Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Tod auf dem Sockel: Ennos 2. Fall
Tod auf dem Sockel: Ennos 2. Fall
Tod auf dem Sockel: Ennos 2. Fall
eBook389 Seiten6 Stunden

Tod auf dem Sockel: Ennos 2. Fall

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die Krabben aus der Nordsee haben mehr Kilometer auf der Schale als manche ihrer Kunden auf dem Buckel. Die Tour der Krabben von Rostrumersiel nach Marokko wird auch für den Privatermittler Enno von Höhenhaus interessant, als er sich um die mysteriösen Vorfälle rund um die phantasievollen Pantomimen kümmert. Nicht die Bretter, sondern der Sockel, der für die Pantomimen die Welt bedeutet, um aus ihrem Lebenstrott herauszukommen und etwas finanzielle Anerkennung zu bekommen, bestimmt ihr Schicksal.
Eine den Amerikanern nicht wohl gesonnene Regierung hat es auf das amerikanische Militär abgesehen. Eine perfide Aktion zwingt Enno von Höhenhaus wieder einmal, um den halben Erdball zu reisen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum19. März 2015
ISBN9783738019766
Tod auf dem Sockel: Ennos 2. Fall

Mehr von Günther Seiler lesen

Ähnlich wie Tod auf dem Sockel

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Tod auf dem Sockel

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Tod auf dem Sockel - Günther Seiler

    Kapitel 1 Künstlerhotel Worpswede

    Graf Enno von Höhenhaus war müde und abgespannt, als er von seiner, wie er es immer nannte, Familientournee nach Trochelwarft im Kreis Rotenburg Wümme, nahe der Ortschaft Worpswede am Teufelsmoor, zurückkam. Die bekannte Künstlerkolonie Worpswede lag bereits in dem Landkreis Osterholz. Er war zwei Tage bei seinem betagten Vater, dem ehemaligen Senator Graf von Höhenhaus in Fünfhausen, dem Geburtsort von Enno von Höhenhaus. Er hatte zu seinem Vater ein sehr gutes Verhältnis und Enno nahm sich mehrmals im Jahr ausführlich Zeit, um seinen Vater zu sehen und mit ihm ausführlich zu sprechen. Inzwischen war sein Vater für längere Spaziergänge, so wie die beiden es früher liebten, an einen Elektrorollstuhl gefesselt. Das hielt sie aber nicht davon ab, bei windigem Wetter einen langen, ausgedehnten Spaziergang auf dem Deich an der Weser zu unternehmen. Sie packten sich warm ein und genossen die frische reine Luft am Wasser. Sie schauten vorher bei einer kleinen Werft die Motorboote an und es waren schon ganz schöne Dampfer darunter, wie sein Vater bemerkte. So ein Dampfer war immer sein Traum gewesen, doch seine Frau mochte nicht das, wie sie immer sagte, kippelige Wasser unter den Füßen zu haben. Es wurde ihr auch immer schlecht auf dem Wasser. Alleine machte es grundsätzlich keinen Spaß, wenn der Partner das Bootshobby ablehnte. Nun war sie leider schon einige Jahre nicht mehr unter uns. Enno setzte sich auf eine Bank und schob seinen Vater im Rollstuhl vis-a-vis. Sie unterhielten sich angeregt über Themen aus der Politik und Wirtschaft. Sein Vater war lange Jahre ein erfolgreicher Wirtschaftssenator in Bremen gewesen und über die Grenzen der Parteien ein hochgeachteter Mann. Es kam auch heute noch vor, dass ihn der Bremer Bürgermeister um seinen Rat fragte. Vor diesem Besuch war Enno noch zu einem Vortrag als Redner zur römischen Geschichte in der Fakultät der Universität Oldenburg eingeladen worden. Als großer Geldgeber des neuen Hafens in Norddeutschland wurde er von den Verantwortlichen in Oldenburg mit weiteren Personen zu einem informellen Abendessen in einem gutbürgerlichen Restaurant eingeladen. Es gab ganz auf norddeutsche Art Grünkohl mit den üblichen Fleischbeilagen. Die Bremer sagten allerdings Braunkohl dazu. Das Essen war wunderbar und als Verteiler nach dem Essen wurde in vorgekühlten Gläsern ein eiskalter Korn gereicht. Das Gespräch, sowie das Essen waren rundum gelungen.

    Er parkte seine 7,20 Meter lange amerikanische Stretchlimousine vor seinem Anwesen in Trochelwarft ein, nachdem sich das große, schmiedeeiserne Tor lautlos öffnete. Enno nahm seinen Rollkoffer aus dem hinteren Teil seines Fahrzeuges heraus. Danach betrat er die Diele in seinem großen Haus. Das reichlich große Anwesen bestand aus dem reetgedeckten Haupthaus, mit einigen Garagen und das von ihm geliebte reetgedeckte Heidehäuschen, Häuschen war gut, es war schon ein wunderschönes Haus mit weißen Fensterrahmen und Butzenscheiben. Davor standen alte Bäume, die im Sommer genügend Schutz vor der Sonne gaben. Für den Gärtner war eine große Werkstatt vorhanden. Mit Enno lebten der Butler Heinrich, Hiltrud die Küchenperle und als Neuzugang ein begnadeter Gärtner aus Uruguay, mit Namens Felipe auf dem Anwesen. Dieser Gärtner hatte, wie man so schön sagte, einen grünen Daumen. Der Garten sah immer sehr gepflegt aus.

    Enno trug den Titel eines Grafen und war ganz nebenbei noch Honorarprofessor für römische Geschichte. Dieser Titel wurde ihm von einer italienischen Universität verliehen. Darauf war Enno sehr stolz. Er hielt als Honorarprofessor neben zahlreiche Vorträge auch Seminare an Universitäten ab, er hatte aber das Recht und auch vielmehr das Glück, sich alle Termine am Anfang eines Jahres selber auszusuchen. Auch war Enno von Höhenhaus an internationalen Universitäten ein gern gesehener Gast. Seine Seminare kamen gut an und wurden auch von Studenten im vorgeschrittenen Alter gerne belegt, sofern Platz im Hörsaal war.

    Heinrich sein Butler öffnete die Tür und wünschte ihm einen guten Abend. Enno erwiderte den Gruß und ging gleich in seine Bibliothek. Heinrich brachte ihm eine Karaffe kaltes Wasser in die Bibliothek. Er war ein guter Butler, der sah ihm sofort seine Müdigkeit an und sagte nichts weiter. Enno nahm aus dem Humidohr eine besonders gute kubanische Zigarre. Das war ansonsten seine besondere Sonntagszigarre. Er öffnete die Terrassentür und setzte sich in den gemütlichen, gepolsterten Gartenstuhl hinein. Heinrich kam hinter ihm her und stellte die Karaffe Wasser sowie einen Aschenbecher auf den Tisch: „Herr Graf, hier ist eine Einladung für Sie. Benötigen Sie mich ansonsten noch? Enno hatte es längst aufgegeben, dass er die Anrede mit seinem Titel ruhig lassen konnte, es war aber vergebens. Vielleicht, dachte er einmal, empfand Heinrich das schon als reine Kumpelei und er kam mit seiner eigenen Butlerehre ins Gehege. Es wurde ihm sicherlich in seiner Butlerausbildung in England und darauf war er Stolz, so gelehrt, die Herrschaft immer korrekt anzureden. Nun gut, Enno nahm ihm die Einladung ab und sagte: „ Nein danke Heinrich, den Poststapel habe ich schon gesehen, heute lege ich nur die Füße hoch und ich wünsche dir eine gute Nacht. Heinrich verbeugte sich leicht nach vorne, als er erwiderte: „Danke sehr, einen guten Abend und eine geruhsame gute Nacht wünsche ich Ihnen." Heinrich war auch schon lautlos von der Terrasse und aus dem Raum gegangen. Enno legte sich entspannt zurück, wärmte mit einem brennenden Streichholz seine Zigarre von der Unterseite an und entbrannte diese. Er schaute dem wohlriechenden und im wahrsten Sinne des Wortes kostbaren Rauchkringel in der Luft zu. Enno nahm die Einladung und öffnete den Umschlag. Er kannte schon die schwungvolle Handschrift von Mechthild Brunckhorst. Das war die Ehefrau von Theo Brunckhorst aus Worpswede. Den Theo Brunckhorst lernte Enno sozusagen beruflich kennen. Denn Enno war nicht nur ein Graf und Professor, nein, er hatte eine noch viel größere Leidenschaft in seinem Leben entdeckt. Damit wurde er inzwischen auch auf eine nette sowie liebevolle Art und Weise von seiner Familie aufgezogen. Die alten Hinterlassenschaften wie Scherben der Römer mussten bisher immer für Hänseleien über ihn bei Familienfeiern herhalten. Die Variationen dafür schienen unendlich bei seiner Familie zu sein. Speziell seine von ihm geschätzte Nichte Brigitta von Höhenhaus, konnte hier sehr phantasievolle Abhandlungen zum Besten sowie zum Schmunzeln der Gesellschaft bringen. Auch mit seinem neuen Hobby, wie seine Nichte bemerkte, hatte sie ihren großen Spaß am Necken. Enno von Höhenhaus hatte für sich die Aufklärung von ungelösten Kriminalfällen entdeckt, er selber nannte sich ganz bescheiden einen Privataufklärer. Den Begriff Privatdetektiv mochte er nicht besonders, das sah so nach Schlapphut, dunkler Sonnenbrille mit dampfender, gebogener Pfeife im Mund und hochgezogenem Trenchcoatmantelkragen sowie Blicke in alle Richtungen aus. Nein, Enno liebte besonders die Fälle, die hart wie Nüsse waren und wo er etwas zu knacken hatte. In dieser Tätigkeit begegnete ihm auch Theo Brunckhorst. Der war seinerzeit der Vizepolizeipräsident der Polizeiinspektion von Rotenburg an der Wümme und Zeven. Die Personalpolitik des Innenministeriums in Hannover war in seinem Fall nicht ganz nachvollziehbar. Der amtierende Polizeipräsident war sehr lange krankheitsbedingt nicht im Dienst und Theo Brunckhorst vertrat ihn, dabei machte er seine Arbeit sehr gut. Theo war als Vorgesetzter bei seinen Beamten sehr beliebt. Seine Beamten waren mit seiner Führung glücklich und sie erledigten engagiert ihre Arbeit. Als dann die Beförderung von Theo zum Polizeipräsidenten anstand, stellte jemand vom Personaldezernat in Hannover fest, dass dieser ja bereits Pensionsnah war und wenn er jetzt befördert werden würde, stiegen demnach ja auch automatisch seine Pensionsansprüche. Schlau wie die Innendienstler waren, wollte man doch gleich einen jüngeren Beamten aus dem höheren Führungskader nehmen. Man entschied sich tatsächlich für einen weitaus jüngeren Beamten, der somit auf den Posten des Polizeipräsidenten von Rotenburg und Zeven befördert wurde. Natürlich war die Enttäuschung bei Theo sehr groß, er hegte aber nach einiger Zeit keinen Groll mehr und machte seine Arbeit engagiert wie bisher weiter. Irgendwann gefiel ihm die Art seines neuen Vorgesetzten mit dem Umgang seiner Untergebenen nicht mehr. Theo musste sich schon wundern, wie ein junger, intelligenter Mensch mit einer guten Schulbildung und einer sehr guten Ausbildung bei der Polizei sich so auf das Niveau eines brüllenden Hauptmannes auf dem Kasernenhof aus der Kaiserzeit herabließ. Seine Untergebenen waren schließlich überwiegend gestandene Beamte, die in der Verbrechensbekämpfung etwas vorweisen konnten und auch die angehenden neuen, jungen Kollegen sollte man respektvoll behandeln, auch wenn mal etwas nicht ganz so reibungsvoll klappte. Theo hatte viele und lange Gespräche mit seinem neuen Vorgesetzten geführt. Er konnte ihn aber in seiner Haltung nicht ändern. Bei einem guten Glas Rotwein besprach er in seinem schönen großen Haus in Worpswede den Fall mit seiner Frau, die auf ihrem Anwesen eine Mal- und Künstlerakademie mit interessanten Lehrern aus ganz Deutschland mit angrenzendem Hotel betrieb. Vorher war seine Frau eine leitende Polizeidirektorin im Lagezentrum der Polizei in Hannover. Sie hatte sich für die Altersteilzeit entschieden und verwirklichte damit ihren Lebenstraum einer Mal- und Zeichenschule mit eigenem Hotel als Künstlerakademie in Worpswede.

    Sie trank einen Schluck Rotwein, nein sie nippte wie immer an dem Glas, wartete etwas, wahrscheinlich wie sich der Wein im Mund anfühlte und sie sah ihn aufmerksam an. Wie auch sonst war ihr Rat kurz und knapp: „Deine Pension ist sicher, du hast keine Abzüge zu erwarten und reiche doch einfach deine Versetzung zu höheren Aufgaben in dem Hotelgewerbe nach Worpswede ein, denn ich brauche hier dringend einen guten Portier und Kofferträger. Sie lachte und ihre Grübchen sahen aus wie früher. Er musste in solchen Fällen immer auf ihre Grübchen schauen, wie seinerzeit, als er sie kennenlernte. Damals sagte sie: „Wo starren Sie hin? Sehen Sie mir ruhig in die Augen. Er wurde damals sicher das erste Mal in seinem Leben richtig rot im Gesicht. Nun gut sagte er wieder, hielt sein Rotweinglas in der Hand: „Warum auch nicht, aber ich setze als Page kein Käppi auf, eine Uniform habe ich ja vom Dienst her im Schrank hängen. Sie mussten beide herzlich lachen. Sie stießen mit den Gläsern an und ein leises klingendes Geräusch war zu hören. „Auf den neuen Pagen für den Fahrstuhl ohne Käppi, sagte sie weiter lachend. Sie beugte sich nach vorne und gab ihrem Mann einen Kuss auf die Wange.

    Durch eine gute berufliche Zusammenarbeit kamen sich Enno und Theo freundschaftlich näher. Auch die Malschule seiner Ehefrau fand Enno sehr interessant. Er hörte sich einige Vorträge über die Kunst des Malens und der Bildhauerei an. Manchmal musste einer einem die Schleier von den Augen nehmen und man war sehr erstaunt, welche Interessen jemand plötzlich entwickeln konnte oder welche Neigungen zur Malerei in einem steckten. Wenn man dann von Bekannten nach einem Mallehrgang bei der Besichtigung seines Werkes hörte, oh, das hast du gemalt, das finde ich ja richtig gut. Man fühlte sich schon wie ein kleiner Künstler. Enno nahm sich vor, auch einmal bei ihr einen Mallehrgang zu belegen. In langen und vielen Nächten diskutierten sie bei einem guten Tropfen Wein über die Kunst und mit Theo diskutierte er viele Gespräche über die Kriminalistik. Die Familie Brunckhorst war auch schon oft bei Enno auf dem Anwesen in Trochelwarft eingeladen. Auf Partys lud man sich gegenseitig immer wieder ein. Es stimmte schon, man kam sich freundschaftlich näher und sie fühlten sich miteinander verbunden. Seit der damaligen Entscheidung, den Polizeidienst zu quittieren und das mühselige Leben, wie Theo lachend Freunden gegenüber einmal bemerkte, das Leben eines Pensionärs, natürlich nicht als Rentner, das sind die anderen, zu beginnen, war schon einige Zeit vergangen. Theo musste sich neu sortieren, denn er wollte um alles in der Welt nicht auf einer Parkbank mit Taubenanschluß zum Füttern enden. Er stellte sich auch vor, wie er auf einer Parkbank in Worpswede saß, um einmal den Touristen in der Hauptstraße wehmütig nachzublicken. Wenn keine Touristen in Worpswede vorhanden waren, würde er mit seinen neuen gefiederten Freunden reden und sie füttern. Ihr seid alles, was ich habe und ihr versteht mich mit meinem gebrochenen Herzen, keiner mag mich. Keiner hat mich richtig lieb. Was er von seiner Frau erntete, war ein nachdenklicher und sorgenvoller Blick für seine Zukunft als Pensionär.

    Also, es wurde als Pensionär kräftig in die Hände gespuckt und angepackt. Das Hotel sollte erweitert werden und dazu sprachen sie einen befreundeten Architekten an. Die Zeichnungen sowie die Hotelerweiterung wurden unter der Aufsicht des Herrn Baurates Theo Brunckhorst vorgenommen. Auch wenn beim Haare raufen die letzten Büschel bei Theo für den Neuanbau zum Opfer fielen, weil nicht alles auf Anhieb klappte, war er zum Abschluss recht zufrieden. Das Hotel war noch schöner und heller als vorher. Das großzügige neue Atelier war schon ein Hingucker für sich. Die angereisten Gäste für die Malkurse blieben erst einmal staunend in der Tür zum Atelier stehen. Das ganze Ambiente des Hotels und auch die Außenanlage mit den alten großen Bäumen, die ausreichend Schutz vor der Sonne gaben, waren einfach ein Genuss. Hier konnte man in Ruhe ungestört malen sowie bildhauerisch unter einer Anleitung von Fachleuten tätig werden. In der neuen angebauten Werkstatt wurden auch qualifizierte Töpferkurse angeboten. Hier war ein kreatives Auftanken möglich, denn nur an einem sonnigen Strand zu liegen, konnte auch für eine gewisse Zeit schön und erholsam sein. Doch viele Leute hatten eine innere Freude und Zufriedenheit daran, wenn sie ihr Meisterwerk betrachteten und zuhause zeigen konnten. Einige angehende Künstler und auch richtige Künstler hatten ihre Werke hier aufgehängt. Im Skulpturengarten auf dem Anwesen standen schon einige ansehnliche Kunstwerke, die auch von der Fachwelt durchaus bewundert wurden.

    Am nächsten Tag stand Enno sehr spät auf, nach dem Frühstück ging er in seine Bibliothek und vorher sagte er Heinrich Bescheid, dass er die Einladung von Frau Brunckhorst annehmen wollte. Heinrich möchte ihn bitte gegen Nachmittag zu den Brunckhorst fahren. Das Mittagessen und das Abendbrot für ihn fielen demnach aus, das möchte er bitte der Köchin Hiltrud mitteilen. Durch die Abwesenheit von einigen Tagen war eine Menge an Post eingegangen und Enno wollte bis zur Abfahrt noch einiges aufarbeiten. Auch wollte er wichtige Notizen für den nächsten Vortrag in seinen Laptop eingeben, denn ihm waren einige geschichtliche Ungenauigkeiten in seinem Vortrag aufgefallen. Auf eine Sache wurde er sogar von einem aufmerksamen Zuhörer, einem jungen Mann, hingewiesen. Enno unterhielt sich nach dem Vortrag mit ihm und bedankte sich für den Hinweis. Dabei erfuhr er, dass dieser junge Mann schon einige seiner Seminare in Hamburg besuchte und ihm aufgrund des damaligen Vortrages von dem Herrn Professor von Höhenhaus eine Passage zum jetzigen Vortag auffiel. Alle Achtung, bemerkte Enno, Sie haben von mir gelernt. Der junge Mann wurde leicht verlegen. In dem Gespräch erfuhr Enno auch, dass der junge Mann nach seinem Studium zur Hochschule als Lehrer nach Rom gehen würde. „Na denn Prost, Herr Kollege", sagte Enno und sie stießen mit den Gläsern an. Enno zog sich für den Besuch um und Heinrich wartete schon mit der amerikanische Stretchlimousine vor der Tür, das schmiedeeiserne Tor wurde schon von Heinrich per Knopfdruck automatisch geöffnet. Enno saß im Fond seines Fahrzeuges. Er sah zufrieden aus dem Fenster des Fahrzeuges und leise wie ein Kätzchen schnurrte die lange Limousine über die Landstraße nach Worpswede.

    Kapitel 2 Tagträume

    Daniel Böttcher kam gutgelaunt die Treppe aus seinem Haus gelaufen. Er suchte sein altes Auto auf und verstaute seinen Koffer mit seinen Utensilien auf dem Rücksitz des Fahrzeuges. „Hoffentlich springt der Motor an, denn in den letzten Tagen schwächelte die Batterie etwas, dachte Daniel. Er hatte kein Geld für eine neue Fahrzeugbatterie. Von einer Anschaffung eines anderen gebrauchten Fahrzeuges ganz zu schweigen. Daniel Böttcher war ein junger Mann, der an einer hiesigen Schule in Nienburg an der Weser Sozialpädagogik studierte und mit Kindern schon immer gut umgehen konnte. Zeitweise war er der Überraschungsgast als Clown für Geburtstage unterwegs, aber das Geschäft lief nicht besonders gut. Man musste auch immer eine ganze Menge an Überraschungsgags für die Kinder auf Lager haben. Nur Konfetti hoch zu werfen und aus den Luftballons nach dem Aufpusten die Luft quietschend entweichen zu lassen, kam selbst bei den ganz kleinen Kindern nicht immer an. Die junge Generation der elektronischen Spielgeräte wollte schon etwas geboten bekommen. Daniel konnte sich finanziell keinen kleinen Zirkus leisten, der kleine rosa Elefanten durch brennende Ringe springen ließ und die Kinder dann gelangweilt ein „Cool ausriefen, wie er es einmal überspitzt einem Freund andeutete. Also überlegte sich Daniel etwas anderes. Er suchte lange nach Möglichkeiten, die etwas Geld einbringen würden und wofür man kein allzu teures Equipment brauchte. Erst überlegte er, ob er sich in seiner Freizeit als Straßenmaler auf wichtigen Marktplätzen bemühen sollte. Er konnte ganz gut Zeichnen und Malen, im Kunstunterricht stand er immer auf einer Eins, doch für diese Art der Kunst reichte es nicht aus. Er hatte auch keine große Lust, den ganzen Tag mit der bunten Kreide in der Hand auf dem Boden herum zu rutschen. Wenn dann das Werk endlich fertig war, kam bestimmt ein großer Wolkenbruch und alles war dahin. Die Kreidekunst auf dem Boden zerronn ihm nicht durch die Finger, sondern die Kunst löste sich schlicht mit dem Regenwasser zum nächsten Gully als gefärbtes Wasser in Wohlgefallen auf.

    Er wollte auf den Sockel des Lebens, das strebte er zumindest an. Also, er wollte sich als Pantomime vor einem Theater, Markt oder Kirche aufstellen. Dazu brauchte er einen Gewerbeschein und eine Nutzungsgenehmigung der jeweiligen Stadt. Ordnung musste ja sein und schon konnte er stehen, bis er schwarz wurde, pardon, ihm schwarz vor Augen wurde, wie sein Onkel diesen Plan missbilligend als brotlose Kunst abtat. Seine Schwester war eine gelernte Schneiderin und sie war von seinem Plan ganz fasziniert. Sie zeichnete diverse Kleidungsmodelle für ihn, als Clown, Biedermann, Bettler, Kardinal und wer weiß sonst noch etwas. Alles gefiel dem Daniel aber nicht so recht, bis er einmal im Kino einen Edelmann wie vor zweihundert Jahren sah. „Das war es", dachte er. Schön bunt mit Brokat, kleinen Schleifen, eine entsprechende weite bunte seidene Hose und das obligatorische Tuch in der linken Hand. Das Gesicht war entsprechend weiß bis grell in den Farben zu schminken. Daniel war richtig euphorisch von seinem Plan, er dachte an nichts anderem mehr. Er stellte seine fertige Pose auf dem Sockel als Foto in das Internet, als er eines Tages Post von einer Anwaltskanzlei Vossegat und Roisbroek in der Grachtlane 11 aus Brüssel Neustadt bekam. Erst dachte er an eine Werbesendung von Rechtsanwälten, obwohl er schon wusste, dass die Eigenwerbung für Anwälte eng geregelt war. Als Daniel den Brief öffnete, wurde er erst blass und dann musste er sich setzten. Es handelte sich um eine Abmahnung nach dem deutschen, europäischen, sowie internationalem Urheberrecht. Denn er sollte weltweit gegen die Eigentumsrechte der Mandantin dieser Kanzlei aus Brüssel Neustadt, eine Pantomimenvermittlungsgesellschaft mit Vermarktungsrechten für Darstellungen von Pantomimen aller Art, von Kunstdarbietungen im Freien, sowie in Hallen, Theatern, Kinos, ja sogar im privaten Bereich verstoßen zu haben. Diese Pantomimengesellschaft vergab weltweit gegen eine Gebühr die Rechte, für freischaffende Darsteller Pantomimen aller Art auf öffentlichen und nicht öffentlichen Plätzen und Gebäuden sowie privaten Häusern und Wohnungen darzustellen. In der Abmahnung hieß es. Sie haben gegen diese Rechte unserer Mandantin verstoßen und Sie müssen eine Gebühr von siebenhundertfünfzig Euro zahlen, hinzu kämen unsere Anwaltskosten. Ansonsten werden wir Sie vor einem deutschen, notfalls europäischen Gericht zum Urheberrecht hin verklagen und das wird für Sie sehr teuer werden. Wenn Sie den Betrag innerhalb von zwei Wochen an uns zahlen, werden Sie automatisch Mitglied bei unserer Mandantin für eine Jahresgebühr von hundertfünfzig Euro. Dieser Jahresbeitrag war jetzt in der zu zahlende Summe enthalten. Ab dem nächsten Jahr zahlen Sie bitte diesen Beitrag von hundertfünfzig Euro jeweils bis zum 5. Januar eines jeden Jahres direkt an die Mandantin. Es galt eine Vertragsdauer von vier Jahren. Die Kontoverbindung lag anbei, hieß es lapidar. Sieh mal an, dachte Daniel, die haben sogar ein Konto in Deutschland. Er machte das Beste daraus, bat seine Tante um den Betrag und sagte ihr voller Stolz, er sei jetzt Mitglied in einem internationalen wichtigen Künstlerverein, die ihn auch betreuen würden. Jetzt begann seine schauspielerische Karriere meinte er, dabei sah er seine Tante mit festem Blick offenherzig in die Augen. Nachdem das Geld an die Kanzlei gezahlt wurde, bekam er die Mitgliedskarte mit einem freundlichen Begrüßungsschreiben und der beiliegende Schminkkasten war ein Begrüßungsgeschenk für den neuen Künstler. Man wünschte ihm alles Gute für den Sockel als Grundlage einer lukrativen, sowie freien Tätigkeit der Pantomimen, die die Welt bedeuteten. Er war jetzt sein eigener Herr mit frei zu wählenden Arbeitszeiten sowie Arbeitsorten. Kein Chef würde ihm jemals wieder Anweisungen erteilen können. Er durfte jetzt in ganz Europa und sogar weltweit seiner künstlerischen Tätigkeit ohne Einschränkungen nachgehen. Da boten sich im Urlaub ja ungeahnte Verdienstmöglichkeiten an. Den halben Tag würde er auf dem Sockel als Pantomime stehen und am Nachmittag, wenn es besonders heiß werden würde, lag er am Strand und ließ sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Der Urlaub würde sich quasi von alleine finanzieren. Wenn es gut liefe, könnte man ja locker noch ein paar Urlaubswochen anhängen. Er sah sich im Geiste schon auf seinem Balkon im Hotel die vielen Geldstücke durchzählen.

    Geldverdienen, durch pures Stillstehen auf einem Sockel. Daniel fühlte eine Welle einer Glückseligkeit bei diesen ungeahnten Möglichkeiten. Er sah sich weiter als Manager von Darsteller zu Darsteller im sonnigen Süden laufen, um die Einnahmen als Unternehmer zu kassieren. Eine Gelddruckmaschine auf einem simplen Sockel. Warum da bloß nicht mehr Menschen auf diese Idee kamen, fragte sich Daniel ernsthaft. Bloß keine Werbung für diese tolle Idee veranstalten. Wenn er zehn Jahre immer fleißig seine Jahresbeiträge pünktlich zahlte, so bekam er ein Angebot, für einen Jahresbeitrag von fünfhundert Euro zusätzlich bis zu vier Pantomimendarsteller auf seine Kosten zu beschäftigen. Diese tollen Aussichten standen in den Unterlagen seiner Künstleragentur aus Brüssel Neustadt. Diesen erweiterten Jahresbeitrag hätte er schnell durch die engagierten Teammitglieder wieder eingespielt und er würde sehr schnell im Plusbereich seines Verdienstes sein. Weitere lukrative Möglichkeiten in der Aufstockung bis zu zehn Mitarbeiter würden sich nach fünfzehn Jahren für ihn ergeben. Eine Voraussetzung war aber, dass die Beiträge immer pünktlich flossen. Beitragserhöhungen waren nach vier Jahren möglich. Der Wettbewerb sei hart und man wolle den Mitgliedern immer einen tollen Service mit wichtigen Informationen an attraktiven Standorten in aller Welt bieten. Dazu müssen unsere Mitarbeiter weltweit unterwegs sein, denn wir sehen uns alles selber vor Ort an. Wir gehen nach unserem Motto vor, alles aus erster Hand zu erfahren und dieser Service hatte natürlich seinen berechtigten Preis, meinte die Agentur für Pantomimenvermittlungen.

    Wir haben für Sie eine weitere völlig kostenlose Überraschung. Hier kommt unser absolut sensationelles, sowie einmaliges Angebot für Sie. Sie sind einer der wenigen Menschen, die unser neues Solarsystem aus der Raumfahrtforschung für die Kleidung testen dürfen. Es handelte sich dabei um eine dünne Batteriefolie, in die Solarzellen eingearbeitet wurden. Diese kleine Folie müssen Sie auf der nackten Haut unterhalb Ihres Nackens per Klippverschluss anbringen. Das Tolle war, es handelte sich um eine Folie, die mit einem USB Anschluss versehen wurde. Das Kabel reichte aus, um es vorne in der Kleidung zu tragen, damit Sie als Pantomime auch immer ein geladenes Handy oder ein Musikabspielgerät unbegrenzt an Strommöglichkeiten dabei haben. Sie sind bei Ihren künstlerischen Auftritten unabhängig von dem Stromnetz. Sie produzieren während Ihrer interessanten Auftritte im Freien auch bei bewölktem Wetter Ihren eigenen Strom. Sind wir nicht richtig gut? Doch denken Sie daran, die Folie muss immer einen direkten Kontakt mit der Haut an Ihrem Rücken unterhalb des Nackens haben. Die kleine Antenne muss in den Kragen oder auf dem Rücken getragen werden.

    Daniel war richtig stolz darauf, ein Mitglied einer so wichtigen europäischen Künstlergilde zu sein, die sich wirklich um ihre Mitglieder kümmerten. Der Anfangsärger über die Abmahnung mit dem vielen Geld verflog schnell. Das Geld würde er sicher irgendwann wieder einspielen, da war er ganz sicher. Sein extravagantes Kostüm würde ganz wunderbar schick zur Geltung kommen. Er durfte sogar als Mitglied weltweit neben den örtlichen Zulassungsbestimmungen auf seinen Sockel steigen. „ Das waren doch alles neue und ungeahnte Möglichkeiten", dachte Daniel. Ich durfte sogar in Sydney in Australien stehen, wo die reichen Touristen sich auf den wichtigen Plätzen tummelten und die gebratenen Tauben fliegen mir nur so in den Mund. Fast, denn ich durfte mich ja über Stunden nicht bewegen, nur wenn es im Federhut klingelte, bewegte ich mich majestätisch langsam zum edlen Spender hin und ich bedankte mich sozusagen von oben herab vom Sockel her.

    Daniel parkte sein altes Auto in der Tiefgarage am Rathaus in Nienburg an der Weser. Er zog sich in noch in dem Parkhaus in einer Ecke um und er schminkte sich. Er war tatsächlich nicht wiederzuerkennen. Zur Kontrolle seiner Schminke blickte er in seinen linken Außenspiegel seines Autos. Er ging in der Richtung zum Marktplatz, auch grüner Platz in Nienburg genannt und stellte seinen mitgeführten Sockel gegenüber der Kirche zum Heiligen Willehad auf, prüfte anhand eines Schminkspiegels nochmals sein Aussehen. Er war mit sich zufrieden. Der Sockel stand fest und die ersten Besucher bewunderten ihn. Einige Passanten kannten ihn schon von vorherigen Auftritten in seiner Heimatstadt Nienburg. Er überlegte sich in der langen Zeit auf dem Sockel, dass er demnächst seine Schwester bitten würde, eine weitere umfangreiche Garderobe für ihn zu schneidern. Bevor er das große Geld im Süden in der Sonne verdienen wollte, träumte er von einem kleinen Fundus, den er über Land zum Besuch von mehreren Städten in einem Wohnmobil deponieren würde. Wie ein berühmter Schauspieler aus dem eleganten Wien würde er an seiner neuen Wirkungsstätte vorher die passende Garderobe auswählen, um dann unter dem Beifall der begeisterten Menge auf seinen Sockel zu steigen, um sozusagen Hof zu halten. Vielleicht würde er sogar einmal nach Brüssel fahren, um auf dem Markt oder sogar vor dem Europaparlament auf seinem Sockel zu stehen, wer weiß, was die nahe Zukunft so alles für ihn bringen würde. Sein großer Traum blieb aber der Süden in Spanien oder Portugal auf den berühmten Plätzen mit den vielen Touristen.

    Einige Besucher des Marktes im kalten Nienburg an der Weser bummelten an ihm vorbei, einige blieben für Fotos an ihm angelehnt stehen und wieder andere gaben ihm einige Münzen in seinen wunderbaren zweiten Federhut, der vor ihm auf der Erde lag. Es lief heute Morgen alles sehr gut, das schien ein lukrativer Tag zu werden. Als gerade zwei Japaner sich neben Daniel stellen wollten und ein weiteres Mitglied der japanischen Gruppe lächelnd und gestikulierend einen der umstehenden Leute bat, ein Foto von allen dreien der Japaner zu machen, knickte Daniel vom Sockel weg und fiel mit dem Gesicht nach vorne um. Er schlug hart auf das Kopfsteinpflaster auf. Die drei danebenstehenden Japaner wichen erschrocken beiseite und einige Frauen schrien auf. Sein Federhut rollte noch über das Marktpflaster und wurde von einer leichten Windbö weiter geweht. Zwei Kinder, die nur den vom Wind rollenden Hut sahen, liefen schnell los und fingen den Hut wieder ein. Die Kinder kamen mit dem Federhut zurück und sie stellten sich zu den Eltern, die den Hut nahmen und ratlos auf den leeren Sockel von Daniel schauten. Eine Marktfrau vom Obststand hatte durch Zufall dem Daniel auf dem Sockel zu gesehen, weil gerade keine Kundschaft an ihrem Stand war. Sie kannte ihn schon in seiner Eigenschaft als Pantomimendarsteller und sie bewunderte ihn, dass er bei kaltem Wind und Wetter in diesem Kostüm so stundenlang fast wie erstarrt auf dem Sockel stehen konnte. Sie sah den jähen Fall von seinem Sockel und sie schrie kurz auf. Sie ging davon aus, dass ihm vom Stehen schlecht wurde und mit ihrer wehenden grünen Schürze kam sie schnell von ihrem Obststand angelaufen und beugte sich zu Daniel auf die Erde. Sie drehte leicht seinen Kopf zu sich, die Augen von Daniel waren geschlossen und sie legte ihn auf die Seitenlage um, wie es die erste Hilfe empfahl. Als Marktfrau hatte sie schon einige Kurse zur ersten Hilfe besucht, denn auf dem Markt kamen ja immer mehr ältere Menschen und da konnte schon einmal etwas passieren. Sie tätschelte seine Wange und rief laut seinen Namen: „Daniel, Junge, was ist los, ist dir schlecht geworden? Hast du Kreislaufprobleme? Hast du zu wenig gegessen und getrunken?" Sie rüttelte und schüttelte heftig an Daniels Schulter, danach versuchte sie, seinen Puls an der rechten Hand zu fühlen. Daniel hörte sie nicht mehr, er stand schon auf einem anderen Sockel, aber auf keinem irdischen mehr. Er war tot.

    Die Marktfrau von dem Obststand mit dem Namen Erna bemerkte, dass etwas mit Daniel nicht stimmte und sie holte aus der Kittelschürze ihr Handy hervor. Sie wählte jeweils den Notruf der Feuerwehr und der Polizei an. Inzwischen kam ihr Standnachbar angelaufen, der Fischhöker, wie er sich selber nannte. Der sagte ganz trocken in seiner plattdeutschen Sprache: „Ich glaube, der ist tot. Mit dem lauten Martinshorn kam der Streifenwagen der Polizei von der einen Seite und von der anderen Seite bog der Notarzt mit dem dahinter folgenden Rettungswagen um die Kirche zum Heiligen Willehad mit ohrenbetäubendem Lärm der Martinshörner ein. Die Blaulichter der Rettungsfahrzeuge sowie des Streifenwagens der Polizei wurden von den Häusern gespenstisch reflektiert. Die Polizisten sperrten den Ort ab, was man so mit zwei Beamten absperren konnte. Die Leute um den Daniel herum wurden immer zahlreicher, der Notarzt stellte seinen Koffer ab und begann mit der sofortigen notfallmäßigen Untersuchung bei Daniel. Die Sanitäter stellten ihr Rettungsfahrzeug quer auf den Platz, öffneten die Heckklappe von ihrem Fahrzeug und holten die Krankentrage aus dem Fahrzeug, die sich nach unten weg selber ausklappte und auf einem Gestell mit Rädern stand. Damit ratterten sie laut über die dicken Marktsteine des Platzes zu Daniel hin. Der Polizeibeamte sah den Arzt an, der nur den Kopf schüttelte und sein Stethoskop in die Notfalltasche steckte. „Nichts mehr zu machen, decken Sie ihn zu, sagte der Notfallarzt. Der zweite Polizist holte eine Plane aus dem Streifenwagen und deckte Daniel vor allzu neugierigen Blicken zu. In der Menge war ein Raunen und Entsetzen zu hören. Die drei Japaner standen beisammen und sie unterhielten sich aufgeregt in ihrer Muttersprache. „ Was die wohl denken mögen", dachte Erna, als ihr diese Gruppe auffiel. Von der Polizei war Verstärkung angekommen und die Menge wurde weiträumig zurückgedrängt. Erna und der Fischhöker gingen langsam mit bedrückter Miene zu ihren leeren Ständen zurück. Dort angekommen, unterhielten sie sich mit den anderen Marktbeschickern, die von ihrem Stand nicht wegkonnten, da sie jede Menge an Kundschaft bedienen mussten. Alle sahen aber mit bangen Blicken zum Unglücksort hinüber. Die neuangekommenen Polizeibeamten wurden informiert und sie begannen, die Zeugen zu befragen und die Namen mit den Adressen zu notieren.

    Kapitel 3 Gute Cocktails

    Die Party in Worpswede bei den Brunckhorst war im vollen Gange. Hier waren auch neben Künstlern Kommunalpolitiker eingeladen worden und sogar eine Senatorin aus dem Senat von Bremen war anwesend. Mit dieser unterhielt Enno sich gerade sehr anregend über die Politik auf Landes- und Bundesebene. Enno war an sich ein ruhiger Vertreter, aber manchmal waren doch politische Entscheidungen nur schwer für den

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1