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Punk Justiz: Die Ballade von Jannik und Julia
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eBook308 Seiten4 Stunden

Punk Justiz: Die Ballade von Jannik und Julia

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Über dieses E-Book

Jannik und Julia, zwei junge Kleinstadtpunks, möchten Zeichen setzen. Zeichen gegen den alltäglichen Wahnsinn in unserer Welt. Der Umgang der Gesellschaft mit Tieren und Umwelt geht ihnen mächtig gegen den Strich. Aber, wie soll man diese Gesellschaft ändern?
Sie planen Aktionen die Aufsehen erregen und die Menschen zum Nachdenken zwingen sollen. Doch aus dem Spiel wird schnell Ernst.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum5. Feb. 2014
ISBN9783847665663
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    Buchvorschau

    Punk Justiz - Uli Zey

    Kapitel 1

    Mit einem Flackern sprang die Neonröhre an der Decke an und tauchte das spärlich möblierte Zimmer in ein kaltes Licht. Auf dem Bett in der Ecke lag ein junges Mädchen, nur mit einer Art Unterhemd und einem Höschen bekleidet. Aus Richtung der Tür war zu hören, wie ein Schlüssel ins Schloss gesteckt und anschließend das Schloss gedreht wurde. Das Mädchen schaute mit ängstlichem Blick in Richtung Tür, die sich im gleichen Moment öffnete.

    Ein etwa 1,75 großer, korpulenter Mann mit Glatze, welche im gnadenlosen Neonlicht in hellem rosarot leuchtete, betrat den Raum. In der Hand hielt er eine Art Stock aus Metall, auf den das Mädchen mit ängstlichen Augen starrte.

    „Los Schlampe, aufstehen. Oder brauchst Du ein >Hallo Wach

    Das Mädchen schlug die Decke zur Seite und stellte sich mit zittrigen Beinen vor ihr Bett.

    „Kopf hoch, Augen gerade aus" sagte der Typ und hob mit Hilfe des vorne gegabelten Stabes ihr Kinn in die Höhe. Das Mädchen hatte Tränen in den Augen. Das Zucken um ihre Mundwinkel verriet, dass die junge Frau kurz davor war, zu weinen. Der Dicke nahm den Stock nun beiseite und schlug dem Mädchen ohne Vorwarnung mit ziemlicher Wucht in die Magengrube. Das Mädchen klappte laut aufschreiend zusammen und landete auf dem kalten PVC-Boden. Sie krümmte sich in einer Art Embryonalstellung zusammen und fing an, laut zu schluchzen.

    „Los Du Miststück aufstehen, oder soll ich Dir Beine machen? Und höre sofort auf mit der verdammten Heulerei, sonst lernst Du mich kennen!"

    Das Mädchen rappelte sich auf und stand kurz darauf schniefend vor dem Typen. „Heulen und jammern kannst Du später, wenn Du alleine bist sagte der Mann. „Jetzt hältst Du die Klappe. Wenn ich noch ein Wort von Dir höre dann schneide ich Dir die Zunge heraus, hast Du mich verstanden?

    Das Mädchen nickte während ihr Tränen die Backen herunter liefen. „Wie sieht es eigentlich hier aus, was ist das für eine Unordnung? Er zeigte mit dem Finger auf das Bett. Habe ich Dir nicht schon tausendmal gesagt Du sollst Dein Scheiß Bett ordentlich machen, bevor ich zu Dir komme? Meinst Du es macht mir Spaß in so einer Penner-Bude mit Dir zusammen zu sein. Los, dreh Dich um und bück Dich!

    Das Mädchen drehte sich und bückte sich nach vorne. Der Typ trat ihr so fest in den Hintern das sie vornüber auf das Bett fiel. „Los, bring das in Ordnung oder es setzt was" schrie er sie an. Das Mädchen stand auf und begann hastig damit das Bett in Ordnung zu bringen, Sie zog das Laken gerade, schüttelte das Kopfkissen auf und legte die Bettdecke ordentlich zusammen. Anschließend stellte sie sich wieder vor das Bett und wartete ab.

    „Du musst Dir mal eines merken Kleines, Tussen wie Dich gibt es wie Sand am Meer. Ich brauche nur raus zu fahren und mir ein anderes Mäuschen zu fangen, du weißt ja wie leicht mir sowas fällt. Ich bin ein guter Jäger und, wenn ich es darauf anlege, dann komme ich immer mit einem Stück Beute nachhause. Du nervst mich langsam mit Deiner Heulerei und wenn Du nicht willst, dass Dir ein Unglück geschieht und eine andere an Deiner Stelle diese Bude hier bezieht dann gib Dir Mühe, mir zu gefallen. Heulen gefällt mir zum Beispiel nicht. Man könnte sogar sagen das ich Heulen absolut bescheuert finde. Der Dicke lächelte selbstgefällig. „Jedes Mal wenn Du heulst wirst Du hinterher bestraft, habe ich Dir doch schon tausend mal gesagt. Und trotzdem hattest Du heute schon wieder nichts anderes zu tun als zu flennen. Du weißt, dass ich Dir sowas niemals durchgehen lasse. Warum machst Du es also ? Ich glaube ich weiß, warum du Schlampe das tust. Du tust es weil du auf das abfährst, was ich dann mit Dir mache. Du bist geil darauf. Du kannst gar nicht genug davon bekommen.

    Das Mädchen stand immer noch vor dem Bett und starrte ins Leere. Der Dicke ging auf sie zu und zog während des Gehens ein Paar Handschellen aus seine Hosentasche.

    „Los, Hände vorstrecken."

    Das Mädchen hielt dem Mann die Hände hin, worauf dieser sie grob packte und ihr die Handschellen anlegte. Dann zog er ein kurzes Stück Kette mit einem Vorhängeschloss daran aus der anderen Hosentasche, zerrte das Mädchen quer durch das Zimmer zu dem an der Wand befestigten Heizkörper und kettete sie mit der kurzen Kette am unteren Ende der Heizung fest – so, dass das Mädchen vornübergebeugt dort stand und nicht mehr weg konnte. Der Mann ging zwei Schritte zurück und betrachtete die Situation mit sichtlichem Wohlgefallen. Dann öffnete er seine Gürtelschnalle und zog sich den Gürtel aus der Hose. Er ging zu dem Mädchen hin und zog ihr das Höschen bis unter die Knie herunter. Dann beugte er sich vor und flüsterte ihr ins Ohr. „Denk daran was ich Dir eben gesagt habe. Wenn Du heulst dann machst Du alles nur noch schlimmer. Der leicht säuerliche, verbrauchte Atem des Mannes schlug dem Mädchen ins Gesicht, aber es wagte nicht, den Kopf zur Seite zu drehen. „Hast Du mich verstanden? sagte er leise und schaute ihr dabei in die Augen. Das Mädchen nickte. „Ja, ich habe Dich verstanden" sagte sie.

    „Dann ist es ja gut sagte der Dicke und ging zwei, drei Schritte zurück. Er betrachtete noch einen Moment lang genüsslich das Hinterteil, das das Mädchen ihm in gebückter Haltung entgegenstreckte und holte zum ersten Schlag aus. Das Leder des Gürtels klatschte auf ihr Hinterteil und hinterließ einen roten Streifen. Aus Erfahrung wusste der Dicke das man ein Stück Haut erst einmal warm schlagen musste, weil ansonsten die Haut zu schnell platzte. Aber das war ihm in diesem Fall egal. Diese kleine Nutte war ihm sowieso scheißegal. So wie die Sache aussah würde er sie bald aussortieren müssen. Der zweite Schlag traf das Mädchen, dann der dritte. Der Dicke schlug sich förmlich in Trance. Erst als dem Mädchen das Blut die Schenkel herunter lief, hörte er auf und betrachtete sein Werk. Das Hinterteil des Mädchens war nur noch ein rohes Stück Fleisch. Er hörte das Mädchen leise Wimmern und schrie sie an. „Hör auf zu heulen du Schlampe, sonst schlage ich Dich tot. Er holte seinen steifen Schwanz aus der Hose und hielt ihn kurz in seiner Hand. Dann kramte er eine Tube Vaseline aus der Hosentasche und cremte sich genüsslich seinen Schwanz damit ein. Als er damit fertig war verschloss er die Tube wieder und stopfte sie achtlos zurück in die Hosentasche. Er ging zwei Schritte nach vorne, stellte sich genau hinter die Kleine und rieb seinen Schwanz an ihrem blutigen Hinterteil.

    „So sagte er, „zur Belohnung weil Du so schön still gehalten hast besorge ich es Dir jetzt ordentlich.

    Kapitel 2

    Am Horizont zeichnete sich das erste zarte Morgenrot ab. Jannik ging in großen Schritten den einsamen Feldweg entlang. Das vom Morgentau nasse Gras hatte seine maroden Springerstiefel aufgeweicht und seine Strümpfe und Füße waren nass. Das war ihm egal, er war es gewohnt lange Strecken zu laufen und nasse Füße gehörten mit zum Standardprogramm. Schließlich war das hier nicht Arizona oder New Mexiko durch das er spazierte sondern ein gewöhnlicher Feldweg in Hessen.

    Er liebte es so durch die Natur zu laufen. Der Rhythmus beim Gehen versetzte ihn in eine Art Trance. Die Monotonie der Schritte, die Geräusche seiner Schuhe wenn er über Teer, Schotter oder wie hier durch hohes Gras ging, hatte etwas beruhigendes. Bei solchen Wanderungen konnte er wunderbar nachdenken, über alles, was ihn bewegte, alles, was er verabscheute und alles, was er hasste.

    Da gab es eine ganze Menge, was Jannik auf den Keks ging. Die ganze scheiß Gesellschaft zum Beispiel. Die Bonzen in ihren dicken Kisten, die Penner in ihren dicken Villen mit Doppelgarage und einem riesigen Rasen ums Haus.

    Wenn er Samstags mittags vor die Tür ging, hörte er überall nur das Wummern und Dröhnen von Rasenmähern in der Ferne. Oder die ganzen Normalos, die, die, wenn sie am Samstag an ihrer Hütte etwas am arbeiten waren, immer so einen verbissenen Ausdruck auf dem Gesicht hatten. Jeder Mist, den sie machten, war wichtig. Sägen, Löcher graben, Betonieren, alles war wichtig. Alles musste seine Ordnung haben, ordentlich und sauber sein, was sollen denn die Leute denken, das kotzte ihn an. Wie konnte man nur solch ein Leben führen, wie konnte man nur so Leben und dabei glücklich sein.

    Nun gut, glücklich war er selbst auch nicht, aber er stand wenigstens dazu und er wäre auch bereit dieses beknackte System zu ändern. Aber die kloppten sich doch einen auf ihren Besitz, auf ihr Auto, ihre Bude, ihre Tussi und ihren scheiß Rasenmäher. Was denen zum absoluten Glück nur noch fehlte, war das ewige Leben, oder wenigstens eine Lebenserwartung von ein paar hundert Jahren, damit sie sich endlos weiter in ihrer kleinkrämerischen Wichtigkeit sonnen und immer weiter ganz wichtig irgend etwas arbeiten, irgendetwas kaufen oder irgendetwas besitzen konnten, um weiterhin endlose Runden mit dem Rasenmäher drehen und ganze Gebirge von Grünschnitt erzeugen zu können.

    Jannik musste aufhören, daran zu denken sonst hätte er sich noch auf seine Stiefel gekotzt. Das war es ja wohl nicht wert, sich wegen diesen Affen die Schuhe voll zu kotzen, oder ?

    Schwiff, schwiff, schwiff, schwiff, weiterhin lag früh morgendliche Ruhe über dem Land, nur das Geräusch seiner Schritte im Gras und ab und zu das Röhren eines Motors in weiter Ferne waren zu hören. Langsam näherte sich Jannik einer Wegzweigung, jetzt noch einmal links, noch einen knappen Kilometer leicht bergauf und dann wäre es mal wieder geschafft. Nach einer guten Stunde über Stock und Stein endlich ein Kaffee, noch ein bisschen Musik und dann ab in die Falle.

    Jannik hatte den Abend bei Matthes verbracht. Matthes war sein einziger Freund. Gerne lief er die drei Kilometer um sich mit ihm zu treffen. Mit Matthes konnte er sich über alles unterhalten, Weiber, Suff, Musik, aber auch über andere Dinge wie z.B. die Natur oder über Politik. Oft besoffen sie sich, aber auch nur gemeinsam, und laberten irgend einen Scheiß.

    Natur war für Jannik das Wichtigste. Ohne Natur ging gar nichts. Die Natur hörte ihm zu, wenn er seine langen Selbstgespräche führte wie er es manchmal bei seinen Spaziergängen tat. Die Natur strahlte Ruhe und Zufriedenheit aus. Würde der Mensch in seinem Wahnsinn nicht ständig der Natur in den Arsch treten, dann wäre die Welt in Ordnung. Aber hindere diese Idioten mal daran. So lange noch ein Cent mit Umweltzerstörung zu verdienen ist, so lange ist die Umwelt diesen Arschlöchern doch scheissegal.

    In Janniks WG wohnten auch nur Vollidioten, Punks zwar, es gab Schlimmeres, aber halt welche von der hirnlosen Sorte. Partypunks, Fressen, Saufen, Ficken und Punk. Fertig ist der Lack. Natürlich auch noch Computerspiele, hätte ich fast vergessen zu erwähnen, und Internet natürlich, bei Facebook posten, was für einen tollen Popel man sich gerade eben aus der Nase gezogen hat und solche Sachen.

    Wie oft hatte er sich schon mit diesen Hirnis gestritten von wegen der Ernährung. Wurst, Fleisch, wie konnte man so eine Tier-KZ-Scheisse bloß fressen ? Das ging nicht in Janniks Kopf hinein. Nach seiner Ansicht gehörte jeder an die Wand gestellt der Tiere killt um sie zu essen.

    Wer will schon gekillt und gefressen werden ?

    Irgendwo hatte er mal gelesen, es wäre diese anerzogene Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid der Tiere, die es zulässt, dass Menschen ihre nächsten Verwandten auf diesem Planeten quälen, töten und aufessen. Das traf es ganz gut, fand Jannik. Einfach nicht drüber nachdenken, Augen zu und durch, so waren sie halt, diese Fleischfresser.

    Schwiff, schwiff, Schritt für Schritt näherte Jannik sich seinem Ziel. Schritt für Schritt dachte er nach und mit jedem Gedankenschritt wuchs seine Ablehnung und sein Hass gegen die Gesellschaft, in der er lebte.

    Das Morgenrot wurde zusehends stärker. Schon hatte das Licht über die Dunkelheit gesiegt. In der schemenhaften schwarz-grau-weiss-Welt der letzten halben Stunde hielten langsam die Farben Einzug. Zart noch, ganz verhalten in leichten Pastellfarben, aber doch schon gut zu erkennen. Hier und da über den Feldern lag ein leichter, dunstiger Frühnebel der schon bald von der Sonne ins Jenseits geschickt werden würde. Doch zu diesem Zeitpunkt würde Jannik schon zuhause mit einem Kaffee in der Hand in seiner Bude hocken.

    Plötzlich blieb Jannik stehen. Was war denn das ? Etwa hundert Meter vor ihm sah er etwas im Gras liegen. Er kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen was dort vorne vor ihm auf dem Weg lag. Jannik ging weiter, er beschleunigte auf Eiltempo. Mit jedem Schritt gewann das Bild an Konturen. Noch ein paar Meter bis zum Ziel, nur noch ein paar Meter und Jannik würde mitten in einem Haufen Müll stehen.

    Neuer Hass stieg in ihm auf als er diesen Schandfleck erreicht hatte. Mitten in diesem frühmorgendlichen Idyll, mitten hier in der Natur, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen sollten, mitten auf diesem einsamen Feldweg lagen verstreut diverse Fastfood-Verpackungen, eine leere Bier- und eine leere Prosecco Dose, die Reste eines ausgekippten Autoaschenbechers und zwei benutzte Kondome.

    „Vollassis knurrte Jannik, „beschissene, kleine, verfickte Vollassis. Einfach alles aus dem Fenster gekippt. Scheiß auf die Natur. Scheiß auf die Welt.

    Wenn er doch nur einmal solche Wichser auf frischer Tat ertappen könnte.

    Jannik sammelte die Plastikbehälter, in denen die verschiedenen Saucen und Dips gewesen waren, und steckte sie in seine Jackentasche. Die Zigarettenstummel sammelte er ein und stopfte sie in die leeren Getränkedosen, die er anschließend ebenfalls in seinem Säckel verschwinden ließ. Nun sammelte er die Burgereinwickelpapiere ein und stopfte sie alle bis auf eines in die braune Papiertüte, in der das gesamte Menü verpackt gewesen war. Das letzte Burger-Papier benutzte er als eine Art Griffschutz, um die beiden vollgerotzten Pariser aus dem Gras aufzuheben, die er dann zusammen mit dem restlichen Papier in der Tüte verschwinden ließ.

    Toll. Tu jeden Tag eine gute Tat. Hahaha.

    Jannik ging weiter, der Tag war schon versaut bevor er überhaupt richtig angefangen hatte. Das Schlimme war, dass sein Hass so ins Leere lief. Er konnte niemanden packen, um ihm seine Verachtung ins Gesicht zu schreien. Alles, was ihm blieb, war hinterher den Müll von diesen Schweinen wegzuräumen.

    Jannik ging die letzten Meter der kleinen Anhöhe hinauf, mit hängendem Kopf, tief in Gedanken versunken, mit einer dunklen Wolke aus Hass und Arger hinter der Stirn.

    Hinter ihm eroberte die rote Scheibe der Sonne langsam den Horizont, doch davon bekam Jannik nichts mehr mit.

    Kapitel 3

    Als Jannik die Küche der WG betrat, empfing ihn das gewohnte Chaos. Der Boden war übersät mit allen Arten von Müll. Hauptsächlich Dosen und leere Flaschen, Verpackungen von Fertigpizzen und Mikrowellenmenüs, aber auch alle Arten von schmutzigem Papier, Plastik, Metall und, was es sonst noch so alles an Hausmüll gibt auf diesem Planeten. Aber, das war für Jannik o.k., das war Punk, leben im Müll, weil man ja auch selbst nur Müll ist, ein Parasit, ein Schädling. Hier in seiner Bude wäre er niemals auf die Idee gekommen, den Müll wegzuräumen. Nur die Natur in ihrer unschuldigen Reinheit war es Wert, geschützt zu werden. Die Natur und natürlich die Tiere, o.k. kleine Kinder vielleicht auch noch. Die waren ja auch noch unschuldig. Aber wenn man bedachte, dass aus denen ja auch irgendwann einmal ausgewachsene Arschlöcher werden würden, könnte man es sich noch mal überlegen. Aber nein, Kinder waren unschuldig. In diesem Fall zählte für Jannik nur die Gegenwart.

    Jannik goss Wasser in den alten, klapprigen Severin-Wasserkocher der eine Ewigkeit brauchte um das Wasser zum kochen zu bringen, weil er noch nie seit seiner Inbetriebnahme entkalkt wurde.

    Er setzte sich und sofort, wie aus dem Nichts hüpfte Woodstock, der alte schwarze Kater auf seinen Schoß und forderte eindringlich nach Streicheleinheiten. Jannik begann Woodi zu streicheln und im selben Moment fing dieser an, genüsslich zu schnurren. „Guter alter Woodi, bist ein feines Kerlchen".

    Der Wasserkocher knatterte vor sich hin, würde noch ein Weilchen dauern. Jannik setzte Woodi ab, ging zum Kühlschrank und holte die angebrochene Katzenfutterdose heraus. Woodi schlängelte sich laut maunzend zwischen seinen Beinen hindurch. „Ja, jetzt gibt es Leckerchen Woodi sagte Jannik, „fein Leckerlinchen.

    Jannik suchte nach dem alten Frühstücksteller mit den festgeknosterten Katzenfutterresten an den Rändern und fand ihn halb unter dem Küchenschrank versteckt. Er ging in die Hocke und begann das Futter auf den Teller zu schaufeln und sofort begann Woodstock zu schlingen. Die leere Dose ließ Jannik neben dem Tellerchen stehen und ging wieder zum Tisch.

    Als er sich gerade wieder hinsetzen wollte, kochte das Wasser. Schnell goss Jannik sich einen Kaffee auf und setzte sich an den Tisch. Noch einmal ging er im Geiste den Weg entlang und noch einmal sah er den Müll dort liegen. Wieder stieg Wut in ihm auf. Man müsste etwas tun, ein Zeichen setzen, diesen Wichsern irgendwie Angst machen, damit sie sich nicht mehr trauen würden, ihren Dreck einfach in die Landschaft zu kippen.

    Wenn Erklärungen und Gespräche nichts bringen, und das taten sie nicht, dann musste man zu anderen Mitteln greifen. Und wenn blanke Angst ein Mittel wäre, um diesen Idioten Einhalt zu gebieten, dann musste man halt zu diesem Mittel greifen.

    Jannik nahm einen kleinen Schluck von seinem Kaffee, er war heiß und stark.

    „Blanke Angst" murmelte er in seine Tasse. Warum eigentlich nicht ?

    Aber wie ?

    Wie sollte er denn Angst und Schrecken verbreiten ?

    Seine Gedanken kreisten weiter, während er seinen Kaffee trank. Heute würde das nichts mehr werden. Er würde jetzt erst einmal über die Sache schlafen und dann weiter überlegen. Jannik stand auf und ging hinüber in sein Zimmer. Woodi, der mittlerweile satt und zufrieden war, lief ihm hinterher. Er legte sich seine momentane Lieblings-CD auf, ein Sampler mit Punk-Classics , warf sich in voller Montur auf seine Matratze und schlief fast augenblicklich ein. Woodi rollte sich vor dem zusammen gekrümmten Körper Janniks zusammen und fing zufrieden an zu schnurren.

    Kapitel 4

    Die Nacht war rabenschwarz.

    Jannik lag zwischen hüfthohen Brennesseln, halb hinter einem Haufen alten Bauschuttes versteckt, auf der Lauer. Dies war ein Ort, den er sehr gut kannte, an dem einer seiner Lieblingswege ihn regelmäßig vorbeiführte, aber auch ein Ort, den viele Zeitgenossen einfach nur als wilde Deponie benutzten. Jedes Mal, wenn Jannik hier vorbei ging, kam ihm die kalte Kotze hoch, denn diese Stelle, die eigentlich sehr idyllisch am Fuße eines kleinen Hanges gelegen war, hatte es einfach nicht verdient, so missbraucht zu werden. Die klassische Nacht der Müllentsorgung war Samstag auf Sonntag. Samstag, der traditionelle Tag der Schwarzarbeiter. Da wurde gerödelt was das Zeug hält, und anschließend, nachdem man ein paar Bierchen gelutscht hatte, schwang man sich noch mal in den alten Kombi und eierte im angenehmen Halbrausch über einsame Feldwege hierher zu diesem Platz, an dem dann der ganze Baustellenmüll im Schutze der Dunkelheit im Grünen entsorgt wurde. Dachpappe, Bauschutt, Styroporreste, ausgepresste Silikonkartuschen, leere Zementsäcke und dergleichen lagen hier weit verstreut in der Landschaft.

    Dieser Missstand ging Jannik schon lange auf den Sack, und heute Nacht würde er zurückschlagen. Wenn nicht er, wer sonst ? Niemand schien sich ernsthaft für diesen Dreckstall hier zu interessieren. Den meisten Menschen schien es egal zu sein, was hier geschah. Zwei Gründe waren nach Janniks Meinung ausschlaggebend dafür.

    Erstens gingen die, denen die Natur scheißegal war, auch kaum spazieren. Die Jogger und Radfahrer blieben lieber auf den besser ausgebauten und geteerten Feldwegen.

    Außerdem, die meisten hier aus dem Kaff hatten wohl selbst schon ihre Abfälle hier abgekippt und waren froh, dass es eine stillschweigend geduldete Stelle gab, an der man ungestört seinen Müll entsorgen und die ansonsten anfallenden Entsorgungsgebühren sparen konnte.

    „Entsorgung", alleine der Begriff sagte doch schon alles. Etwas macht mir Sorgen und ich schaffe es mir vom Hals, damit ich nicht mehr daran denken, mich nicht mehr sorgen muss. Ich entsorge mein Problem, das Problem ist zwar noch da, aber halt für mich nicht, ich habe es entsorgt. Ich kippe meine Sorgen einfach ins Grüne, einfacher geht es nicht, interessiert ja eh kaum jemanden.

    Jetzt hat halt die Natur die Sorgen am Arsch, die Pflanzen und Tiere können sich ja jetzt mit diesem Müll auseinandersetzen oder einfach einen Bogen darum machen oder einfach daran verrecken oder was weiß ich, ist doch auch egal, ich jedenfalls bin meine Sorgen los.

    Ekelhaft oder ?

    Jannik zog seine Remington 870 Kurz-Schrotflinte aus dem Rucksack, geladen mit 6 Flintenlaufgeschossen Kaliber 12.

    Irgendwie konnte er sich gar nicht daran erinnern, woher diese geniale Knarre stammte.

    Auch Erinnerungen an Schießübungen oder dergleichen fehlten komplett in seinem Arbeitsspeicher. Aber das spielte jetzt alles keine Rolle. Hauptsache war, das Ding war da. Und was sollte an Zielen und Abdrücken schon so schwer sein. Die Waffe lag schwer und beruhigend in seiner Hand. Egal was kommen würde, mit diesem Teil würde Jannik eindeutig auf der sicheren Seite sein.

    In der Ferne tauchte ein Scheinwerferpaar auf. Langsam kam das Fahrzeug näher und schon kurz darauf konnte Jannik das typische untertourige Tackern und Klackern eines alten Dieselmotors hören.

    Das Warten schien sich gelohnt zu haben, ein alter, verrosteter Benz 711 D mit Pritsche holperte die letzten Meter zum Ziel. Der Wagen stoppte kurz darauf und Jannik hörte das Schnarren der Handbremse, als sie angezogen wurde.

    Jannik war total cool und wunderte sich darüber noch nicht einmal. Er hatte das Gefühl, solch einen Einsatz zum hundertsten mal zu machen, er fühlte sich wie ein Profi.

    Die Türen des Pritschenwagens flogen auf und zwei dunkle Gestalten schwangen sich unter der blechern klingenden Begleitung von Nino de Angelos „Jenseits von Eden" die aus dem Lautsprecher des billigen Radios im LKW plärrte hinaus aus dem alten Benz. Die Männer gingen direkt zur Pritsche und begannen die Bordwand zu entriegeln.

    In diesem Moment trat Jannik hinter dem Schutthaufen hervor und bewegt sich sicheren Schrittes auf die Szenerie zu. Die beiden Männer, zweifellos gut angetrunken, sich laut am unterhalten und in einer Wolke aus Schlager-Musik stehend, hatten Jannik im Rücken und merkten nicht, welche Gefahr aus dem Hinterhalt auf sie zu kam. Als Jannik noch sieben, acht Meter entfernt war, blieb er stehen. Noch immer hatten die Typen nichts bemerkt, doch das sollte sich jetzt schnell ändern.

    „Ganz langsam die Hände hoch und umdrehen ihr Wichser" rief Jannik zu ihnen hinüber.

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