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Blut und Wasser
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eBook210 Seiten3 Stunden

Blut und Wasser

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Über dieses E-Book

Nach dem plötzlichen Tod ihres Großonkels werden drei Brüder mit jenem dunklen Geheimnis konfrontiert, das sie seit über zwanzig Jahren zu vergessen versuchen. Erst das Eingreifen eines jungen Ermittlers zwingt sie schließlich dazu, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und ihrer eigenen Familiengeschichte eine neue Deutung zu geben.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum23. Aug. 2016
ISBN9783738081480
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    Buchvorschau

    Blut und Wasser - Diane S. Wilson

    I.

    Samstag, 7. November 2015

    Die alte Frau klammerte sich an den Rollstuhl ihres Mannes. Ihre kleine, knöcherne Hand verkrampfte sich in dem schwarzen Samthandschuh und drückte den stählernen Griff des Stuhls gegen den eigenen Hüftknochen, der sich bedrohlich weit aus der Kontur ihres schmalen Körpers lehnte. Die Folgen des letzten Sturzes waren nie vollständig verheilt. Alkohol verhinderte eine vollständige Genesung und konservierte den Körper in seinem angeschlagenen Zustand. Die andere Hand presste einen hölzernen Gehstock in den vom Regen aufgeweichten Boden, der sich unter dem feuchten Kunstrasenteppich neben dem Grab befand. In der Mulde am Ende des Stocks begann sich das Regenwasser zu sammeln, das trotz der Armada an Regenschirmen, die sich über den Köpfen der Trauernden aufgespannt hatten, den Boden ohne große Umstände erreichte. Ihr Blick war starr auf den Sarg gerichtet, der gerade vor ihr in die Grube gelassen wurde.

    Zeke stand seiner Großmutter gegenüber auf der anderen Seite des Grabs zwischen seinen Brüdern. Den Schirm hatte er seiner Frau und den Kindern überlassen und so wartete er geduldig bis ein Tropfen nach dem anderen den Weg in seinen Mantelkragen fand und das darunterliegende Hemd gründlich durchnässte. Der kalte Novemberwind zerrte an den Blumen und Blättern des Kranzes, der auf dem Sarg befestigt war. Neben Zeke schlug Philipp den Kragen seines Mantels auf und legte den Schal in engeren Falten um den Hals. Han hingegen stand regungslos neben seinen Brüdern und beobachtete den Priester, der am Kopfende des Grabes stand und schweigend seine Aufgabe erfüllte. Zekes Aufmerksamkeit galt allein seiner Großmutter.

    Noch nie hatte er einen Moment emotionaler Schwäche an ihr beobachten können und auch heute sprachen die Züge in ihrem Gesicht weder von Trauer, noch von Zuneigung. Ihr nervöser Blick driftete immer wieder zu der ausländischen Pflegekraft, die in einer der hinteren Reihen mit der so oft benötigten Sauerstoffflasche wartete. Zeke wusste mit Sicherheit, dass seine Großmutter sich nie dazu herablassen würde, ihr Bedürfnis nach Sauerstoff in der Öffentlichkeit zu demonstrieren. Dennoch sorgte sie penibel dafür, dass die Flasche nie weit entfernt war.

    Der Sarg hatte den Boden des Grabs erreicht und ein dumpfer Ton des Aufpralls kündigte das Ende der zenartigen Passivität der Trauergäste an. Ein entfernter Verwandter rollte Zekes Großvater in seinem Rollstuhl zu der Stelle, an der ein kleiner Erdhügel die Gäste dazu einlud, an der endgültigen Entsorgung des Leichnams teilzunehmen. Der Boden vor dem Grab war weich und die Räder des Rollstuhls sträubten sich gegen den ungewohnten Untergrund. Einige der Umstehenden deuteten in kleinen Gesten Hilfsversuche an, dennoch wagte keiner aus seiner passiven Zuschauerrolle auszubrechen und wirklich anzupacken. Die Geste musste reichen. Zekes Großvater Uther bedachte alle Umstehenden mit einem Blick der Verachtung und Abscheu. Die engere Familie hingegen stand geschlossen und schweigend am anderen Rande des Grabs versammelt und wartete auf ein Ende des Geschehens. Schließlich stand der Rollstuhl in der richtigen Position und Uther blickte auf den vor ihm liegenden Sarg hinunter. Unter keinen Umständen hätte man vermuten können, dass sich in der Holzkiste vor ihm sein einziger Bruder oder zumindest die Überreste eines Bruders befanden. Die Schaufel mit einem kleinen Haufen Erde wurde Uther in die dürre Hand gelegt. Er zögerte einen Moment und schleuderte schließlich, mit mehr Kraft als von ihm zu erwarten gewesen war, die Erde von sich.

    „Bastard!" Seine Stimme krächzte, als würde er sie nur selten gebrauchen.

    Ein kleiner Teil der Erde erreichte die Wand der Grube und fiel hinab auf den Sarg. Das meiste jedoch landete auf Philipps Schuhen. Uther folgte der Linie seines Wurfs und blickte Philipp provokativ an. Keiner der Brüder ließ auch nur einen Muskel zucken. Philipp erwiderte den Blick seines Großvaters mit leeren Augen, bis dieser sich abwandte und mit einer kurzen Handbewegung andeutete, dass die Beerdigung für ihn beendet war.

    Nachdem Uther in seinem Rollstuhl davon geschoben wurde, folgten auch die anderen Gäste und erwiesen dem Verstorbenen die letzte Ehre. Zekes Großmutter Gertie ließ ein kleines Sträußchen aus Wildblumen auf den Sarg fallen, mit einer Geste, die mehr an die Entsorgung eines schmutzigen Taschentuchs erinnerte. Zeke besah sich die Blumen, die zwischen den frischen Erdbrocken auf dem Sarg zum Erliegen kamen. Sie musste die Pflegekraft in die Großstadt geschickt haben, um zu dieser Jahreszeit frische Wildblumen aufzutreiben. Die Maske der Gleichgültigkeit verlor zunehmend an Glaubwürdigkeit. Zeke hatte vor langer Zeit aufgegeben, verstehen zu wollen, was seine Großmutter umtrieb. Rein die Tatsache, dass keine ihrer Taten ohne Hintergrund geschah, prägte seinen Umgang mit ihr.

    Ein Windhauch wirbelte ein paar Blätter in Zekes Blickfeld auf und riss ihn aus seinen Gedanken. Der Friedhof war fast leer. Die meisten der Trauergäste waren eiligen Schrittes unterwegs zu ihren Autos. Auch Zekes Frau Holly führte seine Söhne bereits an der Hand in Richtung Parkplatz. In der rechten Hand hielt sie noch immer den Schirm, während sie versuchte, beide Jungs mit der anderen Hand über die Kieswege zu lenken und sie davon abzuhalten, zwischen den Grabsteinen umherzuspringen.

    Schließlich verabschiedete sich auch der Priester und die Brüder blieben allein am Grab zurück. Philipp schüttelte wortlos die Erde von seinen Schuhen. Zeke besah sich die Mienen seiner Brüder und war nicht überrascht, auch dort nicht nur Trauer zu finden. Sie fühlten wie er. Erleichterung und die willkommene Illusion von Frieden machten sich in seiner Brust breit, auch wenn er bereits ahnte, dass das Gefühl nicht von Dauer sein konnte. Der Wunsch nach Abschluss würde ihnen vermutlich nie erfüllt werden und die Idee von Absolution war für sie schon vor Jahren in ungreifbare Ferne gerückt.

    Han legte Zeke die Hand auf die Schulter und drängte so zum Aufbruch. Die Brüder verzichteten darauf, den Sarg noch weiter mit Erde zu bedecken und nickten im Vorbeigehen den Grabpflegern zu, damit diese das Werk der Trauergäste vollenden konnten. Der Regen wurde dünner und der Wind brauste auf. Holly wartete bereits im Auto. Sie saß am Steuer und Zeke konnte an ihren Lippen sehen, dass sie dem Song aus dem Radio folgte. Seine Söhne lachten auf dem Rücksitz. Er nickte seinen Brüdern zu und stieg zu seiner Frau ins Auto. Han und Philipp fuhren in ihren Trucks davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Holly schaltete das Radio aus und die Jungs stoppten ihr Gelächter.

    „Alles in Ordnung?" Ihre Augen lächelten, während ihr Mund wie immer eine typische strenge Linie bildete. Es hatte ihn einige Zeit gekostet, das verborgene Lächeln in ihren Augen zu entdecken und auch nach Jahren der Ehe war sie bei Weitem kein offenes Buch für ihn. Seine Söhne waren da schneller. Sie bemerkten meistens zuerst, wenn die Stimmung umschwang und Flucht die bessere Alternative wurde.

    Zeke nickte Holly zu und lehnte sich im Beifahrersitz zurück. Mit geschlossenen Augen lauschte er, wie Holly den Wagen anließ und seine Söhne begannen, miteinander zu flüstern. Dies war einer dieser seltenen Momente, in denen er seiner Frau vollkommen die Kontrolle überließ. Zielsicher lenkte sie den Wagen durch den Wald hindurch und hinaus in das sumpfige Gebiet, in dem Oskar seine Farm errichtet hatte. Das kleine Haus war heruntergekommen. Die Farbe blätterte an mehreren Stellen von der Holzfassade ab und große Flächen des unbehandelten Untergrunds wurden sichtbar. Auf dem Vordach lag eine dicke Schicht aus Blättern und Ästen, die der Regen zu einer festen Masse verschmolzen hatte und nun dem Wind trotze. Der Garten, zu beiden Seiten der Einfahrt, war befüllt mit allerlei Skulpturen aus Holz, Metall, Stein oder Kombinationen aus verschiedenen Materialien. Einige der Skulpturen kannte Zeke noch aus seiner eigenen Kindheit. Die Erinnerung, wie er mit seinen Brüdern Zuflucht in diesem Kunstwald gesucht hatte, war ihm immer noch präsent. Nur wenige der Kunstwerke waren neueren Datums. In den letzten Jahren seines Lebens hatte sein Onkel nicht nur körperliche Kraft, sondern zu seinem eigenen Leidwesen, auch seine künstlerische Leistung einbüßen müssen. Nicht selten hatte man ihn im einzigen Pub in Argos sitzen sehen, mit einem Scotch vor sich auf dem Tisch, auf der Suche nach dem Kuss der Muse. Das Nine war für diese Suche gut geeignet, denn im Laufe des Tages betrat ein Großteil der Stadtbewohner das Lokal, um zu essen, zu trinken oder auch nur, um die geringe Portion sozialer Kontakte aufrecht zu erhalten, die ein Leben in den Bergen mit sich brachte. Einen der Nischentische hatte Oskar zu seinem Stammplatz erklärt und niemand hatte je widersprochen. Dort hatte er seine Audienzen abgehalten, für jeden der eine Information erhalten oder loswerden wollte. So hatte er Ratschläge verteilt und Geschichten gesammelt. Nicht selten war er nach einer durchzechten Nacht im Nine nach Hause gelaufen und hatte dort bis zum nächsten Abend an einer Skulptur oder einem anderen Kunstwerk gearbeitet. Die Muse, so hatte er immer gesagt, lebte in jedem, der den Pub betrat und solange sie bereit war, mit ihm zu sprechen, war er bereit, ihre Stimme in seine Kunst zu verwandeln. In den letzten Monaten seines Lebens hatte die Muse sich aber offensichtlich andere Gesprächspartner gesucht und Oskars Verfall damit sichtbar beschleunigt.

    Der Wagen überquerte eine Unebenheit auf der kiesbelegten Auffahrt und Zeke wurde aus seinen Gedanken gerissen. Vor dem Haus und im Wendehammer der Straße standen die Autos der Trauergäste in Reih und Glied. Für Zeke und seine Brüder waren unausgesprochen drei Plätze vor der Garage reserviert worden. Die Trucks standen bereits an ihrem Platz und seine Brüder saßen wahrscheinlich schon bei einem ersten Bier zwischen den Verwandten und zählten die Minuten, bis der Anstand ihre Anwesenheit im Haus ihres Onkels nicht mehr erforderte. Zeke stieg aus dem Wagen und öffnete seinen Söhnen die Autotür. Die Jungs stürzten von ihren Sitzen und liefen über die Veranda ins Innere des Hauses. Holly blieb auf der Treppe stehen und blickte Zeke auffordernd an. Das Garagentor war nicht vollständig geschlossen und der Wind bewegte eine der Türen ruckartig hin und her.

    „Gleich. Zeke versuchte ein Lächeln zustande zu bringen. „Ich bin gleich da.

    Holly drehte sich um und folgte ihren Söhnen ins Haus. Zeke beobachtete einen Moment, wie der Wind die Tür gerade weit genug aufdrückte, um einen kurzen Blick ins Innere der dunklen Garage zu ermöglichen und sie dann sofort wieder zuschnellen ließ. Zeke konnte seinen eigenen Herzschlag in den Ohren spüren. Die raschen Schläge teilten das rhythmische Rauschen des Sturms in kleine melodiöse Einheiten. Kontrolliert griff Zeke nach der Garagentür und schob sie mit einer kurzen, ruckartigen Bewegung ins Schloss. Erstaunt beobachtete er, wie seine Hand zurückschreckte und wie aus einem Reflex in seiner Manteltasche verschwand.

    Die wenigen Räume des Erdgeschosses waren ungewohnterweise gefüllt mit Menschen. Zeke schloss die Eingangstür hinter sich und gönnte sich einen Moment, um die Wärme des Hauses durch seinen Körper fließen zu lassen. In diesem Haus hatte er sich immer mehr zu Hause gefühlt, als bei seinen Eltern oder geschweige denn Großeltern. Jeder Raum barg Erinnerungen an all die Dinge, die er mit seinen Brüdern hier erlebt hatte. Viele der wenigen Momente seiner Jugend, an die Zeke gerne zurückdachte, hatte er allesamt in diesem Haus erlebt, gepaart mit einigen, die ihn in seinen dunkelsten Träumen heimsuchten. Zekes Gedanken schienen durch das Haus und seine Räume zu wandern, wie ein Pilger, der nach Jahren wieder sein altes Haus betritt und feststellt, dass sich in seiner Abwesenheit nicht viel verändert hat. Wie in Trance folgte Zeke dem Flusslauf seiner Erinnerungen, wie sie die Treppen hinauf- und hinabflossen und ihn schließlich zurück in die Garage führten. Wie durch Magie war er plötzlich umgeben von dem alten Geruch, den er schon so lange nicht mehr eingeatmet hatte. Er roch das Holz, das sein Onkel für seine Skulpturen aufbewahrt hatte, meist aus dem Familienunternehmen für wenig oder gar kein Geld erstanden, die modrige Erde, deren spezieller Geruch alles bedeckte, was in der Nähe des Moors stand, wuchs oder lief, und das metallische Aroma des Materials und der Rückstände auf Boden und Wänden.

    Zeke schüttelte den Kopf und riss seine Gedanken in die Gegenwart zurück. Nachdem er an der Garderobe zwischen den abertausenden Jacken und Parkas einen Platz für seinen Mantel gefunden hatte, machte er sich auf die Suche nach seiner Familie. Fündig wurde er in der Küche. Han stand an die Spüle gelehnt mit einer Bierflasche in der Hand und unterhielt sich mit einer Frau. Ihre Gesichtszüge kamen Zeke bekannt vor, auch wenn er sie nicht wirklich zuordnen konnte. Philipp saß auf einem Küchenstuhl und hatte seinen Sohn Ted auf dem Schoß. Ted war mit seinen zwölf Jahren eigentlich schon zu groß für derartige familiäre Nähe und Zeke vermutete, dass der besondere Anlass Raum für Ausnahmen bot.

    „Hey Zeke! Han winkte seinen Bruder zu sich herüber. Sein Blick verriet, dass er nach einer Möglichkeit suchte, aus der Situation zu entkommen. „Erinnerst du dich an Tante Meg?

    Die Frau hob den Kopf und sah Zeke mit einem schwachen Lächeln auf dem Gesicht an. Seine Erinnerung kehrte zurück, als er die Augen der Frau sah. Diese waren grau und es schien als sähe man dem Meer zu, wie es an einem stürmischen Morgen ruhig dalag und darauf wartete, dass die Sonne aufging. Sie war etwa Mitte fünfzig und trug einen schwarzen Rollkragenpullover zu dunklen Jeans und flachen Halbschuhen. Diese Schuhe waren selten in dieser Gegend. Die kalten Temperaturen und das raue Gelände zwangen die Bewohner zur Vorsicht und festes Schuhwerk wurde zu allen Gelegenheiten für angemessen erklärt. Megs Haar war von vielen grauen Strähnen durchsät und wurde zurückgehalten von einer silbernen Spange, auf der wellenförmige Motive eingraviert waren. Ansonsten trug sie keinerlei Schmuck, auch keinen Ehering. Insgesamt war Megs Aussehen eher unauffällig und Zeke wunderte sich nicht, dass er sie bei der Beerdigung übersehen hatte. Das Lächeln, das auf ihren Lippen lag, aber nicht aus den Augen zu scheinen schien, verschwand als sie zu sprechen begann.

    „Sicher erinnert er sich nicht an mich. Er war damals ein Teenager und mit wichtigeren Dingen beschäftigt als alten Verwandten." Das Lächeln blitze erneut für einen kurzen Moment auf und verschwand fast ungesehen. Die Geste wirkte einstudiert und zu oft angewandt, um sich an den ursprünglichen Zweck noch erinnern zu können. Zeke vermutete, dass sie in ihrem Beruf, anders als er, vielen Menschen begegnete, die sozialkonformes Verhalten erwarteten.

    „Tante Meg. Zeke öffnete seine Arme und drückte seine Tante kurz an sich. „Es tut mir so leid. Wegen deines Vaters. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und versuchte den Grad der Trauer aus ihren Zügen abzulesen.

    „Danke dir. Wir hatten ja kein sehr inniges Verhältnis. Das letzte Mal haben wir uns gesehen, kurz bevor euer Vater verschwand." Bilder schossen durch Zekes Erinnerung und reflexartig wandte er den Blick seinem Bruder zu, um dessen Miene zu prüfen. In diesem Moment hörte man, wie sich die Haustür öffnete und eine große Gruppe Menschen in die Küche trat. Han nutzte die Gelegenheit und verschwand in der Menge, nachdem er Meg noch einmal den Arm um die Schultern gelegt und sie sanft an sich gedrückt hatte. Diese Geste war mehr, als Zeke von seinem Bruder erwartet hätte. Hans Umgang mit Menschen war spärlich. Er leitete das Logistikzentrum der Firma und sprach dort lediglich mit den Fahrern und einigen wenigen Arbeitern des Werks. Han schien es nicht zu stören, dass die meisten seiner Gespräche einem einsilbigen Schema folgten und so machte auch Zeke sich weiter keine Gedanken darüber.

    Nachdem Han verschwunden war, besetzte Zeke den Platz seines Bruders und lehnte sich gegen die Spüle. In dieser Position konnte er gleichzeig Meg ansehen und den Rest des Raumes überblicken. Meg seufzte und sah auf das leere Glas in ihrer Hand.

    „Ich habe es damals übrigens gewusst. Sie sah auf. „Nicht von Anfang an, aber irgendwann war ich sicher.

    Zeke stockte der Atem. Sein Puls fing an zu rasen und sein Hirn begann in gewohnter Manier nach Lösungen zu suchen. Der Raum war zu groß und zu voll, um Meg ohne ihre Einwilligung aus dem Haus zu bewegen. Ihr Blick war klar und deutlich und machte ihm klar, dass die Anwendung von Ausreden

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