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Schatzsuche wider Willen: Band 1: Das Küken markiert den Punkt
Schatzsuche wider Willen: Band 1: Das Küken markiert den Punkt
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eBook288 Seiten3 Stunden

Schatzsuche wider Willen: Band 1: Das Küken markiert den Punkt

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Über dieses E-Book

Eine heiter-humorvolle Satire voller skurriler und abgedrehter Ideen, gemixt mit einer gehörigen Portion Slapstick-Humor. /

Da wollte der exzentrische Eremit Hank Johnson bloß seine Digitaluhr reparieren lassen und schon findet er sich in Begleitung eines Beinahe-Rentners sowie eines Weltraumpiraten auf einer intergalaktischen Schatzsuche wieder. Können die drei sich zusammenraufen und tatsächlich den Schatz des "Schlächters" finden, auch wenn der geheimnisvolle Uhrmacher im Hintergrund seine Fäden spinnt? /

In seinem comichaften Erzählstil entführt der Autor den Leser in eine Geschichte voller phantasievoller und haarsträubender Abenteuer, bei der er sich für einige Stunden amüsieren kann. Auch wenn die abgedrifteten, aberwitzigen Ideen nicht jedermanns Sache sind, macht es dennoch Spaß Turners' abgehobenen Haupt- und Nebencharakteren zu folgen, die definitiv eines nicht aufkommen lassen: Langeweile. /

Für wen Namen wie Douglas Adams, Terry Pratchett, Tom Holt oder Robert Rankin keine böhmischen Dörfer sind, der dürfte hier bestens unterhalten werden. /

Teil 1 von 2 / Band 2 ist erschienen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum12. Feb. 2014
ISBN9783847668046
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    Buchvorschau

    Schatzsuche wider Willen - Jonathan Turner

    Kapitel 1

    Hank Johnson war auf keinen Fall das, was man als einen normalen Menschen bezeichnen konnte. Er lebte in einem Tal zwischen einer grauen Gebirgskette auf der einen und einem Nationalpark mit Hunderttausenden von Bäumen auf der anderen Seite.

    Es gab keinen Supermarkt in der Nähe und auch keine Nachtclubs oder andere Annehmlichkeiten des zivilisierten Lebens. Hank war sowieso nicht der Typ, der gern mal ins Kino ging. Er verzichtete auch gern auf irgendwelche Nachbarn, die auf einen Drink vorbeischauten. Ja, man konnte sogar mit Fug und Recht behaupten, dass Hank andere Menschen hasste und genau deswegen das Leben eines Eremiten lebte.

    Er war ein mittelgroßer, schlanker, aber nicht hagerer Mann mittleren Alters. Hank trug ein schmutzig weißes T-Shirt und eine blassblaue Jeans. Er hatte kurzes, braunes Haar, das mangels Pflege kraus in alle Richtungen abstand. Seinen Dreitagebart liebte er über alles und er schien das Einzige an ihm zu sein, das gepflegt war. Seine Devise in Sachen Körperpflege war: Wenn man sich nicht unter Menschen begab, dann sollte man der Natur ihren Lauf lassen.

    Er besaß hier im Nichts ein Haus. Es war aus Holz gebaut und machte den Eindruck, dass es jederzeit einstürzen konnte. Sein Haus als spartanisch zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. In ihm gab es einen Raum mit einem Tisch im Erdgeschoss und zwei Räume im Obergeschoss. In dem einen Zimmer oben befand sich sein Bett und im anderen bewahrte er Zeitschriften auf, in denen die neusten Testergebnisse von Digitaluhren standen. Der Lieferjunge hatte von ihm explizite Anweisung bekommen, sie immer am Monatsanfang unter einer großen Zeder am Eingang des Parks zu deponieren, damit Hank niemals auf einen Menschen traf.

    Eine Toilette suchte man im ganzen Haus vergeblich, aber Hank machte sich nichts daraus. Im Winter wie im Sommer ging er einfach vor das Haus und verrichtete dort sein Geschäft. Dies hatte er – zumindest gelegentlich – auch schon getan, als er noch in der fernen Stadt gelebt hatte. Zwei Zivilklagen wegen unmoralischen Verhaltens und Nacktheit in der Öffentlichkeit zwangen ihn, mit seinen Mitmenschen anders umzugehen und sein Verhalten ihnen gegenüber zu erklären, wenn sie ihn fragten, warum er immer sein Geschäft im Freien und nicht auf einer Toilette verrichtete. Bis dahin hatte er entweder nur geschwiegen oder ihnen Schimpfwörter an den Kopf geschmissen. Nun antwortete er mit: „Weil im Klo die große, grüne Schlange nur darauf wartet, in meinen Arsch zu beißen!"

    Klar, dass seine Verteidiger mit diesem Argument im Laufe weiterer Prozesse – Hank ging ja auch weiterhin nicht aufs Klo! – bei den Richtern kein Land sehen konnten.

    Hank verstand dies gar nicht, eine grüne Schlange im Klo schien ihm ein äußerst stichhaltiges Argument zu sein. Und auch sonst entzog sich die Logik seiner Mitmenschen oft seinem Verständnis, so dass er regelmäßig erbärmlich scheiterte, obwohl er es ihnen mit seinem Handeln eigentlich recht machen wollte.

    Verzichtete Hank auch sonst auf jede Annehmlichkeit eines zivilisierten Lebens, so hielt er seine extrem sportlich aussehende Digitaluhr von Casio für das Maß aller Dinge. Er saß oft im Yogasitz auf seinem Tisch und sinnierte über das Leben und das Leben der Digitaluhren. Es gab Tage, da stellte er sich vor, etwas anderes zu sein. Zum Beispiel blickte er im Geiste durch die Augen eines anderen Menschen oder gestern hatte er versucht sich vorzustellen, wie hart ein Pinguinleben tatsächlich war. Man kam ja schließlich nicht mehr aus dem Frack heraus! Das musste einen doch komplett wahnsinnig machen. Kein Wunder, dass Pinguine im Allgemeinen bissig waren.

    Diese Vorstellung eines anderen Lebens hatte ihn bis gestern Abend komplett in Anspruch genommen und körperlich sowie seelisch ausgelaugt.

    Heute hatte er sich den ganzen Tag regeneriert. Aber auch das war anstrengend und deshalb wollte er eine Pause einlegen. Ihm war nicht bewusst, dass Gedanken wie dieser – sich vom Erholen zu erholen – ihm den Ruf eines armen Irren eingebracht hatten. Hätte man es ihm gesagt, hätte er sicher verwundert darauf hingewiesen, dass er keineswegs arm sei. Immerhin hatte er mehrere Milliarden geerbt, eine Summe, die es ihm erlaubt hatte, die Stadt mit einer „Rückfahrkarte" hinter sich zu lassen und sich ganz seinen wichtigen Betrachtungen über das Universum, das Leben und die Welt der Digitaluhren zu widmen. Hank hielt das für so wichtig, dass er sich mittlerweile mit nahezu nichts anderem mehr beschäftigte und viele Experimente machte, indem er im Geiste eben andere Rollen einnahm.

    Hank schaute beiläufig auf die Digitaluhr auf seinem Handgelenk. Um fünf. Er hatte bis zum Essen noch eine Stunde Zeit, die würde er für die Pause nutzen. Er begab sich nach draußen. Auf der Wiese vor seinem Haus konnte er sich entspannen.

    In der Ferne hoppelte ein Häschen an ihm vorbei. Hank glaubte, es mit Namen zu kennen, und grüßte es ausgiebig, bevor er an dem nahen kleinen, malerischen See entlanglief und sich Gedanken über den morgigen Tag machte.

    Hank legte sich ans Ufer des Sees und imitierte einige der Krötenschreie, die hier an sein Ohr drangen. Aber irgendwie schaffte er es noch nicht, sich mit den Kröten zu unterhalten. Ihm fehlte einfach die Übung.

    Nach weiteren, misslungenen Kommunikationsversuchen mit den Kröten glaubte er, dass es nun endlich Zeit war zu essen.

    Hank warf einen weiteren Blick auf seine Digitaluhr und bewunderte wieder diese Leichtigkeit des umwerfenden Designs.

    Es war genau fünf Uhr.

    Hank starrte verdutzt auf die Oberfläche. Es gab keinen Zweifel. Es stand fünf Uhr darauf. Und wenn ihn sein Gedächtnis nicht trog, hatte er die Zahl fünf bereits vor längerer Zeit abgelesen.

    Die Batterie konnte nicht leer sein, denn dann wäre auf den Display gar nichts mehr zu sehen gewesen. Sie war hängen geblieben. Sie war kaputt.

    Hank packte das nackte Entsetzen wegen der Konsequenzen, die der Vorfall nach sich zog, also lief er zu seinem Lieblingsbaum, der nur wenige Meter von seinem Haus entfernt stand. Es war eine alte Eiche, unter der er immer im Sommer in ihrem Schatten lag. Über all die Jahre hinweg ohne menschliche Gesellschaft war er wunderlich geworden und sprach oft mit Tieren oder Gegenständen, die er als seinen Freundeskreis interpretierte.

    „Stell’ dir bloß vor, was ich mit der Uhr machen muss! Zurück in die Stadt!" Hank war erregt und erwartete ein wenig Trost von der Grünpflanze.

    Der Baum entgegnete nichts.

    „Das ist das tragischste Schicksal von allen! Ich habe das nicht verdient! Ich will nicht zurück zu diesen ganzen Irren!"

    Der Baum blieb ein Baum und sagte nichts.

    „Nein, das habe ich nicht verdient. Wie kann eine Uhr einfach nur so kaputt gehen?", klagte Hank der Eiche weiter sein Leid.

    Der Baum blieb stumm.

    Wütend stand Hank auf und trat gegen den Baum. Sollte er nur sehen, was geschah, wenn man am Unglück anderer Leute keinen Anteil nahm! Er würde schon einen anderen Gesprächspartner finden!

    Hank rannte auf die Wiese. Dort hatte er noch einen Freund. Er fiel auf seine Knie und sah den besonders großen, grünen Grashalm intensiv an. Ihm hatte er schon sehr viele Geschichten erzählt. Er war viel größer als alle anderen hier auf der Wiese.

    Hank erzählte ihm von seinem Unglück. Der große, grüne Grashalm wiegte sich sanft im Wind hin und her, blieb aber ansonsten stumm.

    „Ist das nicht die größte Katastrophe, die einem im Leben zustoßen kann, wenn die Digitaluhr plötzlich nicht mehr funktioniert?", fragte er den Grashalm.

    Der Grashalm weigerte sich beharrlich, etwas darauf zu entgegnen.

    „Antworte gefälligst!", forderte Hank.

    Als ob Hank überhaupt nicht da wäre, ignorierte der Grashalm ihn komplett.

    Auf einmal drang ein Geräusch an Hanks Ohren.

    „Was? Wie war das?"

    Der Grashalm sagte einfach gar nichts.

    „Dir und deiner Familie werde ich nie wieder zu Weihnachten etwas schenken!", jammerte Hank und rannte auf und davon zu einem gut aussehenden Stein, wo er sich wie bei einem Psychiater neben ihn auf den Boden legte. Da auf dem Boden dichtes, buschiges Gras wuchs, fühlte er sich wie auf einer Couch.

    Er klagte abermals sein Leid und der Stein antwortete mit „Hmm." Jedenfalls erschien es Hank so. Vielleicht mischte sich aber auch der Wind ein, den er eigentlich überhaupt nicht sprechen wollte.

    „Du blöder Stein. Du hast mir schon immer auf alles ein ‚Hmm!’ angedreht, aber eine konkrete Lösung hast du niemals parat! Hank wollte schon verärgert aufstehen, da hörte er das Wort „Weg!. Vielleicht täuschte er sich ja auch, deshalb fragte er lieber nach: „Ich soll weg oder mich auf den Weg machen?"

    „Hmmhhh."

    „Nun mach’ schon hin. Ich will etwas Konkretes von dir hören!"

    „Hmmhh."

    „Was? Was war das?"

    „Weg", flüsterte der Wind oder der Stein.

    „Ich soll mich wirklich auf den Weg machen? In die Stadt? Um meine Uhr wieder reparieren zu lassen? Ich soll zu all diesen Trotteln in die Stadt zurückkehren? Aber du weißt doch hoffentlich, dass die dort alle nicht richtig ticken?"

    Dieses Mal sagte der Stein rein gar nichts.

    „Na, also gut, aber ich hoffe, du weißt, was du mir damit vorgeschlagen hast." Hank stand auf und sah den hilfreichen Stein freundlich an.

    „Ich muss ein paar Sachen packen und ein bisschen Geld von unter meiner Matratze brauche ich auch. Ich werde eine Weile unterwegs sein, weißt du, es wird nämlich gar nicht so einfach, einen Uhrmacher zu finden, der sich mit Digitaluhren auskennt. Das weiß ich aus meinen Fachzeitschriften. Früher, da kannten sich alle damit aus, aber dann kamen diese Aliens mit ihren Plasmauhren. Die sind so hässlich! Also die Uhren jetzt. Obwohl: Die Aliens auch. Noch hässlicher als Menschen. Wirklich! Aber wir Menschen haben die schöneren Uhren. Leider gehen die manchmal kaputt. Die Plasmauhren sollen ja nie kaputt gehen. Diese ganze Alientechnologie soll ja überhaupt besser sein. Aber weißt du was, Kumpel? Ich darf doch Kumpel zu dir sagen, ja? Irgendwie fühle ich mich nämlich sehr mit dir verbunden. Du bist so schlau und so gut gekleidet wie Sigmund Freud. Und du hast immer eine beruhigende Antwort parat. Dank deiner Therapie bin ich, glaube ich, über vieles im Leben hinweggekommen. Hank versank für einige Momente in Erinnerungen. Dann fuhr er fort: „Sei froh, dass du hier draußen bist, Kumpel, weit weg von den Aliens! Seit die da sind, ist die Stadt nur noch ein Irrenhaus, mit all der hypermodernen Alientechnologie und den Plasmauhren und den hässlichen Aliens überall! Es ist nicht zu fassen, aber sie sind noch hässlicher als wir Menschen. Sagte ich das schon mal? Ja, klar, das sagte ich schon mal. Über zehn Jahre, Kumpel, über zehn Jahre sind die schon da mit ihren Plasmauhren und dem ganzen Kram, unglaublich.

    Der Stein war sprachlos und entgegnete Hank nichts.

    „Ich weiß, mein Freund. Aber ich werde stark sein und dir etwas Schönes von meiner Reise ins Irrenhaus mitbringen."

    Der Wind oder der Stein flüsterten wieder.

    „Ja, ja, ich weiß, ich soll das nicht immer sagen. Aber die Stadt ist ein Irrenhaus, glaub mir!"

    Hank ging ins Haus, wusch sein Haar, versprühte massenhaft Parfüm auf seinem Körper, zog sich frische Sachen an, und packte schließlich eine kleine, braune Aktentasche voll mit Papierschnipseln.

    Da erinnerte Hank sich daran, dass Papierschnipsel kein offizielles Zahlungsmittel waren. Er ließ den Koffer liegen und ging zu seiner Matratze, die er vorsichtig anhob. Auf dem Lattenrost, worunter Hank sein Geld in einem großen schwarzen Plastiksack aufbewahrte, war ein kleines Schild angebracht, das folgende Aufschrift trug: „Vorsicht! Inhalt fühlt sich an wie ein warmes Stück vom Paradies!"

    „Mir ist jetzt schon ganz schlecht!", murmelte er, als er ein Bündel Geld aus dem Sack fischte und in seine Brieftasche steckte.

    Die Haustür verschloss Hank eigentlich so gut wie nie. Jetzt, da die Aliens jedermann Wohlstand gebracht hatten, brauchte niemand mehr auf einen anderen neidisch zu sein, und Hank besaß sowieso nicht viel, was andere Menschen oder Aliens hätten gebrauchen können.

    Hank wanderte mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen durch den Nationalpark und erfreute sich des Lebens. Die Natur schaffte es immer wieder, ihn aufzumuntern. Die Vöglein zwitscherten und die Luft roch herrlich würzig nach Zedern und den anderen hier ansässigen Pflanzen. Ab und an konnte er eine Eidechse oder ein Eichhörnchen sehen und Hank blieb solange still stehen, bis es aus seinem Sichtfeld gelaufen war. Hank beobachtete gerne Tiere. Sie benahmen sich komplett anders, als Menschen das taten, und sie waren seiner Meinung nach weniger böse.

    Nachdem Hank unter einer alten Tanne übernachtet hatte, kämpfte er sich durch ein feige stechendes Gebüsch und stand dann abrupt vor einer asphaltierten Straße, die das Ende des Parks markierte.

    Hank geriet in Panik. Außer seinem Haus gab es nichts in seinem Leben, das ihn noch an die Welt der Menschen erinnert hatte, und nun musste er sich ihnen wieder anpassen.

    Hank versuchte sich zu beruhigen und abzulenken, was ganz gut klappte, denn etwas kam des Weges gefahren, das seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

    Es war ein grüner, alter Bus, dessen Marke Hank nicht kannte. Auf den ersten Blick wirkte er nicht gerade verkehrssicher und die grüne Farbe war fast komplett verblasst. Auf der Motorhaube thronte eine kleine Kühlerfigur. Es war ein goldenes Marshmallowmännchen. Diese Figur schien das einzige neue Ding an diesem Bus zu sein.

    Auf der langgestreckten Motorhaube und an den Seiten deuteten viele Beulen an, dass er schon einiges in seinem langen Leben ertragen musste.

    Mit einem schrillen Quietschen kam der Bus neben ihm zum Stillstand. Hank rieb sich nervös die Hände und starrte verdutzt die Bustür an.

    Der Fahrer des Busses hatte mittlerweile umständlich und unter großen Mühen die Vordertür geöffnet und strahlte Hank freundlich an. Hank mochte ihn schon jetzt nicht.

    „Guten Tag, guter Mann!, grüßte der Fahrer. „Wie kommt es denn, dass Sie hier alleine herumstehen? Kann ich Sie vielleicht ein Stück mitnehmen?

    Der Fahrer war ein alter Mann weit jenseits der fünfzig. Er besaß eine nette Art und was er am meisten schätzte, war eine gepflegte und höfliche Konversation mit seinen Mitmenschen. Deswegen hatte er auch schon vor langer Zeit den Beruf eines Shuttlepiloten am Raumhafen angenommen. Tagtäglich sah man neue Leute und konnte sich auf den langen Fahrten gut mit ihnen unterhalten, sofern sie Willens waren, mit ihm zu reden. Unglücklicherweise traf er an diesem Tag auf Hank. Er konnte ja nicht ahnen, dass das noch sein Leben verändern sollte. Oder etwa doch?

    Nach etwa einer Minute begann Hank, das erste Mal seit zehn Jahren Worte zu einem Menschen zu sprechen. „Warten Sie kurz hier, ich muss mal ins Gebüsch kacken."

    Hank drehte sich um und verschwand in einem schnellen Sprint im Gebüsch, das ihn so arg gepiesackt hatte. Verdutzt blieb der Fahrer in seinem Bus zurück.

    Hank kehrte nach einigen Minuten in einem ebenso schnellen Sprint zum Bus zurück und setzte einen Fuß hinein.

    „Ich möch-te … ich mei-ne, formulierte Hank, als müsse er jedes Wort erst sorgfältig prüfen, „dass ich ganz dring-end ein-mal zu ei-nem Uh-ren-ma-cher muss.

    „OK!", meinte der Fahrer gelassen.

    „Ja und ich muss schnell dahin!", fügte Hank seinen vorherigen Worten hinzu. Er sprach sie so schnell, als bestünde noch Hoffnung, dass sie die vorangegangenen Worte in einer Art Eilexpress noch einholen würden.

    „Na, dann sind Sie bei mir genau richtig, denn ich bin wieder auf dem Weg in die Stadt mit meiner alten Mühle. Immer nur herein! Mein Name ist übrigens Old Bob! So nennt mich jeder meiner Freunde. So können Sie mich auch nennen. Wie heißen Sie denn?"

    „Ich bin’s, Hank Johnson. Kennen Sie mich vielleicht?", ließ Hank nervös verlauten.

    „Nein, noch nie gehört. Steigen Sie ein! Auf der Fahrt können wir uns weiter unterhalten. Jetzt, da wir uns kennen, wollen wir uns nicht duzen?"

    „Das ist eine verflixt gute Idee von dir! Hank schwang sich fröhlich in den Bus hinein und nahm auf dem Sitz Platz, der Old Bob am nächsten war. Er schien durch das freundliche Entgegenkommen gelöster zu sein. „Hast hier ein nettes, altes Fahrzeug!, sagte Hank plötzlich etwas aufgetauter. So langsam machte ihm das Sprechen mit einer anderen, menschlichen Person keine so großen Probleme mehr.

    „Danke, Hank. Ich habe die Mühle günstig ersteigert und fahre damit eigentlich nur aus nostalgischen Gründen privat von Southquarter in die City. Das ist nämlich nicht mein eigentlicher Beruf, weißt du? Diese Aliens haben ganze Arbeit geleistet, was den Umweltschutz angeht, aber von Formen haben sie einfach keine Ahnung. Hast du schon diese neuen Busse gesehen, die in der Stadt verkehren?"

    „Nein, denn ich habe knapp zehn Jahren in meiner Hütte im Park gelebt und meditiert! Dort bin ich kurz nach Ankunft der Aliens hingegangen. Ich konnte das alles einfach nicht mehr ertragen. Das moderne Leben und so."

    „Oh", machte Old Bob erstaunt. Er wusste nicht, wie man mit einem solchen Spinner umgehen sollte, aber auf jeden Fall wollte er höflich bleiben.

    „Du bist also nicht Busfahrer?", platzte es aus Hank heraus.

    „Oh, nein! Ich fliege die Nahverkehrsshuttles von der Erde zum Mond. Ist `ne ruhige Strecke und einen Jungspund von der Akademie können sie dafür nicht mehr begeistern, also nehmen sie mich dazu. Aber das passt schon, denn mir macht meine Arbeit Spaß. Ich betrachte das Ganze als eine wichtige Aufgabe, was sie ja auch ist. Den Oldtimer hier hab ich nur gekauft, weil ich mich für alte Fahrzeuge interessiere. Normalerweise nehme ich auch niemanden mit. Ich darf es ja auch per Gesetz gar nicht, aber in deinem Fall wollte ich mal `ne Ausnahme machen. Du siehst so hilfsbedürftig aus."

    „Betrachten das die Aliens nicht als gefährlich, wenn du mit dem Fahrzeug weiterhin die Umwelt verschmutzt?"

    Old Bob winkte ab. „Aber nein, Hank. Die Mühle hier schnurrt wie ein Baby, hörst du?"

    „Nein, ich kann absolut nichts hören!"

    „Richtig. Hätte sie noch ihren alten Motor, wären dir deine Gehörgänge zusammengebrochen, so hat sie gehustet und gespuckt. Nein, Sir, der Bus wurde auf den neusten Stand der Technik gebracht. Plasma-Antrieb und all das. Alles umweltfreundlich." Old Bob war so stolz, wie ein Schrottkübelbesitzer nur sein konnte.

    „Aha!", machte Hank. Er sah aus dem Fenster hinaus. Sie fuhren immer noch durch den Nationalpark, der seine Heimat geworden war und den er auch in den letzten zehn Jahren nicht mehr verlassen hatte.

    „Mach’s gut. Ich komme bald wieder", sagte er leise und winkte einem Adler, den er am Himmel fliegen sah.

    Old Bob sah zu dem merkwürdigen Kauz hinüber, den er an Bord genommen hatte. Er wirkte recht liebenswürdig und war wohl – so hoffte Old Bob zumindest – nicht gefährlich.

    „Du suchst also einen Uhrmacher!", sagte Old Bob schließlich, um die eingetretene Stille zu brechen.

    „Wie? Hank musste seine ganze innerliche Kraft bündeln, um sich auf das nächste Gespräch mit dem Alten zu konzentrieren. „Oh ja, das stimmt. Hank stand auf und zeigte ihm seine Digitaluhr.

    „Sie ist genau bei fünf Uhr stehen geblieben und aus irgendeinem Grund geht sie nicht mehr weiter und … Hank staunte. „Heilige Scheiße!, rief er laut aus.

    Old Bob bekam es langsam mit der Angst zu tun. „Äh, was ist denn?", fragte er vorsichtig.

    „Es ist überhaupt nichts mehr zu sehen, siehst du?" Er hielt Old Bob sein Armgelenk vor die Nase.

    „Ich sehe gar nichts!"

    „Genau das ist es ja, was du sehen sollst. Siehst du’s?"

    „Aber ich sehe doch nichts!"

    „Genau, jetzt sieh’ doch schon das Nichts!", bestand Hank und hielt Old Bob die Uhr genau vor seine Nase, was die Folge hatte, dass dieser die Strecke nicht mehr einsehen konnte. Er ließ das Lenkrad los und ruderte wild mit seinen Armen umher, was wiederum zur Folge hatte, dass der Bus in Schlangenlinien über die Straße fuhr.

    Hank konnte sich an einer Metallstange festhalten und hielt Old Bob weiterhin die Uhr unter seine Nase.

    „Siehst du es?", fragte er schrill.

    Old Bob sah ein, dass er dem Fremden unterlegen war. „Ja, ich sehe es!, sagte er laut, kämpfte um seine Fassung und erlangte nach einigen, argen Schlenkern die Kontrolle über den Bus wieder zurück. „Ich sehe es, Mister Johnson!

    „So eine Scheiße!", fluchte Hank.

    „Tja, manchmal gehen von uns geliebte Dinge schon einmal kaputt", meinte Old Bob beschwichtigend.

    „Ja, aber das ist doch eine Katastrophe oder etwa nicht?"

    „Ganz recht. Da kann ich dir nur zustimmen."

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