Treffpunkt Rom: Eine Reisegeschichte aus dem Sommer 1964
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Buchvorschau
Treffpunkt Rom - Luzi van Gisteren
Inhalt
Luzi van Gisteren
TREFFPUNKT ROM
Eine Reisegeschichte aus dem Sommer 1964
Novelle
Sommer 1964: Verliebt, verlobt und fast verheiratet verbringen Karin vom Bodensee und der süditalie-nische Gastarbeiter Giancarlo Tozzi den ersten gemeinsamen Urlaub in den Abruzzen. Das erste Treffen mit Giancarlos Familie endet in einer klei-nen Katastrophe, da tauchen Maggie und George auf - ein unkonventionelles Unternehmerpaar aus Texas.
Cadillac, Dolce Vita und eine böse Schwiegermutter: Das ungleiche Quartett erlebt einen turbulenten Trip zum Treffpunkt Rom.
Die Autorin
Luzi van Gisteren arbeitet im Online Marketing und hat einige Jahre den Kurs „Kreatives Schreiben für Jugendliche" geleitet. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.
Mehr über Autorin:
www.luzivangisteren.wordpress.com
Weitere Titel:
„Die Teufelin und ihr Kuckuck" (Schwarzwald-Krimi)
„Keimfrei" (Kurzgeschichte)
„Ein Löffelchen für Mama" (Anthologie)
„Oha! Unheimelige Geschichten" (Anthologie)
„Stockwerk zum Himmel, und weitere Weihnachtsgeschichten"
(Anthologie)
Impressum
© 2015 Luzi van Gisteren
Printed in Germany
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Umschlaggestaltung: Luzi van Gisteren, München
Umschlagmotiv: gentelmenit (Old vintage cult car parked on the street by the restaurant
), fotolia.de
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar
TREFFPUNKT ROM
Eine Reisegeschichte aus dem Sommer 1964
Eine Novelle von
Luzi van Gisteren
Widmung
Für meine Eltern,
denen diese Geschichte vielleicht gefallen hätte.
Es ist sicher toll, in den 60er Jahren jung gewesen zu sein.
Und für meinen italienischen Mann,
ohne den dieses Buch niemals entstanden wäre!
Amore mio
EIN neuer Morgen war angebrochen und die Sonne umarmte das Mittelmeer wie eine gute mütterli-che Freundin. Das klare Wasser wurde nur langsam und in einem sanften Wellenreigen an das schmale Ufer gespült. Karin steckt ihren großen Zeh in den Sand. Der kirschrote Nagellack, den sie gemeinsam mit ihrem zitronengelben Bikini vor der Abreise bei Woolworth erstanden hatte, strahlte mit der Sonne um die Wette und machte sich ausgezeichnet zu den modernen Pfennigabsatz-Sandaletten, die man in diesem Sommer `64 trug.
„An was denke, Amore mio? Giancarlo war verunsichert, da Karin so schweigsam war. „Ich denke an nichts, Giancarlo, an gar nichts
, antwortete sie, schob sich eine widerspenstige blonde Locke zu-rück unter ihr Haarband und griff zu ihrer Badeta-sche. „Möchtest du eine Caffè, Amore mio?, fragte Giancarlo und blickte Karin durch seine große getönte Hornbrille erwartungsvoll an. „Nein danke, Giancarlo. Jetzt nicht.
„Aber du abe eute kaum gefrustuckt. Musse esse fur zwei, Amore mio. Bambino in deine Bauch bleibe sonst ganse klei-ne…so wie die Italiener….ganse kleine…capisci? Muss werde schöne große blonde Bambino, gute deutse Werkarbeite…..du verstehst?"
Giancarlo konnte sehr süß sein. Das war auch schließlich der Grund gewesen, warum sie sich im vergangenen Jahr in den gutaussehenden Gastar-beiter verliebt hatte. Karin war heute trotzdem nicht nach Lachen zumute. Sie kramte in ihrer Badeta-sche und zog ihre Bademütze heraus. „Möchtest du vielleicht ein Gelato, Amore? Sein fürsorglicher Blick galt Karins kleinem 4-Monats-Bauch. Sie seufzte. „Na gut. Aber nur ein ganz kleines.
„Ja, ja, certamente, nur eine ganse kleine Kugel für diche und die kleine Bambino. Und welche Gusto, Amo-re mio? Erdbeere? Amarena? Cioccolato? Sie deutete ein Lächeln an: „Ich lasse mich überraschen.
Karin schaute zum azurblauen Horizont der Adria und entdeckte ein kleines weißes Segelboot, das sich sanft hinter den felsigen Wellenbrechern als kleines i-Tüpfelchen in die malerische Landschaft einfügte. Sie setzte sich die zum Bikini passende Badehaube auf und lief zum Wasser. Ihre Füße sanken in den weichen Sand. Sie ging ein paar Schritte hinein und genoss die angenehme Kühle, die nun ihre Knöchel sanft umspielte. 28 Grad im Schatten bereits am Vormittag war sie von Fried-richshafen, ihrer Heimatstadt am Bodensee, nicht gewöhnt. Verträumt tauchte sie bis zum Hals in das glitzernde Salzwasser hinein und begann zu schwimmen.
Es war das erste Mal, dass sie im Meer schwamm, und sie genoss das klare Salzwasser in vollen Zü-gen. Nach einer Weile tauchte sie auch ihr Gesicht hinein, das Wasser brannte ein bisschen in den Augen, aber es war nicht schlimm. Das Meerwasser trug sie und sie schwamm, nein, sie schwebte quasi und die Schwimmzüge taten sich fast von selbst. Mit jedem Zug, den sie im Wasser nahm, fühlte sie sich leichter und befreiter. Es war, als würde sie von dem blauen Meer gereinigt werden, gereinigt von dem unglücklichen Start ihrer Urlaubsreise: die Reise nach Italien, auf die sie sich zu Beginn so gefreut hatte.
La Mamma I
DIE Reise in Giancarlos Heimat war sehr anstrengend gewesen. Der Zug war zwar fast auf die Mi-nute genau in Mailand eingefahren, doch die Wei-terfahrt nach Bologna hatte sich verzögert. In Bo-logna waren Giancarlo und Karin mit ihren beiden Lederkoffern am späten Vormittag bei Bullenhitze angekommen. Sie hatten Schwierigkeiten gehabt, den Bus zu finden, der sie nach Pescara bringen würde.
Der Busbahnhof war ein einziges unübersichtliches Gewimmel gewesen, und Giancarlo hatte ein paarmal fragen müssen, ehe sie den richtigen Bus gefunden hatten. Dieser war noch dazu überfüllt und erst kurz vor Pescara hatten sie einen Sitzplatz be-kommen. Giancarlo hatte Karin prophezeit, dass es nicht so komfortabel und eine lange Fahrt werden würde – er sollte Recht bekommen: Fast 20 anstrengende Stunden hatte es gedauert, um ihr Ziel, San Valentino, ein kleines Dörfchen in den Abruzzen, zu erreichen. Hier stand Giancarlos Elternhaus.
San Valentino war ein verschlafenes Örtchen, das auf einer leichten Anhöhe stand. Blick auf das nahe gelegene Meer hatte man von dort keinen, dafür war man umgeben von zahlreichen Sonnenblumenfeldern und Olivenhainen. Die Fenster der Steinhäuser waren mit grünen Fensterläden ausgestattet und teilweise mit prächtigen Blumenkästen geschmückt, nicht aber Giancarlos Haus: Eine klei-ne dunkle Gasse führte bergan zum einfachen schmucklosen Elternhaus der Familie Tozzi. Hier lebten neben Giancarlos Eltern auch seine Zwillingsschwester Elisabetta und sein Bruder Matteo.
Erschöpft, müde und völlig ausgetrocknet – sie hatten seit Bologna fast nichts mehr getrunken – kamen Giancarlo und Karin zu Giancarlos Elternhaus. Vor dem Haus saß ein zerbrechlich wirkender alter Mann mit Schildmütze und Weinflasche. Karin nahm an, dass dieser Mann älter aussah, als er tat-sächlich war.
„Papà, Papà!", Giancarlo nahm die letzten Treppenstufen zu seinem Haus doppelt, worauf sich der Alte sogleich von seinem Holzstuhl erhob und ebenfalls Giancarlos Namen rief. Er weinte und drückte seinen Sohn sehr herzlich, dem ebenfalls die Tränen in den Augen standen.
Eine kleine Frau mit streng nach hinten gebundenem Dutt und einer ausgeleierten Küchenschürze kam aus dem Haus gestürmt. Sie besaß eine in An-betracht ihres zierlichen Körperbaus ungewohnt laute und tiefe Stimme, fast wie ein Mann, mit der sie nun ihren Sohn begrüßte. Dies hatte zur Folge, dass sich innerhalb von wenigen Minuten nicht nur Giancarlos Geschwister, sondern auch Nachbarn, Freunde und weitere Verwandte vor dem Haus versammelten.
„Come va?", fragte ein hübsches Mädchen mit langen schwarzen Haaren und drückte Karins nasse Hand. Sie hatte Giancarlos freundliche