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Irmelie, die Kräuterhexe vom Wildsee
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Irmelie, die Kräuterhexe vom Wildsee
eBook377 Seiten5 Stunden

Irmelie, die Kräuterhexe vom Wildsee

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Über dieses E-Book

Die promovierte Biologin und Pharmazeutin Erika Lang steigt aus ihrem Berufsleben als Laborchefin aus und beginnt ein Leben in einer einsamen Hütte im Bannwald Kaltenbronn. In dieser Hütte lebten vorher ihre Urahninnen als Kräuterhexen. Nun soll sie den Kaltenbronn im Auftrag ihrer Urahninnen schützen. Um dies zu erreichen kann sie einige Wunderheilungen mit Pflanzen vollbringen, die bereits seit hunderten von Jahren ausgestorben sind und nur noch im Bannwald auf dem Kaltenbronn wachsen. Der Geist des Wildsees, Hubertus, unterstützt Irmelie und weiht sie immer mehr in ihren eignen Lebenslauf ein, der von ihrer Urahnin Urmelda vorgegeben wurde.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum27. März 2015
ISBN9783738021134
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    Buchvorschau

    Irmelie, die Kräuterhexe vom Wildsee - Stephane Rambicourt

    Prolog

    Dr. Dr. Erika Lang, promovierte Biologin und Pharmazeutin, arbeitete viele Jahre als Chefin in der Forschung für einen Großkonzern, der sich auf die Herstellung von Naturheilmitteln spezialisiert hatte. Mit ihrer Arbeit für die Firma hatte sie sehr viel für den Aufstieg zum Konzern beigetragen. Die meisten Rezepturen, die die Firma heute verwendet, stammten von ihr und auch die Patente für diese Produkte gehörten ihr. Der Konzern bezahlte ihr, vertraglich vereinbarte, monatliche Lizenzgebühren. Damit war sie finanziell unabhängig. Jetzt im Alter von knapp 50 Jahren war sie ausgebrannt und fragte sich immer häufiger, ob sie diesen Job bis an ihr Lebensende weiter machen möchte.

    Als sie zu einer Erkundungsexpedition in das Hochmoor und zum Wildsee nach Bad Wildbad im Schwarzwald reiste und sich auf die Suche nach Heilpflanzen machte, nahm das Schicksal ihr die Entscheidung über ihr zukünftiges weiteres Leben ab.

    Sie durchstreifte vorsichtig das Naturschutzgebiet Wildseemoor und den, seit etwa 1920, zum Bannwald erklärten, dichten Wald. Diesen Bannwald hätte sie eigentlich nicht betreten dürfen. Eine Vielzahl von Schildern hatte darauf hingewiesen. Aber eine innere Stimme drängte sie trotz des Verbots in den Wald zu gehen.

    Hier fand sie ein altes verlassenes Blockhaus, um das herum der dschungelähnliche Wald und viele Sträucher mit Dornen wuchsen und es so komplett verschwinden ließen. Zu dem Haus führte nur ein kleiner unscheinbarer schmaler Pfad, der aber sicher schon seit vielen Jahren nicht mehr benutzt worden war. Erika Langs Entdeckergeist war geweckt und sie betrat vorsichtig das Blockhaus, rief mehrmals „hallo", um zu prüfen, ob jemand im Haus war. Da sie keine Antwort erhielt, untersuchte sie das Haus und stellte fest, dass es sicher schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr bewohnt und ungenutzt war.

    Es bestand nur aus einer großen Wohnküche und einem kleinen Raum, der vermutlich der Schlafraum war. Die Wohnküche war mit einem alten gemauerten Ofen ausgestattet, der auch zum Kochen genutzt werden konnte. Die Stühle und der Tisch waren schon verrottet und in sich zusammen gefallen, ebenso wie ein altes rotes Plüschsofa. An den beiden Fenstern waren noch die Überreste von verrotteten Heilpflanzen zu sehen, die wohl jemand zum Trocknen aufgehängt hatte. Das Dach schien in Ordnung zu sein und nur kleine Reparaturen erfordern.

    Neben dem Haus sprudelte eine kleine Quelle mit sehr sauberem Wasser lustig vor sich hin. Erika Lang nahm einen tiefen Schluck des Wassers und setzte sich in das hohe ungemähte Gras der kleinen Wiese, die das Haus umgab.

    Sie fühlte sich auf einmal pudelwohl. Alle Last des Alltags und auch der Erfolgsdruck, dem sie im Berufsleben ausgesetzt war, fielen von ihr ab. Der Ort übte eine magische Anziehung auf sie aus und hinterließ bei ihr das Gefühl den Ort schon lange zu kennen.

    Nachdem sie fast zwei Stunden auf der Wiese gelegen hatte, fasste sie einen Entschluss. Sie wollte mehr über das Haus erfahren und wer früher darin gewohnt hatte. Sie hatte das Gefühl den Ort und die Hütte schon seit langem zu kennen und auch bereits hier gewesen zu sein. Genau hier wollte sie zukünftig leben. „Okay, wenn ich hier zukünftig leben möchte muss ich sehr behutsam vorgehen, um nicht andere auf das Haus aufmerksam zu machen", überlegte sie laut.

    Sie war sich sicher, wenn bekannt werden sollte, dass sich hier, mitten im Naturschutzgebiet und Bannwald eine solide gebaute Hütte in einem so guten baulichen Zustand befindet, würde diesem wunderbaren Ort das gleiche Schicksal beschieden sein, wie der nur cirka 1 Kilometer entfernten Grünhütte.

    Die Grünhütte war zum Touristenort geworden und tausende Menschen trampeln rundherum alles nieder. Der angrenzende Wald war zur reinsten Müllhalde verkommen.

    Nach längerem Nachdenken, wie sie die Sache angehen könnte, entschloss sich Erika einen Einheimischen zu suchen, der von sich behauptete das Hochmoor wie seine Westentasche zu kennen. Sie hoffte, dass der „Typ" das Haus nicht kennt. Und wenn er es doch kennen sollte, würde ihr bestimmt etwas einfallen, um trotzdem in den Besitz des Hauses zu kommen.

    Nun wollte sie so schnell wie möglich wieder in die Stadt und in ihr Hotel und das Notwendige zu veranlassen.

    Dank der Mithilfe ihres Hoteliers, hatte sie auch schnell den absoluten Kenner, wie der Hotelier meinte, für das Gebiet um den Wildsee gefunden und einen Termin vereinbart. Er sollte sie offiziell bei der Suche nach Heilkräutern begleiten und dabei wollte sie ihn aushorchen.

    Da die Tour bereits am nächsten Tag stattfand traf sie schnell alle Vorbereitungen. Gleich nach dem Frühstück zogen sie los. Ihr Führer, Fritz Eisel, führte sie sachkundig durch das Hochmoor. Durch geschickte Fragenstellungen, fand sie heraus, dass es eine Legende gab, wonach eine Kräuterhexe hier im Wald gelebt haben soll, die sogar mit den Tieren hatte sprechen können.

    „Das soll so um die Jahrhundertwende bis in die 20er Jahre wohl gewesen sein, aber bis heute gibt es keine Beweise dafür, dass diese Hexe wirklich existiert hat und wenn eine Hütte oder so etwas gefunden worden wäre, wäre daraus bestimmt eine Raststation gemacht worden", sagte Eisel lächelnd.

    Als sie in die Nähe des Bannwaldes kamen, meinte Eisel, dass sie jetzt umkehren müssten, weil in den Bannwald dürfe man nicht hinein gehen, außerdem solle es dort spuken.

    Dr. Erika Lang lachte und meinte: „Und das glauben Sie wirklich? Aber die Forstleute oder auch Pilzsammler bzw. Heidelbeersammler gehen doch bestimmt in den Bannwald rein, oder?"

    Eisel sagte in sehr ernstem Ton: „Ich weiß nicht was ich glauben soll. Tatsache ist aber, dass in dem Bannwald schon viele Menschen gestorben sein sollen. Die Forstleute achten schon seit Jahrzehnten sehr darauf, dass niemand in den Bannwald rein geht."

    „Na dann. Okay gehen wir zurück, es wird auch bald dunkel, nicht dass uns noch ein Geist begegnet oder so", lachte Erika Lang.

    Eisel machte ein griesgrämiges Gesicht und brummte etwas in seinen Bart, das Erika Lang nicht verstand. Sie fragte auch nicht nach, denn sie hatte genau die Informationen, die sie hatte haben wollen.

    Am nächsten Tag schaute sie sich die topografische Karte genauer an und stellte fest, dass ein Forstweg bis zum Bannwald führte und dass es von dessen Endpunkt nur wenige hundert Meter bis zu der Hütte waren. Bevor sie nach Hause fuhr, ging sie deshalb noch einmal zu der Hütte im Wald, darauf achtend, nicht gesehen zu werden. Sie hatte jetzt endgültig den Entschluss gefasst, zukünftig genau in dieser Hütte leben zu wollen. Weit weg von Lärm und Trubel, weg von Stress und Chefs, die nervten. Ihren Ausstieg aus dem bisherigen Leben musste sie sehr sorgfältig vorbereiten und bis August alles unter Dach und Fach gebracht haben.

    Zu Hause angekommen, überprüfte sie ihre finanzielle Situation, kündigte ihren Job, die Wohnung und begann ihren Haushalt aufzulösen. In die Hütte wollte sie nur etwas Geschirr, Kleidung und Wäsche und vor allem ihre geliebten Bücher mitnehmen. Sie verpackte alles so, dass sie es selbst ohne Hilfe transportieren konnte. Dr. Erika Lang war keine Traumtänzerin und es war ihr bewusst, dass sie nicht das ganze Jahr über in der Hütte wird bleiben können. Sie mietete deshalb in dem Bad Wildbader Teilort Sprollenhaus ein Apartment mit eigenem Eingang an, damit sie immer eine Rückzugsmöglichkeit hatte. Außerdem konnte sie in dieser Wohnung Essenzen, Salben oder Tees herstellen und diese dann als Kräuterfrau auf einem Wochenmarkt anbieten.

    Die Zulassungen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Behörden für ihre Cremes und Salben hatte sie durch ihre Patente und die Produktion in der Firma und die notwendigen Gerätschaften konnten in dem Apartment immer aufgestellt bleiben. Sie konnte arbeiten wann immer sie Lust und Laune dazu hatte.

    In der Hütte gab es weder Strom noch Warmwasser; aber das hatte sie ja genau so gewollt und sich erträumt. Und ihr Traum würde jetzt wahr werden.

    Durch die Kündigungsfristen für ihre Arbeit und ihre Wohnung verbrachte sie die folgenden Wochenenden damit, die Hütte wieder richtig bewohnbar zu machen, sowie Holz für den Ofen zu sammeln. Die Eingangtüre versah sie mit einem massiven Vorhängeschloss und stellte ihre ersten Möbel in der Hütte ab.

    Sie war immer sehr darauf bedacht nicht gesehen zu werden und auch keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

    Nachdem sie auch noch das Dach der Hütte wieder dicht gemacht hatte, war es soweit, sie konnte in die Hütte jetzt endgültig einziehen.

    Ein Bett hatte sie sich selbst gebaut und auch ein bequemes grünes Sofa brachte sie alleine nachts mit großer Mühe in die Hütte. Tische, Stühle und ein kleiner Schrank waren hingegen kein großes Problem zu transportieren. Sie hatte es geschafft und war jetzt ziemlich kaputt von der ungewohnten körperlichen Arbeit.

    Zurück blickend dachte Sie: „Gott sei dank hab ich von meinem Vater das handwerkliche Talent geerbt. Aber ich brauche noch mehr Holz zum heizen, na ja, nicht gleich, aber vergessen darf ich das nicht."

    Kapitel 1

    Es war jetzt Anfang August und Dr. Dr. Erika Lang gönnte sich eine Auszeit. Sie hatte sich eine Hängematte besorgt und zwischen zwei Bäumen im Halbschatten ihrer Waldhütte, die im Bannwald zwischen Sommerberg und Kaltenbronn in Bad Wildbad lag, aufgehängt.

    Hier konnte sie die totale Ruhe des Waldes und des nahen Hochmoors genießen und sich von der ungewohnten körperlichen Arbeit erholen. Sie hatte sich vorgenommen sich eine Woche lange Ruhe zu gönnen und dann auf die Suche nach Kräutern und Pflanzen zu gehen. Um einen guten Überblick zu haben, wollte sie die Fundorte auf ihrer topografischen Karte vermerken.

    Die Tage vergingen und Dr. Dr. Erika Lang fühlte sich pudelwohl in ihrem neunen Zuhause. Sobald die Sonne schien, legte sich in ihre Hängematte oder schlich durch den Bannwald und am späten Abend durch das Hochmoor.

    Sie wurde in ihren Bewegungen immer sicherer und schnell konnte sie sich lautlos durch den Wald oder das Hochmoor bewegen, ohne dass sie von jemandem bemerkt wurde.

    In der Abgeschiedenheit fühlte sie sich sehr wohl. Einsam fühlte sie sich überhaupt nicht; sie hatte die Tiere des Waldes um sich und freute sich, wenn ein Vogel sich in ihre Nähe traute und fröhlich zwitscherte. Die Gegenwart von Menschen vermisste sie nicht.

    Einmal in der Woche ging sie in die Stadt hinunter, um die wichtigsten Dinge, wie z.B. Lebensmittel, vor allem Kaffee, oder Hygieneartikel zu kaufen. Sie spazierte dabei über das Rollwasser und den Schlangengarten ins Tal. Durch ihre lautlose Fortbewegung hatte sie dann einmal sogar das Glück im Schlangengarten eine sich sonnende Kreuzotter zu sehen.

    Beim Weitergehen fiel ihr eine Rezeptur für ein Medikament ein, dessen Hauptbestandteil das Gift der Kreuzotter ist, blutdrucksenkende Wirkung hat und oft bei arterieller Hypertonie und Störungen des Gerinnungssystems und auch zur homöopathischen Behandlung von Schmerzzuständen eingesetzt wird. Als sie darüber nachdachte musste sie plötzlich laut lachen und fing an wie ein Teenager rhythmisch zu hüpfen. Dazu sang sie laut: „Das geht mich nichts mehr an".

    So war sie dann auch schon nach einer knappen halben Stunde am Supermarkt am Ortsrand von Bad Wildbad angekommen. Als sie in die spiegelnden Fenster des Marktes sah, erschrak sie und brummte lustig: „ich hab mich doch noch umziehen wollen. Ach, egal. Dann ist die Kräuterhexe eben wieder auferstanden. Sollen die Leute doch denken was sie wollen. Wenn denen meine Kleider nicht gefallen, ist das deren Sache."

    Sie hatte einen langen dunklen Rock und eine rote sehr weit geschnittene Tunika an, dazu Sandalen und ihre kräuselnden Haare waren mehr grau als brünett wie sonst üblich. Es fehlten nur noch ein Hexenhut und Zauberbesen um eine Hexe aus einem Kinderbuch darzustellen.

    Heute war ihr das alles egal. Sie ging in den Supermarkt hinein, bemerkte die komischen Blicke der anderen Kunden und Verkäuferinnen, nahm sich die Dinge die sie einkaufen wollte, bezahlte und ging lachend aus dem Supermarkt. Unzählige Augenpaare folgten ihr.

    Dr. Dr. Erika Lang hatte durch das Erlebnis im Supermarkt eine unbändige Lebensfreude. Sie lachte und hüpfte wieder wie ein Teenager über den Parkplatz des Supermarktes und machte sich auf den Weg zu ihrem neuen Zuhause. Während sie ging lachte sie: „Sollen die doch ihren Willen haben. Ab sofort bin ich die Moorhexe Irmelie vom Hochmoor." Sie hatte unbändigen Spaß an dem Gedanken Hexe oder Kräuterfrau zu spielen.

    Nach der Hälfte des Weges beruhigte sie sich wieder, aber der Gedanke Hexe zu sein, hatte sich in ihrem Kopf verfestigt. Sie nahm wieder ihren lautlosen Gang auf und wanderte zielstrebig ihrem Ziel, der einsamen Waldhütte zu.

    Sie war bereits im Bereich des Bannwaldes als sie aus dem Waldesinneren ein entferntes Quicken hörte. „Da ist wohl eine Wildschweinfamilie unterwegs", dachte sie und ging ihres Weges, allerdings ging sie sehr vorsichtig weiter, weil Wildscheine doch recht gefährlich werden können, wenn Frischlinge dabei sind. Das Quieken wurde immer leiser und Erika Lang erreichte ihre Hütte.

    Ihre Einkäufe räumte sie gleich ein, nahm sich ein Buch und legte sich in ihre Hängematte. Sie las und träumte vor sich hin, als sie wieder anfing zu lachen. „Ja, ich bin ab heute die Kräuterhexe Irmelie vom Hochmoor. Jetzt brauche ich nur noch einen Raben und einen Besen, dann könnte ich die ganze Gesellschaft hier auf der Grünhütte mal so richtig aufmischen, flüsterte sie heiter vor sich hin. „Morgen werde ich mal nach den Heidelbeeren sehen, anfangen zu sammeln und Kräuter zu kartieren, dachte sie jetzt wieder ernst werdend.

    Am nächsten Morgen machte sie sich bereits um 4 Uhr mit ihrem Reisigkorb und ihrer topografischen Karte auf den Weg. Sie hatte noch keinen Plan, was sie wo finden würde, aber das würde sich in der nächsten Zeit sicherlich schnell ändern.

    Lautlos bewegte sich Irmelie jetzt durch den Wald. Nicht einmal 100 m von ihrer Hütte entfernt, fand sie Unmengen von Heidelbeeren mit Früchten, so groß wie sie sie vorher noch nie welche gesehen hatte. Sofort begann sie ihren Korb zu füllen. Bereits nach einer halben Stunde hatte sie ihren Korb voll und brachte ihre Ausbeute in die Hütte. Sie wusste, dass die gesammelten Heidelbeeren durch den Morgentau die meiste Kraft entwickelten und freute sich schon darauf sie zu kosten.

    Anschließend zog sie wieder los um sich in Ruhe in ihrer Umgebung umzusehen und Pflanzen zu kartieren. Sie streifte durch den dicht bewachsenen Bannwald und hatte eine Menge Pflanzen, die als Heilpflanzen bekannt sind zu notieren.

    Was sie fand, überraschte sie selbst sehr. Sie hatte zwar erwartet Tannen, Wollgras, Ginster usw. zu finden, aber sie fand Pflanzen, Heilpflanzen, die sie nicht zu finden gehofft hatte. Heidekraut, Torfmoose, Faulbaum, Rauschbeere, Nachtkerzen und vieles mehr. Auch einen Eibenbaum fand sie, der eigentlich nicht in diesen Wald gehörte. Der Baum war ihrer Meinung nach bereits 40 bis 50 Jahre alt. Sie wusste, dass die Samen und das Gehölz des Eibenbaumes sehr, sehr giftig sind. Giftiger sogar als der bekannte Fingerhut, Digitalis, aber bei genauer Dosierung können die Nadeln ein sehr wirksames homöopathisches Heilmittel sein. Den Standort des Baumes markierte sie sehr auffällig, einen Grund weshalb sie das tat wusste sie selbst nicht.

    Am Abend, als sie wieder in ihre Hütte zurückgekehrt war, machte sie sich etwas zu essen und beschloss anschließend auch noch in das Hochmoor zu gehen.

    „Heute Nacht soll Vollmond sein und das Moor wird seine ganze Pracht entfalten", dachte sich Irmelie.

    „Vielleicht zeigen sich auch die Geister, von denen Herr Eisel damals erzählt hat", murmelte sie lächelnd vor sich hin.

    Gegen 22 Uhr machte sie sich auf den Weg. Sie liebte die totale Stille, das Rascheln der Tiere in ihrer Nähe und den leichten Wind, der ihre ergrauten Haare wehen ließ. Vorsichtig näherte sie sich dem Bohlenweg, der das Hochmoor für die Touristen erschließt, zog ihre Schuhe aus und betrat barfuss den Weg. Lautlos schlich sie über die Holzbohlen und erreichte den Wildsee. Sie wollte unbedingt jetzt an dieser Stelle die Atmosphäre und die Stimmung des Hochmoores in sich aufnehmen. Der Vollmond schien in seiner vollsten Pracht und setzte die unwirkliche skurrile Landschaft in ein wundervolles Licht.

    Vom Wildsee her stiegen kleine Nebelwolken auf. Irmelie malte sich in ihrer Phantasie aus, dass jeder kleine Nebelfetzen ein Fabelwesen sei und leicht über dem glatten Wasser des Sees umher tanzt. Sie war fasziniert von dem Nebel und Lichtspiel des Mondes über dem Wildsee.

    In ihren Gedanken versunken, das Licht- und Nebelspiel in sich aufnehmend, meinte sie plötzlich eine leise Stimme zu hören.

    Sie sah auf und blickte um sich, sah aber niemanden, als sie die Stimmte wieder hörte, jetzt aber lauter und klarer.

    „Hallo Irmelie, schön dass du mich heute hier besuchst", hörte sie die Stimme sagen.

    Irritiert blickte sie sich wieder suchend um, sah aber niemanden.

    „Komm doch näher meine Liebe, hörte sie die Stimme sagen. „Gerne, aber wohin soll ich kommen? fragte sie verunsichert.

    „Ich bin hier, mitten auf dem See", erklärte ihr die Stimme.

    Irmelie erhob sich, ließ sich langsam in das Hochmoor gleiten und ging vorsichtig an den Rand des Wildsees. Jetzt sah sie über dem See eine kleine Nebelbank, die immer transparenter wurde und plötzlich ein kleines Männlein freigab. „Wer bist du?" fragte Irmelie irritiert. Ihr akademisch, wissenschaftlich geprägter Intellekt wollte und konnte die Erscheinung über dem Wasser nicht akzeptieren.

    „Ich bin Hubertus, der Geist des Wildsees. Es ist schön nicht mehr immer nur alleine zu sein. Hast du dich in deiner Hütte schon gut eingelebt?" fragte nun Hubertus.

    „Ja danke, aber woher weißt du, dass ich hier in einer Hütte wohne?" antwortete Irmelie.

    „Ach ich weiß alles, was hier im Moor und im Wald um mich herum passiert. Die frühere Kräuterfrau, ihr Namen fällt mir gerade nicht ein, hat mich oft besucht. Das ist jetzt aber schon so lange her, dass sie nicht mehr lebt", erklärte ihr Hubertus.

    „Ich habe gehört, du sammelst auch Kräuter und Pilze. Wirst du auch, wie deine Vorgängerin, als Heilerin tätig werden?" fuhr Hubertus fort.

    „Ich weiß noch nicht so genau was ich vorhabe, heute hab ich erstmal Heidelbeeren gesammelt, erwiderte Irmelie, „bist du immer hier auf dem See? Und wie kommt das, dass du hier bist und über dem See schwebst. Ich habe so viele Fragen an dich. Willst du die mir beantworten?

    „Gerne, aber alles der Reihe nach. Wir haben ja noch soviel Zeit. In deinen Augen sehe ich, dass du noch nicht glaubst was du siehst. Stimmt doch?" wollte nun Hubertus von ihr wissen.

    „Ich bin Wissenschaftlerin und da muss alles erklärbar sein", meinte Irmelie.

    „Wissenschaftlerin? Was ist das? Gab es das auch schon vor 800 Jahren, als ich noch lebte?" fragte Hubertus.

    Irmelie überlegte und antwortete: „Ja, das gab es damals auch schon, das waren die Bader, Quacksalber, Apotheker und Kräuterfrauen."

    „Ach ja, dann ist ja gut. Aber jetzt bin ich müde und möchte mich zurückziehen. Dir würde ich auch empfehlen in deine Hütte zu gehen und zu schlafen", erklärte Hubertus.

    „Ich hab aber noch so viele Fragen", rief Irmelie.

    „Ein anderes Mal, ich bin immer um diese Zeit hier anzutreffen und dann können wir uns unterhalten", antwortete Hubertus, während er immer mehr in einer Nebelwolke verschwand und diese sich dann langsam auflöste.

    Irmelie blieb noch eine Weile am Rand des Wildsees stehen und schaute ungläubig auf die Mitte des Sees.

    „War das jetzt real oder hab ich geträumt?" fragte sie sich ungläubig. Sie schüttelte sich kräftig, sah sich um und ging wieder zurück zum Bohlenweg. Dabei fiel ihr auf, dass das Moor gar nicht nachgegeben und sie verschlungen hat. Der Boden war schön weich und angenehm und federte nur etwas nach.

    „Ein wunderbares Gefühl über den Moorboden zu gehen", murmelte sie zu sich und erreichte auch schnell den Bohlenweg. Sie zog sich gleich ihre Sandalen an, um keine Spuren auf den Bohlen zu hinterlassen. Während sie zu ihrer Hütte ging, bemerkte sie, dass bereits der Morgen graute. Sie ging nun etwas schneller und erreichte gerade ihre Hütte, als die ersten Sonnenstrahlen begannen den Wald zu erhellen.

    Nachdem sie sich ihre Füße gereinigt hatte, ging sie in ihre Hütte und versuchte zu schlafen. Sie war jetzt bereits mehr als 24 Stunden wach, aber überhaupt nicht müde. In ihrem Kopf kreisten die Gedanken um das Erlebte am Wildsee. „Es gibt keine Geister – es gibt keine Geister. Das hab ich mir alles nur eingebildet", versuchte sie sich einzureden, doch sie schaffte es nicht.

    „Ok, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde die nicht erklärbar sind, und dieser Hubertus muss wohl so etwas sein", brummte sie vor sich hin und schlief erschöpft ein.

    Gegen 10 Uhr wurde sie wieder wach, machte sich einen Kaffee und frühstückte ausgiebig. Dabei verdrückte sie eine schöne große Portion Heidelbeeren, die wundervoll schmeckten.

    Die Erlebnisse der letzten Nacht ließen sie nicht los.

    „Hab ich das alles nur geträumt?" fragte sie sich immer und immer wieder. Einerseits wollte ihr wissenschaftlich geprägter und analytische Verstand die Nacht als Traum verdrängen und andererseits hatte sie das Gefühl und das Empfinden, dass sie wirklich alles real erlebt hat. Letztendlich fasste sie den Entschluss in der heutigen Nacht wieder zum Wildsee zu gehen, um festzustellen, ob sie geträumt hatte oder nicht. Sicherheitshalber wollte sie noch ihr altes Diktiergerät mitnehmen und die Unterhaltung mit diesem Hubertus aufnehmen.

    Zuvor musste sie aber wieder mal in die Stadt zum Einkaufen gehen, auch um zu sehen, was die Heidelbeeren dort kosten würden. Vielleicht würden die vom Supermarkt ihr auch Heidelbeeren abkaufen wollen, wäre ja nicht schlecht. „Allerdings muss ich dabei sehr vorsichtig vorgehen, sonst gibt es Ärger und ich fliege mit der Hütte auf", murmelte sie leise.

    Bei strahlendem Sonnenschein machte sie sich auf den Weg zum Supermarkt am Stadtrand von Bad Wildbad um ihre Einkäufe zu erledigen und festzustellen, ob sie die Heidelbeeren verkaufen könnte. Entgegen ihrer sonstigen Art, nahm sie heute einen Trolli mit, weil sie schwere Sachen kaufen wollte, wie mehrere Tüten Milch, Mehl und Zucker. Eine Kostprobe ihrer gesammelten Heidelbeeren nahm sie auch mit.

    Im Supermarkt angekommen, erledigte sie ihre Einkäufe und erkundigte sich nach der Filialleitung. Kurze Zeit später erschien eine Frau, die sich als Filialleiterin vorstellte.

    „Ich wollte mal fragen, sagte sie zu der Frau, „ob sie Interesse am Ankauf von sehr frischem Obst hier im Supermarkt haben.

    „Oh das ist leider nicht möglich, erklärte ihr die Filialleiterin freundlich, „unser Obst wird grundsätzlich zentral eingekauft. Wir haben leider keinen Einfluss darauf, was und in welchen Mengen eingekauft und an uns geliefert wird. Aber wenn sie soviel Obst haben, dass sie es selbst nicht verbrauchen können, könnten sie es doch mit einem Aushang an unserem schwarzen Brett am Eingang anbieten oder sie gehen auf den Wochenmarkt, der immer samstags beim Rathaus in der Stadt drinnen stattfindet. Da brauchen sie aber eine Genehmigung von der Stadtverwaltung dafür.

    Die Filialleiterin lächelte Irmelie freundlich an und fragte sie: „Ich hab sie schon öfters hier einkaufen sehen, wohnen sie hier in Wildbad?"

    „Ja, ich wohne seit ein paar Tagen in Sprollenhaus. Da ist es wunderschön ruhig und angenehm zu wohnen."

    „Wenn sie noch ein paar Minuten Zeit haben, der Wildbader Bürgermeister kommt immer mittwochs zur gleichen Zeit zu uns zum Einkaufen. Dann können sie ja auch gleich nach der Genehmigung fragen", erklärte die Filialleiterin freundlich.

    „Ich kenne den aber doch gar nicht", erwiderte Irmelie.

    „Wissen sie was? Ich lade sie zu einem Kaffee in unserer Bäckerei ein und wenn der Bürgermeister kommt, krallen wir ihn uns und sie können mit ihm sprechen", sagte die Frau und zog Irmelie auch schon in Richtung der Bäckerei.

    Kaum saßen sie vor dem dampfend heißen Kaffee, kam auch schon bereits der Bürgermeister mit seiner Ehefrau in das Geschäft. Die Filialleiterin, stand schnell auf, bat das Bürgermeister-Ehepaar zu ihnen und erklärte kurz und bündig um was es geht.

    Irmelie hatte noch keine Möglichkeit sich auch nur kurz zu Wort zu melden, als der Bürgermeister sie freundlich ansah.

    „Ich heiße Dr. Erika Lang und wohne seit ein paar Tagen jetzt in Sprollenhaus und ich mach mir halt jetzt schon Gedanken, was ich mit meinem vielen Obst anfangen soll", erklärte Irmelie.

    „Ach sie sind das, sagte die Frau des Bürgermeisters, „hab schon sehr viel von ihnen gehört.

    „Hoffentlich nichts Schlechtes", antwortete Irmelie.

    „Nein, nein. Wenn so eine Koryphäe der homöopathischen Pharmazie nach Wildbad kommt und jetzt sogar hier wohnt, dann spricht sich das schnell rum. Wissen sie ich bin selber Apothekerin und kenne natürlich ihre Arbeiten", sprudelte es aus der Frau heraus.

    „Danke für die netten Worte. Ich will mich hier in Wildbad zur Ruhe setzen und mich erholen. Die letzten Jahre waren doch sehr, sehr anstrengend", erwiderte Irmelie.

    „Also ich werde nachher gleich meinen Ordnungsamtschef informieren und ich denke es wird keine Probleme mit einem Stand auf unserem doch kleinen Wochenmarkt geben. Sie wollen nur ihr eigenes Obst verkaufen?", mischte sich nun der Bürgermeister ein.

    „Im Prinzip ja, vielleicht aber auch Wildkräuter, Extrakte oder auch Cremes aus eigener Herstellung. Das weiß ich aber im Moment noch nicht", erklärte Irmelie.

    „Könnte man dann bei uns auf dem Wochenmarkt ihre Blutwurz oder Ginstertinkturen kaufen? Das wäre ja toll", mischte sich wieder die Ehefrau des Bürgermeisters ein.

    „Da hab ich mir ehrlich noch gar keinen Kopf darüber gemacht, aber möglich wäre das schon. Die Patente und Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Behörden laufen ja auf mich. Aber wie gesagt, im Moment möchte ich mich erst regenerieren und erholen", erwiderte Irmelie.

    „Also ich rede jetzt erstmal mit meinem Ordnungsamtschef und lass ihnen dann Bescheid geben. Schreiben sie mir doch ihre Telefonnummer auf, ich rufe sie dann an", wollte der Bürgermeister das Gespräch beenden.

    „Oh, ich habe kein Telefon und werde mir auch keines zu legen, aber sie können mir gerne schriftlich Bescheid geben", grinste Irmelie.

    „Ja gut, die Adresse haben wir ja im Melderegister. Ich hab mich gefreut sie kennen zu lernen", verabschiedeten sich der Bürgermeister und seine Ehefrau.

    Die Filialleiterin des Supermarktes bekam den Mund nicht mehr zu. Die Frau in den unmöglichen Kleidern vor ihr war eine Berühmtheit und sie hatte sie als arme Frau mit ein wenig Obst im Garten angesehen. Sie wollte sich gleich bei Irmelie entschuldigen, aber Irmelie bedankte sich bei ihr für ihre Unterstützung und verabschiedete sich schnell.

    Nun wollte sie so schnell wie möglich weg von hier und vor allem keine weitere Konversation beginnen, deshalb wandte sie sich schnell ihrem Heimweg über Sprollenhaus zu und schaute nicht mehr zurück.

    Irmelie bemerkte nicht, wie die Filialleiterin mit ihren Mitarbeiterinnen über sie sprach. Aber auch wenn sie es bemerkt hätte, wäre es ihr egal gewesen, was sie über sie redeten.

    Kurz nach 16 Uhr war Irmelie wieder an ihrer Hütte angekommen und froh, endlich die Ruhe und Stille genießen zu können. Sie wollte sich noch etwas ausruhen um in der Nacht hellwach zu sein. Da kam ihr ihre geliebte Hängematte gerade recht. Nach kurzer Zeit war sie eingeschlafen. Als sie wieder erwachte, war die Sonne bereits am untergehen. Nachdem sie einige kräftige Schlucke Wasser aus ihrer Quelle genommen hatte, war sie hellwach und macht sich auf den Weg zum Wildsee. Ihr Diktiergerät hatte sie nicht vergessen. Während sie ging, probierte sie es aus und es funktionierte wunderbar.

    Es war jetzt kurz nach 22 Uhr. Die Sonne war untergegangen und sie hörte eine Nachtigall singen. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie alleine war, betrat sie den Bohlenweg zum

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