreihen, wie gut erzogene Internatsschüler einer vergangenen Epoche. Alles Männer, alle in dunkelblauen Anzügen. Nur Burmeester hatte einen flüchtigen Blick für sie übrig. Wegener beachtete sie nicht. Er heftete seinen Blick auf Wulfen, nah, direkt, unmittelbar. Ein mitleidiger Unterton schwang in seiner Stimme, als er antwortete:

    »Gleich, Herr Wulfen, lassen Sie uns erst mal fahren. Ich erkläre Ihnen alles im Auto.« Sie nahmen ihn in ihre Mitte, während sie zum Parkplatz gingen. Hoch über ihren Köpfen zog ein Schwarm Wildgänse in perfekter Pfeilformation am wolkenlosen Herbsthimmel dahin. Niemand beachtete sie, zumal ihre Rufe der Flughafen- und Straßenlärm verschluckte.

    Burmeester war mit einem Fahrzeug des Unternehmens gekommen. Er setzte sich ans Steuer. Wegener und Wulfen nahmen im Fond Platz. Seit sie das Flughafengebäude verlassen hatten, hatte keiner ein Wort gesprochen. Langsam wurde die Situation ungemütlich. Wulfen bekam Herzklopfen und Schweißausbrüche.

    »Wohin fahren wir?« Seine Stimme klang rau.

    »Zuerst einmal in deine Wohnung, das Gepäck abstellen und später in die Firma«, lautete Burmeesters kurze Antwort.

    »Was geht hier vor?«, fragte Wulfen erneut. Seine Stimme war einen Ton zu hoch. Er merkte selbst, wie sehr er sich zusammenreißen musste. Endlich berichtete ihm Wegener, der fast schon ein Freund für ihn war, die neuesten Ereignisse.

    3.

    »Tja, mein Lieber, hier haben sich in den letzten Wochen die Ereignisse quasi überschlagen. In Kurzform: Punkt eins, Ronaldo Ortega hieß in Wirklichkeit Roland Otte.«

    »Aha. Und wie heißt er jetzt?« Wulfen versuchte, scherzhaft zu klingen.

    »Immer noch Otte. Aber Punkt zwei, er ist tot.«

    »Aha. Und warum?« Er merkte selbst, dass er nicht sehr sprachbegabt klang, brachte dennoch keine gescheiteren Fragen heraus.

    »Ob es ein Unfall oder Mord war, ist noch nicht geklärt. Die Frankfurter Polizei ermittelt in alle Richtungen.«

    Wegener schwieg kurz und überlegte. Nein, es hatte keinen Sinn. Er musste es aussprechen. In möglichst sachlichem Ton fuhr er fort: »Es gibt noch Punkt drei. Er hat wenige Tage vor seinem Tod Mona Berger geheiratet.« Diese Information schien Wulfen endgültig die Stimme zu rauben. Verwirrt starrte er den Kommissar an. Seine schöne Mona. Er hatte ihr doch aus Las Vegas eine Ansichtskarte geschrieben! Er registrierte, dass Wegener das seltsamerweise wusste, denn er erwähnte es bei seinem Bericht über die polizeilichen Ermittlungen und behauptete sogar, seine schöne Mona sei abgehauen. Aufenthalt unbekannt. Außer einem sich immer wiederholenden Kopfschütteln brachte Alexander noch immer keine Reaktion zustande. Unsicher lachend fragte er endlich:

    »Was bedeutet das alles? Ich verstehe einfach nicht, was Sie mir sagen wollen.«

    »Wie gesagt, wir ermitteln in alle Richtungen. Auch wegen eines Mordverdachtes.«

    »Mona Berger eine Mörderin? Ausgeschlossen, ganz ausgeschlossen! Wie können Sie so etwas auch nur denken?« Alexanders Stimme klang laut und zornig. Burmeester klinkte sich ein.

    »Das kannst du alles in Ruhe in den Zeitungen lesen. Übrigens, von den Lebensversicherungen weiß die Presse noch nichts. Dafür haben Remmers und wir beide gesorgt.« Wulfen seufzte und strich sich müde über die Augen, eine Geste, mit der er ihm fehlende Worte ersetzte. Er wusste, was er getan hatte und die anderen wussten es offenbar auch. Kurze Zeit schwiegen alle drei bis Alexander, scheinbar unmotiviert fragte:

    »Woher kennt ihr beiden euch eigentlich?«

    »Ich wollte Sie in Ihrem Unternehmen aufsuchen. Nachdem ich die Nachricht aus Frankfurt bekommen hatte und Frau Berger nicht zu Hause antraf, hoffte ich, von Ihnen Näheres zu erfahren.«

    »Zum Glück stand ich gerade am Empfang und nahm ihn mit in mein Büro«, ergänzte Burmeester.

    »Warum?«

    »Das kann ich dir nicht mal beantworten. Instinkt vielleicht. Auf jeden Fall habe ich sofort erkannt, dass Herr Wegener dich schätzt und wir einander vertrauen konnten.«

    »Er hat schneller als ich zwei und zwei zusammengezählt und gemeinsam haben wir versucht, Ihnen zu helfen.«

    »Was habt ihr unternommen?« Seine Worte klangen so hohl, als hätte ein Mann in einem Fass gesprochen. Burmeester bremste und fuhr in eine Parkbucht.

    »Wir sind da. Das erzähle ich dir nachher auf dem Weg in die Firma. Okay?«

    Kurz darauf betraten sie gemeinsam Wulfens kleine Zwei-Zimmer-Wohnung im Norden Hamburgs. Nach drei Wochen Abwesenheit roch die Luft muffig. Alexander ließ seine Koffer in dem schmalen, schlecht beleuchteten Flur einfach stehen. Seine Begleiter mussten darüber steigen, als sie auf seine einladende Handbewegung hin in das Wohnzimmer gingen. Auch hier war die Luft schlecht. Wegener kannte die Wohnung nicht. Nachdem Wulfen die Jalousien hochgezogen, die Fenster geöffnet und wortlos das Zimmer wieder verlassen hatte, schaute Wegener sich daher interessiert, dennoch professionell unauffällig um. Burmeester kannte sich offensichtlich dort aus. Er verschwendete keinen Blick auf die Einrichtung, sondern steuerte direkt auf die schmale, dunkelbraune Ledercouch zu, die eindeutig schon bessere Zeiten erlebt hatte. Er warf sich in die Ecke, zog ein eierschalenfarbenes Wollkissen hinter seinem Rücken hervor und schleuderte es in die andere Ecke. Auf dem Tisch lagen veraltete Illustrierte. Burmeester sah sich nach einem Aschenbecher um, fand keinen. So unterdrückte er sein Verlangen nach einer Zigarette und griff missmutig nach einer Zeitung. Uninteressiert blätterte er sie durch. Reden mochte er nicht. Herbert Wegener hatte seine Inspektion beendet und setzte sich jetzt in den einzigen Sessel, der offenbar Wulfens Stammplatz war, denn die Federung war völlig durchgesessen. Das Zimmer wirkte, als hätte es sich mit seiner Hässlichkeit abgefunden. Der Glastisch war blind vor Staub, der langhaarige Flokati darunter hätte sich wahrscheinlich über einen Staubsauger gefreut. Der Nussbaumschrank, der eine gesamte Wandbreite einnahm, erinnerte Wegener an die Wohnung seiner Eltern zu einer Zeit, als er selbst noch ein kleiner Junge gewesen war. Die gesamte Einrichtung vermittelte den Eindruck, dass der Wohnungsinhaber entweder keinen Geschmack oder kein Interesse an schöner Wohnkultur hatte. Am Geld kann es nicht liegen, überlegte Wegener. Als Chefermittler der Elbe-Weser-Versicherung verdiente Wulfen mit Sicherheit gut.

    »Wie lange wollen wir noch warten?«, murrte Rolf Burmeester.

    »Lass ihm Zeit. Er muss das erst mal verdauen. Ich möchte ihn nicht drängen. Wann soll das Gespräch mit dem Vorstand stattfinden?«

    »Ich habe uns für vierzehn Uhr angemeldet.« Synchron blickten sie auf ihre Armbanduhren.

    »Wollen wir mit ihm essen gehen?«, überlegte der Kriminalbeamte, der sich hier allerdings nur in der Rolle des guten Bekannten sah.

    »Besser, wir fahren in sein Büro. Da kann ich uns allen etwas aus der Kantine kommen lassen«, schlug Rolf vor. Sie hörten die Wasserspülung im nahen Bad. Alles sehr hellhörig hier, registrierte Wegener.

    4.

    Noch gab es keine offizielle Anzeige. Niemand in der Firma wusste, mit welchem Flieger Alexander Wulfen nach Hamburg zurückkommen wollte. Nur Burmeester hatte sich die Mühe gemacht, das abzuklären.

    »Eine alte Erfahrung. Es lohnt sich, stets gute Beziehungen in alle Richtungen zu pflegen«, hatte er Kommissar Wegener auf dessen erstaunte Frage, wie ihm das gelungen sei, geantwortet. Näher erklärt hatte er es nicht. Sie kannten sich erst seit ein paar Tagen. Die Sorge um Alexander Wulfen hatte sie zusammengeführt und gemeinsam handeln lassen. Als erstes hatten sie sich seinen Computer vorgenommen. Sobald das Betriebssystem bereit war, durchforsteten sie mehrere Dateien. Ein paar gezielte Klicks hatten den erfahrenen Männern genügt, sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Wulfen hatte vier Millionen Euro auf das Konto von Mona Berger angewiesen. Diese Summe überstieg ganz klar seine Kompetenzen. Seine Vollmachten waren auf eine Million begrenzt. Und was hatte der Unglücksrabe getan? Er hatte vier Mal eine Million angewiesen. Burmeester verstand das alles nicht. Das würde eine Revision doch ganz schnell bemerken und Wulfen musste das wissen. Wegener, der Zugriff zu den entsprechenden Programmen des Polizeicomputers hatte, war ein paar Tage später erneut und gut präpariert bei der Versicherung erschienen. Verdeckte Ermittlungen hatte er auf der Dienststelle vorgeschoben, als er von dem Vorgang ´Korruptionsverdacht Alexander Wulfen` hörte. Er war der Ermittlergruppe bis dahin zwar nicht zugeteilt, hatte dennoch alle Auskünfte erhalten, die er im Augenblick benötigte. Eine Million Euro waren von einer Person mit dem unglaublich dilettantischen Decknamen ´Lisa Lächeln` auf Alexander Wulfens Konto eingezahlt worden. Das wiederum rief die Bankenaufsicht auf den Plan. Zeitgleich war das Konto von Mona Berger und Roland Otte leergeräumt worden. Schnell konnten die beiden Herren eins und eins zusammenzählen und waren sich einig, dass ihr gemeinsamer Bekannter Hilfe brauchte und so hatten sie versucht, eine Strategie zu planen, die Alexander Wulfen aus seiner Misere holen sollte.

    Als Alexander Wulfen endlich ins Wohnzimmer zurückkam, hatte er sich einigermaßen gefasst. Noch immer blass bis in die Lippen, rang er sich ein mühsames Lächeln ab.

    »Leider kann ich Ihnen nichts zu trinken anbieten. Nach drei Wochen Abwesenheit habe ich nicht einmal Milch im Haus.« Beide Angesprochenen winkten ab. »Wann wollen wir los?«

    »Am besten gleich. Dann kannst du vorher noch alle Zeitungsausschnitte lesen, bevor du ins Himmelreich fährst.« Burmeester biss sich auf die Zunge. Wegener runzelte die Stirn. Wulfen lächtelte. »Entschuldige, das war wohl eben daneben«, entschuldigte sich der junge Kollege. Wulfen lächelte weiter, als sei seine Mimik mit Pattex aufgeklebt. Der Vorstand saß im obersten Stock und deshalb wurde dessen Büroetage im Firmenjargon ´das Himmelreich`genannt.

    Kurz darauf brachen alle drei auf. Die Koffer waren weggeräumt. Sie griffen nach ihren Jacken, die an der schmalen Flurgarderobe hingen. Jeder versuchte, dem anderen den Vortritt zu lassen. Endlich standen sie wieder auf der Straße und gingen zum Auto. Wulfens Lächeln war verschwunden. Beim Verlassen seiner Wohnung versuchte er, seine Gedanken über die unglaublichen Geschehnisse der letzten Wochen in der Ecke abzustellen und dort zurückzulassen. Doch er wusste, bei seiner Rückkehr würde er sie wieder vorfinden und erneut schultern müssen.

    5.

    Nach drei Stunden war Alexander wieder zu Hause. Er schloss seine Wohnungstür von innen ab. Jetzt wollte er nur noch allein sein. Burmeester hatte ihn gefahren. Er hatte gewartet, bis der junge Kollege an der nahen Kreuzung rechts abgebogen und nicht mehr zu sehen war. Dann hatte er sich zu Fuß zur nächsten Tankstelle aufgemacht. Der Tankstellenpächter Gerd Kremmers, der ihn seit Jahren kannte, begrüßte ihn freudig überrascht.

    »Lange nicht gesehen. Urlaub gehabt?« Wulfen nickte, gab keine Antwort. Mit aufmerksamem Blick ging er an den Regalen entlang, die er früher nie beachtet hatte. Da - schottischer Whisky. Er stellte die Flasche auf die Verkaufstheke. Diesmal war das Erstaunen des Verkäufers noch intensiver. Dann hatte Kremmers eine Erklärung parat.

    »Lassen Sie mich raten. Sie müssen auf einen Geburtstag und haben das Geschenk vergessen.« Wieder nickte der Angesprochene, zahlte wortlos und ging. Gerd Kremmers sah ihm kopfschüttelnd nach.

    Alexander Wulfen saß auf seinem Bett und trank. Zu viele Stunden hatte er sich jetzt zusammengerissen. Nun wolle er nur noch betrunken werden und vergessen. Es klappte nicht. Immer wieder liefen die Dialoge in seinem Kopf ab. Erst Wegener, der ihm erzählt hatte, dass dieser Ortega, der angeblich auch Otte hieß, tot sei und dass er drei Tage vorher Mona Berger geheiratet hatte. Seine schöne Mona. Dass sie sich - wahrscheinlich - mit ziemlich viel Geld ins Ausland abgesetzt hat. Inzwischen hatte er begriffen, dass Wegener nicht scherzte. Die Wahrheit war bitter. Und unverständlich. Wie konnte sie ihm das nur antun? Er dachte an ihr letztes Gespräch. Wenn er geahnt hätte, was sie plante! Hätte er es verhindern können? Wohl kaum. Mona Berger tat offenbar immer nur, was sie für richtig hielt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Alexanders Stimmung schwankte zwischen Zorn und Traurigkeit. Seine Gedanken wanderten weiter zu Burmeester. Der hatte es für angebracht gehalten, Wegener über Wulfens kleine Schwäche zu informieren. Er war einer der wenigen, die über seinen Hang zum Glückspiel wussten. Gemeinsam hatten sie später Dr. Remmers aufgesucht. Er war der Justiziar im Unternehmen und Mitglied im Vorstand. Mit ihm hatte sich Alexander in all den Jahren gut verstanden. Nicht zuletzt deshalb versuchte Remmers, laut Burmeesters Einschätzung, offensichtlich zu vermeiden, dass der Fall so frühzeitig an die Öffentlichkeit kam. Der Imageschaden wäre - auch für das Unternehmen - beträchtlich. Eine plausible Begründung. Er hatte sofort den zuständigen Kollegen der Bankenaufsicht angerufen, den er gut kannte, und tatsächlich erreicht, dass auch dort »der Ball erst einmal flach gehalten wurde«, wie er sich ausdrückte. Schließlich hatten die drei Herren ein Gespräch mit Alexander Wulfen für den Nachmittag vereinbart. Und das lag inzwischen auch hinter ihm. Es war nichts Abschließendes dabei herausgekommen. Ein weiteres Gespräch im ´Himmelreich` sollte in den nächsten Tagen erfolgen. Solange war Wulfen mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert.

    »Ich begreife das alles nicht«, teilte Alexander der leeren Whiskyflasche mit und rollte sie unter sein Bett. Er schickte ihr ein paar Flüche hinterher, verwünschte Wegener und Burmeester für ihr Handeln, entschuldigte sich in Gedanken sofort wieder bei ihnen und landete - immer und immer wieder - bei Mona Berger. Sie war die Böse, nicht seine beiden Bekannten. Sie sollte er verfluchen. Das allerdings brachte er nicht fertig. Seine Gedanken drehten sich in einer Endlosschleife bis ihm ganz schwindelig wurde und er rücklings in die Kissen fiel. Emotional völlig erschöpft schlief er endlich ein. Die aufregenden Ereignisse verfolgten ihn in seine wirren Träume.

    6.

    Dr. Franz Kühn war Mitglied einer Sozietät, die aus fünf Anwälten verschiedener Fachrichtungen bestand. In seine Zuständigkeit fiel unter anderem internationale Wirtschaftskriminalität. Alle schätzten sein enormes Fachwissen, aber auch seine außergewöhnlichen Computerkenntnisse. Man kannte ihn als Liebhaber guter Weine und als Skandinavien-Fan. So entsprach er absolut dem Klischee des modernen, dynamischen Akademikers, unabhängig, ehrgeizig, ledig. Mit seinem Äußeren war er ganz zufrieden. Mit einem Meter und fünfundsiebzig war er nur fünf

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