Der Sensenmann kann warten: Komödie
Von Anton Schaller
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Buchvorschau
Der Sensenmann kann warten - Anton Schaller
Kapitel 1
Klaus-Dieter Becker richtete sich von seiner Couch auf und fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum. „Gott sei Dank, dass Sie da sind!", stöhnte der blonde, etwas verschwitzt wirkende Mann, als er den Arzt sah, der zusammen mit seiner Frau herbei gestürmt kam.
„Schnell, Herr Doktor, Sie müssen etwas tun. Das Herz kann jeden Moment aussetzen!", jammerte Schwanhilde und krampfte die Finger nervös ineinander.
„Nicht so stürmisch, gnädige Frau! Erst müssen wir die Formalitäten klären …"
„Welche Forma – Formalitäten? Mein Mann braucht dringend ärztliche Hilfe …"
„Alle meine Patienten brauchen dringend Hilfe. Sonst würden sie mich ja nicht rufen", entgegnete der hagere Mann im weißen Kittel und strich sich über seine Stirnglatze.
„Aber wenn Sie sich nicht beeilen, kann es zu spät sein …"
„Es ist nie zu spät für ärztliche Hilfe, gute Frau. Schließlich bin ich hier der Fachmann und weiß am besten, wie es um meine Kunden steht. Oder haben Sie etwa Medizin studiert?"
„Nein, natürlich nicht", gab Schwanhilde kleinlaut zu und wischte sich etwas verlegen über ihre bunt gemusterte Schürze.
„Und wieso denn nicht? Waren Sie etwa zu dumm dafür?"
„Ich bitte Sie, Herr Doktor! Wollen Sich mich beleidigen? Sehen Sie sich lieber meinen Mann an! Er macht es nicht mehr lange!" Schwanhilde tastete nervös nach ihren tiefschwarzen Haaren, die zu einem Knödel gesponnen waren. Irgendwie sah die gute Frau wie eine Dorfschullehrerin vor 100 Jahren aus.
Klaus-Dieter Becker warf sich auf seiner Couch herum und röchelte beängstigend vor sich hin.
„Warum kümmern Sie sich nicht um meinen Mann? Er hat nur mehr wenige Augenblicke zu leben …"
„Keine Sorge, gute Frau. Herr Becker ist bei mir in besten Händen. Haben Sie seine E-Card zur Hand?"
„Na – natürlich!", stotterte Schwanhilde, suchte mit fahrigen Händen in ihrer Tasche und brachte das gute Stück dann ans Tageslicht.
Der Arzt hatte unterdessen sein Notebook an die Steckdose angeschlossen, schob die E-Card hinein und starrte dann auf den Bildschirm. „Patient 94 Strich 82, Strich 504 heißt Klaus-Dieter Becker, wurde am 23. März 1971 in Düsseldorf geboren, ist verheiratet …"
Der blonde Mann auf der Couch warf sich herum und rief: „Worauf warten Sie denn so lange? Ich kann einfach nicht mehr …"
„Beruhigen Sie sich, Herr Becker, meinte der hagere Doc. „Die meisten Menschen können viel länger, als sie denken.
Dann las der glatzköpfige Mann weiter vor, was auf dem Bildschirm stand: „Ihr Mann arbeitet als freier Versicherungsmakler für die IEW Gesellschaft …"
„Ist das im Augenblick von Bedeutung, Herr Doktor? Es geht doch darum, das Leben meines Mannes zu retten." Schwanhilde schnappte nach Luft und fuhr sich mit der Zungenspitze über die spröden, aufgeplatzten Lippen, die schon lange