Die dreizehn Fenster
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Über dieses E-Book
Ein Ehemann drückt sich um die Antwort auf die gerne gestellte Frage "Liebst Du mich?"
Ein Interview über gefährliche Hunderassen endet anders als gedacht. Vorurteile über Lehrer und Eltern amüsieren genauso wie der Bayer, der sich mit Ostfriesischen Namen nicht auskennt.
Und... Klassenfahrten sind kein Urlaub.
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Buchvorschau
Die dreizehn Fenster - Andrea Lieder-Hein
Kapitel 1 Die dreizehn Fenster
Die Sonne blendete ihre Augen, als Jule missmutig über den großen Platz stapfte, vorbei an den 13 Pferdeställen, dem Unterstand für die Trecker und dem großen Scheunentor. „Mistikack, zischte sie zwischen ihrer großen Zahnlücke hindurch, „ immer diese Langeweile.
Jule war schon fast sechs, und sie freute sich riesig auf die Schule. Da würde sie endlich Freunde haben. Hier in Stockum gab es nur drei Bauernhöfe und nirgendwo ein Kind, nur sie.
Mit ihren viel zu großen Stiefeln wanderte sie zum Graben, der den Hof an der rechten Seite bis hin zur Straße begrenzte. Dort lag ein großer Stein, den sie so liebte. Dort war ihr Ponyhof.
Sie setzte sich auf den Stein, zog ihre Stiefel aus und schaute auf ihre nackten, dreckigen Zehen. Die Socken hatte sie vorhin in einer Pfütze verloren, als ihre Stiefel plötzlich im Matsch stecken geblieben waren.
Vorsichtig holte Jule einen alten durchfeuchteten Bindfaden aus ihrer Hosentasche und band an seine Enden jeweils alle fünf Zehen ihrer beiden nackten Füße fest. Nun hatte sie zehn Pferde. Jedes hatte einen Namen, das war klar. Die beiden dicken Zehen, ihre Kaltblut-Gäule, hießen Luzi und Adele. „Hü!!!, schrie sie, „links, langsamer, hott
, bis die hereinbrechende Dunkelheit ihr zeigte, dass sie nur noch wenig Zeit hatte, an diesem Tag etwas Besonderes zu machen. Sie wollte Zielwerfen üben.
Noch barfuß, aber ohne Faden an den Zehen, schleppte sie mühselig Stein für Stein auf einen Haufen. Endlich hatte sie dreizehn zusammen. Das wusste sie, denn bis siebzehn konnte sie schon zählen.
Gegen die Dunkelheit ankämpfend nahm sie einen Stein nach dem anderen in ihre kleinen Händchen und schleppte sie zu den Pferdeställen. Dann holte sie mit ihrer rechten Hand aus und versuchte, die kleinen Stallfenster zu treffen. BUM, geklappt. Einmal nur verfehlte sie ihr Ziel und musste erneut werfen, danach waren alle dreizehn Fenster kaputt.
Noch während sie ihr Werk bestaunte, kam die Bäuerin aus dem Haus gelaufen, laut schreiend und gestikulierend. Neben ihr Jules Mutter.
Jule ahnte, dass sie etwas Falsches gemacht hatte, als die Worte ihrer Mutter sehr leise aber wie ein Messer an ihr Ohr drangen: „Jule, Du gehst jetzt sofort auf Dein Zimmer und wartest auf mich."
Was das genau bedeutete, hatte Jule bereits mehrfach zu spüren bekommen: Popo nackt, über die Bettkante legen und dann bekam sie mit der Hundeleine von Akki „Dresche". Danach konnte Jule tagelang kaum sitzen.
Im Flur stellte sie vorsichtig ihre dreckigen Stiefel neben die Tür. In ihrem Zimmer zog sie langsam ihre Hose aus und auch den Schlüpfer. Mit Tränen in den Augen bettete sie ihren Oberkörper quer über ihr Bett und streckte ihren nackten, ungeschützten Po ihrer Mutter entgegen, die gleich kommen würde. Akki, der schwarze Pudel, schaute sie mit großen braunen Augen an. Sie war also nicht alleine, ihr Freund war bei ihr.
Als ihre Mutter das Zimmer betrat, fluchte sie plötzlich laut vor sich hin. Während Jule noch ganz doll in die Bettdecke biss, damit die Dresche erträglicher war, hörte sie einen Tritt und das schmerzhafte Winseln von Akki, der bis in die Ecke geflogen war.
Vorsichtig schaute Jule sich um und sah, wie ihre Mutter eine in lauter kleine Stücke zerbissene Hundeleine in der Hand hielt. „Danke, Akki, dachte Jule ganz leise. „Du bist ein echter Held. Das mit dem Fußtritt mach’ ich wieder gut.
*****
Heute, 43 Jahre später, blickte Jule verträumt in die braunen Augen ihres Golden Retrievers. Und während ihr eine kleine Träne über die Wangen kullerte, kam es ihr vor, als flüsterte er: „Jule, ich hätte das genauso gemacht, für Dich, damals!"
Kapitel 2 In der Küche
Sag mal, liebst Du mich eigentlich noch?
Was meinst Du?
Ob Du mich noch liebst?
Warum denn nicht?
Das ist doch keine Antwort.
Ich fasse das auch nicht als ernst gemeinte Frage auf.
Und?
Was, und?
Mein Gott, liebst Du mich noch?
JA! Bist Du nun zufrieden?
Nein!
WAS willst Du denn? Soll ich hier in der Küche auf Knien vor Dir liegen und leise errötend stammeln „Ich liebe Dich"?
Warum sagst Du nichts? War das nicht komisch?
Wenn ich einen komischen Mann gewollt hätte, hätte ich einen Clown geheiratet. Ich wollte einen liebevollen Mann.
Wenn Du einen liebevollen Mann wolltest, warum hast Du dann keinen geheiratet? Man kann sich die auch mieten, stundenweise.
Mal ernsthaft – Was willst Du eigentlich von mir? Wir haben ein schönes Haus, einen großen Garten, zwei gesunde, kluge Kinder, keine Geldsorgen, beide einen Job. Davon träumen andere. Ich habe den ganzen Tag gearbeitet und möchte mich nun in der wenigen Zeit, die mir zu Hause bleibt, einfach nur ausruhen.
Richtig, und damit Du Ruhe hast, muss ich sexy angezogen sein, hübsch aussehen, beste Laune ausstrahlen, Dich bedienen und gleichzeitig alles sauber geputzt haben. Außerdem soll ich Dinge wie Wäsche waschen von Dir fern halten, Paul bei den Hausaufgaben helfen und mehrmals mit Rover spazieren gehen.
Ach, mach doch, was Du willst, immer die gleiche Leier.
Warum küsst Du mich nicht mal?
Ich küsse Dich, wenn ich gehe, ich küsse Dich, wenn ich komme,....
Ja, genau so küsst Du auch Deine Mutter, deine Freunde, Deine Kinder.
Wenn Du mehr willst, warum ergreifst Du nicht mal die Initiative?
Weil Hausfrau, Mutter, Ehefrau und Krankenschwester als Job genügen. Da muss ich nicht auch noch meine Liebe zum Job machen. Oder bezahlst Du mich hinterher?
Wenn Du gut warst...
Du, heute ist Dienstag. Dass Du Dir immer genau den Tag raussuchst, wo ich knapp mit der Zeit bin. Und die wenige Zeit, die wir haben, verplemperst Du mit dummen Fragen. Lass Paul nicht zu lange fern sehen. Ich komme heute spät wieder.
Und, liebst Du mich nun?
Ehrlich gesagt muss ich jetzt los. Lass uns doch Sonntag gegen elf Uhr darüber reden, wenn es Dir ein solches Bedürfnis ist. Tschüs, Liebes. Bis morgen. Du schläfst sicher schon, wenn ich komme. Morgen Frühdienst?
Ach, schreib mir die Frage auf einen Zettel, damit ich sie nicht vergesse.
*
Eine Woche später
Du?
Ja?
Ich hab das Gefühl, Du liebst mich nicht.
Du antwortest gar nicht?
Du hast keine Frage gestellt.
Also gut. Liebst Du mich?
Ja. Das weißt Du doch. Schreib’s Dir auf, wenn Du die Antwort nicht behalten kannst. Dann hast Du sie für immer parat. Und wenn Du sie wieder mal vergessen solltest, dann liest Du sie Dir einfach noch mal durch. Gut so?
Kapitel 3 Hochzeitstag
Leefke nickte zufrieden. Der Tisch war gedeckt, fünf rote Rosen standen auf dem Tisch, der Wein war eingeschenkt und das Essen stand in der Küche bereit.
Es war ihr fünfter Hochzeitstag und sie hatte sich große Mühe gegeben, denn es war ein ganz besonderer Tag. Diesmal hatte sie eine umwerfende Überraschung für Joost, aber die bekam er nicht an diesem Tag, nein, die bekam er erst in der folgenden Woche. Da hatten sie beide nämlich Geburtstag, beide am gleichen Tag. Das war unheimlich praktisch, denn dann vergaß keiner von ihnen den Geburtstag oder den Hochzeitstag, der nur vier Tage früher war.
Als sie Schritte hörte, rannte sie zur Tür. „Joost, herzlichen Glückwunsch zum Hochzeitstag , flüsterte sie zärtlich in sein Ohr. Joost küsste sie und lachte. „Du siehst fabelhaft aus.
Ihr Mann staunte nicht schlecht, als er den gedeckten Tisch und die Blumen sah. Vorsichtig zog er einen Umschlag aus der Tasche und legte ihn auf ihren Teller. Leefke öffnete den Umschlag und fand Tickets für eine Woche Urlaub auf der Bodensee-Insel Mainau. Sie liebte den Bodensee, denn sie war in Konstanz geboren und hatte bis zu ihrem Abitur dort bei ihren Eltern gelebt.
„Oh, DANKE, Joost!, rief sie, „Wir beide dort, wie schön.
Nach dem Essen zog Joost sie ins Schlafzimmer und knöpfte ihr vorsichtig die Bluse auf. „Ich habe noch etwas", flüsterte er und während er sie weiter auszog, fischte er zwischendurch eine kleine Tüte aus der Tasche. Darin befanden sich ein süßer roter BH und ein dazu passendes Höschen.
Als er zärtlich in sie eindrang, war sie einen Augenblick versucht, ihm alles zu sagen, aber dann verkniff sie es sich doch. „Nein, dachte sie, „erst am Geburtstag.
Am nächsten Tag frühstückten sie gemeinsam. Danach ging Joost wie gewohnt zur Arbeit. Leefke aber nahm ihr Geheimnis aus der Handtasche, legte es in einen Umschlag, packte es hübsch ein und machte sich auf den Weg, es bis zum Geburtstag auf dem Dachboden zu verstecken.
Der Dachboden gruselte sie ein wenig, denn sie hasste es, mit dem Stab die Dachbodentreppe von der Decke zu ziehen. Wenn sie dann oben war, ging sie ungern rückwärts die Treppe wieder hinunter. Aber der Dachboden war der Ort, wo Joost wohl kaum das Geburtstagsgeschenk vermutete.
Oben schaute sie sich um und überlegte