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BENDER - Überschrittene Grenzen
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eBook242 Seiten3 Stunden

BENDER - Überschrittene Grenzen

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Über dieses E-Book

Friedwart Bender, der Rollstuhl fahrende Privatermittler bekommt diesmal eine echte Herausforderung. Er stößt auf Menschen, die besondere Begabungen haben, Begabungen, die sich nicht auf Anhieb wissenschaftlich erklären lassen. Dem Computerspezialisten und eingefleischten Realisten wird kräftig an den Grundfesten seines Weltbilds gerüttelt. Seine ganze Technik nutzt ihm nur bedingt. Wird er daran scheitern? Oder ist er neugierig genug, um einen Blick über den Zaun zu riskieren?

Und haben die toten Kinder mit Downsyndrom etwas damit zu tun, die im Mittelmeer-Raum auftauchen? Alles scheint mit einer Kinderklinik zusammenzuhängen - einer sehr speziellen Spezialklinik …
SpracheDeutsch
Herausgeber110th
Erscheinungsdatum26. Feb. 2015
ISBN9783958656840
BENDER - Überschrittene Grenzen

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    Buchvorschau

    BENDER - Überschrittene Grenzen - Roberto Sastre

    Shakespeare)

    Kurzinhalt

    Friedwart Bender, der Rollstuhl fahrende Privatermittler bekommt diesmal eine echte Herausforderung. Er stößt auf Menschen, die besondere Begabungen haben, Begabungen, die sich nicht auf Anhieb wissenschaftlich erklären lassen. Dem Computerspezialisten und eingefleischten Realisten wird kräftig an den Grundfesten seines Weltbilds gerüttelt. Seine ganze Technik nutzt ihm nur bedingt. Wird er daran scheitern? Oder ist er neugierig genug, um einen Blick über den Zaun zu riskieren?

    Und haben die toten Kinder mit Downsyndrom etwas damit zu tun, die im Mittelmeer-Raum auftauchen? Alles scheint mit einer Kinderklinik zusammenzuhängen - einer sehr speziellen Spezialklinik …

    Der Autor

    Roberto Sastre ist in Deutschland geboren und führte als Computerspezialist ein einigermaßen geruhsames Leben, das nur von gelegentlichen Eskapaden des passionierten Rockmusikers unterbrochen wurde. Als ihn ein Kundenauftrag ins Ausland führte, packte ihn das Reisefieber. Einige Jahre lebte er in Lateinamerika, wo man seinen Namen kurzerhand verspanischte. Seit einem Unfall sitzt er querschnittgelähmt im Rollstuhl. Seine Abenteuerlust und den Spaß am Erzählen tobt er jetzt an der Tastatur aus.

    Epilog

    Ein Roman meines Kollegen Volker C. Dützer brachte mich auf die Idee, was wohl passieren würde, wenn Bender auf Phänomene stößt, die er sich mit dem, was er unter Realität versteht, nicht erklären kann. Sein Leben hat sich durch die Verletzung, die ihn in den Rollstuhl brachte, so verändert, dass er diese Realität als Anker benutzt, der ihn in diesem neuen Leben festhält. Was also würde passieren, wenn er feststellte, dass es Dinge zu geben scheint, die er sich mit all seinem Wissen nicht erklären kann. Zieht es ihm den Boden unter den Rädern weg, oder löst der Begriff: „Unerklärlich" bei ihm eine Trotzreaktion aus?

    „Unerklärlich? Gibt’s net, das muss sich erklären lassen!"

    Das ist der Bender, den wir kennen.

    Kennen wir ihn wirklich?

    Und was noch viel spannender ist: Kennt er sich wirklich?

    Überschrittene Grenzen

    „So ein Idiot!" Jenny war stinksauer. Dieser blöde Kevin aus der 7a hat sie schon wieder nach dem Turnen im Umkleideraum abgepasst. Mit ihren zwölf Jahren weiß sie schon lange, dass es zweierlei Menschen gibt. Und die ganze Sache mit der Fortpflanzung, das ist ihr auch klar. Wenigstens theoretisch. Auf dem Hof ihrer Oma, da hatte sie schon öfter gesehen, wie ein Hahn die Hühner bestieg. Einmal war sie auch dabei gewesen, wie ihre Tante dem Eber geholfen hat, sein Dings bei der Sau rein zu tun. Aber das hat nur ein paar Sekunden gedauert und war auch eher eklig gewesen. Wie Menschen so etwas schön finden können, das verstand sie nicht. Einmal hatte sie Sonntagabend so komische Geräusche aus dem Schlafzimmer ihrer Eltern gehört. Sie dachte, die streiten sich, öffnete vorsichtig die Tür und spitzte durch den Türspalt. Was sie sah, verschlug ihr fast den Atem. Ihre Mutter saß auf ihrem Vater und schien ihn zu reiten. Er bäumte sich unter ihr auf, wie ein wildes Pferd, das seinen Reiter abwerfen möchte. Nur waren beide nackt und total nass geschwitzt. Und die Töne, die die beiden ausstießen – bäh! So etwas würde sie nie, nie im Leben mit einem Jungen machen. Egal, wie sehr sie ihn lieben würde. Mit ihrem Cousin Markus hat sie mal ein bisschen rumgeknutscht. Das war schön. Ganz neue Gefühle waren das gewesen. Richtige Schauder sind ihr den Rücken rauf und runter gelaufen – nicht schlimm, eigentlich hat es sogar gutgetan. Dann hat Markus versucht, ihr seine Zunge in den Mund zu schieben. Schon war der Zauber verflogen. Bäh! So etwas Perverses, igitt.

    Mit elf fingen ihre Brustwarzen an, sich anders anzufühlen. Wenn sie nachts mit den Händen darüber fuhr, tat das ein bisschen weh, fühlte sich aber auch wieder gut an. Dann fingen ihre Brüste an, zu wachsen. Jetzt, mit zwölf waren sie schon fast so groß, wie Tennisbälle. Wenn sich die Mädchen nach dem Turnen umzogen, dann verglichen sie immer, wer wie weit war. Laura aus der Parallelklasse hatte sogar schon ein paar Haare da unten. Sie selbst tastete jeden Morgen nach, aber da war noch nicht einmal ein Flaum zu spüren. Aber das Nachtasten, das gab auch ein gutes Gefühl. Manchmal streichelte sie sich da, mit einem ganz schlechten Gewissen. Frau Wachtel, ihre Religionslehrerin hatte einmal gesagt, dafür würde man in die Hölle kommen.

    Jedenfalls haben Kevin und seine Kumpels irgendwann einmal die Tür vom Umkleideraum aufgerissen und sind laut lachend durch den Raum gepoltert. Jenny hatte gerade ihr Sporttrikot über den Kopf gestreift und stand nur im Schlüpfer da. Wie erstarrt, sah sie die Rüpel an und war vor Schreck wie gelähmt. Yasemine warf ihr schnell ein Handtuch über, aber die Jungs hatten schon genug gesehen. Laut lachend rannten wieder hinaus. Kevins Stimme hallte über den ganzen Gang „Jenny hat schon Titten, habt ihr das gesehen, die geile Sau."

    Yasemine und Laura brachten die weinende Jenny zur Vertrauenslehrerin, eine junge Frau, die mit „Schwester Johanna angeredet wurde. Schwester Johanna trug keine Tracht, wie andere Ordensschwestern, sondern Jeans, eine Bluse und einen cremefarbenen Blazer. Als einzigen Schmuck hatte sie am Revers ihrer Jacke eine feine goldene Brosche angesteckt, die eine stilisierte Blume darstellte. Bei einer großen Tasse Kakao und einer kleinen Schachtel Oreo-Keksen wurde Jenny langsam ruhiger. „Weißt du, Jenny? Jungs können manchmal so richtige Arschlöcher sein. Aus dem Mund der sehr gepflegten Frau klang das ziemlich provokant. „Aber so, wie sich dein Körper verändert, tut es der bei denen auch. Diese grobschlächtigen Kerle sind davon total überfordert, die kommen mit der Veränderung nicht so leicht klar, wie wir Mädchen."

    Jenny hatte den Vorfall schon fast verdrängt, als Kevin sie ein paar Tage später nach dem Turnen abpasste. „Du hör mal. Das mit letztens tut mir leid. Ich wollte dir nicht wehtun. Er legte ihr den Arm um die Schultern und wollte sie an sich ziehen. „Nee, lass mal. Ist schon in Ordnung. Jenny schob Kevin energisch von sich. Irgendwas an seinem Benehmen störte sie. Sie wich in den leeren Umkleideraum zurück. Ihre Freundinnen behaupteten, Kevin würde jedes Mädchen herum kriegen. Irgendetwas sei in seinem Blick. Was für ein Quatsch!

    „Jetzt stell dich nicht so an, ihr Weiber macht aber auch immer ein Gedöns." Er war ihr gefolgt und stieß mit dem Fuß die Tür des Umkleideraums zu. Mit einer schnellen Bewegung hatte er sie wieder eingefangen. Dann sah sie in seine Augen. Sie wirkten wie mit Gold gesprenkelt und schienen bis auf den Grund ihrer Seele sehen zu können. Die Welt wurde zum Hintergrund, es gab nur noch Kevin. Eigentlich war er doch gar nicht so schlimm. Seine Hände waren überall. Sie hielten sie fest, griffen unter dem Shirt nach ihren kleinen Brüsten. Dann spürte sie, wie sich eine Hand in ihre Jeans schob. Auf einmal war die Welt wieder da. Genauso wie diese tastenden, fordernden Tentakel.

    Jenny fielen die Witze ein, die sie sich mit ihren Freundinnen immer erzählt hatte, wenn keiner zuhörte. Laura hatte da mal etwas erwähnt, das könnte funktionieren.

    „He, nicht so stürmisch", raunte sie Kevin zu. Genau da, wo sie seine Hand absolut nicht haben wollte, da glitt bei ihm jetzt ihre Hand hinein. Kevin erstarrte. Jenny war, als müsste sie in das Ekligste greifen, dass sie je in der Hand gehabt hatte. Dann spürte sie etwas Warmes, Lebendiges und drückte mit aller Kraft zu, die ihr ihre Angst verlieh. Kevin stieß einen kurzen, erstickten Schrei aus. Als hätte ihm jemand die Beine weggezogen, saß er plötzlich auf dem Fußboden und hielt sich die Stelle zwischen seinen Beinen, die so furchtbar wehtat.

    Nachdem Jenny sich bestimmt hundert Mal die Hände gewaschen hatte, klopfte sie an der Tür von Schwester Johanna. Die junge Frau sah sofort, dass etwas passiert war. „Komm rein. Willst du drüber reden?" Jenny nickte und schaffe es genau bis zu dem Sofa, auf dem sie das letzte Mal Kakao getrunken hatten. Schon flossen wieder die Tränen.

    Natürlich landete der Vorfall einige Tage später beim Schulleiter. Zu Jennys Entsetzen war Kevin mit seinen Eltern ebenfalls anwesend. Er hatte in paar unangenehme Stunden in der Notaufnahme verbracht. Eine sehr schmerzhafte Hodenquetschung, aber es würde keinen bleibenden Schaden geben. Seine Version war natürlich vollkommen anders. Jenny hatte ihn angemacht, in die Umkleidekabine gelockt und dann brutal überfallen. Als Kevins Eltern die zart gebaute Zwölfjährige sahen, fragten sie ihren Sohn, ob er sicher sei, dass so abgelaufen sei?

    „Ja doch!"

    „Und ob, es war wirklich dieses Mädchen gewesen?"

    „Ihr könnt mich alle mal! Damit stürmte Kevin aus dem Raum. In der Tür drehte er sich noch einmal um und sah Jenny direkt an. „Und du, du wirst dich noch umgucken.

    Der Direktor sah Kevins Eltern an, dann fiel sein Blick auf das bebende Mädchen. „Jenny, ich kenne deine Geschichte von Schwester Johanna und wir alle kennen Kevin. Dann habe ich hier einen ärztlichen Befund aus der Unfallklinik vorliegen. Hat euch irgendjemand gesehen, der eine der beiden Geschichten bestätigen kann?"

    Jenny schüttelte den Kopf. „Dann bleibt mir nichts anderes übrig. Wenn Kevins Eltern auf eine Anzeige gegen die Schule verzichten und auch gegen dich, dann verwarne ich dich hiermit. Die Verwarnung bleibt für drei Jahre in deiner Schulakte."

    Kevins Eltern nickten gleichzeitig. Sie hatten das wohl schon öfter erlebt. Jenny konnte es nicht fassen. Da hatte dieses Riesenarschloch versucht, ihr wehzutun, und sie war jetzt die Böse?

    Schwester Johanna wartete vor dem Büro des Direktors auf Jenny. Sie nahm sie wortlos in den Arm und brachte sie erst einmal in ihr Büro. Erst vor ein paar Tagen hatte Jenny erfahren, dass es eine Vertrauenslehrerin gab. Jetzt war ihr Büro für sie schon fast eine Art Zuhause.

    *

    Die Biologiestunde zog sich mal wieder hin. Langweiliger Kram, das wusste sie schon alles. Im Trakt gegenüber wurde die Mittelstufe mit Physik traktiert. Trakt – traktiert, fast hätte Jenny wieder einen Klassenbucheintrag wegen unmotivierten Kicherns bekommen. Diese Vertretungslehrerin war aber auch unmöglich.

    Da saß auch Kevin, dem Jenny in der letzten Zeit aus dem Weg gegangen war. Protzig und breitbeinig thronte er in der obersten Reihe der wie in einem Hörsaal aufsteigenden Bänke. Grinsend sah er herüber, als er Jenny entdeckte. Sie machte sich ganz klein, aber er hatte sie schon gesehen. Jenny fühlte das Brennen seines Blicks sogar auf die Entfernung. Und wieder war ihr die Welt egal. Es gab nur noch sie beide. Ihre Hand fuhr wie von selbst an die Stelle, an der sie sich manchmal heimlich streichelte. Sofort war das schöne Gefühl wieder da, aber diesmal viel intensiver. Es füllte ihr ganzes Wesen aus. Irgendwo in ihrem Hinterkopf war noch eine Winzigkeit der Zwölfjährigen, die einfach nur Kind sein wollte. Sie spürte dieses Klebrige, Schleimige, mit dem sie das Bild von Kevin immer verband. Das Kind in Jenny wusste, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Es packte dieses Ekelpaket mit Armen, die stark wie zwei Kräne waren. „Raus aus meinem Kopf!", brüllte ihre Gedankenstimme den Eindringling an und stieß ihn mit Wucht von sich.

    Das Klirren des Fensters riss sie in die Wirklichkeit zurück. Wie in Zeitlupe sah sie, wie Kevin, der durch das Fenster gesprungen sein musste, nach unten fiel. Sein Gesicht zeigte keine Angst, nur die Frage, was passiert sei. Dann sah er Jenny direkt an und verstand.

    „Was ’ast du, Mon Cher?" Schon eine ganze Weile drücken Lisa und ich uns vor einer Entscheidung. Haben wir jetzt eine Beziehung, oder haben wir keine? Wir wohnen faktisch zusammen in der kleinen Zweizimmerwohnung, die mir der Orden als Notunterkunft zur Verfügung gestellt hat. Meine große, rollstuhlgerechte Eigentumswohnung im Frankfurter Osten suche ich praktisch nur noch zum Lüften und Staub wischen auf. Dabei habe ich mir sie voll auf meine Bedürfnisse umbauen lassen. Die Küche lässt sich komplett aus dem Rollstuhl bedienen. Die Hängeschränke fahren elektrisch herunter, die Arbeitsplatten und der Herd sind unterfahrbar. Der Backofen ist so eingebaut, dass ich bequem dran komme. Im Bad ist alles optimal für mich angepasst, ich habe sogar einen Deckenlifter, der mich auf die Toilette und in die Badewanne hebt. Die Dusche ist durch eine Glaswand vom Bad abgetrennt und mit einem speziellen Duschrollstuhl befahrbar.

    Wenn ich wollte, könnte ich 23 Stunden am Tag alleine in der Wohnung zurechtkommen. Mein Computerlabor treibt jedem Computerforensiker den Neid ins Gesicht. Selbst das Labor, das das Frankfurt Institute of Advanced Studies auf dem Riedberg betreibt, hat keine bessere Ausstattung. Die Computerermittler, die für das Polizeipräsidium arbeiten, kriegen jedes Mal lange Zähne, wenn wir uns für einen Fall bei mir treffen. Früher einmal habe ich viel mit ihnen zusammen gearbeitet. Da war ich auch noch bei der Bereitschaftspolizei und gehörte einer Sondereinheit zur Terrorabwehr an. Neben unserer Kampfausbildung musste jeder von uns noch mindestens eine weitere Aufgabe erfüllen. Klein Fritzchen glaubt vielleicht, dass wir uns den ganzen Tag von Hauswänden abseilen, oder Türen und Fenster einschlagen. Der schnelle Zugriff wird natürlich in allen möglichen Variationen geübt, aber auch das Leben eines Bereitschaftspolizisten besteht nicht nur aus Leute umhauen und Autos driften lassen. Mindestens genauso viel Zeit haben wir Gesetze gepaukt, Erste Hilfe geübt oder uns um unsere Zweitjobs gekümmert. Natürlich haben wir versucht, uns Aufgaben heraus zu suchen, die uns liegen. So hatten wir Sanitäter oder Rettungsassistenten, wie sie heute heißen. Autoschrauber waren genauso nötig wie Sprengmeister. Sogar ein Koch und zwei Buchhaltungsexperten gehörten zu unserer Truppe. Man weiß ja nie, wen man verhaftet oder beschützen muss. Meistens waren wir, bis die uniformierten Kollegen kamen, auf uns gestellt. Da war es schon wichtig, dass niemand die Chance erhält, irgendwelche Spuren zu vernichten. Mich haben schon immer Computer interessiert und so wurde ich der EDV-Experte unserer Einheit – neben der Kampfausbildung. Häufig habe ich mit den Informatikern der anderen Dienststellen zusammen gearbeitet. Die Universität in Frankfurt hat ebenfalls ein Informatik-Institut, das mit der Polizei und der Justiz zusammenarbeitet. Man kennt sich eben und hilft sich gegenseitig.

    Bis zu diesem unseligen Tag, als ein Querschläger aus der Waffe eines Kollegen mein Leben als „Killermaschine" beendete. Lange, lange habe ich mit dem Schicksal gehadert. Irgendwann kam dann die Erkenntnis: Entweder ich mache Schluss mit diesem Dahinvegetieren oder ich mache Schluss mit diesem Dahinvegetieren. Entweder ich knalle mir die Birne weg oder ich greife wieder an. Die Neugierde siegte. Mit einer Konzession als Privatermittler und der Abfindung meines bisherigen Brötchengebers fing ich an, mir wieder ein Leben aufzubauen.

    Gleich beim ersten Fall ging es richtig zur Sache. Mein Patenkind wurde unter Drogen gesetzt und spielte bei einem Porno mit. Die Hintermänner der Sache waren tief ins organisierte Verbrechen eingebunden. Entsprechend heftig waren die Reaktionen, als sie merkten, dass sich ein neuer Ermittler einschaltete.

    Dann wollte ich eigentlich nur ein paar Hacker unschädlich machen, was mich durch halb Europa führte und ein paar Mal fast ans Leben ging.

    In beiden Fällen war ein geheimnisvoller Orden mit im Spiel. Inzwischen ist dieser Orden, der bis auf die Zeit der Kreuzritter zurückreicht, mein Hauptauftraggeber. Im Hauptsitz des Ordens, einem Kloster in der Nähe von Speyer, hat man mir eine kleine Wohnung eingerichtet, die ich mir mit Lisette de la Montagne teile. Lisa, wie wir sie nennen, habe ich bei meinem ersten Fall kennengelernt. Sie gehörte der Organisation an, gegen die ich ermittelte. Ich konnte sie dort herausholen und dabei auch gleich beweisen, dass Menschen, die für ihre Fortbewegung einen Rollstuhl verwenden, nicht automatisch asexuelle Wesen sind. Wir wohnen faktisch zusammen, haben fantastischen Sex. Nur das Wort „Beziehung", das traut sich keiner von uns auszusprechen. Vielleicht liegt das daran, dass wir beide viel zu lange fremdbestimmt gelebt haben. Die Freiheit geht uns über alles. Im konventionellen Sinne ist das keine Lösung, aber von Konventionen halten wir beide nicht viel. Und noch funktioniert es.

    „Bender? Was ist los? Kein Mensch, der seine Vorderzähne noch braucht, spricht mich mit meinem Vornamen an, auch Lisa nicht. So verwuschelt und schlaftrunken sieht sie einfach süß aus. Draußen ist es noch dunkel. Lisas Hand liegt auf meiner Schulter. Hat sie mich wirklich geschüttelt? „Was ist mit dir, mon chér? Du ‘ast ganz schlimm gestöhnt.

    „Du, das mache ich manchmal im Bett."

    „Ja, aber nischt, wenn isch neben dir liege und schlafe. Immer, wenn Lisa sich aufregt, kommt ihr französischer Akzent durch. „Und pitschenass bist du auch, lass mal sehen. Ihre Hand verschwindet unter meiner Bettdecke. „Non, du ‘ast nur geschwitzt, kein Pipi gemacht."

    Bin ich wach? Schlafe ich noch? Während mir Lisa ein frisches Unterhemd anzieht, versuche ich, mich in der Realität zurechtzufinden. War das jetzt ein Traum? Träume ich vielleicht immer noch? Mein durchgeschwitztes Hemd muss kein Zeichen dafür sein, dass ich jetzt wach bin. Das hat sich alles so echt angefühlt. Nein, das muss ein Traum gewesen sein. Ich kann die dünnen Stelzen mit der Hand ertasten, die früher mal meine Beine waren. Meine Hände spüre ich aber nicht auf den Beinen. Eben noch habe ich mich auch fortbewegt. Bin ich gelaufen? Gefahren? Jedenfalls kann ich mich nicht an einen Rollstuhl erinnern. Dann muss das eben ein Traum gewesen sein und jetzt bin ich wach. Na gut, wach ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber ich scheine nicht mehr zu schlafen. Lisa schaut mich ganz besorgt an. „Bist du wieder besser?"

    „Ich weiß noch nicht so genau. Bitte halt mich einfach fest, ja?" Nur langsam komme ich in Lisas Armen wieder zur Ruhe. So etwas Verrücktes habe ich noch nicht erlebt.

    Ich war mit anderen in einem Raum. Wer das war, konnte ich nicht erkennen. Einer - oder eine? Nein ich glaube es war ein Er – saß auf einem Sessel oder auf einer Couch. Er schaukelte vor und zurück und sang dabei. Immer wieder: „Katze, Katze, Kaaatze. Katze, Katze, Kaaatze. Immer wieder dieselben drei Worte. Im selben Rhythmus schaukelte er vor und zurück, die Arme um sich geschlungen. Ein kleines Mädchen saß an einem Tisch und baute Kartenhäuser, eines komplizierter als das andere. Manche sahen aus, als würden sie der Physik widersprechen „Nein, du schläfst nicht. Bitte hilf uns. Diese Stimme! Ich weiß nicht, ob sie männlich oder weiblich war, jung oder alt. Ich hörte

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