Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel
Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel
Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel
eBook329 Seiten4 Stunden

Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Es geht um Geld, die Freiheit und die traurige Gewissheit, dass man sich nach so vielen Ehejahren nichts mehr zu sagen hat. Regina van Straaten hat ein Verhältnis mit dem Chauffeur ihres Mannes Achim von Straaten, der sich wiederum heimlich mit ihrer besten Freundin Mona trifft. Um in eine vermeintlich glücklichere Zukunft zu starten, beauftragen die von Straatens, unabhängig voneinander und ohne es zu wissen, den gleichen Mann für den Mord des jeweils anderen. Das Drama nimmt seinen Lauf mit ungewissem Ausgang.
SpracheDeutsch
Herausgeber110th
Erscheinungsdatum20. Sept. 2014
ISBN9783958650879
Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel

Mehr von Monika Heil lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Einfacher Einsatz - Doppeltes Spiel - Monika Heil

    werden.

    Kurzinhalt

    Es geht um Geld, die Freiheit und die traurige Gewissheit, dass man sich nach so vielen Ehejahren nichts mehr zu sagen hat. Regina van Straaten hat ein Verhältnis mit dem Chauffeur ihres Mannes Achim von Straaten, der sich wiederum heimlich mit ihrer besten Freundin Mona trifft. Um in eine vermeintlich glücklichere Zukunft zu starten, beauftragen die von Straatens, unabhängig voneinander und ohne es zu wissen, den gleichen Mann für den Mord des jeweils anderen. Das Drama nimmt seinen Lauf mit ungewissem Ausgang.

    1. Kapitel

    1.

    „Vielleicht ist er in der Midlife-Crisis", mutmaßte Mona.

    „Na hör mal, seine einzige Krise war ich höchstpersönlich selbst", erwiderte Regina und begann, laut zu lachen.

    „Ja, ja, mach dich ruhig lustig. Bisher ist Achim von jeder Geschäftsreise wieder zu dir zurückgekehrt. Und du warst in diesen Zeiten nicht gerade einsam, stimmt´s?"

    „Du hast ja Recht. Ronaldo ist wirklich ein guter Trainer", gestand sie, schenkte Mona dabei ein gekonntes Lächeln und prostete der Freundin, die sich in fotogener Pose auf der Liege ausgestreckt hatte, überschwänglich zu. Die jungen Frauen genossen die Stunden am Pool, der bei diesen Temperaturen eindeutig das Glanzstück im weitläufigen Garten von Mona Bergers Villa war. Als Regina das Champagnerglas abstellte, fiel ihr Blick auf ihre Armbanduhr. Mit einem Satz war sie auf den Beinen.

    „Ich muss los! Ich bin um zwei mit ihm auf dem Golfplatz verabredet. Er will mein Handicap verbessern."

    „Schade, Gina!, Mona stellte ihr Glas ab, streckte den Oberkörper und setzte sich auf. „Aber lass dich nicht aufhalten, meine Liebste! Ich bleibe noch ein bisschen.

    Flüchtig umarmten sich die beiden. Ihre Gestik war eingespielt - Küsschen links, Küsschen rechts. Regina van Straaten stopfte achtlos ihre Sonnenbrille, das Handy und ein paar Illustrierte in ihren braunen Lederbeutel. Sie angelte nach ihren Sandalen.

    „Tschau, Mona! Ich ruf dich an." Regina lief über den kurz geschorenen immergrünen Rasen. Sie zog ihre Schuhe erst an, als sie die Steinfliesen der Terrasse betreten hatte. Sie wieselte durch das Haus ihrer Freundin. Und weg war sie.

    Mona Berger sah ihr mit einem spöttischen Lächeln nach. Dann ließ sie sich auf ihre Liege zurücksinken. Sie verschränkte die Arme im Nacken, schloss die Augen und vergaß die Freundin im selben Moment. Denn Regina, die alle nur Gina nannten, war zwar ihre beste Freundin, dennoch konnte sie ihr gestohlen bleiben. Das einzig Interessante an Gina war ihr Mann und der gute Sex, den sie seit einem halben Jahr mit ihm hatte. Wenn Gina wüsste, mit wem ihr lieber Achim letzten Monat eine Woche lang auf „Geschäftsreise war, würde sie sich um etwaige weibliche Bekanntschaften bei diesen Reisen keine Gedanken machen. Dann wären sie allerdings auch keine Freundinnen mehr. Das Handy klingelte. Schlagartig erwachte sie aus ihren Tagträumen. „Berger!, meldete sie sich.

    „Bist du allein?"

    Sie erkannte seine Stimme sofort.

    „Achim, Liebling, ja ich bin allein. Deine Frau ist gerade gegangen und ich habe ganz fest an dich gedacht. Wo bist du?"

    „Leider noch in Zürich. Meine Maschine hat Verspätung. Eigentlich sollte ich um diese Zeit bereits in Hamburg sein und nun sitze ich hier fest. Du, das wird heute nichts mehr. Ich weiß noch nicht genau, wann ich hier wegkomme. Wahrscheinlich bin ich erst am späten Nachmittag in Hamburg. Da muss ich dann gleich nach Hause. Wir haben Opernkarten für heute Abend und du kennst Gina. Die wird sauer, wenn ihr geliebter Opernabend in Gefahr gerät."

    „Schade, ich habe solche Sehnsucht nach dir. Könnte ich dich nicht vielleicht am Flughafen abholen?"

    „Mona, sei vernünftig! Ronaldo holt mich ab. Wir haben vereinbart, dass ich ihn anrufe, sobald ich gelandet bin. Wir sehen uns morgen, Süße. Ich melde mich. Küsschen!"

    Damit war das Gespräch beendet. Keine Liebesschwüre! Küsschen - Ende. Mona schmollte. Sie wollte ihren Ärger mit Champagner runterspülen und musste feststellen, dass die Flasche leer war. Mist! Als sie aufstand, um eine neue zu holen, verlor sie um ein Haar das Gleichgewicht. Das brachte sie zur Vernunft. Besser keinen Alkohol mehr! Sie musste noch Auto fahren und ihrem schönen neuen Sportwagen sollte nichts passieren. Sie war von Freunden zum Abendessen eingeladen, wobei auch getrunken werden würde. Bis zu Achims Anruf war sie sicher gewesen, die Verabredung nicht einzuhalten. Nun fiel ihre Entscheidung anders aus. Barfuß stakste sie in die Küche und stellte die Espressomaschine an.

    Sie dachte flüchtig an Bernhard, ihren Ex-Mann. Bei ihm in Sao Paulo war es bestimmt noch heißer als hier und heute. Doch hier in Hamburg war die Luftfeuchtigkeit nicht so hoch. Sie beschloss, nach dem Espresso zu duschen und überlegte, was sie am Abend tragen würde. Das rote Etuikleid, das sie sich gestern – in weiser Voraussicht - für diesen Zweck gekauft hatte, erschien ihr mit einem Mal unpassend. Lange stand sie vor dem Spiegelschrank in ihrem Schlafzimmer und musterte sich kritisch. Der neue kurze Schnitt steht mir, freute sie sich. Und die tolle Farbe auch. Wie schwarzer Lack. Passt gut zu meiner braunen Haut. Und keine einzige Falte, stellte sie mit großer Befriedigung fest. Die dunklen Augen hatte sie dezent geschminkt. Ihrem schlanken Körper sah man die vielen sportlichen Aktivitäten an. Die Muskeln waren fest, die Haut makellos glatt. Sie wog kein Gramm zu viel, achtete streng auf ihre Ernährung. Gina könnte mal wieder ein paar Pfund abnehmen, dachte sie schadenfroh. Sie bestätigte sich einmal mehr, dass man ihr auch nicht ansah, dass sie die vierzig bereits überschritten hatte. Die Scheidung von Bernhard hatte ihr gut getan. Kein Stress mehr, keine Pflichten, kein Kummer. Sie lebte à la carte und genoss ihre Selbständigkeit. Zum Glück hatte sie auch keine finanziellen Sorgen. Bernhard, der als Architekt viel im Ausland arbeitete, hatte ihr das große Grundstück samt Villa und Swimmingpool überlassen. Er selbst hatte die kleine Stadtwohnung bezogen, die über seinem Büro in der Innenstadt lag und früher vermietet war. Er war so selten in Deutschland, dass sich dieses Arrangement angeboten hatte. Seine Unterhaltszahlungen waren großzügig und trafen stets pünktlich auf ihrem Konto ein. Sie sahen sich nur noch selten. Ab und zu telefonierten sie miteinander. Ihr gemeinsamer Freundeskreis hatte sich reduziert. Der überwiegende Teil ihrer Bekannten war in Bernhards Dunstkreis verblieben. Seltsam eigentlich, wo er so selten in Deutschland war. Regina und Achim van Straaten hielten zu ihr, ebenso Linda und Klaus Möller, mit denen sie heute zum Abendessen verabredet war. Sie wollten ihr einen Geschäftsfreund von Klaus vorstellen, einen Amerikaner in ihrem Alter. Natürlich hatte Mona sich inzwischen auch einen eigenen Bekanntenkreis aufgebaut, der jedoch überwiegend aus Frauen ihres Alters bestand, die sie vom Sport oder aus ihrem Fitnessstudio kannte. Nach einem letzten kritischen Blick auf ihre Figur ging sie aufmerksam ihre Garderobe durch. Sie entschied sich für ein weißes Seidenkleid mit Spaghetti-Trägern, das Linda noch nicht kannte. Mona Berger war bereit für jede Überraschung.

    Zur gleichen Zeit schritt Achim van Straaten die Gangway hinauf, ließ sich kurz darauf in seinen Sitz fallen, atmete auf. Endlich saß er in der Maschine, die kaum besetzt war. So hatte er zwei Plätze für sich allein. Er ließ sich von der Stewardess diverse Tageszeitungen und einen Whisky bringen, trank in kleinen Schlucken und dachte an Mona. Er wünschte, sein Leben wäre anders verlaufen. Es war ein Fehler gewesen, Gina damals so schnell zu heiraten. Michaela hatte ihn gewarnt. Aber wann hatte er je auf seine Tochter gehört, wenn es um Liebesdinge ging? Umgekehrt war es genauso. Der Unterschied war nur, Michaela schien mit Toni sehr glücklich zu sein, während er und Gina ... Seufzend schob er die Gedanken an seine Frau beiseite, griff nach einer der Zeitungen, deren Schlagzeilen er überflog, um gleich zum Wirtschaftsteil weiter zu blättern. Dabei stellte er fest, dass seine Aktien erneut gefallen waren und hatte schon wieder einen Grund zu seufzen. Als die Stewardess noch einmal mit dem Getränkewagen vorbei kam, setzte er ein strahlendes oft geübtes Lächeln auf. Er orderte einen weiteren Whisky, wobei er ganz unverhohlen flirtete und zufrieden feststellte, dass seine Blicke erwidert wurden. Als die junge Frau das Glas vor ihn hinstellte, berührten sich ihre Hände flüchtig.

    „Haben Sie noch irgendwelche Wünsche?", fragte sie mit gesenkter Stimme.

    „Sehr nett von Ihnen, danke, im Augenblick nicht. Auf Ihr Wohl!" Er fügte ein paar belanglose Schmeicheleien hinzu. Dann ging es ihm auf die Nerven, dass sie noch immer bei ihm stand und ihn unentwegt anstrahlte. Dumme Gans, dachte er.

    In Hamburg empfing ihn brütende Hitze. Während er auf seinen Koffer wartete, lief er immer wieder von einem Ende des Gepäckbandes zum anderen. Dabei kam er anderen Passagieren in die Quere, ohne es zu bemerken. Eine Dame lächelte ihn an, er lächelte automatisch zurück, ohne zu wissen, wer sie war. Einen Augenblick später hob sie ihren Koffer vom Band und ging an ihm vorbei. Achim vergaß sie augenblicklich. Während er weiter auf seinen Koffer wartete, löschte er seine Anrufe auf dem Handy. Er traute seiner Frau zwar nicht zu, ihn zu kontrollieren, aber er wollte ganz sicher gehen. Gina kannte Monas Handynummer. Nicht auszudenken, wenn sie Verdacht schöpfen würde. Er schob das Handy in die Innentasche seines Jacketts zurück und starrte wieder auf das Gepäckband. Das dauerte ihm hier alles viel zu lange! Wo blieb der verdammte Koffer?

    2.

    Ronaldo Ortega wartete in der Halle auf seinen Chef. Es störte ihn nicht, dass der Flug Verspätung hatte. Im Gegenteil. So war ihm Zeit für eine halbe Stunde in Reginas Schlafzimmer geblieben. Regina van Straaten ist schon eine tolle Frau, dachte er. Dass sie fast zehn Jahre älter war als er selbst, sah man ihr nicht an.

    „Na, Ronaldo, wovon träumen Sie?"

    Die Stimme seines Chefs riss ihn aus seinen Gedanken.

    „Herr van Straaten, haben Sie mich jetzt erschreckt!, stammelte Ronaldo. „Entschuldigung, ich war wirklich ganz woanders mit meinen Gedanken. Hatten Sie einen guten Flug?

    „Es ging so. Die Verspätung ist ärgerlich. Meine Frau wird sicher ungeduldig sein." Ronaldo hätte am liebsten nach diesem Satz gegrinst. Wenn der wüsste!

    Achim reichte seinem Fahrer den Koffer, eine Geste, die Ronaldo verabscheute. Natürlich war er sein Angestellter, er war jedoch weder Diener noch Leibeigener. Beide gingen mit schnellen Schritten Richtung Ausgang. Achim van Straaten war zwar doppelt so alt wie sein Fahrer, dennoch sah man ihm seine dreiundsechzig Jahre nicht an. Er hielt sich sehr gerade, sein Gang war federnd und wirkte dynamisch. Der Armanianzug passte wie maßgeschneidert. Die Weste konnte seinen Bauchansatz nicht wirklich kaschieren. Die grauen Schläfen verrieten zwar annähernd sein wahres Alter, doch die blauen lebendigen Augen machten das locker wieder wett und gaben seinem Gesicht ein jugendliches Aussehen. Die feinen Linien seiner Lachfältchen unterstützten diesen Eindruck. Doch der sonst vollkommen faltenlose Teint täuschte. Alles war Täuschung! Seine Erscheinung ließ einen wohlhabenden Geschäftsmann vermuten, einen vom Glück verwöhnten Villenbesitzer und beneidenswerten Ehemann. Alles Täuschung! Die Kleidung war in besseren Zeiten gekauft, die Villa gehörte der Bank, das Auto der Firma, und die Ehefrau war ein Fehlgriff.

    Ronaldo verstaute das Gepäck im Kofferraum, während van Straaten auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Zum Glück war er nicht in den Fond des Wagens eingestiegen, eine Geste, die Ronaldo ebenfalls verabscheute, weil auch sie dazu angetan war, Rangverhältnisse zwischen ihnen herauszustellen.

    „Wohin soll ich Sie fahren, Herr van Straaten? In die Firma oder nach Hause?"

    „Nach Hause, natürlich! Wenn ich jetzt noch Zeit für die Firma verliere, explodiert meine Frau. Die Geschäftsunterlagen kann ich auch zu Hause im Safe deponieren."

    Die Firma gehörte nur mehr dem Namen nach ihm. Seine Tochter Michaela hatte sie nach dem Tod seiner ersten Frau geerbt, während er nur noch ein paar wenige Aktien besaß, die seit geraumer Zeit bedrohlich an Wert verloren.

    „Was gibt es Neues in Hamburg?", wandte er sich an Ronaldo, der nicht nur Fahrer im Hause van Straatens war, sondern als Mädchen für alles herhalten musste. Und er hieß nicht Ronaldo Ortega sondern schlicht Roland Otte. Doch das war sein Geheimnis. Ronaldo erwähnte ein paar Belanglosigkeiten, wobei seine Stimme so monoton klang, als sagte er auswendig Gelerntes auf. Van Straaten hörte bald nur noch mit halbem Ohr zu und fragte auch nicht weiter nach, als Ronaldo schließlich verstummte. Achim ging davon aus, dass Ronaldos Aufmerksamkeit dem Verkehr galt. Doch Ronaldos Gedanken waren bei den Geschehnissen des frühen Nachmittags, als er der Fitnesstrainer und Masseur Frau van Straatens gewesen war. Er hatte viele Talente.

    Roland Otte hatte sich den schönen Künstlernamen Ronaldo Ortega zugelegt, dazu eine Bräune, die ihn glatt als Argentinier durchgehen ließ, zumal seine Augen ebenso schwarz waren, wie seine Naturlocken. Seinen Charme und sein gutes Benehmen hatte er von seiner italienischen Mutter, die Körpergröße und den Körperbau von seinem deutschen Vater, der sich als mittelmäßiger Artist durchs Leben geschlagen hatte. Beide lebten nicht mehr. Deshalb hatte er keine Schwierigkeiten gesehen, seinen Künstlernamen als echt auszugeben. Wie dieser Name in seinen Pass gekommen war, blieb sein Geheimnis. Sein größtes Kapital war zweifellos sein Körper. Geld besaß er nicht, was seine reizvolle Auftraggeberin Gina van Straaten nie vergaß. Er hatte sich seinerzeit über den Job als Fitness-Trainer gefreut, mit dem alles anfing. Zumal Achim van Straaten viel Geld für die Stunden zahlte, die Ronaldo sehr großzügig berechnete. Die Naturalien, die seine Frau schon bald nach Beginn ihrer Zusammenarbeit beisteuerte, waren auch nicht zu verachten. Mit der Zeit hatten sich seine Aufgaben im Hause van Straaten vervielfältigt. Irgendwann war er beiden unentbehrlich geworden und inzwischen auch fest angestellt.

    „Ronaldo, was ist los? Sie träumen ja schon wieder!"

    „Entschuldigung Herr van Straaten."

    „Ich habe gefragt, ob sich meine Tochter während meiner Abwesenheit gemeldet hat."

    „Nicht dass ich wüsste. Sie rief einmal an, als ich selbst am Telefon war. Doch sobald sie hörte, dass Sie noch in der Schweiz sind, legte sie wieder auf."

    Die Auskunft befriedigte van Straaten einerseits, ärgerte ihn aber auch gleichzeitig. Er wusste, dass Michaela den Kontakt zu seiner Frau auf ein Minimum beschränkte. Sie rief meist nur zu besonderen Anlässen an. Zu Besuch in die Villa kamen sie und ihr Mann nur, wenn sie eine formelle Einladung erhielten, was nur dann geschah, wenn ein Geschäftsessen einen persönlichen Rahmen erforderte. Zu derartigen Anlässen lud Achim van Straaten als Repräsentant der Firma in seine Villa ein. An diesen Abenden mietete er Koch und Servicepersonal bei einem renommierten Catering-Unternehmen und bestand auf Michaelas Anwesenheit. Mit ihr bildete er stets das Zentrum des Geschehens, während Regina mit kühlem hanseatischen Charme im Hintergrund agierte. Sie unterhielt Gäste an der Peripherie und sorgte dafür, dass sich keiner unbeachtet fühlte. Bei weniger formellen Geschäftsessen traf man sich in den angesehensten Restaurants der Hansestadt. Regina van Straaten war bei diesen Gelegenheiten nie anwesend. Was zwischen Achim van Straaten und seiner Tochter zu besprechen war, wurde seit Jahren im Büro geklärt, was ganz in seinem Sinne war. Er legte aus gutem Grund großen Wert darauf, Geschäft und Privatleben streng zu trennen. Wieso hatte Michaela während seiner Abwesenheit in der Villa angerufen? Er war in ihrem Auftrag in die Schweiz gereist und Michaela wusste, wann er zurück erwartet wurde. Sollte sie ihn etwa überwachen wollen? Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Achim würde sie bei ihrem nächsten Zusammentreffen darauf ansprechen.

    Regina stand mit einem Drink in der Hand regungslos hinter der riesigen Panoramascheibe ihres Wohnzimmers. Doch ihr Blick nach draußen war so unaufmerksam wie ihre Gedanken. Die Terrassentür war geschlossen. Eine gelb-weiß gestreifte Markise spendete der Außenfläche Schatten und sorgte für angenehme Kühle im Wohnraum. Das elegant eingerichtete Wohnzimmer war zur Südseite komplett verglast. Gardinen hatte sie nicht anbringen lassen. Dadurch hatte man freien Blick auf die ausgedehnte Rasenfläche und die hohen schlanken Zypressen, die das Grundstück einrahmten, wie ein riesiges Gemälde. Als ein kurzer Hupton die Ankunft ihres Mannes signalisierte, löste sich ihre Starre. Sie drehte sich um und lief, so schnell es ihre hohen Absätze zuließen, durch den Wohnraum und weiter zur angrenzenden Diele. Die Wand zur Auffahrt teilten sich die Eingangstür und ein weiteres großes Fenster. Beide hatten gewölbte Scheiben zwischen weißen Gittersprossen, sodass die Vorderfront des Hauses eine geschlossene Einheit bildete. Regina beobachtete die beiden Männer, die gleichzeitig ausstiegen. Achim sagte etwas zu Ronaldo, das sie nicht verstehen konnte. Er nickte und schaute dabei zum Haus. Er hob die Hand, als wolle er sie grüßen. Achim folgte seinem Blick. Rasch ging sie zur Eingangstür, setzte ihr Begrüßungslächeln in Gang und öffnete. Ronaldo war verschwunden.

    Achim holte sein Gepäck aus dem Kofferraum, schloss den Wagen per Fernbedienung und kam nach ein paar schnellen, elastischen Schritten bei seiner Frau an.

    „Hallo Schatz, schön dich zu sehen. Tut mir leid, dass ich so spät bin. An Ronaldo lag es nicht. Der ist gefahren wie der Teufel."

    Er legte den Arm um seine Frau und küsste sie flüchtig auf die Wange. Gina erwiderte den Kuss halbherzig.

    „Komm rein. Du hast noch eine Stunde Zeit."

    Überrascht schaute er auf die Uhr.

    „Ich habe Sven und Leonie versprochen, dass wir vor der Oper kurz bei ihnen vorbeischauen, kam sie seiner nächsten Frage hastig zuvor. „Leonie will mir zwei Bilder aus der Galerie Mommsen zeigen. Eines davon will sie in den Salon hängen. Sie kann sich mal wieder nicht entscheiden, welches sie kaufen soll.

    „Konntest du das nicht schon heute Mittag erledigen?" Statt einer Antwort zuckte sie nur mit den Schultern. An seinem heftigen Tonfall merkte sie, dass er verärgert war.

    „Komm, trink ein Glas und entspanne dich. Wie sind deine Verhandlungen gelaufen?", lenkte sie ab. Eine rhetorische Frage. Sie hatte längst vergessen, mit wem und worüber Achim in der Schweiz verhandeln wollte. So genügte ihr auch seine kurze Antwort.

    „Gut. Alles bestens."

    Er stellte seinen Koffer achtlos in der Diele ab und folgte seiner Frau ins Wohnzimmer. Dort warf er sein Jackett über die Sessellehne und griff nach dem Glas, das Gina ihm wortlos anbot. Er trank in großen Schlucken und reichte ihr schnell das leere Glas zurück. Sie goss nach. Beide standen schweigend, als seien sie Fremde, die sich zufällig im selben Raum aufhielten. Ein hochgewachsener breitschultriger Mann und eine schlanke blonde Frau. Ihre Absätze hoben sie optisch auf Augenhöhe zu ihm. Nutzlos. Ihre Blicke trafen auf unterschiedliche Fixpunkte.

    „Und wie war es hier? Irgend etwas, das ich wissen müsste?", fragte er ohne Interesse.

    „Was soll es hier schon Interessantes geben? Ich war mit Mona shoppen, mit Ronaldo golfen und gestern Abend mit Rainer und Beate im „Rossini essen. Keine besonderen Vorkommnisse, antwortete sie spöttisch. Er wusste darauf nichts mehr zu sagen. Ihr Schweigen wirkte zunehmend feindlich und schien auf eine unerklärliche Weise zugleich zu einer bizarren Einigkeit zu werden. Sie hatte sich nie für seine Geschäftsreisen interessiert, hatte höchstens gefragt, mit wem er zusammentraf. Dabei interessierte sie nur, welche Gesprächspartner weiblich waren. Achim zog die falschen Schlüsse, weil er nicht wusste, dass es nur ein Reflex ihrerseits war. Ihr Interesse an Achim war schon seit längerer Zeit im Abschwung begriffen. Achim van Straaten waren die Aktivitäten seiner Frau inzwischen ebenfalls herzlich egal.

    Achim spürte wieder den Druck in seiner linken Brustseite. Er versuchte, tief durchzuatmen. Sie beachtete es nicht. Da war auch wieder dieser nebulöse Schmerz in seinem Magen, der mit winzigem Brennen begann und sich schnell ausdehnte. Meist brachte ein Cognac die unausgesprochenen Mahnungen zum Schweigen. Hastig trank er noch einen Schluck und schaute dabei wie gebannt auf ein Eichhörnchen, das am Rande der Terrasse hin und her flitzte. Jetzt fiel ihm wieder ein Satz ein.

    „Ich gehe duschen und mich umziehen. Bis gleich. Hast du meinen schwarzen Anzug aus der Reinigung geholt?"

    „Mist, das habe ich vergessen. Tut mir leid. Zieh den blauen an, okay?"

    Achims Laune verschlechterte sich von Minute zu Minute und erreichte den Tiefpunkt, als er nach einiger Zeit wieder im Wohnzimmer erschien, wo seine Frau lässig auf der Couch saß und eine Illustrierte durchblätterte.

    „Gina, was ist los? Du bist noch nicht umgezogen. Ich denke, wir müssen bald weg. Und gegessen hätte ich auch gern einen Happen."

    „Im Kühlschrank stehen ein paar Lachsschnittchen. Die sind zwar von gestern, aber bestimmt noch zu essen. Ich brauche nur noch ein anderes Kleid anziehen. Geduscht und geschminkt bin ich schon, wie du mit etwas Aufmerksamkeit hättest bemerken können. Ich bin sofort fertig. Dann kann Ronaldo fahren." Wieder dieser Sarkasmus in ihrer Stimme.

    „Ich fahre. Und Schnittchen aus dem Kühlschrank sind mir zu kalt. Das bekommt meinem Magen nicht." Wütend blaffte er seine Frau an.

    „Dann nicht! In einer viertel Stunde können wir fahren!"

    Sie knallte die Zeitschrift auf einen Beistelltisch, sprang auf die Füße und rauschte mit hoch erhobenem Kopf aus dem Zimmer. Achim beachtete sie nicht länger.

    So ging das nicht weiter. Kaum war er wieder zu Hause, stritten sie. Diese Frau trieb ihn noch in einen Herzinfarkt. In diesem Moment beschloss er, sich von Gina zu trennen. Er konnte und wollte ihre Eskapaden nicht länger erdulden. Wie könnte das gehen? Er seufzte.

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1