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Wie sieben Jahre Regenwetter
Wie sieben Jahre Regenwetter
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eBook394 Seiten5 Stunden

Wie sieben Jahre Regenwetter

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Über dieses E-Book

"Der Blitz schlägt nicht zweimal an derselben Stelle ein".
Der Roman Wie sieben Jahre Regenwetter beschreibt in zwei miteinander verwobenen Erzählsträngen die Schicksale zweier Familien, die sich über unterschiedliche Zeiträume hinweg in einer deutschen Kleinstadt einfinden. Der Fokus liegt dabei auf ihrem schwierigen Ankommen in einem alteingesessenen, "deutschen" Umfeld. "Der Blitz schlägt nicht zweimal an derselben Stelle ein"? In dieser Kleinstadt trifft das nicht zu.
Marta und Sepp Opitz mussten 1957 - schweren Herzens, schwanger und zusammen mit Martas Mutter - aufgrund von Schikanen und Anfeindungen ihre mittlerweile polnisch verwaltete Heimat in Oberschlesien verlassen. Sie ziehen in eine Kleinstadt in Westdeutschland, in die Nähe von Martas Bruder Günter. Die Vorfreude auf Ruhe und eine harmonische Nachbarschaft wird allerdings bereits kurze Zeit später zerstört. Nachbarn beschimpfen, mustern und beobachten sie. Gespräche bleiben meist oberflächlich. Offenere Nachbarn haben resigniert und treten kaum in Erscheinung.
Die Familie zieht sich in die eigenen vier Wände und den Garten zurück und verhält sich fortan neutral und unauffällig.
Das Vorgehen scheint zu funktionieren, bis 2013 Familie Fakhry aus Syrien in das leer stehende Haus direkt neben Familie Opitz einzieht. Die rechte und ausländerfeindliche Gesinnung mancher Nachbarn kommt erneut zum Vorschein, was sogar in einer Straftat resultiert.
Familie Opitz wird aus ihrer Neutralität gezogen. Dieses Mal schweigen sie aber nicht mehr. Sie entscheiden sich – auch, da sich nichts am Bild mancher Nachbarn ihnen gegenüber geändert hat – dazu, aufzustehen und für eine offenere Gesellschaft einzutreten.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum3. Mai 2021
ISBN9783754115671
Wie sieben Jahre Regenwetter
Autor

Fabian Fischer

Ich bin ein Hesse mit oberschlesisch-unterfränkischen Wurzeln. Gelebt habe ich schon in mehreren Ecken der Welt und überall war es wichtig, zumindest temporär ankommen zu können. Offenheit und Toleranz sind mir daher sehr wichtig. Seit 2015 wohne und arbeite ich in Frankfurt am Main. Als studierter Orientalist und Kulturgeograph mit Schwerpunkt Entwicklungsforschung und politischer Geographie bin ich als Autor ein klassischer Quereinsteiger. Die Idee, Romane zu schreiben, hatte ich schon länger. Die Zeit, sie zu Papier zu bringen, allerdings nicht. Im ersten Corona-Lockdown 2020 habe ich gemerkt, dass ich ein Ventil brauche, um mich sinnvoll und kreativ zu beschäftigen. Nun hatte ich auch die Zeit, um mich diesem Projekt zu widmen.

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    Buchvorschau

    Wie sieben Jahre Regenwetter - Fabian Fischer

    Wie sieben Jahre Regenwetter

    Titel Seite

    Impressum

    Über den Autor

    Widmung und Danksagung

    Glossar

    Eine Kleinstadt in Deutschland

    Birkenweg – 14. Juni 2013

    Birkenweg – 15. Juni 2013

    Birkenweg – 15./16. Juni 2013

    Birkenweg – 16. Juni 2013

    Oberschlesien – 4. Mai 1957

    Birkenweg – 21. Juni 2013

    Birkenweg – 27. Juni 2013

    Birkenweg – 10. Juli 2013

    Brief 27 – 6. Mai 1957

    Oberschlesien – 13. Mai 1957

    Brief 28 – 17. Mai 1957

    Birkenweg – 21. Juli 2013

    Birkenweg – 24. Juli 2013

    Oberschlesien – 3. Juni 1957

    Brief 30 – 7. Juli 1957

    Birkenweg – 26. Juli 2013

    Yorckstraße – 14. September 1957

    Birkenweg – 5. April 1958

    Birkenweg – 10. Mai 1958

    Birkenweg – 19. Juli 1958

    Birkenweg – 6. September 2013

    Birkenweg – 26. Juli 1958

    Brief 33 – 6. September 1957

    Birkenweg – 15. Oktober 1959

    Birkenweg – 16. Oktober 1959

    Birkenweg – 7. September 2013

    Birkenweg – 12. September 2013

    Liebermann-Grundel-Compagnie (LGC) – 16. Oktober 1959

    Birkenweg – 30. Oktober 1959

    Birkenweg – 25. Oktober 2013

    Birkenweg – 26. Oktober 2013

    Schlesien – 6. Juli 1957

    Birkenweg – 26./27. Oktober 2013

    Birkenweg – 27. Oktober 2013

    Birkenweg – 29. Oktober 2013

    Birkenweg – 30. Oktober 2013

    Birkenweg – 18. Dezember 2013

    Central-Anzeiger

    Fabian Fischer

    Wie sieben Jahre Regenwetter

    Roman

    Impressum

    Texte: © 2021 Copyright by Fabian Fischer

    Umschlag: © 2021 Copyright by Fabian Fischer

    Verantwortlich

    für den Inhalt: Fabian Fischer, Niddagaustraße 54, 60489 Frankfurt am Main, fabianfischer.autor@gmail.com

    Druck: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

    Über den Autor

    Seit 2015 wohne und arbeite ich in Frankfurt am Main. Als studierter Orientalist und Kulturgeograph mit Schwerpunkt Entwicklungsforschung und politischer Geographie bin ich als Autor ein klassischer Quereinsteiger.

    Die Idee, einen Roman zu schreiben, hatte ich schon länger. Die Zeit, ihn zu Papier zu bringen, allerdings nicht. Geschrieben habe ich zwar schon immer gerne, allerdings ging das nie über ein paar Seiten hinaus.

    Wie sieben Jahre Regenwetter ist mein erster Roman.

    Im ersten Corona-Lockdown 2020 habe ich gemerkt, dass ich ein Ventil brauche, um mich sinnvoll und kreativ zu beschäftigen.

    Nun hatte ich auch die Zeit, um mich diesem Projekt zu widmen.

    Es hat mir wahnsinnig viel Freude bereitet, meine Gedanken und auch meine Erinnerungen niederzuschreiben. Denn in meinem Roman verwebe ich reale Ereignisse meiner Familie mütterlichseits und fiktive Situationen, die so oder auch anders passiert sein können.

    Ich habe den Roman auch in der Hoffnung geschrieben, dass man aus der Geschichte lernt und sich manche Ereignisse nicht mehr wiederholen.

    Widmung und Danksagung

    Für alle, die irgendwo ankommen möchten.

    Mein Dank geht an Timo, Mareike, Chrissi und Judith.

    Glossar

    Ahle Gake – Alte Gans (schles.)

    Blödok – Blödmann (schles.)

    Bytomska – Beuthener Straße

    Dobry dzień – Guten Tag (poln.)

    Do widzenia! – Auf Wiedersehen (poln.)

    Hackfleischgulasch – Bolognese-Soße (schles.)

    Halawa – Süßigkeit (arab.)

    Krewatschlich – unordentlich, schräg (schles.)

    Jeronje – Oh Gott, ach herrje (schles.)

    Ma'amoul – Syrische Süßspeise (arab.)

    Mostrich – Senf (schles.)

    Newahrnein? – oder? (schles.)

    Nudelkulle – Nudelholz (schles.)

    Plotsch – Tölpel (schles.)

    Poproszę chleb żytni – Ein Roggenbrot, bitte (poln.)

    Renftel – Endstück eines Brotes (schles.)

    Ritsche – Schemel (schles.)

    Stickel – Stückchen (schles.)

    Sträselkucha – Streuselkuchen (schles.)

    Tamam – In Ordnung, klar! (arab.)

    Eine Kleinstadt in Deutschland

    Eine Kleinstadt in Deutschland. 

    Sie liegt im Westen, Osten, Norden oder Süden. 

    Auch eine Lage im Landeszentrum wäre denkbar.

    Ihr Name endet auf -heim, -burg, -stadt, -ingen oder -furt. 

    Sie breitet sich vor einem Pass aus. Wird durch einen Fluss durchschnitten. Vielleicht wurde sie auch im Mittelalter an zwei sich kreuzenden Handelsstraßen gegründet. 

    Kulturelle Unterschiede zeigen sich nur beim genaueren Hinsehen: Wurden die Häuser als Fachwerk errichtet? Ziehen sich elegante Klinkerbauten die Straßen entlang? Und tragen die Dächer Schindeln oder sind sie mit Reet gedeckt? 

    Natürlich lassen sich weitere Unterschiede beim Zuhören feststellen: Icke oder ich? Meines oder mir? Hasch oder Hast du? 

    Das alles ist für die Geschichte aber irrelevant.

    Es ist eine Kleinstadt in Deutschland.

    Die Kleinstadt besteht aus Altbauten und Häusern im Bauhausstil. Zwischendrin finden sich unattraktive Zweckbauten, bedingt durch die Zerstörungen durch Feuerstürme, Artilleriebeschuss und Sprengungen im Zweiten Weltkrieg.

    Die Viertel im Zentrum wirken wie wild gewachsen. Die Straßen sind teilweise gepflastert und treffen in keinem rechten Winkel aufeinander. 

    Hinter den in der napoleonischen Besatzungszeit geschliffenen Stadtmauern erstrecken sich Viertel wie auf dem Reißbrett entstanden: Zweigeschossige barocke oder klassizistische Gebäude an breiten Straßen. Kleine Kanäle. Alleen. Vier- bis fünfgeschossige Blöcke des Historismus. Mit begrünten Innenhöfen und einem Kastanien- oder Lindenbaum in der Mitte. 

    Klare Strukturen und Symmetrie, wohin man schaut. 

    Über die Stadt verteilt gibt es Kirchen, Moscheen und Tempel. Friedhöfe und Parkhäuser. 

    Einen Skaterpark und viele Eisdielen mit klangvollen Namen wie Cortina, Venezia oder Stromboli. 

    Und je mehr man die Innenstadt verlässt, trifft man auf langgestreckte Parkflächen, Hochhäuser der 70er Jahre und Industriegebäude. 

    Das alles ist für die Geschichte aber irrelevant.

    Es ist eine Kleinstadt in Deutschland.

    Die Kleinstadt wirkt friedlich und unaufgeregt: morgens fährt die Müllabfuhr durch die Gassen, die Lichter der Straßenlampen werden gelöscht und im Anschluss, gegen 6:30 Uhr, setzt der Pendelverkehr ein. 

    Dann rollen wahre Autokolonnen in die Stadt und verstopfen die Zugangsstraßen. Links und rechts hupt es, die Luft riecht nach Benzin. Aus den Bussen strömen Menschenmassen in Anzügen, T-Shirts und Blaumännern.

    Glücklich schätzen sich dann diejenigen, deren Arbeitsort fußläufig zu erreichen ist oder sich außerhalb der Stadt befindet. 

    In den Mittagspausen werden die Bistros, Imbissstuben und Restaurants überrannt, die Gäste bestellen Eiernudeln, Döner oder Tagliatelle al Salmone.

    Die Stadt wird lauter. 

    Es wird viel gescherzt und gelacht. Und einige Deals verhandelt. Schnell die Katze daheim gefüttert oder zur Post geeilt. 

    Nachdem der Arbeitstag zu Ende gegangen ist, setzen sich die Autokolonnen wieder in Bewegung und verlassen die Stadt. Zurück bleiben die Einwohner. Dann wird die Stadt wieder leiser. Es gibt Abendbrot oder Reste vom Wochenende, die Tagesschau läuft im Fernsehen. 

    Am späten Abend gehen die Straßenlampen wieder an und die Stadt versinkt allmählich im Schlaf. 

    Das alles wirkt friedlich, ungefährlich. Sicher auch etwas eingefahren und spießig, aber vor Spießern muss man sich nicht in Acht nehmen. Oder?

    Wie so oft versteht man Situationen und Hintergründe erst dann, wenn man ein bisschen an der Oberfläche kratzt. Wenn man sich auf etwas fokussiert. Wenn man Schicht um Schicht abschöpft. Und wenn man dann direkt in den Kern des Ganzen reinzoomt. So wie nun.

    Wir sind in einer Kleinstadt in Deutschland, genauer:

    Im Birkenweg 20.

    Birkenweg – 14. Juni 2013

    »Jeronje, so ein Mistwetter. Wieso fängt es ausgerechnet dann zu regnen an, wenn ich zum Kiosk will? Na, bleibe ich eben hier.« 

    Sepp wirkte genervt. Er hatte sich schon darauf gefreut, seine zwei ehemaligen Arbeitskollegen Peter und Lothar zu sehen.

    Geredet hätten sie zwar – wie jeden Freitagabend – nicht sonderlich viel. Sie hätten gemeinsam einen Lottoschein ausgefüllt und dabei stets kurz darum gerangelt, wessen Geburtstagszahlen in der Auswahl auftauchen dürften. Und sie hätten auf die Abgabe des Scheins und den nun zu erwartenden Millionengewinn angestoßen. 

    Natürlich hätten sie auch über die guten alten Zeiten bei NKW gesprochen, den Nederlandse Kunststoffen Werken. 

    Wobei NKW nicht immer NKW war. Als die drei dort noch gearbeitet hatten, hieß die Firma LGC, Liebermann-Grundel-Compagnie.

    Verkauft an einen ausländischen Investor. Lange, nachdem die drei in den Ruhestand gegangen waren. 

    Außenstehenden ergab sich dann hier am Kiosk ein wiederkehrendes Bild, denn es wurde immer über dieselben Themen bei LGC geredet: angefangen bei den Erlebnissen, die Sepp zu Beginn seiner Arbeitsaufnahme in den 50er Jahren mit den anderen Kollegen gemacht hatte, über die vollen Auftragsbücher und dadurch gut gefüllten Konten der Mitarbeiter bis hin zum bundesweit bekannt gewordenen Schmiergeldskandal mit der UdSSR in den 70er Jahren.

    Letzterer Fall – und nicht die Aufdeckung von Journalisten 15 Jahre zuvor, dass LGC in großem Stil Kriegsgefangene aus einem KZ-Außenlager bei sich hatte arbeiten lassen – hatte dazu geführt, dass die Firma immer mehr Aufträge verlor und schließlich, kurz vor der Pleite Ende der 80er Jahre, durch die Mutterfirma von NKW, einem Mischkonzern mit Sitz in Utrecht, übernommen wurde. 

    Bevor sie sich auf den Weg nach Hause machten, stießen Sepp, Peter und Lothar stets ein letztes Mal an und leerten die halbvollen Gläser in einem Zug. 

    Dabei beglückwünschten sie sich gegenseitig zur Tatsache, bereits vor diesen turbulenten Zeiten aus dem Unternehmen ausgeschieden zu sein. 

    Heute passierte das alles aber nicht, denn es regnete in Strömen und die drei blieben zu Hause. 

    Dann halt wieder nächste Woche, dachte sich Sepp. 

    Er schaute – immer noch leicht verärgert über den Ausfall seines wöchentlichen Ausflugs – aus dem Fenster und betrachtete die Nachbarhäuser. 

    Ganz rechts in seinem Blickfeld stoppte er und versuchte, mit seinen Augen etwas zu fixieren. 

    »Marta, haben wir noch Bier im Kühlschrank? Dann kannst du auch gleich Abendbrot machen. Weißt du, was bei Kisselbachs los ist? Da steht ein Laster vor der Tür, zieht die Tochter nun doch her?« 

    Sepp kratzte sich an seinem kahlen Kopf und führte dann seine Hand zur Brust.

    Er hatte meist ein Hemd an und ließ ein Knopfloch zu viel offen. Dadurch offenbarte er dem Betrachter dort das Mehr an Haaren, was ihm seit knapp 40 Jahren auf dem Kopf fehlte. 

    Er zog die Gardine wieder vollständig zu und schlappte in Richtung Fernsehsessel. 

    Kurz nachdem er sich darin rücklings und etwas eingerostet hatte fallen lassen und sich nun nach der Zeitung umschaute, kam Marta mit einer eiskalten Flasche Warsteiner aus der Küche. 

    Sie trug, wie so oft, eine karierte Schürze um die Hüfte. Mit ihren grauen mittellangen Locken, der kleinen Brille auf der Nase und den gut gefütterten Pantoffeln an den Füßen versprühte sie das Bild der Hausfrau und Oma von nebenan.

    Und eine Oma war sie mit ihren mittlerweile 86 Jahren definitiv.

    »Ach Sepp, immer Bier vor dem Essen, muss das sein? Aber was soll’s, da stoße ich ja auf taube Ohren. Nein, ich glaube nicht, dass Laura herzieht. Sie war ja schon selten da, als ihre Eltern noch gelebt haben.« 

    Damit gab sie ihrem Mann die geöffnete Bierflasche und warf ihm einen leicht missbilligenden Blick zu. 

    Dann ging sie selbst zum Fenster und versuchte, durch die Gardine und den Regen hindurch etwas vom Geschehen auf dem Nachbargrundstück mitzubekommen. 

    »Der Karl hat mich aber heute früh am Gehsteig abgefangen und gemunkelt, dass das Haus verkauft wurde. Aber an wen, das wusste er nicht. Vielleicht wissen Paula oder Lorenz ja mehr, ich frag sie morgen. Jetzt mach ich aber erst einmal Essen. Das Griebenschmalz muss glaube ich so langsam weg.« 

    Karl, eigentlich Karl-Heinz, war ihr direkter Nachbar zur linken Seite des Grundstücks hin.

    Er hatte hier schon gewohnt, als Sepp, Marta und ihre Tochter Paula in das Haus im Birkenweg eingezogen waren. 

    Keiner aus der Familie mochte Karl sonderlich, allerdings hatten sie sich das niemals in der Öffentlichkeit anmerken lassen. 

    »Wir wollen eine gute Nachbarschaft, Kindchen.« 

    Das hatte Sepp seiner Tochter erklärt, nachdem sie als Jugendliche sichtlich errötet nach Hause gekommen war und sich über Karls Bemerkungen am Gartenzaun beschweren wollte.

    Und damit war vorgegeben, wie man sich gegenüber den Nachbarn zu verhalten hatte. Freundlich sein, keine Kritik üben. 

    Paula hatte zwar damals sehr mit sich gerungen, die Vorgaben ihres Vaters aber schließlich akzeptiert. 

    Trotzdem versuchte sie fortan, unnötige Begegnungen mit Karl zu vermeiden.

    Nachdem Sepp und Marta gegessen hatten, schaute er noch das letzte Fußballspiel seines Lieblingsvereins, das er extra für einen verregneten Abend wie diesen aufgenommen hatte.

    Marta befüllte derweil die Spülmaschine und räumte die Küche auf. 

    Nach getaner Arbeit ließ sie sich schließlich Badewasser ein. Ihre Mutter hatte ihr früher immer gepredigt: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!

    Und baden war für Marta ein wirkliches Vergnügen. 

    Sie brauchte einmal pro Woche etwas Zeit für sich und da wirkte ein Bad in der Wanne wahre Wunder. 

    Während das Wasser langsam einlief, ging sie noch einmal zurück ins Wohnzimmer. An der linken Seite des Sessels standen mittlerweile schon drei leere Flaschen Bier und Sepp war vor dem laufenden Fernseher eingeschlafen.

    Marta weckte ihn auf und schickte ihn in Richtung Badezimmer. Dann schnappte sie sich die leeren Flaschen und lief in die Küche zurück. 

    Wenn ich hier nicht so viel machen und rumräumen würde, wäre hier bald alles krewatschlich, dachte sie sich. Wie ein Sauhaufen! Aber das kriege ich aus Sepp nicht mehr raus. 

    Mit diesen Gedanken stellte sie die Flaschen in den Kasten unter dem Küchenfenster und ging in Richtung Bad. 

    Sepp war bereits im Schlafzimmer und zog sich um. 

    Als sie am Fenster vorbeikam, das zum Nachbarhaus rechts schaute, blieb sie kurz stehen: Das Haus war nun hell erleuchtet und in der Einfahrt stand ein großer Laster.

    Nanu, dachte sich Marta, was ist denn bei Kisselbachs noch los? Einbrecher sind da wohl kaum am Werk, so hell wie alles ist. Ach so, das sind dann vielleicht die neuen Hausbesitzer, von denen Karl gesprochen hatte.

    »Mein Hirn ist so langsam echt wie ein Sieb!«, sagte sie leise vor sich her. 

    Da es zu stark regnete und Marta auch nicht mehr sah, wenn sie ihren Kopf an die Scheibe drückte, entschloss sie sich, dem Ganzen morgen nachzugehen und nun das wohlriechende Bad zu genießen. 

    Das Wasser war sehr warm, fast schon heiß.

    Marta machte das aber nichts aus, ganz im Gegenteil: Sie liebte es, nach 20 Minuten aus der Wanne zu steigen und die Linien auf ihrem Körper im Spiegel anzuschauen. Der untere Teil des Körpers ab dem Bauchnabel, die Unterarme und die Hände waren dann immer krebsrot, der Rest deutlich weißer. 

    »Halber Hummer, halbe Pute.« 

    Das hatte Sepp früher immer zu ihr gesagt. 

    Marta musste kichern. Nachdem sie sich eingecremt und die Zähne geputzt hatte, ging sie ins Schlafzimmer und löschte das Licht.

    Sepp schlief schon seit einer halben Stunde und schnarchte leise vor sich hin. 

    Während es im Birkenweg 20 dunkel wurde, sah man im oberen Stock des Birkenweg 22 noch drei Stunden lang Licht brennen. 

    Erst dann wurde es auch hier Nacht.

    Birkenweg – 15. Juni 2013

    »Guten Morgen, Mama. Ich habe dir das Bauernbrot vom Schneeg mitgebracht, sie hatten aber nur noch ein kleines. Und euren Camembert habe ich gestern aus Versehen hochgenommen, den Rest habe ich in euren Kühlschrank zurückgelegt. Wo ist der Papa, schon im Garten?« 

    Paula öffnete den Kühlschrank und nahm sich die Butter heraus. Dabei fiel ihr Blick zunächst auf den halbleeren Bierkasten am Boden.

    Sie überlegte kurz, ob sie etwas sagen sollte. Dann schüttelte sie aber leicht und fast nicht sichtbar mit dem Kopf und schaute aus dem geschlossenen Fenster. Im hinteren Teil des Gartens erblickte sie ihren Vater, der gerade mit einem Spaten hantierte. 

    Während Marta das Brot in dicke Scheiben schnitt, erwiderte sie:

    »Na sicher, er wollte heute die Tomaten einbuddeln und die Radieschen aussäen und da muss er noch einiges vorbereiten. Du kannst ihm ja helfen. Wobei, so wie du aussiehst, hast du wohl noch was vor. Ist das eine neue Hose? Du hast doch schon so eine. Gehst du noch wo hin? Arbeiten musst du am Samstag ja hoffentlich nicht. Vielleicht hat ja Lorenz Zeit, deinem Vater zu helfen?«

    Paula reagierte zunächst nicht auf den ganzen Fragenkatalog ihrer Mutter, sondern schaute weiter aus dem Fenster:

    Der Garten war voller Bäume und Blumen, hier ein sattes Grün der Lavendelbüsche, dort ein leuchtendes Pink der Pfingstrosen und überall, in unzähligen Blumenkästen: ein knalliges Rot. Geranien waren die Lieblingspflanzen ihres Vaters und das war definitiv nicht zu übersehen. 

    Während die Gärten der Nachbarn eher aus Lavagranulat, Buchsbäumen und einer sterilen Standardlaube vom Baumarkt bestanden, wirkte der Familiengarten wie ein schillerndes und farbenfrohes Paradies.

    Das fand sie immer toll, schon von Kindesbeinen an.

    Und nachdem ihr Vater in den Ruhestand gegangen war, hatte er sich noch mehr in die Gartenarbeit gestürzt. 

    Seine einzigen Begrenzungen sind die Hauswand vorne, die Friedhofsmauer hinten und die Thujabäume zu den Nachbarn, dachte sich Paula. Wenn er könnte, würde er wahrscheinlich auch bei den Nachbarn aktiv werden und denen ein bisschen die Sterilität nehmen. Wobei, Paulas Blick schwenkte nach links, bei den alten Kisselbachs sieht es mittlerweile echt wüst aus. Aber gut, sie sind ja auch schon vor drei Jahren gestorben, da holt sich die Natur eben auch einiges zurück. Das nennt man wohl Schicksal.

    »Nein, wir können leider nicht helfen, wir fahren gleich ins Einkaufszentrum. Ich muss zur Schneiderei und Lorenz will im Media Markt eine neue Digitalkamera kaufen. Die Hose? Das ist keine neue. Das ist die, die du meinst. Nur 14,99 Euro, da kann man echt nichts sagen. Und das Beste daran ist, dass da viel Stretch verarbeitet wurde. Sieht man aber gar nicht, oder?« 

    Paula wandte ihren Blick vom Garten ab und schaute zu ihrer Mutter.

    Diese war gerade damit fertig geworden, das Roggenmischbrot in dicke Scheiben zu schneiden.

    »Ach so, ja dann ist das wohl dieselbe Hose. Nein, das sieht man nicht mit dem Stretch.« 

    Schon wieder eine neue Kamera? 

    »Seid ihr dann gegen 13 Uhr wieder zurück? Ich koche Hackfleischgulasch

    »Ja, das schaffen wir. Sollen wir noch was aus der Stadt mitbringen?« 

    Paula überlegte kurz, ob sie ihre Mutter – wie so oft – darauf hinweisen sollte, dass es kein Gericht namens Hackfleischgulasch gab. 

    Das ist eine leckere, aber stinknormale Bolognese. Wie kommt sie darauf, es Gulasch zu nennen? 

    Sie dachte an einen Moment in ihrer Schulzeit zurück. In der Pause hatte sie mit ihrer damaligen besten Freundin Renate Bilder von Hackfleischgulasch gemalt: Durchgewolftes Fleisch in Blockform, das war durch den Einsatz unterschiedlicher Buntstifte in Braun allein schwer darzustellen. 

    Aber es gibt ja eine Reihe lustiger Begriffe in meiner Familie, die manch anderer nicht versteht, also was soll’s. 

    »Nein, danke, wir haben alles. Wir sind alt, was sollten wir also noch brauchen?«

    Marta dachte kurz an die Kamera und überlegte, ob sie nach der Notwendigkeit des Neukaufs fragen sollte. Eine Sekunde später schob sie den Gedanken aber beiseite und wechselte das Thema: »Ach so, weißt du, ob jemand nebenan einzieht? Gestern haben dein Vater und ich vor dem Haus von Kisselbachs einen Laster gesehen, aber es hat so viel geregnet, dass ich nichts erkennen konnte. Und Karl meinte vorher schon zu mir, dass das Haus verkauft worden sei. Weißt du da mehr?«

    »Nein, keine Ahnung.« 

    Paula dachte kurz nach und fand es irgendwie lustig, dass sie gerade erst an die alten Kisselbachs und ihren Garten gedacht hatte. 

    »Wir haben gestern Abend Wer wird Millionär geschaut und sind dann ins Bett. Aber ganz ehrlich, woher sollte ich auch wissen, was hier so passiert? So, wie der Garten aussieht, wäre es gar nicht so schlecht, wenn da mal wieder etwas Leben einzöge. Wir müssen nun los. Bis später, Mama.«

    »Bis später, Paula«.

    Paula verließ das Haus und lief ans Ende der Ausfahrt. Dort stand ihre Familienkutsche und ihr Mann Lorenz saß bereits ungeduldig drin. 

    Nachdem sie den Birkenweg verlassen hatten und auf die Umgehungsstraße Richtung Einkaufszentrum gefahren waren, fragte sie: »Mama hat mir eben erzählt, dass gestern wohl Leute ins Haus der Kisselbachs eingezogen wären. Hast du da was mitbekommen?«

    Lorenz bog um die Ecke. 

    »Hm ... Ich war um 1 Uhr kurz auf dem Klo und habe draußen laute Stimmen gehört. Habe schon überlegt, ob ich rausgehe und mich beschwere, aber nachdem ich fertig gepinkelt hatte, war es schon wieder still.«

    Paula fragte sich, wieso sie durch die lauten Stimmen dann nicht wach geworden war, denn eigentlich war sie doch die mit dem leichten Schlaf. Sie drehte ihren Kopf zum Fahrersitz und musterte ihren Mann.

    Aber gut, Lorenz ist auch nicht mehr der Jüngste und wenn die Blase drückt, drückt sie. 

    Allerdings stimmt es, dass Männer mit zunehmendem Alter noch attraktiver werden. Mit seinen graumelierten Schläfen sieht er nicht mehr nach Sportschüler, sondern Sportlehrer aus.

    Aber so langsam zeigt sich auch bei ihm ein kleines Bäuchlein. Dann bin ich endlich nicht mehr die einzige, die ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen hat.

    »Na ja, okay, egal. Vielleicht stellen sie sich uns ja vor, wenn es soweit ist. Wäre doch klasse, wenn hier nette Leute in unserem Alter wohnen würden. Hier sind ja echt nur komische oder alte Menschen und das ist auch absehbar, wie lange das noch so sein wird. Und dann sind wir am Ende in dem Nest allein. 

    Du kannst mich da vorne rauslassen, dann komme ich in einer Stunde zum Media Markt. Passt doch zeitlich, oder? Wobei, lass uns lieber in eineinhalb Stunden sagen, ich muss nämlich noch zum Friseur.«

    Lorenz wollte schon seinen Mund öffnen, da fuhr Paula fort: »Keine Sorge, ich muss nur einen Termin ausmachen. Sobald sich meine Haare kräuseln, sind sie einfach zu lang. Und das Grau schimmert auch schon durch, das gefällt mir nicht.« 

    Damit schnallte sich Paula ab und zog am Türgriff.

    »Halt, warte doch, bis ich angehalten habe! Ja, das passt. Ich habe ja schon online nach der Kamera geschaut, die ich möchte. Laut Website ist sie verfügbar, das sollte also schnell gehen. Und ich finde, dass dir so leicht graue Haare stehen. Aber mach, wie du magst. Bis später, Schatz.«

    »Hallo, der Herr. Möchten Sie sich in unserer Liste eintragen und etwas für die Mittelmeerbrücke spenden?« 

    Lorenz hatte gerade das Einkaufszentrum betreten, als er von zwei alternativ gekleideten Jugendlichen angesprochen wurde.

    »Hallo, ihr beiden. Mittelmeerbrücke? Was ist das? Seid ihr von Amnesty International? Oder Greenpeace?« 

    Er schaute dem einen Jungen direkt in die Augen.

    Als dieser nicht antwortete, sondern nur verdutzt zurückschaute, blickte Lorenz zum Stand rüber.

    Dort standen drei weitere Jugendliche und versuchten aufgeregt, Besucher von ihrer Sache zu überzeugen.

    Allerdings entdeckte Lorenz keinen Hinweis auf Amnesty oder Greenpeace. 

    Die Frage hättest du Schlaumeier dir eigentlich auch sparen können, dachte er und schaute wieder zu den beiden Aktivisten vor sich.

    »Nee, wir sind von MigrAction e.V. und wir sammeln Geld für zwei Kapitäne, die mit ihren Schiffen ehrenamtlich aufs Meer fahren und in Not geratene Flüchtlinge retten. Wir sind recht klein, aber dafür geht das meiste Geld auch nicht für die Verwaltung drauf.« 

    Der Junge ratterte noch viele weitere Informationen runter, griff währenddessen tief in seine Umhängetasche und holte einen leicht verkrumpelten Flyer heraus. Mit einem müden, aber ehrlichen Lächeln hielt er ihn Lorenz hin, dessen Gedanken schnell zwischen Renn weg! und Nimm den blöden Flyer! hin und her rasten. 

    Er entschied sich für letztere Option. Dabei bemühte er sich, interessiert zu wirken und murmelte den beiden zu, dass er jetzt noch was zu erledigen hätte, aber später wiederkommen würde. 

    Lorenz wusste in seinem tiefsten Innern, dass die große Mehrheit derjenigen, die einen Flyer mitnahmen, sich dieser oder einer ähnlichen Ausrede bedienten. Und in den Augen des Jugendlichen konnte er beinahe die Worte Ich weiß, dass du lügst lesen. 

    Daher bemühte er sich noch um ein verkrampftes Lächeln und der Jugendliche tat es ihm gleich. 

    »Vielen Dank für Ihr Interesse. Wir stehen hier, falls Sie weitere Fragen haben. Auf Wiedersehen.«

    »Auf Wiedersehen«, entgegnete Lorenz und tat beim Weggehen so, als würde er den Flyer interessiert studieren. 

    Er bog um die Ecke und schaute gleich nach einem Mülleimer, um das Papier direkt zu entsorgen.

    Da er aber keinen auf die Schnelle fand, packte er den Flyer in seine Jackentasche und ging in Richtung Media Markt.

    »Hallo, Mama, gibt’s schon Essen? Es hat schon so gut gerochen, als ich die Haustür geöffnet habe.« 

    Paula stellte die Tasche mit den Hosen aus der Änderungsschneiderei auf den Boden und zog ihre Jacke aus. 

    Da die Garderobe mit den drei Jacken ihrer Eltern schon voll war, schmiss sie sie über die Lehne des Küchenstuhls.

    »Hallo, Paula. Nein, es muss noch etwas einkochen. Ich denke mal, dass wir in 15 Minuten essen können. Wollt ihr Nudeln oder Brot dazu?« 

    Marta liebte es, das Bauernbrot von Bäcker Schneeg in die Soße zu tunken. Damit konnte man den Teller fast schon sauber wischen. 

    Wobei, haben wir überhaupt noch so viel Brot? Sepp hat heute früh ordentlich zugelangt, kein Wunder bei der ganzen Gartenarbeit. Und seitdem der Schneeg hier zugemacht hat, kann ich nicht so einfach los und schnell ein neues Brot kaufen.

    »Nudeln, ganz klar. Brot und Bolognese, ich meine Hackfleischgulasch, das mögt glaube ich nur ihr. Wisst ihr schon mehr, wer nebenan eingezogen ist?«

    »Nicht wirklich«, erwiderte Marta und ihre Stirn wurde dabei leicht runzelig. 

    »Ich habe gelernt, mich nicht zu sehr in Sachen reinzustecken. Der Karl weiß bald sicher mehr. Oder die Schappert von gegenüber. Die tratscht gerne.«

    »Ja, genau. Und ihr nicht, was? Du hast mich doch vorhin gefragt, ob ich weiß, wer da einzieht. Du und Papa, ihr tratscht selber gerne. Ich gehe noch kurz in den Keller, soll ich Wasser und Apfelsaft mitbringen?« 

    »Tratschen? Das ist doch gar nicht wahr. Ja, gerne Apfelsaft. Und ein oder besser zwei Bier für deinen Vater. Die hier im Kasten sind warm und der Kühlschrank ist voll mit Essen.«

    »Puh, das mit dem Trinken wird im Alter auch nicht aufhören, was?« 

    Paula überlegte, wann ihr Vater zuletzt kein Bier getrunken hatte. Eigentlich kenne ich ihn nur mit seinem Warsteiner.

    »Was soll ich da machen? Ihm schmeckts halt. Und versuch du mal, eine Angewohnheit aus einem 87 Jahre alten Mann rauszubekommen. Das ist ja bei euch schon nicht möglich, wenn ich an all das unnötige Zeug denke, das ihr euch kauft. Das braucht ihr doch alles nicht, aber ich sage auch nichts dazu.«

    »Ach Mama, du sagst ja doch was. Und ich sehe auch immer deine Blicke. Ich bin 56 Jahre alt und möchte mir mit meinem Geld auch mal was kaufen können, ohne dass jemand was dazu sagt. Ich bin doch nun wirklich kein Kind mehr. Und Lorenz geht es genauso. Ich weiß ganz genau, dass du dich an seiner neuen Kamera störst, aber die alte war ... na ja, alt und hat keine guten Fotos gemacht.«

    Paula griff schnell zu ihrer Jacke, um ihre Mutter in der Küche alleine zu lassen. Sie wollte damit einer unliebsamen Diskussion entgehen.

    »Nun siehst du, du willst deinem Vater das Bier verbieten, aber das Kaufen willst du dir nicht verbieten lassen. Also nun lassen wir das, in Ordnung?« 

    Paula blieb im Türrahmen stehen und schaute zu ihrer Mutter zurück. Dann presste sie ihre Lippen zusammen und schnaufte hörbar durch ihre beiden Nasenlöcher aus. Sie nickte ihr zu und verabschiedete sich in ihre Wohnung. 

    Marta stimmte grundsätzlich ihrer Tochter zu, dass Sepp zu viel trank. Aber sie war keine konfrontative Person, das war sie noch nie gewesen. 

    Alles, was sie wollte, war Ruhe und Frieden. 

    Sei froh, mein Kind, dass du nicht so viel wie wir durchmachen musstest, dachte sie oft in solchen Situationen. 

    Nachdem das Hackfleischgulasch noch etwas eingekocht war und Marta den Tisch schnell gedeckt hatte, rief sie die ganze Familie zusammen. 

    Das Essen verlief ohne sonderlich erwähnenswerte Vorkommnisse.

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