Der informierte Patient im Krankenhaus: Wer sich auskennt, hat weniger Stress. Mit weniger Stress und Angst werden Sie schneller Gesund.
Von Wolfgang Seidel
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Über dieses E-Book
Information ist gut, Verständnis ist besser. Das Buch beantwortet deshalb nicht nur übliche Fragen, es bemüht sich, über vielerlei Hintergründe aufzuklären, die den Laien interessieren. Sie mögen im Sachlichen oder Psychologischen zu suchen sein. Die Kapitel des Buches zeichnen grob den Weg des Patienten vor, auf dem er Bekanntschaft mit seinem neuen Aufenthaltsort macht: Nach der Auswahl eines geeigneten Hauses und dem Kofferpacken werden Fragen bei der Aufnahme in der Verwaltung und auf der Station angesprochen. Weitere Abschnitte beschäftigen sich mit Aufgaben und Eigenheiten der Mitarbeiter. Schließlich kommen häufige Einzelheiten bei Untersuchung und Therapie zur Sprache. Auch Probleme nach der meist etwas vorzeitigen Entlassung werden berücksichtigt.
Das Krankenhaus sollte nicht mit einem Hotel verglichen werden, in dem man bedient wird. Es ist ein durchorganisierter Dienstleistungsbetrieb, in dessen Räderwerk der Kranke eingefügt wird, und in dem man ständig auf Notfälle und andere Ausnahmen Rücksicht nehmen muss. Das erfordert Verständnis von allen Beteiligten. So mag das Buch auch hilfreich sein für nur mittelbar betroffene Verwandte und Begleitpersonen.
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Buchvorschau
Der informierte Patient im Krankenhaus - Wolfgang Seidel
Impressum:
Der informierte Patient im Krankenhaus
Copyright: © 2012 Dr. Wolfgang Seidel
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
E-Book-Produktion: melle newmedia, Potsdam
ISBN 978-3-8442-3258-5
epubli-Verlag
Der informierte Patient
Sie müssen ins Krankenhaus?
Wer sich auskennt, hat weniger Stress.
Mit weniger Stress und Angst
werden Sie schneller gesund.
Wolfgang Seidel
1 Einleitung
1.1 Information ist fast die halbe Genesung
Sie müssen also ins Krankenhaus, liebe Leserin, lieber Leser, oder sind schon dort, in einer Ihnen vielleicht sogar bedrohlich erscheinenden Welt. Ich kenne diesen Betrieb Krankenhaus ziemlich gut. Fast vier Jahrzehnte habe ich darin gearbeitet, und ich musste Kliniken auch mehrmals als Patient erleben. Ich weiß um die Erwartungen, die Hoffnungen auf schnelle und vollständige Heilung, die mit dem Krankenhaus verbunden sind.
Ich kenne aber auch die unbestimmten Ängste, nun eingespannt zu werden in einen hochtechnisierten Betrieb, der getrimmt ist auf Rationalität, Effektivität, Verlässlichkeit und Erfolg, der irgendwie unheimlich ist, über den man schon sehr Unterschiedliches gehört hat, in den man sich aber einfügen muss. Wir werden hinter die Kulissen der letztlich segensreichen „Apparatemedizin" schauen, soweit Sie als Patient mit ihr in Berührung kommen.
Im „Dienstleistungsbetrieb" Krankenhaus arbeiten andererseits viele Menschen. Mit einigen von ihnen werden Sie recht engen Kontakt haben. Sie werden von Ihnen vielleicht sehr abhängig sein, abhängig also von Menschen, die Sie nicht kennen und nicht ausgewählt haben. Sie werden unvermittelt versetzt in eine Welt zwischenmenschlicher Netzwerke, die ihre eigenen, eingeschliffenen Regeln haben. Sie kommen in die Obhut vieler Fachleute, die Ihnen mit ehrlicher Hilfsbereitschaft, aber doch in professioneller Geschäftigkeit zur Seite stehen wollen.
Es werden also auch zwischenmenschliche Fragen auftreten. Daher werde ich Hinweise, vielleicht Ratschläge in psychologischer Hinsicht geben. Je besser man den anderen und seine Intentionen und Motivationen versteht, desto ersprießlicher wird das gemeinsame Wirken sein.
Und der Krankenhausaufenthalt wird schließlich eine Zeit sein, in der Sie sich mehr mit Ihrem Körper oder Ihren psychischen Reaktionen befassen (müssen) als sonst. Es ist ein Ausnahmezustand für Sie, Neuland bezüglich mancher Eigenerfahrung. Aber man weiß einiges über viele dieser Phänomene. Auch darüber werden wir sprechen.
Information ist die halbe Genesung? Es ist immer gut, wenn man vorher weiß, was einen erwartet. Dafür sammelt man Erfahrung. Man kann sich dann auf das Kommende einstellen. Nicht nur wissensmäßig sollte man vorbereitet sein, also bezüglich harter Fakten, sondern ganz entscheidend auch bezüglich der inneren Einstellung. Denn Bedenken, Vorurteile oder gar Ängste können tatsächlich den Heilungsverlauf ganz wesentlich beeinträchtigen. Das Unterbewusstsein spielt häufiger eine Rolle, als man gemeinhin annimmt. Und diese Einstellung kann man mit dem Verstand steuern. Ich werde Ihnen Hinweise geben.
1.2 Richtige Annahmen für eine ungewisse Zukunft
In den ersten Stunden im Krankenhaus fühlt man sich irgendwie unsicher. Man kennt den Tagesablauf nicht, die Regeln, die hier gelten, die Tabus, gegen die man nicht verstoßen möchte. Wie soll man alles richtig machen, um möglichst bald und gesund wieder herauszukommen? Mich hat dieses Gefühl auch beschlichen, obgleich ich alles wusste, was ich in diesem Buch schreibe. Gefühle kommen einfach. Aber ich hatte niemals das Gefühl der Angst.. Das war überaus beruhigend, und da könnte ich Sie unterstützen.
Denn wenn man das Kommende schon einigermaßen kennt oder ungefähr einschätzen kann, hat man einfach weniger Angst - zum Beispiel davor, in falsche Hände zu geraten oder dass jemand bei mir etwas Unnötiges oder einen Fehler macht. Man könnte auch Angst haben, jemanden durch unpassende Äußerungen vor den Kopf zu stoßen, auf dessen wohlwollende Hilfe man hofft. Hinzu kommen ja noch verständliche Ängste, dass sich die Krankheit als besonders gefährlich und ihr Verlauf als unerwartet komplikationsreich erweisen könnte. Und auch die Frage, ob die eigene Kraft reichen wird, um die kommenden Belastungen durchzustehen, macht Angst.
Ängste bedeuten Stress, über den wir in Abschnitt 7.1 mehr erfahren werden. Er ist für die Genesung schädlich. Und er drückt oft die Stimmung. Dadurch kann der nachweislich vorteilhafte Einfluss durch gute Laune und Freude verloren gehen. Wie gewinnt man da das Lachen zurück? „Lachen ist gesund", sagt man. Es macht tatsächlich gesund, unter anderem natürlich.
Wie aber kann die Information, die ich Ihnen in diesem Buche anbiete, zu Ihrer guten Stimmung beitragen? Es gibt dafür eine einleuchtende Theorie. Ich sollte sie Ihnen gleich hier im Vorwort erläutern, und ich werde dann auch sagen, warum. Die Theorie geht von den Erwartungen aus, die jeder Mensch an das Vorhaben knüpft, das er gerade beginnt oder durchführt.
Jeder macht mehr oder weniger bewusst eine „Annahme über das Ergebnis seines Tuns. Die Annahme kann je nach Temperament (über das wir noch in Abschnitt 4.8 reden) ganz realistisch sein oder einem Luftschloss gleichen. Erinnern Sie sich, wie Sie unlängst eine nicht ganz einfache Aufgabe zu lösen hatten. Vielleicht wollten Sie Ihre Freunde zu einem Essen einladen, dass Ihnen so gut schmeckt, und das Sie nun auch selbst zubereiten wollten. Während Sie die Zutaten einkaufen, malen Sie sich aus, wie gut Ihnen die Speise gelingen und wie die Freunde Sie loben werden. Das ist Ihre Annahme, wie das in Abb. 1.1 links oben angedeutet ist. Die Stimmung, die Sie dann am Ende des Abends haben werden, wenn die Gäste wieder gegangen sind, hängt klar von der Reaktion Ihrer Freunde ab und ist ganz rechts an der Skala der Abbildung abzulesen. Hat man mit großen Appetit gegessen und Sie gelobt, stimmt also der „Istwert
des Erreichten mit dem vorher festgelegten „Sollwert Ihrer Annahme überein, erzeugt das Belohnungssystem in Ihrem Gehirn Freude, indem es die Ausschüttung von „Glückshormonen
veranlasst.
Auch wenn Sie ins Krankenhaus müssen, haben Sie Erwartungen. Die Annahmen betreffen nicht nur den Erfolg des Aufenthalts im Ganzen, sondern auch viele kleine Einzelheiten. Wie sehr schon falsche Vorstellungen über die Aufnahme die Stimmung drücken können, mag die Abbildung 1.2 andeuten. Je mehr Ihrer Annahmen tatsächlich zutreffen werden, desto besser werden Sie sich vor deprimierenden Enttäuschungen schützen und die möglichen Erfolge erreichen können. Dem richtig Informierten bietet auch ein Krankenhaus Erfolgserlebnisse - durch den Erfolg vorausschauenden Wissens.
Das ist nun auch mein Anliegen in diesem Buch: Ihnen möglichst viele Informationen zu geben, die sich später als richtig erweisen und Ihnen die beruhigende Gewissheit geben, sich doch etwas auszukennen, mehr noch aber das Gefühl, mit Ihren Annahmen richtig zu liegen und zufrieden sein zu können, weil vieles so kam wie erwartet.
Bild309.PNGAbb. 1.1: Unsere Stimmung hängt davon ab, ob unsere Annahmen richtig oder falsch waren. Vor dem Ende einer Tätigkeit macht man Annahmen, wie das Ergebnis ausfallen könnte. Im geschilderten Beispiel geht es um die selbstgestellte Aufgabe, ein besonderes Mahl zu bereiten. Falls das Ergebnis mit der Annahme übereinstimmt, freut sich der Ausführende. Seine gute Stimmung ist Motivation für weitere Aktivitäten. Da die gute Laune vom Belohnungszentrum gesteuert wird, kann man sie auch als Anerkennung für die Nutzung richtiger Informationen, die zum Erfolg führten, deuten, sowie für ausreichende Selbstkritik und für die richtige Einschätzung der Reaktion des Geschmacks der Gäste, also für Menschenkenntnis. Final gesehen wird man durch die Belohnung
mittels guter Stimmung zur Mehrung dieser Kenntnisse aufgefordert.
Abb. 1.2 Enttäuschte Erwartungen bedingen die Stimmung: Jedes Mal, wenn die Realität nicht mit den Annahmen übereinstimmt, wird die Stimmung schlechter. Viele kleine Enttäuschungen können sich zu einer sehr schlechten Laune summieren. Wenn dann die Stationsschwester zur Begrüßung kommt, erhält sie einen völlig falschen ersten Eindruck von dem neuen Patienten. Die falschen Annahmen über die ersten Stunden im Krankenhaus können die Atmosphäre des ganzen Aufenthalts vergiften.
1.3 Die Menschen sind fehlbar, und die Medizin lernt noch
Ich habe lange überlegt, ob ich nicht die Abbildung 1.2 besser weglassen sollte. Der Leser könnte nämlich daraufhin erwarten, dass ich in diesem Buch immer auf eventuelle Schwachstellen hinweise, damit er sich mit seinen „Annahmen" jeweils auf die schlechtestmögliche Situation innerlich vorbereiten kann, um später eine freudige Stimmung zu generieren, weil es ja gar nicht so schlimm war.
In diesem „Kompass möchte ich aber von einem korrekten Bild der Krankenhausmedizin ausgehen und nicht von deren gelegentlichen Fehlleistungen. Natürlich gibt es unter den 135.000 Krankenhausärzten einige, die eine „falsche
ethische Auffassung von ihrem Beruf haben, sicher auch einige, die trotz der schwierigen Hürde des Numerus clausus vor dem Studium nicht gerade die klügsten Fachleute sind oder zu bequem, sich fortzubilden. Natürlich gibt es unter den fast 400.000 Pflegekräften auch mürrische oder verbitterte, jedenfalls nicht rückhaltlos aufs Helfen Eingestellte, die nur recht und schlecht ihren Job machen. Vielleicht lassen sie außerberuflichen Frust an den Kranken aus. Und selbstverständlich sind unter mehr als 2.000 Krankenhäusern auch einige schlecht geführt, entweder wirtschaftlich oder in Bezug auf das Arbeitsklima oder hinsichtlich der Berücksichtigung der Belange der Kranken.
Das sind Ausnahmen, die man nicht ausdrücklich genug kritisieren kann, damit sie korrigiert werden. Aber das ist nicht die Aufgabe dieses Ratgebers für kranke Menschen. Denen kann man mit gutem Gewissen sagen, dass wir in unserem Land eines der besten Gesundheitswesen der Welt haben, dessen Krankenhäuser fast ausnahmslos in die Spitzenklasse gehören.
Leider werden die gelegentlichen menschlichen Schwächen deutlicher in „stressigen" Zeiten, und zu denen muss man die gegenwärtige mit ihrem rigorosen Sparkurs im Gesundheitswesen rechnen. Ich werde darauf zurückkommen: Es sind (fast) nur die Gesunden, die auf niedrige Kassenbeiträge drängen und gegen zusätzliche Steuergelder für das Gesundheitssystem plädieren. Es sind die gleichen Menschen, die es sich im Urlaub mal richtig gut gehen lassen. Wer selbst krank wird, setzt dann andere Schwerpunkte.
Manche falsche „Annahme, manche Enttäuschung resultiert aber gar nicht aus dem Menschlichen oder dem Ökonomischen, sondern aus einer falschen Erwartung an die Schulmedizin. Die Medizin als Wissenschaft macht gewaltige Fortschritte, ständig von Jahr zu Jahr, weltweit. Aber wir erleben die „moderne
Medizin mitten in einer Entwicklung, die vor 200 Jahren ganz klein begonnen hat und noch lange Jahrhunderte nicht abgeschlossen sein wird. Daher lassen ihre gegenwärtigen „Erfolge" sehr oft zu wünschen übrig, enttäuschen vielleicht – alle Beteiligten. Und es ist kein Trost, zu versprechen, dass alles nach weiteren 50 oder 100 Jahren sehr viel effektiver sein wird.
Gar zu oft muss der Arzt sagen: „Ich hoffe, dass wir jetzt die Ursache Ihrer Beschwerden gefunden haben...". Fast Täglich muss er gestehen, dass das neue Medikament nur bei 80% der Fälle (oder so ähnlich) hilft, aber eben nicht bei allen. Immer wieder muss er zugeben, dass die Nebenwirkungen leider sehr häufig oder erschreckend stark sind. Nicht gerade selten muss der Operateur erklären, dass die Verhältnisse sehr ungünstig oder gar nicht beherrschbar gewesen seien, und dass er die unvermeidbare Komplikation sehr bedaure.
Wir leben heute und sollten froh sein, wenn die in „Ihrem" Krankenhaus praktizierte Medizin annähernd dem heutigen Spitzenstandard entspricht. Wichtig ist, dass man ihn so sorgfältig und sicherheitsbewusst wie möglich betreibt.
1.4 Sie müssen die Reihenfolge der Kapitel nicht einhalten
Liebe Leserinnen und Leser, ich musste mich natürlich fragen, welche aller möglichen Informationen über Krankenhäuser und Behandlung darin könnten für Sie wichtig und gleichzeitig unterhaltsam genug darstellbar sein, dass Sie darüber lesen möchten in Ihrer angespannten Situation mit einer wohl doch erheblichen Erkrankung. Was fällt dem Kranken auf, weil er es nicht kennt, von welchen Abläufen möchte er die Hintergründe kennen, was mag ihn vom Bett aus interessieren? Aber zu erwägen war auch: Was muss man als Kranker wissen, damit möglichst wenig Missverständnisse aufkommen und ihm keine Versäumnisse, Ungeschicklichkeiten oder gar Fehler passieren? Vielleicht wären gewisse Informationen auch wichtig, um den Schwestern und Ärzten und den anderen Mitarbeitern des Krankenhauses zeitraubende Fragen zu ersparen oder um Verständnis für ihre beruflichen Schwierigkeiten und Wünsche zu wecken? Ist es möglich, falsche grundsätzliche Erwartungen der Kranken zu korrigieren, die vielleicht durch einseitige oder tendenziöse Berichterstattung in den Medien erzeugt wurden?
Ich habe mir überlegt, dass man eigentlich zwei Informationsbücher schreiben müsste: Eines für Kranke, die sich im Krankenhaus gar nicht auskennen, und die daher Hinweise und Aufklärung für die alltäglichen Gepflogenheiten und Anforderungen benötigen, und andererseits eines mit Informationen für Menschen, die nun schon zu wiederholtem Mal eine Klinik aufsuchen müssen und sich zum Beispiel Gedanken zu Hintergründen der Krankenhausfinanzierung oder der Organisationsstruktur oder auch zu Karrierechancen, Arbeitsbedingungen und Einkommen der Mitarbeiter machen oder die gar über imponierende oder fehlende Intensität von Sympathie, Intuition oder Vertrauen nachdenken.
Dieser Ratgeber wendet sich daher zunächst