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Undorn
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eBook265 Seiten3 Stunden

Undorn

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Über dieses E-Book

Nachdem Onem den Jarl und Anführer Eldor getötet hat, um dessen Frau Yrsa als seine eigene Frau zu nehmen und dadurch den Titel des Jarls zu erlangen, begibt Yrsa sich auf die Suche nach ihrem Mann, der sie in Visionen davon überzeugt hat, dass er in der Zwischenwelt gefangen gehalten wird. Sie muss sich dabei gegen üble Machenschaften von Menschen und Göttern zur Wehr setzen, um an ihr Ziel zu gelangen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Dez. 2020
ISBN9783753126746
Undorn
Autor

Werner Diefenthal

Was schreib ich über mich? Baujahr 1963, der Oldie im Team. Ich bin der Mann in dem Trio. Also der im Hintergrund. Der Ideentüftler, der sich tagelang über mögliche Wendungen und Fortschritte in den Geschichten das Hirn zermartert. Dabei wandele ich auch auf Solopfaden mit eigenen Projekten, habe aber in den letzten Jahren hauptsächlich mit Martina zusammen die Romane verfasst. Seit einiger Zeit haben wir uns mit unsere Bilder-Zauberin Sandra zusammengetan und mischen als Trio Ars Sistendi die Literaturwelt ein wenig auf.

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    Buchvorschau

    Undorn - Werner Diefenthal

    Buchbeschreibung

    Nachdem Onem den Jarl und Anführer Eldor getötet hat, um dessen Frau Yrsa als seine eigene Frau zu nehmen und dadurch den Titel des Jarls zu erlangen, begibt Yrsa sich auf die Suche nach ihrem Mann, der sie in Visionen davon überzeugt hat, dass er in der Zwischenwelt gefangen gehalten wird. Sie muss sich dabei gegen üble Machenschaften von Menschen und Göttern zur Wehr setzen, um an ihr Ziel zu gelangen.

    Über die Autoren

    Martina Noble:

    Geboren 1979 in Mainz, liebt sie es seit frühester Kindheit, Geschichten zu erzählen und zu schreiben. Seit 2014 schreibt sie gemeinsam mit Werner Diefenthal und hat mehrere Bücher mit ihm veröffentlicht.

    Werner Diefenthal:

    Geboren 1963 im Rheinland, schreibt seit mehreren Jahren und veröffentlichte 2010 seinen ersten Roman. Seit 2014 hat er mit Martina Noble eine Schreibpartnerin, mit der er gemeinsam mehrere Romane veröffentlicht hat.

    Für alle Wikinger und Schildmaiden

    Undorn

    Martina Noble

    Werner Diefenthal

    Coverdesign ©Sandra Limberg

    Trio Ars Sistendi

    1. Auflage, 2020

    © Martina Noble und Werner Diefenthal – alle Rechte vorbehalten.

    Trio Ars Sistendi

    c/o Werner Diefenthal

    Annaweg 12

    96215 Lichtenfels

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    wdiefenthal@wdiefenthal.de

    www.trio-ars-sistendi.eu; www.wdiefenthal.de, www.sollena-photography.de

    Vorwort

    Hier ist es, unser erstes gemeinsames Werk. Wir, das sind Sandra Limberg, die bisher all unsere Cover gestaltet hat, Martina Noble und ich, Werner Diefenthal. Gemeinsam bilden wir das »Trio Ars Sistendi«. Viele fragen sich vielleicht, was das bedeutet. »Ars Sistendi« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie: »Die Kunst der Darstellung«. Und als Kunst sehen wir dieses Projekt, denn es ist die Metamorphose vom Wort zum Bild und vom Bild zum Wort. Wunderbare Bilder gehen eine Symbiose mit einem Text ein, der extra dafür geschaffen wurde.

    Hier, mit diesem Buch, haltet ihr einen Teil des Gesamtwerkes in der Hand, die reine Textform, die Essenz aus vielen Stunden Arbeit an der Tastatur und noch mehr Arbeit mit dem Fotoapparat und dem Bildbearbeitungsprogramm. Ergänzend dazu erscheint der Bildband, in dem man in Bildern und den dazu passenden Textstellen die fantastische Geschichte der Wikinger und deren Göttern noch intensiver erleben kann.

    Obwohl beides eigenständige Werke sind, so ist es doch empfehlenswert, ebenfalls den Bildband zu lesen, um die Geschichte wirklich und wahrhaftig zu erleben.

    Für alle, die in der Mythologie nicht so bewandert sind, findet sich am Ende ein kleiner Exkurs.

    Entstehung und Danksagung

    Am Anfang war eine Idee. Oder, wie es so schön heißt: »Es begab sich, dass es sich begab …«

    Alles begann damit, dass Martina Noble zum Verfasser dieser Zeilen hier meinte: »Sandra hat da ne Idee …«

    Zu dieser Zeit hatte Sandra Limberg eine ganze Menge Bilder von Menschen gemacht und diese in Wikinger verwandelt. Dazu kommt, dass sie (wie ich mittlerweile auch) ein großer Fan einer bestimmten Serie ist, in deren Mittelpunkt halt Wikinger stehen. »Sie meinte, sollten wir nicht ein Buch schreiben und dazu passend einen Bildband machen?«, fragte Martina ganz unschuldig.

    Und dann begab es sich … dass mich der Wahnsinn heimsuchte und ich innerhalb weniger Stunden einen ersten, groben Plot zusammenschrieb. Als ich diesen dann innerhalb des Trios vorstellte, war die Folge, dass ich an der ganzen Sache, am ganzen Werk, schuld bin. Nun ja … so begann es.

    Wir krempelten den Plot um, denn: Egal, welche Fantasie man im Wahn hat, so manches können wir bildtechnisch nicht umsetzen. Denn, woher zum Teufel bekommen wir ein Wikingerboot? Oder einen Werwolf? Einen Riesen?

    Also bastelten wir. Doch dann kam ein Problem auf. Zumindest glaubten wir das.

    »Wir brauchen Menschen, die vor die Kamera treten.«

    »Na, ob wir da vielleicht so fünf oder sechs finden?«

    »Wir machen mal ne Ausschreibung.«

    Gesagt, getan. Wenig später dann: »HILFE!! Wir können ja zehn Bücher schreiben mit all den Leuten.«

    Ergo mussten wir aussuchen, überlegen, Rollen definieren. Wir waren wirklich mehr als überrascht. So viele tolle Menschen, die mitmachen wollten. Von überall her.

    Ich muss es sagen: Leider konnten wir nicht alle berücksichtigen. Es waren zu viele.

    Schließlich hatten wir die Besetzung zusammen, ein Termin wurde gemacht. An einem wunderschönen Wochenende im Mai 2018 (vergesst das mit dem »wunderschön«, es war brütend heiß!) traf man sich. Zuerst in Budenheim, dann am nächsten Tag im Keltendorf in Bundenbach. Es war ein Erlebnis! Wir waren alles in allem so ca. 60 Leute, die meisten in wirklich fantastischen Gewandungen, voller Elan, hochmotiviert, folgsam und friedfertig (Wobei einige Jogger, denen wir begegneten, das wohl nicht so sahen und abdrehten). Und immer die bange Frage: Haben wir genug Proviant? Machen wir alles richtig? Hält das Wetter? (Ja, es hielt. Das geflügelte Wort war: »So viel grün!« (O-Ton Sandra)) Und dem Wetter geschuldet kam dann die Änderung des Namens dieses Werkes. Sollte es ursprünglich »Nebelreise« heißen, so mussten wir, bedingt durch den strahlenden Sonnenschein und das Fehlen jeglichen Nebels, einen neuen Titel kreieren. Nach langem Überlegen haben wir uns für »Undorn« entschieden. Dieses Wort stammt aus dem Altnordischen und bedeutet »Zwischenzeit«.

    Böse Zungen könnten nun sagen, wir haben in der Zwischenzeit vieles andere gemacht. Doch im Grunde genommen, so unsere Überlegung, bezieht sich das auf die Handlung, die in einer »Zwischenzeit« stattfindet. So oder so, wir finden den Titel gelungen und einprägsam.

    Auf jeden Fall haben wir an einem Wochenende so Summa summarum 2000 Bilder geschossen. Es gab noch einige Termine, um alles zu vervollständigen, aber auch diese waren einfach toll.

    Und dann haben Sandra und Martina stundenlang Bilder angesehen, selektiert, sortiert, genehmigt, verworfen, überlegt, sich vielleicht übergeben, Stielaugen bekommen … aber es geschafft.

    Parallel haben wir begonnen, an dem Roman zu arbeiten, während Sandra sich in die Bildbearbeitung stürzte. Nach vielen, vielen Stunden harter Arbeit hat sie dann alle Bilder so gehabt, dass wir uns daran machen konnten, sie zusammenzustellen, die Texte dafür zu schreiben, und irgendwie ist es uns dann doch gelungen, woran wir zeitweise nicht mehr geglaubt haben:

    Das erste gemeinsame Projekt unter dem Namen »Trio Ars Sistendi« ist fertig. Buch. Bildband.

    Und, ehrlich: Wir sind es auch. Aber glücklich.

    Keinesfalls darf an dieser Stelle die Danksagung fehlen – wir versuchen, uns kurz zu halten, was nicht einfach werden wird:

    Der größte Dank geht an all unsere Protagonisten, ohne deren Zutun, deren Kreativität und deren unermüdliche Reisebereitschaft dieses Projekt niemals hätte geschehen können.

    Danke an die Gemeinde Bundenbach und ihren Bürgermeister, die uns ihr Keltendorf völlig unkompliziert für einen kompletten Tag zur Verfügung gestellt haben. Mehr zum Keltendorf findet man unter:

    http://www.sgoerner.de/bundenbach/keltensiedlung

    Danke an Cora dafür, dass Du für uns die grafische Arbeit in Sachen „Bildband" übernommen hast – ohne Dich hätten wir sehr viel mehr unter Druck gestanden.

    Danke an Deborah und Thomas für die vielen Making-Of Bilder, die uns als Erinnerungen bleiben werden.

    Danke an Daniel für die Hilfe bei der finalen Gestaltung der Schilde sowie für das schöne Trio Ars Sistendi Logo.

    Danke an alle uns unbekannten Menschen, die Ihre Kleidung und Ihre Requisiten leihweise unseren Protagonisten für UNDORN zur Verfügung gestellt haben.

    Wir sehen uns in Walhalla!

    Prolog

    Der Wanderer

    Der Rabe zog seine Kreise. Weit über der See, die sich schäumend an den hoch über dem Wasser aufragenden Klippen brach. Am Rand der Felsen standen einzelne Kiefern, deren Äste im Wind schwangen. Unbeirrt hielten sie dem Ansturm der Elemente stand, krallten sich mit ihren Wurzeln in den Boden, erzitterten mit jedem neuen Windstoß. Elegant flog der Rabe über sie hinweg, seine klugen Augen erfassten jede noch so geringe Bewegung. Der Wind trug ihn weiter, bis er über einer Bucht, die sich im natürlichen Schutz der weit vorgelagerten Felsen befand, ein heiseres Krächzen ausstieß.

    Die Häuser duckten sich etwas entfernt vom Strand auf einer Anhöhe. Nur ein schmaler Pfad führte auf das Felsplateau hinauf, an dessen Ende eine Palisadenwand mit einem Tor den Eingang markierte. Die verlassenen Landungsstege in der Bucht warteten auf die Rückkehr der Schiffe mit den Männern, die auf Raubzug waren.

    Im Dorf selbst waren nur wenige Menschen zu sehen. Einige ältere und verletzte Männer sortierten den Fang des Tages, die Frauen besserten die Netze aus, während die Kinder sich mit Holzschwertern und Schilden im Kampf übten.

    Weiter flog der Rabe, ließ ein erneutes Krächzen hören. Über dem Wald, der ein Stück vom Dorf entfernt begann, ließ er sich wieder vom Wind tragen, bis er sah, wonach er gesucht hatte. An einem kleinen See kniete ein Mann, betrachtete sich im Spiegel des Wassers, lächelte. Langsam erhob er sich, richtete seine Kleidung. Als er den Raben hörte, sah er zu ihm auf, zwinkerte ihm mit dem rechten Auge zu und ging gemächlichen Schrittes in Richtung des Dorfes.

    Er war groß gewachsen, schlank, jedoch kräftig. Seine Augen blitzten wach, sein dichter schwarzer Bart umrahmte ein markantes Kinn. Die langen Hosen waren staubig, genau wie seine Schuhe. Beim Gehen zog er das linke Bein nach, schlurfte mit dem Fuß über den Boden.

    An seiner linken Seite hing ein Schwert, ein Schild war auf den Rücken gegurtet, direkt neben seiner Axt. An der rechten Hüfte hing an einem Ledergürtel seine Knochenflöte, die im Takt seiner Schritte baumelte.

    Langsam näherte er sich dem Ort. Ein Stück entfernt blieb er stehen, schien sich jedes Haus, jeden Zaunpfahl genau einzuprägen. Einige Anwohner sahen ihn, doch ein einzelner Fremder stellte keine Gefahr dar. Dennoch schickte man einige der älteren Jungen los, um sich in den Wäldern umzusehen, ob der Fremde vielleicht doch Feinde anführte. Als die Sonne sank, setzte der Mann sich wieder in Bewegung und erreichte mit dem letzten Licht des Tages das Tor, das in das Dorf führte. Mittlerweile schien klar zu sein, dass er alleine unterwegs war, jedenfalls hatte man keinerlei Spuren anderer Männer gefunden. Niemand hielt den Fremden auf, die Kinder umringten ihn, und er lächelte sie an und holte aus einem Beutel einige Beeren, die er ihnen hinhielt. Doch keines von ihnen griff zu, das Misstrauen überwog.

    Mitten im Dorf zwischen den Hütten stand eine Frau und sah ihm entgegen. Der Mann betrachtete sie eingehend. Sie war von einer ganz besonderen Schönheit, die ihn sofort in ihren Bann zog. Ihre langen dunklen, leicht rötlich schimmernden Haare hingen offen über ihre Schultern, das einfache Kleid erschien ihm wie das Gewand einer Königin. Vermutlich lag es an ihrer Haltung, hoch aufgerichtet, selbstsicher und stolz. Ihre vollen Lippen waren leicht skeptisch geschürzt, als sie ihrerseits seinen Blick offen erwiderte.

    Ohne zu zögern, trat er auf sie zu, neigte den Kopf.

    »Verzeiht mir mein Eindringen, doch bin ich ein Wanderer auf der Suche nach einem Schlafplatz für die Nacht. Ein Sturm zieht auf.«

    Sie musterte ihn von oben bis unten.

    »Und wer seid Ihr? Wer sagt mir, dass Ihr nichts Böses im Schilde führt?«

    Der Fremde verbeugte sich leicht.

    »Mein Name ist Agnar. Agnar, der Flötenspieler. Nichts Böses ist in meinem Sinn. Im Gegenteil, nur Freude möchte ich den Menschen bringen.«

    »Ich bin Yrsa, Frau von Eldor, dem Jarl dieses Dorfes und seiner Bewohner.« Sie trat näher an den Fremden heran, registrierte jede Kleinigkeit an ihm, auch seine Waffen. »Sagt mir, Agnar, wie kommt es, dass ich Euch noch nie gesehen habe? Und wie kann es sein, dass ein so kräftig gebauter Mann nicht mit auf Beutezug ist?« Sie trat vor ihn hin, sah ihm in die Augen. »Wurdet Ihr von Eurem Jarl verstoßen? Habt Ihr Verbrechen begangen?« Sie machte eine kurze Pause, beobachtete seine Reaktion. »Oder seid Ihr gar ein Feigling?«

    Nach diesen Worten entfernte sie sich ein Stück. Die anderen Bewohner des Dorfes hatten sich genähert, schlossen einen Kreis um den Fremden, bereit, ihn sofort zu töten, wenn Yrsa es befahl.

    Agnar lächelte sanft.

    »Ich verstehe Euer Misstrauen.« Er machte ein paar Schritte auf Yrsa zu, die sein Humpeln bemerkte. »Doch wie Ihr leicht erkennen könnt, bin ich nicht fähig, mit in den Kampf zu ziehen. Als Knabe geriet ich unter die Hufe der Pferde meines Jarls. Seitdem bin ich als Kämpfer nicht mehr geeignet, doch hat man meine anderen Fähigkeiten erkannt. Ich bin geschickt im Umgang mit jeglichem Werkzeug und spiele Euch die schönsten Weisen auf der Flöte. Ich bitte Euch nur um Obdach für die Nacht und um etwas zu essen. Morgen in der Früh werde ich weiterziehen.«

    »Nun, Agnar, Ihr sagt, Ihr seid ein guter Flötenspieler. Musik macht jedes Essen zum Festmahl. Wenn Ihr uns aufspielt, dürft Ihr mit uns speisen und bekommt ein Bett für die Nacht«, erwiderte Yrsa nickend.

    Agnar verbeugte sich.

    »So sei es.«

    Yrsa bedeutete ihm, ihr zu folgen, und der Besucher kam bereitwillig mit ihr. Schon nach ein paar Schritten bemerkte er, dass ihnen drei junge Frauen mit nur wenig Abstand folgten und ihn nicht aus den Augen ließen. Wie Yrsa waren sie ausnehmend schön und gut gewachsen, mit schlanken, trainierten Körpern. Alle drei hatten Haare, die ihnen bis auf die Hüften hinab fielen, eine in einem dunklen Kastanienrot, die andere in hellem Kupfer. Sie hatte die langen Strähnen zu kunstvollen Filzzöpfen zusammengedreht. Den Kopf der Dritten zierten dunkelbraune Locken.

    Die Schönheit der Frauen konnte jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sie alle die Hand am Schwertknauf trugen.

    Amüsiert wandte Agnar sich an seine Gastgeberin.

    »Man hat keine wehrhaften Männer zu Eurem und dem Schutz des Dorfes zurückgelassen?«

    Yrsa sah ihn nicht einmal an, lächelte nur.

    »Wir brauchen keine Männer, um uns zu schützen.« Mit einer Kopfbewegung wies sie auf die jungen Frauen, die ihnen folgten. »Nehmt Arnora, Runa und Jorunn. Ihr könnt sicher sein, sie haben Euch die Kehle durchgeschnitten, noch bevor Ihr Eure Waffe ziehen könnt.«

    Agnar lachte.

    »Daran habe ich keinen Zweifel!«

    Er zwinkerte der kupferhaarigen Arnora zu, was ihm einen bösen Blick aus kristallblauen Augen einbrachte. Sie näherten sich einem großen Platz in der Mitte des Dorfes, direkt neben dem Gemeinschaftshaus. In den dunklen und kalten Monaten hielt man im Inneren die Versammlungen ab und feierte dort, doch in den Sommermonaten verlagerte man dies nach draußen. Fleißige Helfer hatten Tische aufgestellt, an denen etwa dreißig Menschen Platz genommen hatten.

    Agnar sah sich um, betrachtete die überall brennenden Kohlenfeuer, die Speisen, die man aufgetischt hatte, bestehend aus Braten, Zwiebeln, Brot und Wurzelgemüse. Auf den Bänken rutschte man zusammen, damit auch er Platz fand.

    Yrsa bat die Versammelten, zuzugreifen, und prostete mit einem Krug in die Runde. Man unterhielt sich über den Fischfang, ob der Winter bald käme und ob die Männer wohl reichlich Beute mit nach Hause brächten.

    Als das Mahl endete, sah Yrsa Agnar an.

    »Ihr sagtet, Ihr seid Meister der Flöte, oder habe ich das falsch verstanden?«

    »Oh, nein, nicht nur auf der Flöte, auch bin ich ein Künstler des Wortes.«

    »Wie wäre es, wenn Ihr uns eine Kostprobe Eures Könnens darbringt, damit wir darüber befinden können, ob Ihr die Wahrheit sprecht oder nur Sprüche klopft?«

    Agnar stand auf, trat vor Yrsa und verbeugte sich leicht.

    »Ihr werdet nicht enttäuscht sein.«

    Die Feiernden versammelten sich um die Feuerstelle, Agnar löste die Flöte vom Gurt, setzte sie an die Lippen und spielte eine leise Melodie. Sanft flogen die Töne zum Himmel empor, wurden scheinbar von ihm zurückgeworfen, schienen in der Luft zu tanzen.

    Die letzten Gespräche verstummten, alles lauschte dem Flötenspiel des Mannes, obwohl es nicht übermäßig laut war. Sogar die tobenden Kinder hörten mit verzückten Gesichtern zu. Yrsa sah ihn gebannt an. Noch nie im Leben hatte sie Ähnliches gehört. Jeder Ton schien in ihr einen Nerv zu treffen, brachte sie zum Vibrieren. Ihr Herz schlug schneller, die Handflächen wurden feucht und sie war froh, auf einer Bank zu sitzen, denn ihr zitterten die Knie. So hatte sie sich nur ein einziges Mal gefühlt – als Eldor sie damals umworben hatte. Sein Lächeln und das verschmitzte Blitzen in seinen Augen hatten dieselbe Reaktion ausgelöst wie jetzt das Flötenspiel dieses seltsamen Fremden.

    Schmerzhaft fiel ihr ein, dass ihr Mann weit fort war und nur die Götter wussten, wann er wieder zu ihr zurückkehren würde. Sie schalt sich innerlich eine Närrin, dass sie nur vom Flötenspiel eines Mannes so berührt wurde. Jedoch sah sie, dass es ihr nicht alleine so ging. Alle Frauen, angefangen vom gerade erst erblühten Mädchen bis zur Greisin, hatten jenes Strahlen im Gesicht, das einem Mann die Offenheit ihres Herzens anzeigte. Auch die Männer, die nicht mit zur Kaperfahrt hatten kommen können, weil sie schon zu alt oder verletzt waren, blieben von der Darbietung nicht unberührt. Überrascht entdeckte Yrsa Tränen in den Augen ihres ältesten Kriegers. Das Spiel endete. Beinahe schmerzhaft war es für Yrsa, als habe man ihr etwas gestohlen. Dann begann Agnar, mit einer volltönenden Stimme zu singen, und eine neue Woge aus Sehnsucht schlug über ihr zusammen. Kaum konnte sie dem Text folgen, der von Liebe und Leidenschaft handelte.

    Als Agnar schließlich verstummte, brach Beifall aus. Die Menschen standen um ihn herum, applaudierten laut, bis Yrsa die Arme hob.

    »Nun, Agnar, Ihr habt wahrlich nicht gelogen. Habt Dank für diese Darbietung. Doch es ist spät, der Tag wird nicht auf sich warten lassen. Ich lasse Euch Euer Lager zeigen.«

    Agnar sah ihr tief in die Augen und Yrsa durchfuhr die Erkenntnis wie ein Blitz. Er hoffte darauf, in dieser Nacht ihr Bett zu teilen. Vielleicht hätte sie es getan, hätte sie keine Verpflichtungen gehabt – er war ein ansehnlicher Mann.

    Doch sie war die Frau des Jarl. Es verbot sich von selbst, diesem Verlangen nachzugeben. Sie liebte Eldor ehrlich und aufrichtig. Niemals würde sie sich in die Arme eines anderen Mannes begeben, so lange Eldor lebte. Und dennoch, die Verführung war gegenwärtig, das erkannte sie. War es vielleicht eine Prüfung der Götter? Brüsk schüttelte sie den Kopf.

    »Ich wünsche Euch eine angenehme Nacht, Agnar, der Flötenspieler.

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