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PLEMPLEM: ZWISCHEN POETRY UND SLAM
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eBook241 Seiten2 Stunden

PLEMPLEM: ZWISCHEN POETRY UND SLAM

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Über dieses E-Book

Beipackzettel:
Was ist PLEMPLEM und wofür wird es angewendet?
PLEMPLEM ist eine Kombination aus Anekdoten, Kurzgeschichten und Satiren. Das Produkt ist ein Stimmungsaufheller für Bus- und Bahnfahrten, Flugreisen und Ferien, Knast und Krankenhaus. PLEMPLEM eignet sich besonders zur Unterhaltung, Ablenkung und Entspannung.
Was müssen Sie beim Lesen von PLEMPLEM beachten?
Besondere Vorsicht beim Lesen von PLEMPLEM ist erforderlich, wenn Sie allergisch (überempfindlich) auf Humor, Ironie und Kuriositäten reagieren.
Wie ist PLEMPLEM zu lesen?
Lesen Sie PLEMPLEM nach individuellem Bedarf und Stimmungslage. Auch größere Mengen von PLEMPLEM sind gut verträglich und führen im Allgemeinen nicht zu einer Überdosierung.
Weitere Informationen:
Das Lesen von PLEMPLEM kann zu vermehrten Einsichten über neurotisches Verhalten, menschliche Attitüden und individuelle Einstellungen wie Vorurteile, Sympathie und Antipathie führen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum24. Aug. 2020
ISBN9783752913422
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    Buchvorschau

    PLEMPLEM - Christoph Papke

    Job-Coaching

    Wir standen vor verschlossener Tür und warteten auf die Referentin. Vorerst ungefähr 15 Personen, die erfahren wollten, was ein Job-Coach so alles macht und - vor allem – wie er die Arbeitsprobleme seiner leidgeprüften Klientel löst. Da der Tageskurs schließlich von gut 50 Teilnehmern belegt worden war, trafen die noch fehlenden nach und nach ein.

    Natürlich drückten alle neu Hinzugekommenen erst einmal die Klinke, obgleich jedem bei seiner Ankunft vorsorglich mitgeteilt worden war: „Die Tür ist verschlossen."

    Aus langer Weile und weil mich Smalltalks mit anderen Wartenden ankotzen, zählte ich, wie viele Ungläubige ihren erfolglosen Öffnungsversuch mit „Stimmt quittierten oder nach dem Klinkendrücken „tatsächlich murmelten.

    Die „Zustimmenden waren in der Überzahl, reihten sich aber ebenso wie die „Tatsächlichen in den stetig wachsenden Chor derjenigen ein, die jeden Neuankömmling ebenso vergeblich vor der verschlossenen Tür warnten.

    Wie es sich für einen ordentlichen Star gehört, erschien unsere Referentin glatte 15 Minuten zu spät. Man beachtete das „akademische Viertel".

    Anstatt sich aber für die Verspätung zu entschuldigen, schien es der Dame von größerer Bedeutung, die Wartenden beim Aufschließen der Tür erst einmal darüber zu informieren, wie stressig ihr Arbeitsalltag sei, wie überfüllt ihr Terminkalender und wie unduldsam all die Geschäftsführer und Direktoren, die händeringend und voller Panik Tag und Nacht um Hilfe bei der Lösung beruflicher Probleme nachsuchten.

    Vor noch nicht einmal 15 Minuten hätte sie als Führende unter Deutschlands Jobcoachs dem Vorstandsvorsitzenden eines der bekanntesten Dax-Konzerne absagen müssen, weil sie aus Kapazitätsgründen keine Klienten mehr in ihr Personal-Coaching aufnehmen könne, sei das Problem auch noch so groß und der Klient auch noch so bekannt.  Während der Coaching-Star anschließend völlig emotionslos den notorischen Nörglern erklärte, wo sie sich wegen des verspäteten Beginns beschweren könnten, nahmen wir artig unterhalb einer großen Bühne mit Podium Platz, von dem aus die Referentin mit unnötig zur Schau gestellter Überheblichkeit auf ihre Zuhörerschaft hinabblickte.

    „Meine Damen und Herren, begann die Koryphäe am Pult ihren Vortrag, „wie löst ein Coach Personalprobleme?

    Natürlich reckten sofort ein paar Streber ihre Arme in die Höhe. Und natürlich handelte es sich bei der Frage nur um eine rhetorische.

    Mit dem Hinweis darauf, dass sie auf gar keinen Fall durch Zwischenfragen, Zwischenrufe oder spontanen Applaus unterbrochen werden wolle, setzte die Referentin ihre Rede fort.

    „Ich werde Ihnen anhand eines einfachen Beispiels aus meiner umfangreichen Praxis aufzeigen, wie man Personalprobleme löst."

    Die Koryphäe geriet sichtbar in Wallung: „Der CEO eines Multimilliarden schweren Globalplayers wandte sich völlig verzweifelt und hilflos an mich, weil er den Dauerstreit seiner beiden Stellvertreter nicht mehr handeln konnte."

    Die Spitzen-Beraterin blickte kurz in die Reihen der Zuhörer.

    „Dauerstreit zwischen Mitarbeitern, meine Damen und Herren, ist ein Zeitfresser!"

    Donnerwetter, dachte ich auf meinem Stuhl, die weiß wovon sie redet. Dann lauschte ich den Worten der Überfrau weiter.

    „Ich sehe in fragende Gesichter, blickte diese voller Mitleid auf uns herab. „Sie alle fragen sich, wie kann so ein schwerwiegendes Problem gelöst werden? Kann es überhaupt gelöst werden?

    Man konnte die Spannung im Raum knistern hören. Wir alle überlegten: Mit welchen handlungstheoretischen Ansätzen konnte der schwerwiegende Konflikt bearbeitet werden? Mit welchen Interaktionsprozessen? Anhand welcher Lösungsstrategien? Mit welchem taktischen Vorgehen? Ein Dreiergespräch unter vier Augen vielleicht? Mediation? Oder gemeinsame Meditation? Ein Barbesuch mit Bordellabschluss? Blutsbruderschaft? Oder Supervision?

    Da wir alle in der vorgetragenen Fragestellung eine weitere rhetorische Falle vermuteten, traute sie niemand den Arm zu heben, um versuchsweise einen Vorschlag zu unterbreiten. Nach fünf langen Minuten dauerhaften Schweigens ergriff die Referentin endlich wieder das Wort.

    „Nun, proklamierte sie, „es wundert mich nicht, dass Sie alle mich so hilflos anschauen wie seinerzeit mein gut zahlender Klient. Aber da ich das Fass mit der von mir vorgetragenen Falldarstellung nun schon einmal aufgemacht habe, möchte ich Ihnen die Lösung nur ungern vorenthalten. Schließlich lernen Sie jetzt etwas fürs Leben und für Ihre berufliche Zukunft: Ich riet dem CEO, einen seiner beiden Stellvertreter in die Wüste zu schicken.

    Wir Zuhörer schauten uns fragend an.

    „Ganz einfach, spitzte die Problemlöserin oben am Pult ihren übertrieben rot geschminkten Mund, „mit der Entlassung eines der beiden Streithähne kehrte wieder Ruhe ein in den Arbeitsalltag, war wieder Ruhe im Puff, wie es so schön heißt.

    Kaum den Satz beendet, packte die Rednerin ihre Handtasche - und verließ eiligen Schrittes den Vortragsraum, weil sie noch wichtige Termine hätte, wie sie uns im Vorübergehen kurz wissen ließ.

    Schön, dachte ich, da haben sich ja meine 250 Euro Teilnahmegebühr richtig gelohnt.

    Todesangst im Urlaub

    Das sanfte Meeresrauschen hatte mich im Urlaub an einem exotischen Strand wohlig einnicken lassen, als mich eine deutsche Kinderstimme unsensibel weckte.

    „Guck mal Papi, was für eine große Spinne!"

    Das Mädchen zeigte auf mich, besser gesagt: auf meinen Rücken.

    Blöde Göre, dachte ich mir, denn ich sah weder aus noch war ich behaart wie eine Spinne. Außerdem, würde jemand eine Riesenspinne streicheln wie meine Lebensaufgabe gerade meinen Rücken?

    Vater und Kind machten einen Schritt auf mich zu, damit „Väterchen Klug vor seiner schwindsüchtigen Göre mit Biokenntnissen angeben konnte: „Das, was dort auf dem Rücken des Mannes herumkrabbelt, ist eine Vogelspinne. Eine Theraphosidae.

    Was, um Himmelswillen, erzählte der Mann da? Und wo war meine Frau? Und wer streichelte mir immer noch so wohlig den Rücken? Nein, es war nicht meine Frau, sondern eine Goliath-Vogelspinne, wie der Bio-Freak seiner Tochter mit dem Zusatz erklärte: „Aber geh’ bitte nicht so nah ran!"

    Da ich als Deutscher auch im Ausland der deutschen Sprache mächtig bin, bat ich – obgleich vor Angst in Sekundenschnelle zu einem unbiegsamen Brett erstarrt - den Bio-Angeber: „Bitte, können Sie mich von dem Biest befreien!"

    Im Gesicht des Mannes machte sich ein zartes Lächeln breit.

    „Guck an, freute er sich, „Sie verstehen Deutsch. Ich würde ja unter Umständen versuchen, die Riesenspinne sanft mit einem Handtuch von Ihrem sonnenverbrannten Rücken zu bewegen. Aber der große Skorpion auf Ihrem Gesäß, ein, wie mir scheint, ausgewachsenes Exemplar, das zweifelsfrei zur Ordnung der Arachnida gehört, lässt mich dann doch lieber einen gebotenen Abstand halten. Immerhin habe ich meine Tochter dabei und trage Verantwortung für uns beide sowie für einen Sommerurlaub ohne Todesfälle im engsten Familienkreis.

    Mir tropfte der heiße Schweiß aus allen Poren, obgleich mir ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Oder waren es die Tiere?

    „Guter Mann, flehte ich, „ich gehöre zwar nicht zu Ihrer Familie, aber jedweder Todesfall, den Sie und Ihre niedliche Tochter miterleben, könnte Ihren Sommerurlaub nachhaltig negativ beeinträchtigen.

    „Sie haben recht, antwortete der Mann. Dann zog er eilig seine Tochter weg von mir und sprach: „Amanda-Sophia, lass uns schnell von diesem wüsten Ort verschwinden! Und sag‘ Mama nicht, dass der Mann da wahrscheinlich schon tot ist, bevor wir das Hotel erreicht haben.

    Aus den Augenwinkeln meines zu Hartholz erstarrten Körpers sah ich Vater und Tochter am Horizont verschwinden.

    Waren diese verfluchten Deutschenhasser ein für alle Mal weg, so musste es doch noch andere Menschen geben, die mich aus meiner lebensbedrohlichen Situation retten könnten. An vorderster Stelle meine Frau. Wo aber war sie? Wo hielt sie sich auf? Und warum hatte sie sich weggeschlichen? Und warum hatte sie nach unserem harmlosen Streit am Vormittag in sich hinein gebrubbelt: „Na, warte mal ab, mein Bürschchen!"

    Dann die vermeintliche Rettung: Zwei junge Männer, Einheimische, die in Badeshorts an mir vorbeiliefen und die Lebensbedrohung auf meinem Rücken erkannten. Sie blieben stehen, beratschlagten offensichtlich, was zu tun sei. Einer von beiden lief so schnell er konnte weg - wahrscheinlich um kompetente Hilfe holen. Der andere beugte sich vor, um die Tiere auf meinem Körper genauer zu inspizieren. Dann kickte er mit einem gezielten Fußtritt die Vogelspinne von meinem Rücken. Ich atmete – inzwischen zu einer knallharten Diele mutiert - auf und nahm mir vor, beim nächsten Basarbesuch den Einheimischen aus Dank eine überteuerte Armbanduhr abzukaufen. War ich die Riesenspinne endlich los, so blieb noch der Skorpion, der sich von meinem Hintern inzwischen bis zu meinen Schulterblättern weiterbewegt hatte. Der junge Bursche fixierte das vielleicht 10 bis 15 Zentimeter große Tier.

    Endlich kam sein Begleiter mit einer Gruppe anderer Männer zurück. Sie hatten einen Karton dabei - wie ich vermutete, um das Viech einzusperren. Aber denkste! Die Männer diskutierten, schmissen Geldscheine in den Sand und ließen aus dem Karton ein zweites Exemplar der Ordnung Scorpiones auf meinen Körper gleiten. Anscheinend hatte die Gruppe meinen Rücken zu einer Wettkampfarena um ihr Leben kämpfender Skorpione erklärt und je nach individuellem Geschmack und Fachblick auf eines der beiden Exemplare als Sieger gewettet.

    Die Skorpione standen sich drohend und zu allem bereit auf meinem Rücken gegenüber. Einige Männer ließen sich im Kreis um mich herum nieder, andere bestaunten den bevorstehenden Kampf im Stehen. Noch bevor er richtig begann, stachelten sie lauthals ihren persönlichen Favoriten an, schrien auf ihn ein, machten ihn richtig heiß.

    „Und was ist mit mir?", jammerte ich in Todesangst. Die Männer verstanden. Sie suchten rasch ein Stück Treibholz und schoben es mir zwischen die Zähne. Ihre Gesten bedeuteten mir, möglichst cool zu bleiben und mich nicht zu bewegen.

    „Sonst fallen sie runter", sprach einer zu mir in gebrochenem Englisch.

    Es ist erstaunlich, wie schnell und umfassend das menschliche Gehirn kurz vor dem Tod noch einmal die wichtigsten Lebensereignisse zusammenfasst. Ich sah auf einmal klar und deutlich Tante Hildes Busen vor mir, als sie diesen meinem Vater an meinem Kinderbettchen in den Mund schob. Ich sah im Bruchteil einer Sekunde meine Lateinlehrerin sich in der Umkleide meiner ehemaligen Schulsporthalle entkleiden und ich sah Olli, meinen Skatbruder, als er mit Angelika, der Frau eines anderen Skatkumpels, nach einem Grand ouvert schuldbewusst aus der Damentoilette unserer Vereinskneipe kam. Zum Schluss erschien mir meine Lebensaufgabe. Sie schimpfte wie immer und drosch mit einem Handtuch die beiden Skorpione von meinem Rücken.

    „Mein Gott, fluchte sie wie ein Rohrspatz, „kann man dich nicht einmal für einen Cappuccino im Strandcafé alleine lassen?! Was machst du bloß immer für blöde Spiele mit den Einheimischen? Wirst du denn nie erwachsen?

    Dann meckerte sie die Umstehenden an und bedeutete ihnen, sich zu entfernen. Ich begriff: Meine Lebensaufgabe war zurückgekehrt und hatte mich gerade eben aus der bedrohlichsten Situation meines gesamten Lebens gerettet. Mir nichts dir nichts, als täte sie das jeden einzelnen Tag. Tut sie auch.

    „Schatz, sagte ich voller Dankbarkeit, „dafür gehen wir Morgen auf den Basar und ich kauf dir eine wunderschöne Armbanduhr!

    Stühle im Wartezimmer

    „Es reicht, dramatisierte meine Lebensaufgabe am Frühstückstisch, „du gehst heute zum Arzt!

    Ich hatte Angst. Angst vor dem Arztbesuch. Angst vor meiner Frau. Ich wusste, dass ich hinmusste. Vier Monate vorher hatte ich den Termin ausgemacht, es wurde Zeit. Um 8.30 Uhr sollte ich da sein. Nüchtern. Ich hielt mich an die Aufforderung und vermied den Gang zum Kühlschrank, um nach Trost spendenden Resten irgendwelcher Bier- oder Weinflaschen Ausschau zu halten. Heute musste ich mich ohne Alkohol, selbst und alleine trösten. Die Angst alleine überwinden vor dem alles offenbarenden Arztbesuch. Und vor meiner Lebensaufgabe. Für sie war ein Arztbesuch natürlich nichts Besonderes. Eine Kleinigkeit. Für mich aber nicht. Ich hatte Angst, große Angst vor dem, was kommen würde. Meine Lebensaufgabe schaute mich an. Verächtlich oder tröstend, das konnte ich nicht genau erkennen.

    „Eine Vorsorgeuntersuchung ist wirklich nicht schlimm. Glaub es mir."

    Mit Tränen in den Augen schlich ich die Stufen unseres Altbaus hinab und hoffte, nicht von meinen Nachbarn gesehen zu werden. Nachher stellten sie mir noch die Frage: „Sie weinen ja, müssen Sie heute etwa zur Vorsorgeuntersuchung?"

    Und ich würde antworten müssen: „Fragen Sie nicht, aber ja, Sie haben recht."

    Und dann würde ich mir mit einem Taschentuch die Tränen unter den verheulten Augen wegwischen. Und ich würde kurz stehen bleiben und sagen: „Ich wünsche Ihnen noch ein langes Leben und vor allem Gesundheit!"

    Nein, meine Lebensaufgabe begleitete mich nicht auf diesem schweren Weg. Sie hatte wichtigeres zu tun. Meine Mutter im Seniorenheim besuchen. Wie jeden Donnerstagvormittag. Ihre Schwiegermutter war dem Fräulein wichtiger als der eigene Gatte, dem gleich eine Nadel in den Unterarm gestochen werden würde. Wahrscheinlich sogar mehrere, wie mir meine Freunde Kutte, Hermann und Olli süffisant am Stammtisch prophezeit hatten. Blutabnahme eben, großes Blutbild. Für den Gesundheitscheck.

    Nachdem ich mich am Tatort eingefunden und ordentlich ausgewiesen hatte, wurde ich gebeten, im Wartezimmer Platz zu nehmen. Mir schlotterten die Knie, Angstschweiß bahnte sich seinen Weg, wie immer vom Nacken bis zum Gesäß. Zu Recht, wie ich beim Betreten des Höllenvorhofes feststellen musste. Auf den Stühlen, die übrigens allesamt besetzt waren, warteten insgesamt ungefähr 3000 Jahre Rost auf ihre medizinische Altverwertung. Na gut, ein, zwei gehörten vielleicht gerade noch in die Zielgruppe Ersatzteillager.

    Was taten die wartenden Schrotthaufen? Nun, die eine Gruppe vertrieb sich die Zeit mit sinnlosem Starren auf das Smartphone.

    Ein anderer Teil starrte in mitgebrachte Bücher, deren Titel – soweit ich diese erkennen konnte – Gesund zum Arzt, krank zurück hießen oder Dem Arzt sei Dank, nun endlich krank.

    Die dritte und letzte Gruppe aber war die schlimmste. Ich rede von der Gruppe der mitteilsamen Krankheiten- und Befindlichkeitenäußerer. Stehend vernahm ich, wie sich eine Dame dieser Kategorie schamlos mit einem älteren Herrn über ihren Stuhl unterhielt. Sie beschrieb ebenso offen wie detailliert die Konsistenz, Farbe und Häufigkeit. Den Tattergreis schien das Stoffwechselendgespräch aber keinesfalls zu stören. Nein, er schilderte nun seinerseits, den eigenen Krückstock stolz wie Oskar vor sich aufgestellt, Menge, Form und geschätztes Gewicht seiner mal täglich, mal nur wöchentlich, mal nur monatlich produzierten Exkremente.

    Angesichts der Grundthematik fing mein Körper unwillkürlich zu würgen an, konnte aber nichts erbrechen, da ich, wie mir nun wieder einfiel, zwar am Frühstückstisch gesessen, selbst aber nichts zu mir genommen hatte.

    „Nüchtern!", hatte mit strengem Blick meine Lebensaufgabe befohlen, als ich ihr zu lange auf das gekochte Ei schaute, auf die drei Scheiben Toast und den Schinken aus der Pfanne. Und die Marmelade. Und den Honig. Und den frischen Käse. Und die süßen Früchte im Mixer. Und die Knacker, die sie für gewöhnlich sonst nur abends aß. Und die Tafel Schokolade, die sie mit weit aufgerissenen Augen vor mir öffnete und genüsslich verschlang. Und die beiden Gläser Rot- und Weißwein, die sie ansonsten höchstens mal abends trank. Und den doppelten Wodka obendrauf.

    Das Abführgespräch indes hatte nicht nur meine, sondern auch die Aufmerksamkeit verschiedener anderer Wartender erregt. Ein übergewichtiger Glatzkopf mit Klumpfuß trug zu obiger Thematik mit der selbst erfahrenen Erkenntnis bei, dass Pfirsiche und Pflaumen, aber nur in dieser Kombination, hinsichtlich lästiger Hämorrhoiden für einen besonders schonenden Abgang sorgten, während süße Kirschen ohne Kerne und gedünstete Auberginen dem AA einen vornehmen, seidigen, fast edlen Glanz verleihten.

    „Wer will denn schon hochwohlgeboren scheißen?", fragte

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