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Homo sapiens movere ~ gezähmt: Band 5.2
Homo sapiens movere ~ gezähmt: Band 5.2
Homo sapiens movere ~ gezähmt: Band 5.2
eBook291 Seiten3 Stunden

Homo sapiens movere ~ gezähmt: Band 5.2

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Über dieses E-Book

Samanthas Story ist abgeschlossen. Aber wer schon immer wissen wollte, ob Ribbert und Alans Rudelzweiter, Josh, ebenfalls ihre Partner finden, wird die Antwort in diesem Buch finden.
~~~~~~~~
Movere sterben bei tragischen Unfällen. Gestaltwandler werden getötet. Doch den Rudeln fehlt jeglicher Ansatzpunkt.
~~~~~~~~
Ein Alpha, Ribbert.
Alans Rudelzweiter, Josh.
Ein Mischling: Alisa.
Ein Mensch: Rosalie.
~~~~~~~~
Dank Rosalies Neugier werden Dinge ans Licht gebracht, die den Gestaltwandlern auf die richtige Spur helfen. Ob sie das Grauen jedoch aufhalten können, ist ungewiss. Dafür müssen alle an einem Strang ziehen. Bei einigen knistert es dabei gewaltig - sowohl vor negativer Energie als auch vor Leidenschaft.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum21. Dez. 2016
ISBN9783738097320
Homo sapiens movere ~ gezähmt: Band 5.2

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    Buchvorschau

    Homo sapiens movere ~ gezähmt - R. R. Alval

    Es geht weiter…

    Du und ich - und auch sonst keiner - kann so hart zuschlagen wie das Leben! Aber der Punkt ist nicht der, wie hart einer zuschlagen kann ... Es zählt bloß, wie viele Schläge man einstecken kann und ob man trotzdem weitermacht.

    Rocky Balboa

    Hinweis:

    Dies ist eine Extrastory zu den Romanen um Samantha Bricks.

    Nähere Informationen finden Sie auf den letzten Seiten.

    Die Autorin ist um die Richtigkeit ihrer Darstellung bemüht.

    Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Die Erwähnung von real existierenden Personen/Institutionen unterliegt der künstlerischen Freiheit, soll keinen Eingriff in deren Reputation darstellen und verletzt kein bestehendes Recht. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Besitzer.

    ~~~~~~~~~~~~~

    Dieses Buch ist ein Fantasyroman; kein Erotikbuch! Wer etwas anderes erwartet, ist hier definitiv falsch. Es gibt zwar Sexszenen, doch sind die nicht als Haupthandlung zu verstehen.

    Es sei mir außerdem verziehen, falls sich trotz größter Sorgfalt immer noch Rechtschreibefehler versteckt haben. Wir – sowohl ich als auch die wundervolle Yvonne Krause, die das Korrektorat innehat – sind auch nur Menschen! Der Wechsel zwischen Vergangenheits- und Gegenwartsform ist übrigens gewollt! Gedanken sind zusätzlich kursiv geschrieben. Nur mal so am Rande…

    ~~~~~~~~~~~~~

    Dieses Buch kann eigenständig gelesen werden. Es wäre jedoch von Vorteil, die gesamte Romanserie der HSM gelesen zu haben. Ansonsten kann es zu Verständigungsschwierigkeiten kommen. Besonders in Hinsicht auf die Rasse der Gestaltwandler, was es mit deren Partnern auf sich hat, was genau movere sind, Romans Status oder gar Sams Fähigkeiten – dies alles ist in diesem Buch nur am Rande erwähnt.

    Alisas Peinlichkeiten

    2135 A.D.

    Sowas konnte passieren. Wirklich.

    Jedem!

    Allerdings war Alisa ein Garant dafür, in jedes noch so kleine Fettnäpfchen zu treten. Sie war ein Magnet für jedwede Desaster, Peinlichkeiten und Unfälle. Sozusagen ein Unannehmlichkeiten-Detektor.

    Stöhnend schlug sie sich die Hände vors Gesicht und betrachte das Schlamassel, welches sie eben angerichtet hatte. Edgar würde sie … und ihr Chef, Roman Bingham… oh Gott! Alisa drängte die Gedanken beiseite. Stattdessen sah sie sich hastig um. Von Edgar weit und breit nichts zu sehen, und der Vampir war – Gott sei Dank – immer noch mit seiner Frau außer Haus. Vielleicht würde es ihm überhaupt nicht auffallen, dass die Kristallvase nicht mehr an Ort und Stelle stand. Mit etwas Glück – haha, Alisa und Glück – stach es niemandem ins Auge. Nur leider war das Ding einen halben Meter hoch.

    Gewesen!

    Jetzt nicht mehr. Jetzt sah es aus, wie jeder andere Scherbenhaufen auch.

    Eilig sorgte Alisa dafür, dass das Corpus Delicti beseitigt wurde, bevor jemand bemerkte, dass ihr schon wieder ein Malheur passiert war. Aber warum sollte ein Unglück am Tag reichen? Natürlich schnitt sie sich in den Daumen. Sofort steckte sie ihn in den Mund. Vampire und Blut – das war wie Feuer und Benzin. Selbst wenn Herr Bingham sich nicht an die Vase erinnern sollte, würde er das Blut riechen. Und dann möglicherweise eins und eins zusammen zählen. Nachdem sie sicher war, dass der Schnitt nicht sehr tief war und sie den Boden nicht mit ihrem Blut volltropfen würde, sah sie sich nochmals nach allen Seiten um und lauschte. Die Luft war rein. Trotzdem klopfte ihr Herz in ihrer Kehle. Es würde sicher jeden Moment einen Salto vollführen und ihr dabei einen Zahn ausschlagen.

    Das wäre so typisch für Alisa und ihr dauerhaftes Pech.

    Sie schluckte und setzte sich mit der robusten Mülltüte in Bewegung. Hinter dem Haus befand sich die Mülltonne. Doch nur fünf Meter vor eben dieser stolperte sie über ihre eigenen Füße und legte sich der Länge nach auf den Hinterhof. Dabei fiel ihr der Müllsack aus der Hand und die Scherben verteilten sich mit einem lauten Scheppern. Eine traf sie an der Stirn. Ihre Knie und somit auch ihre Hosen wurden aufgeschürft; ihr Handgelenkt pochte mit einem rhythmischen Schmerz und als ob das alles nicht reichte, tauchte auch noch Roman Bingham neben ihr auf.

    Er besaß ein perfektes Timing, um nach Hause zu kommen.

    Das Gesicht ohne jeglichen Ausdruck, die Hände in den Hosentaschen. Am liebsten hätte Alisa sich metertief begraben. „Alisa, Alisa., sagte er mit monotoner Stimme, „Was soll ich nur mit dir machen? Oh bitte, nicht beißen, dachte sie. „Mir hochhelfen?", fragte sie stattdessen kleinlaut. Dabei versuchte sie, ihre bereits vorhandene tiefdunkle Gesichtsfarbe nicht weiter zu vertiefen. Bingham brach in schallendes Gelächter aus. Was bei einem Vampir nicht unbedingt hieß, dass er sich amüsierte. Das war Alisa klar. Klar war ihr jedoch nicht, in welchem Gemütszustand sich Bingham im Augenblick befand.

    Leise zischend rappelte sie sich auf. Ihre linke Hand stand in einem absurden Winkel vom Unterarm ab, und sie spürte ihre Knie viel deutlicher als sonst. Sie brannten wie die Hölle! „Du bist wirklich der größte Tollpatsch, den ich kenne.", resümierte ihr Chef. Alisa fand diese Aussage sehr schmeichelhaft. Gleich im nächsten Atemzug wies er darauf hin, dass sie einen Arzt aufsuchen müsse. Alisa schauderte. Aber Widerworte waren zwecklos, zumal ihr der Schmerz gehörig zusetzte. Bingham schwenkte unterdessen seine Hand, wodurch sich die Scherben wie von Geisterhand in Luft auflösten. Wozu brauchte er einen Butler und eine Haushälterin? „Weil ich es mir leisten kann.", beantwortete er die Frage, die Alisa nicht laut gestellt hatte. Alisa fand das gruselig.

    Mit einem großen G!

    „Alli? Briony, ihre neue, einzige Freundin und gleichzeitig auch ihre Chefin und Binghams Frau, bedachte sie mit einem Blick der zwischen Mitleid und Belustigung schwankte. Sie warf ihrem Mann mit zitternder Unterlippe einen Luftkuss zu und kümmerte sich dann beinah mütterlich um Alisa. „Komm Alli, du darfst die Hand nicht belasten. Und nicht bewegen. Halt sie am besten fest. Geht das?

    Während Alisa geistesgegenwärtig nickte, wandte Briony sich an ihren Mann und fragte ihn, warum er noch keine erste Hilfe geleistet hatte. Schließlich war er dazu in der Lage. Vampire konnten sowas. Erste Hilfe hieß in deren Fall fast sofortige Heilung. Unwillkürlich zuckte Alisa zurück. Briony war das sicher aufgefallen. Von Bingham hingegen kam keine Antwort. Möglicherweise unterhielten sich die zwei Binghams gedanklich. Dessen war Alisa sich nicht ganz sicher. Brionys Miene verriet Alisa, dass ihr Chef ihr die Hilfe nicht wegen ihrer Ängste versagte, sondern weil es ihm schlichtweg unwichtig erschien. Dafür musste Alisa keine Hellseherin sein.

    Briony blieb jedoch die Ruhe in Person, bugsierte Alisa zum Auto, winkte ihrem Mann kurz zu und fuhr ihre verletzte Freundin ins nächste Krankenhaus.

    Alisa war froh, dass Briony keine Zeit hatte, um den ganzen Prozess des Wartens und der Untersuchung bei ihr zu sein. „Sobald du fertig bist oder irgendwas brauchst, rufst du mich bitte an. Ok?" Alisa nickte. So musste sie keine Ausrede finden, warum sie lieber allein ins Behandlungszimmer gehen wollte. Briony hielt sie für einen Menschen. Und wenn es nach Alisa ginge, sollte das auch so bleiben. Sie hatte keine Angst, dass Briony nicht aufgeschlossen war. Sie war immerhin mit einem Vampir verheiratet. Alisa fragte sich, ob die beiden Kinder bekommen konnten. Sie hatte ihre Freundin nie danach gefragt. Da Briony ein Mensch war und Roman Bingham ganz offensichtlich nicht – Vampire stammten immerhin von den Urdämonen ab – bezweifelte sie eine mögliche, von der Natur vorgesehene, Elternschaft der beiden.

    Bei Menschen und Gestaltwandlern sah das Ganze schon wieder anders aus. Alisa wusste das. Sie war schließlich aus solch einer Verbindung hervorgegangen. Sogar in Brionys Verwandtschaft gab es zwei Kinder, die mit einer ähnlich vermischten DNA aufwuchsen wie sie. Mit anderen Fähigkeiten und einer anderen Wergestalt.

    Alisa wusste, dass sie einzigartig war.

    Besonders einzigartig darin, wie der hopsende Elefant im Porzellanladen zu wirken.

    Zwei linke Hände und zwei linke Füße, obwohl sie anatomisch korrekt geformt waren. Oft wunderte sie sich, wie sie hatten 24 werden können, ohne sich den Hals zu brechen. Vielleicht lag es auch nur an ihrem guten Heilfleisch. Vielleicht auch Glück im Unglück, wobei sie letzteres magisch anzog. Sinnbildlich, denn es war keine ihrer Fähigkeiten. Selbst wenn ihre Eltern das mehrmals in Erwägung gezogen hatten.

    Ihre Eltern…

    Wie sehr sie sie vermisste.

    Wie sehr sie das Rudel vermisste.

    Doch Alisa hatte fortgehen müssen, um nicht mehr an den grausigen Unfall erinnert zu werden. Um nicht mehr allein in dem Haus zu sein, das mit Erinnerungen an glückliche Zeiten gefüllt war. An Zeiten vor dem Unfall, bei dem ihre Eltern und drei weitere Rudelmitglieder ums Leben gekommen waren.

    Schnell schüttelte sie die aufkeimenden Erinnerungen ab. Es war besser, diese in einer dicken Stahltruhe zu verschließen. Gesichert mit undurchdringlichen Schlössern und massiven Stahlketten, bis sie irgendwann – in hundert Jahren oder so – besser mit ihrem Verlust würde umgehen können.

    Das Haus hatte Alisa nicht verkauft. Noch nicht. Denn dann würde sie ausräumen müssen, wozu sie sich nach wie vor nicht durchringen konnte. Somit fehlte ihr ein finanzielles Polster. Der von ihren Eltern angesparte Betrag, den sie zu ihrem 18. Geburtstag von ihnen bekommen hatte, war längst aufgebraucht: für den Führerschein, ihr Auto, das Einrichten der Wohnung in dieser Stadt. Demzufolge war Alisa froh, für Briony und Roman Bingham arbeiten zu können. Auch wenn sie sich momentan in der Ausbildung befand, war das nach dem letzten Desaster in einer Handwerksfirma ein großer Fortschritt. Freilich hätte sie auch studieren können. Alisa war nicht dumm. Doch das wiederum setzte eine finanzielle Freiheit voraus, die sie nicht besaß.

    Natürlich könnte sie einen reichen Mann heiraten und sich aushalten lassen. Es würde ihr nicht gefallen. Ganz zu schweigen davon, dass derart reiche Knacker dünn gesät waren, noch dünner aufgegangen und sich unter Garantie nicht mit genetischem Mischmasch wie ihr abgeben würden.

    In ihrer momentanen Erscheinung war sie ungeschickt – das war nicht zu leugnen.

    In ihrer anderen…

    Das erfuhr besser niemand.

    Die Wergestalt, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte, allein war gefährlich. Vermischt mit den Genen ihres Vaters war Alisa jedoch eine brandgefährliche Waffe. Und das war wörtlich zu nehmen! In dieser von ihr unterdrückten Seite war sie alles andere als tollpatschig. Nicht einmal ihre Eltern hatten es gewusst. Mit dem Einsetzen der Pubertät und damit den ersten Anzeichen ihrer Fähigkeiten hatte sie einen folgenschweren Fehler begangen. Niemand wusste davon. Doch für Alisa war es nur logisch gewesen, einen Schlussstrich zu ziehen. Ihre Eltern hatte sie angelogen. Hatte ihnen erklärt, dass sie sich nicht mehr wandeln konnte. Nie hatte sie erwähnt oder ihnen gar gezeigt, was ihr die väterlichen Gene vererbt hatten. Alisas Eltern hatten vielleicht etwas geahnt, ihre Aussage jedoch nie in Zweifel gezogen. Vermutlich weil sie wussten, dass es dann nur eine Frage der Zeit wäre, bis die Behörden davon erfuhren.

    Denn auch wenn sie zum Rudel gehörte, musste ihre Gabe als movere bei den menschlichen Behörden verzeichnet werden. Theoretisch. Reine Vorsicht, erklärten die Obrigkeiten. Doch ihr war aufgefallen, dass einige der wirklich gefährlichen movere ab und an verschwanden.

    So wie ihr Vater.

    Immer öfter fragte sie sich, ob es tatsächlich nur ein Unfall gewesen oder ob nachgeholfen worden war. Bisher hatte sie nämlich gedacht, dass die potentiell interessanten movere für die Regierung abgeworben wurden. Sie selbst hatte ihren Vater nie in Aktion gesehen. Sie ahnte jedoch, wozu er fähig gewesen war. Ihre Gabe verdankte sie schließlich ihm. Obwohl sie vermutete, dass ihre noch einen Tick aggressiver und weitreichender war.

    Früher war man in dem Irrglauben gewesen, dass beide Elternteile das movere-Gen weitergaben. Das mochte auf rein menschliche Beziehungen zutreffen, nicht aber auf gemischte. Sie und Samantha Garus Kinder waren das beste Beispiel dafür.

    Seufzend und mit zusammen gebissenen Zähnen hielt Alisa ihr schmerzendes Handgelenk fest und wartete. Sie hasste Krankenhäuser! Aber da sie im Moment zu weit von ihrem Rudel entfernt war und sie nicht die Absicht hegte, sich einem heimischen anzuschließen, kam sie um die Versorgung in einem Krankenhaus nicht herum. Verflixt und zugenäht! War sie vor ihrer Pubertät auch dermaßen linkisch gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Vermutlich hing es damit zusammen, dass sie einen Teil ihrer Persönlichkeit unter permanentem Verschluss hielt. Aber besser so, als wenn sie ihren Genpool von den Zügeln ließ.

    -------------

    Peinlich! Alisa fühlte sich alles andere als todschick mit dem pinken Gips. Obwohl die Schwester, die ihr diesen angelegt hatte, exakt das versichert hatte. Alisa verdrehte die Augen. Gott sei Dank war das linke Handgelenk betroffen, so dass sie weiterhin arbeiten konnte. Sonst würde Edgar einen cholerischen Anfall erleiden. Natürlich könnte er den auch bekommen, wenn sie sich mit ihrem Gips noch ungeschickter anstellte als sowieso schon. Mehr als einmal hatte er ihr stöhnend erklärt, dass sie ihn eines schönen Tages ins Grab bringen würde. Edgar war nicht mehr der jüngste Mann. Sollte er also tatsächlich in nächster Zeit sterben, würde sie sich darüber bis in alle Ewigkeit den Kopf zerbrechen.

    Leider wusste Alisa nur zu gut, dass sie zwei linke Hände besaß. Aber die Gefahr, ihre Tollpatschigkeit zu minimieren, in dem sie sich ihrem ganzen Ich öffnete, war ihr zu hoch. Sie würde dann wahrscheinlich trotzdem keine gute Haushaltskraft abgeben.

    Was würde Alisa dafür geben, nur einen einzigen Tag ohne Desaster zu erleben. Ohne dass etwas zu Bruch ging; ohne dass sie sich bei banalen Tätigkeiten selbst verletzte. Mit Sicherheit war das der Preis für die selbstauferlegte Sicherheitsbegrenzung ihrer Person. Kein Wunder, dass ihre Selbstachtung irgendwo in Bodennähe herum kroch. Ganz zu schweigen von ihrem Selbstbewusstsein!

    Das dümpelte unterirdisch vor sich hin.

    Edgar zog bei ihrem Anblick eine Augenbraue in die Höhe. „Geh zu Frau Bingham. Sie erwartet dich in der Küche. Und pass auf, dass du nichts kaputt machst!" Nicht schon wieder. Edgar sprach die Worte nicht aus, doch Alisa hörte sie deutlich. Bei seinen tadelnden Worten zuckte sie zusammen und ging mit gesenktem Kopf in die Küche. „Hey, Alli. Komm, setz dich und iss etwas. Briony lächelte. Das Lächeln wurde noch breiter, als ihr Blick auf den Gips fiel. „Schöne Farbe., erklärte sie und stellte einen Teller Spaghetti vor Alisa auf den Tisch. Spaghetti. Ausgerechnet! Sie liebte diese Dinger. Aber Himmel, Herr Gott, sie würde kleckern.

    Bei ihrem Glück wäre die Küche im Anschluss renovierungsbedürftig.

    Also nahm sie die Gabel sehr, sehr vorsichtig – den Löffel konnte sie mit der linken Hand sowieso nicht halten – wickelte die Pasta auf und schob sie sich genüsslich in den Mund. „Mmmh., seufzte sie, „Die sind perfekt. Briony nickte. „Gut zu wissen. Lass es dir schmecken! Und ob. Alisa war am Verhungern. „Morgen hast du übrigens frei., prophezeite ihr Briony, was den Weg der Gabel zu Alisas Mund abrupt stoppte. Prompt fielen die Spaghetti zurück auf den Teller. Immerhin darauf – nicht daneben. Das war’s dann also. Sie wurde gekündigt. Sie hatte es bereits erwartet… täglich. Also so ziemlich nach jedem Mist, den sie gebaut hatte.

    Umso mehr überraschten sie die nächsten Worte Brionys. „Edgar kommt auch mal einen Tag ohne dich zurecht. Ich brauche dich. Ein Einkaufsbummel allein macht keinen Spaß. Ich könnte auch Roman mitnehmen. Aber unter Frauen ist es einfach lustiger. Was meinst du? Hast du Lust?" Alisa war dermaßen perplex, dass ihr die Gabel aus der Hand fiel. Als sie sich nach ihr bückte, hieb sie mit dem Gips auf den Teller, so dass dieser einen Salto vollführte und zu Bruch ging.

    Nachdem er seinen Inhalt verloren und diesen großzügig auf dem Tisch, dem Boden und Alisa verteilt hatte.

    Rosalies Begegnungen

    Ich hatte meinen Job so satt. Jeder Tag war wie der andere, obwohl ich hinter einem Schreibtisch saß und Akten durchsah, die, wenn sie nicht auf dem Laptop verfügbar gewesen wären, sicher ein ganzes Fußballstadion in Beschlag genommen hätten. Nicht nur mein Job war grau und eintönig. Auch das Büro, dessen Wände, die Tür, der Flur davor… ich seufzte, …der Fußbodenbelag. Grau in grau. Wunderschön aufeinander abgestimmt. Und wenn ich mich umdrehte und aus dem Fenster schaute, würde ich auch nur eine graue Betonwand sehen. Sogar ich fühlte mich grau und fad. Ach was, ich war grau und fad. Schon seit einer Weile. Ich war keine Schönheit, auch wenn meine Mutter stur und steif etwas anderes behauptete. Meine blonden Haare trug ich seit Jahren modisch kurz; mein fülliger Körper steckte in einem bürotauglichen, schwarzen Nadelstreifenkostüm. Das einzig Auffällige an mir waren meine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen, die durch meine helle Haut besonders hervorstachen.

    Während ich eine weitere Akte aufrief, fragte ich mich, wann ich mich das letzte Mal amüsiert hatte. Es musste ziemlich lang her sein, denn ich erinnerte mich nicht. Gott, was würde ich dafür geben, wie einer dieser movere sein! Oder eins dieser Werwesen. Aber nein, ich war ein Mensch. Ein sehr durchschnittlicher Mensch, der keinem auffiel. Was in einigen Situationen durchaus von Vorteil war. Aber es war ein Unterschied, ob man übersehen wurde oder schlichtweg unterschätzt.

    Die Zeit bis zu meinem Feierabend schleppte sich endlos dahin. Bloß gut, dass heute Freitag war, so dass ich pünktlich um zwei Uhr das triste Gebäude der Stadtverwaltung verlassen konnte. Der ruckelnde, nicht sonderlich vertrauenserweckende Paternoster – ein übrig gebliebenes, fast schon antikes Stück aus der Zeit vor den Revolutionen – brachte mich heil in die Eingangsebene, aus der ich eiligst nach draußen verschwand. Nicht auszudenken, wenn mein Chef mich hier anträfe, um mir wieder mal eine Wochenendschicht aufs Auge zu drücken.

    Zu meinem Glück kam ich unbehelligt auf dem Parkplatz an, entriegelte mit einem leisen Piep, dem ein kaum vernehmbares Plop folgte, die Türen meines Autos, stieg ein, schnallte mich an und fuhr los. Richtung Innenstadt. Es war höchste Zeit, dass ich mir mal etwas gönnte.

    Und wenn es nur ein Einkaufsbummel war.

    Nachdem sich das Auto in das Navigationsleitsystem eingeloggt hatte, musste ich nicht mehr auf die Straße achten und ging gedanklich durch, was ich mir kaufen wollte. Ein paar neue Klamotten, neues Parfum. Vielleicht sogar ein wenig Schmuck. Eine der wenigen farbenfrohen Abwechslungen in meinem tristen Alltag.

    Der Parkplatz kam in Sicht, auf dem das Auto ohne mein Zutun parkte. Jetzt, wo das Summen des Motors erloschen war, konnte ich tief durchatmen und mich auf das beginnende Wochenende freuen. Die Klamotten brauchte ich eigentlich nicht, aber es beruhigte mich, sie einzukaufen.

    Mit einem Lächeln stieg ich aus, schwang meine Handtasche über die rechte Schulter und verriegelte die Türen. Bis zum Kaufhaus waren es keine zwanzig Meter. Bis zum Dom müsste ich den Parkplatz komplett überqueren. Deshalb entschied ich mich, trotz der günstigeren Angebote im Dom, mit dem Kaufhaus vorlieb zu nehmen. Vielleicht würde ich anschließend sogar noch ein wenig über den großen Marktplatz schlendern, der sich auf der anderen Seite der Gebäude erstreckte. Sozusagen das Herz der Stadt. Hm, dann könnte ich ebenso gut gleich in den Dom gehen.

    Zwei Frauen kamen mir entgegen, die unterschiedlicher kaum sein konnten und doch den Anschein erweckten, gar nicht so verschieden zu sein. Die eine drahtig, mit langen, rotgoldenen Locken, beladen mit zwei Einkaufsbeuteln. Den aus Papier hatte sie unter den rechten Arm geklemmt; der zweite hing an ihrem linken Ellenbogengelenk, da die Hand eingegipst war. Die andere Frau war etwas rundlicher mit langen, braunen Locken und ebenfalls mit ein paar Tüten bepackt. Vermutlich Freundinnen, die sich einen schönen Tag machten und nebenbei die Einkäufe erledigten. So wie es aussah, hatten sie in der Lebensmittelabteilung ordentlich zugeschlagen, was ich anhand des Logos erkannte, das auf dem Stoffbeutel und der Tüte der Rotblonden prangte.

    Ich selbst konnte mich weder an meine wenigen Freundinnen erinnern, die sich mit der Zeit immer rarer gemacht hatten, noch an einen schönen Tag, auch wenn meine Einkaufsnachmittage an jedem zweiten Freitag des Monats dem ziemlich nah kamen.

    Schnell schüttelte ich die wehleidigen Gedanken ab und lief Richtung Kaufhaus, wobei ich darauf achtete, niemandem unmittelbar ins Gesicht zu sehen. Man konnte nie wissen, wen oder was man dabei anstarrte und vermutlich damit herausforderte.

    Ich war vielleicht zehn Meter von meinem Auto entfernt, als ich ein dumpfes Poltern und einen leisen Fluch vernahm, begleitet von einem spitzen Zischen. Ich drehte mich auf dem Absatz um. Es passierte alles verflixt schnell. Trotzdem sah ich den Vorgang wie in Zeitlupe ablaufen. Die größere der beiden Frauen, die mit der Papiertüte unterm Arm, verlor aus eben dieser

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