Meine Miesen Morde
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Über dieses E-Book
Fast schon gruselig mutet die Geschichte von Wiebke in "Das kleine Biest" an. Dort verschwören sich Grundschüler gegen ihren Klassenlehrer.
Auch auf "Deichland" tut sich nichts Gutes.
Ein fremd gehender Radiologe entledigt sich in "Liebe Macht Mörder" geschickt seiner Ehefrau und "Beeke" tut einem leid in der Opferrolle ihrer Geschichte. Die "Biokiste" eignet sich nicht nur für Vegetarier, sondern auch für Mörder.
Und noch ein Tipp: Bei Dessous sollte man immer die richtige Größe kennen.
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Buchvorschau
Meine Miesen Morde - Andrea Lieder-Hein
1. Beeke
Die Faust traf sie völlig unerwartet, aus dem Nichts, wie immer. Aber sie hatte gelernt, keinen Ton zu sagen, auf keinen Fall zu schreien, und keine Hilfe zu holen.
Beeke fasste sich vorsichtig an ihr linkes Auge und fühlte das feuchte Blut an ihrer Wange. Schmerzen hatte sie keine, keine körperlichen, die kamen erst später. Die seelischen hatte sie schon lange. Die konnten nicht schlimmer werden.
Warum er das tat? Sie wusste es nicht. Sie hatte auch in den sieben Ehejahren nie ein Muster erkennen können, wann und warum er zuschlug.
Weert sah ihr direkt in die Augen, und Beeke senkte artig ihren Blick nach unten. „Nur nicht auffallen, nur nicht aufmüpfig sein", dachte sie.
„Schlampe. Siehst aus wie ‘ne Nutte. Warst wieder in der Stadt? Mit dem Flittchen von nebenan? Männer aufgeilen?"
Beeke verletzten die Anschuldigungen.
„Immer diese nuttigen kurzen Röcke. Kann man deinen ganzen Arsch sehen. Geht das nicht etwas keuscher? Oder mal ‘ne Jeans? Wie andere? EH? ANTWORTE!"
Aber ehe sie antworten konnte, ließ er sein Knie hochschnellen und traf genau in ihren Bauch. Dann trat er zu, einmal, zweimal, dreimal. Beeke spürte keinen Schmerz. Wie ein nasser, gefühlloser Sack lag sie inzwischen auf dem Boden vor ihm, hilflos und ausgeliefert.
Dann klingelte es an der Tür.
Weert öffnete die Haustüre. Vor ihm standen zwei Polizisten, nein, ein Polizist und eine Polizistin.
„Wir sind von Nachbarn gerufen worden. Die wollen gesehen haben, dass Sie Ihre Frau geschlagen und getreten haben?"
„WAS? Ich? Meine liebe Beeke? Kommen Sie nur herein, meine Frau ist im Wohnzimmer." Damit ging Weert voran und die beiden Beamten folgten ihm.
Im Wohnzimmer lag Beeke inzwischen auf der Couch, in eine Decke gehüllt. Über ihr Gesicht konnte sie nichts legen, das hätte komisch ausgesehen. Die Polizistin kam zu ihr und sah sie an.
„Was ist passiert?", fragte sie besorgt, während ihr Kollege mit Weert über Fußball plauderte.
„Nichts. Ach, die Beule am Auge? Ich bin gegen die Tür gestolpert. Nichts Schlimmes."
„Andere Frauen sagen meistens, sie seien die Treppe runtergefallen oder gegen den Schrank gelaufen. Aber wenn Sie nichts sagen, werden Sie es Ihr ganzes Leben ertragen müssen. Er wird NIE aufhören. Ich kenne das. SAGEN Sie was. TUN Sie was."
„Wirklich, Sie irren sich. Die Nachbarn haben angerufen? Meine Freundin wohnt nebenan. Sie sorgt sich dauernd um mich, weil ich schwanger bin. Im vierten Monat. Und wenn mein Kreislauf runtersackt, dann stützt mich mein Mann, und er schreit dann auch ganz verzweifelt, denn wir haben uns dieses Kind sehr gewünscht. Als ich fiel, da habe ich mich an der Tür verletzt. Weert, mein Mann, war so verzweifelt, weil ich mir weh getan hatte."
Weert kam mit dem Beamten dazu. „Na, alles geklärt? Und du hast Fremden erzählt, dass wir ein Kind erwarten? Sollte doch noch ein Geheimnis bleiben. So, ich bringe Sie jetzt zur Türe. Ist doch alles klar?"
Es war alles klar. Die beiden Polizisten gingen. Weert kam zu Beeke und krabbelte unter ihre Decke.
„Meine Liebe, du bist schwanger? Oh, wie schön, ich freue mich. Endlich mal eine gute Nachricht."
Er strich ihr zärtlich über das Gesicht, über ihre Lippen, über das verletzte Auge und dann über ihren Bauch.
„Weißt du schon, was es wird? Ein Junge?"
Beeke nickte und er küsste sie jubelnd, überglücklich und ganz zärtlich.
„Entschuldige, Beeke, dass ich dir weh getan habe. Es passiert manchmal. Du weißt das. Ich will es nicht, aber ich liebe dich so sehr. Und wenn ich dich dann in so einem aufreizenden Rock sehe, dann bin ich sehr eifersüchtig. Du bist doch mein Goldstück, mein Alles. Verzeihst du mir? Ich liebe dich doch so. Dich, nur dich."
Beeke konnte seine Tränen sehen und streichelte seine wunderschönen Haare.
Der folgende Tag war ein Freitag und Beeke sprang beim Klingelton des Weckers aus dem Bett. Es war erst sechs, aber die Sonne schien schon ins gemeinsame Schlafzimmer. Weert öffnete verschlafen die Augen, sprang ebenfalls aus dem Bett und lachte seine Frau an. „Bleib noch ein wenig liegen, Süße, heute mache ich Frühstück. Dabei legte er ihr zärtlich seinen Arm um die Schulter und drückte sie an sich. „Hast du dir verdient. Bist doch meine Beste. Und den Jungen nennen wir Tamme, wie Papa. Gefällt dir doch auch?
Ausgerechnet den Namen ihres feisten Schwiegervaters? Ihr wurde ganz übel, aber neue Schläge, bevor die alten verheilt waren, wünschte sie sich nicht. Außerdem war sie schwanger. Da war alles anders. Im Grunde glaubte sie ganz fest, dass Weert sich ab jetzt ändern könnte. „Tolle Idee, das mit Papa. Tamme ist ein schöner Name für einen Jungen. So männlich, finde ich", lächelte sie ihn an. Damit waren diesmal die richtigen Worte getroffen.
Nach dem Frühstück verließ Weert das Haus pünktlich um 7:15 Uhr, denn dann holte Joost ihn ab. Joost und Weert arbeiteten beide beim Optiker Heyen. Müde und traurig schleppte sich Beeke ins Bad, duschte länger als sonst, streichelte ihren Bauch und zog sich mühselig an. Ihre linke Gesichtshälfte tat nun weh und der Stoß in den Unterleib machte sich auch bemerkbar. Aber zum Arzt traute sie sich nicht.
Mit etwas Make Up und Puder kaschierte sie den blauen Fleck im Gesicht und kämmte ihren Pony lässig über ihr Auge. Noch während sie das gelungene Ergebnis bewunderte, klingelte es an der Tür.
Es war Fenna, ihre Freundin. Fenna nahm Beeke in den Arm und versuchte sie zu trösten.
„Ich habe alles mit angesehen, gestern, durchs Fenster. Ich habe auch die Polizei gerufen. War das falsch? Aber du bist schwanger. Willst du, dass er euch beide tot schlägt? Fenna schaute auffordernd auf Beeke. „Tu was. Geh in ein Frauenhaus, geh zur Polizei, geh’ zu deinen Eltern, egal, aber TU WAS.
Insgeheim wusste Fenna, dass Beeke nichts tun würde. Sie liebte diesen Schläger tatsächlich. Wenn man das Liebe nennen konnte.
Während Beeke Tee kochte, wechselten beide das Thema und schwatzen und lachten ganz wie in alten Zeiten.
Es folgten zwei unbeschwerte, wunderschöne Wochen im August, in denen Weert seine volle Aufmerksamkeit auf Beeke und den ungeborenen Tamme richtete. Fröhlich pfeifend kochte er, half ihr sogar beim Putzen am Wochenende, brachte ihr rote Rosen und hielt immer zwischendurch ihre Hände an seinen Mund. Zärtlich berührte er sie mit seinen Lippen und flüsterte liebevolle Worte. Ja, das Kind hatte wohl alles geändert. Ein warmes, sicheres Gefühl durchflutete Beeke.
Im September hatte Weert Urlaub, und beide hatten sich für zwei Wochen Norderney entschieden. Norderney war zwar teuer, aber so schlecht verdiente Weert bei Optiker Heyen nicht, und auf Norderney war immer was los. Beeke hätte gerne auch gearbeitet, aber das hatte ihr Weert streng verboten. „Eine Frau arbeitet im Haus, für ihre Kinder und ihre Familie", sagte er immer. Und jetzt, wo sie bald Mutter werden würde, da hatte er sogar recht.
Die Fahrt mit dem Auto war angenehm, ein Dauerparkplatz schnell gefunden und die Überfahrt auf der Fähre war kurz und schön. Beeke stand oben und schaute auf das weite Meer. Alle Sorgen fielen von ihr ab. Ihr Baby bewegte sich inzwischen, es hatte die Tritte überlebt, der routinemäßige Ultraschall war ohne Befund und alles wendete sich zum Guten.
Die Ferienwohnung befand sich unterm Dach, aber so dick und unbeholfen war Beeke noch nicht, dass sie Schwierigkeiten beim Treppe steigen gehabt hätte. Weert half ihr, wo er konnte.
Die beiden Wochen vergingen wie im Flug. Die meiste Zeit hatte Beeke am Strand verbracht. Abends waren beide zusammen durch den Ort und über die Insel gezogen, hatten das herrliche Wetter genossen und waren sich so nah wie lange nicht gekommen. Es war alles anders geworden, endlich, endlich.
Dann war es soweit. Samstag gegen Mittag ging es mit der Fähre heim. Inzwischen rundete sich Beekes Bauch immer mehr und manches fiel ihr schwerer. Trotzdem war sie guter Dinge. „Guter Hoffnung", dachte sie und kicherte in sich hinein.
Zu Hause angekommen packten beide ihre Koffer aus. „Beeke, wo ist mein Troyer?" Der Pulli war Weerts Lieblingspulli und er trug ihn in seiner Freizeit, wann immer das Wetter es zuließ.
„In deinem Koffer?", fragte Beeke.
„Da ist er nicht. Und bei dir?"
„Nein, ich hab hier nur meine Sachen. Vielleicht haben wir ihn im Hotel liegen lassen. Wir rufen da mal an, und wenn er dort ist, dann lassen wir ihn uns zuschicken."
„Was glaubst du, was das kostet? Konntest du nicht besser aufpassen? Packen ist Frauen-Sache. Muss immer alles der Mann machen? Kannst du gar nichts mehr in deinem Zustand?"
Noch ehe Beeke ausweichen konnte, traf sie die flache Hand ins Gesicht. „Muss ja jetzt vorsichtig sein. Wegen dem Kind. Ich frage mich allerdings, ob das Balg von mir ist. Er stierte sie misstrauisch an, schlug noch einmal mit der Linken zu und drehte ihr dann ihren linken Arm um. Beeke schrie wild auf. „HILFE
entrutschte es ihr sogar, aber das war falsch, das wusste sie sofort, als Weert ihr mit ganzer Kraft in den Unterleib trat. „Entweder der Balg überlebt, wenn er mein Kaliber ist, oder das Weichei zerplatz", rief er höhnisch. Beeke krümmte sich vor Schmerzen auf dem Boden und hielt schützend ihre Hände vor das Baby, aber Weert hatte alle Wut verloren, nahm seine Kappe von der Garderobe und verließ das Haus.
*
Fenna war bei dem Hilfe-Schrei ihrer Freundin in den Garten gelaufen. Sie sah gerade noch, wie Weert in sein Auto stieg und wegfuhr. „Wird wohl keine Hilfe holen", dachte Fenna und rannte zu Beeke ins Haus. Fenna war promovierte Ärztin, machte