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HOO: UND DIE MAGIE DER VOLLMONDNACHT
HOO: UND DIE MAGIE DER VOLLMONDNACHT
HOO: UND DIE MAGIE DER VOLLMONDNACHT
eBook622 Seiten7 Stunden

HOO: UND DIE MAGIE DER VOLLMONDNACHT

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Über dieses E-Book

HOHO UND DIE MAGIE DER VOLLMONDNACHT verbindet Fantasie mit Realität auf ganz besondere Weise. Der Roman trifft den Kern unserer Zeit - mit der Jetztzeit aufs Aktuellste verwoben.
Die Hauptfigur ist HOO, ein Regentropfen. Während eines Gewitters stürzt HOO spektakulär aus dem Wolkenreich und landet in einem Apfelbaum. Dort beginnt die Geschichte mit Birne und Mucks, die seine ersten Freunde werden …
Die Figuren, die HOO während seines Erdenbesuches kennenlernt sind reale, charakterstarke Tiere mit hochspezialisierten Fähigkeiten. Beschrieben wird die Fauna & Flora in alpinem Raum. Magische VOLLMONDNACHT... BOTSCHAFT AN DIE MENSCHHEIT und vieles mehr!
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Mai 2020
ISBN9783750235311
HOO: UND DIE MAGIE DER VOLLMONDNACHT

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    Buchvorschau

    HOO - Siegfried, Hans Hofmann

    UND DIE MAGIE DER VOLLMONDNACHT

    BIRNE UND MUCKS

    Ein nicht allzu fernes, langes Donnergrollen schreckte die winzig-grüne Blattlaus – namens ‚Birne‘ – aus ihrer unsäglichen Fressleidenschaft auf. Arg beunruhigt krabbelte sie flink über den gesägten Rand des angeknabberten Apfelbaumblattes, um von der Unterseite auf die kräftig-grün gefärbte, fein gerippte Blattoberseite zu gelangen. Eine genügend große Lücke im üppigen Laubwerk gab die Sicht zum Himmel frei. Ahnungsvoll schaute sie mit ihren malachitgrünen Äuglein hindurch.

    Im Südwesten, über einem bewaldeten Bergkamm, brauten sich mal wieder düstere Gewitterwolken zusammen.

    „Mucks, guck' doch mal, piepste sie ihrem grünen Blattlausmännchen zu. „Guck' doch mal, wiederholte sie, als ihr Läusemann sich neben sie gesellte. „Siehst du die dunklen Wolkentürme? Siehst du sie?"

    „Oooh, ja", seufzte Läuserich Mucks gedehnt, als auch er die herannahenden, mächtigen Wolkentürme erblickte.

    Niemals wich der gute Mucks von ihrer Seite. Treuselig war er seinem Läuseweiblein von der Blattunterseite aus sofort hinterhergeeilt. „Brrr!, brummelte Mucks und schüttelte sich so vehement, als wäre er tropfnass. „Bestimmt wird es gleich mordsmäßig regnen.

    „Und ziemlich ungemütlich werden. Oje!", fügte die kleine Birne furchtsam, doch blattkauvergnügt hinzu.

    Geschwind schoben sich die immer höher werdenden, blumenkohlartig aufgeblähten Unwetterwolken vor die strahlende Nachmittagssonne. In der ungewöhnlich schwülen Luft des späten Septembertages veränderten sie ihre Farbe zusehends in ein bedrohliches Schwarzlila. In Windeseile blies der Globale Wettermeister einen massigen Wolkenvorhang über den sanftblauen Himmel.

    Noch einmal lugten die beiden winzigen Apfelbaumbewohner durch die Blattlücke. „Au weia, wenn das mal gut geht, murmelte Mucks. Besorgt schaute er um sich. „Komm, liebste Birne, machen wir schnell! Krabbeln wir zu einem schützenden Unterschlupf!

    „Ja, ja, schnell, schnell! Wind und Wetter sind unberechenbar", wusste Birne und drängte zu sofortigem Loskrabbeln.

    Entschlossen hielten sie sich an ihren zierlichen Händchen. Gemeinsam beeilten sie sich, unter ein hartes, borkiges Rindenstück am knorrigen Baumstamm zu schlüpfen.

    „ZZTZZZ!" SCHON ZUCKTE EIN GRELLER BLITZ aus den mächtig aufgeblähten Wolken. Wenige Sekunden später rollte krachend der Donner über das Obstbaumwäldchen hinweg. Birne und Mucks ängstigten sich. In ihrem dunklen, von der Tageshitze aufgewärmten Unterschlupf schmiegten sie sich eng aneinander.

    „Platsch! Plitsch! Platsch!", klatschten erste, schwere Regentropfen auf den grünen Blätterdschungel des stattlichen Apfelbaumes. Rasch verdichteten sich die unzähligen Regentropfen zu einem heftigen Wolkenbruch. Auch mehrere dicke, schneeweiße Hagelkörner hatten sich unter die prasselnde Regenflut gemischt. Dazu kam böiger Wind auf. Kraftvoll, kühl und wild blies er ins Geäst, dass die Blätter nur so raschelten.

    Wie jedes Mal bei Gewitter, Sturm und Regen, wurde dem putzigen Blattlauspärchen angst und bange. Schlotternde Beinchen klammerten sich unter der dicken Baumrinde fest, um nicht von einem plötzlich fauchenden Windstoß erfasst und davongeweht zu werden.

    Nun goss es wie aus Kübeln. Das grellgelbe Aufzucken sich schnell entladender Blitze aus tiefgrauer Unwetterbewölkung, tauchte die ländliche Umgebung in gespenstische, bläulich violette Lichtmomente. Donner krachten und grollten. Minutenlang. Der Sturmwind tobte und pfiff sein ungestümes Lied.

    WAS FÜR EIN GLÜCK! So rasch wie der zornige Unwettersturm sich ausgebreitet hatte, so windseilig war die Gewitterfront weitergezogen. Bald darauf zeigte der Spätnachmittagshimmel wieder sein schönstes Blau in gereinigter, duftender Luft über dem kleinen Hain, dessen Obstbäume voller süßer, schon zur Ernte reifer Früchte hingen.

    Die intensiven Sonnenstrahlen ließen die unzähligen Apfelbaumblätter unter der Nässe glänzen. Überall im Astwerk tropfte und raschelte es. Tausende Regentropfen hüpften von Blatt zu Blatt. Geschwind suchten sie sich ihren Weg in den feuchten, dampfenden Wiesengrund. Viele versickerten dort ins Erdreich, wo das milde Sonnenlicht sie nicht mehr erwischen und verdunsten lassen konnte.

    Das Blattlauspärchen hatte das Unwetter heilfroh überstanden. Im wohlig warmen Rindenunterschlupf waren sie weder nass geworden noch hatte sie eines der lebensgefährlichen Hagelkörner getroffen oder ein Windstoß hinweg gepustet.

    Nach einer Weile wollten sie sich wieder hinauswagen, um sich weiterhin ihrer tagtäglichen Lieblingsbeschäftigung, dem „Fressen", zu widmen.

    Doch was für ein seltsames Geräusch drang da plötzlich an ihre Öhrchen? Birne und Mucks lauschten gespannt nach draußen. Von großer Neugier getrieben, reckten sie ihre hellgrünen Köpfchen aus ihrem Schlupfwinkel hervor.

    „Plopp! Plopp! Plopp!" Genau vor ihren Äuglein hangelte sich ein ungewöhnlich dicker Regentropfen tollpatschig von Ast zu Blatt und von Blatt zu Ast. Beide guckten aufmerksam zu, wie der rundliche, blassblau glänzende Riesenregentropfen keuchend und wackelig auf den Beinen im Schatten eines dunkelgrünen Blattes Platz nahm. Mit zittrigem Körper hielt er sich daran fest. Angestrengt schnaufend, rückte er sich zurecht. Nach einer Weile erblickte er an der borkigen Rinde, ihm gegenüber, die possierlichen Blattläuse.

    „Oh! Äh, guten Tag, ihr grünen Winzlinge. Ich bin aus heiterem Himmel, äh, aus den mächtigen, dunklen Gewitterwolken geplumpst und, äh, äh, – ich bin total erschöpft! Ach ja, äh, übrigens, – ich heiße ‚Hoo‘.

    Birne und Mucks schauten zuerst etwas verwundert und argwöhnisch drein. Birne wisperte ihrem Liebsten ins Ohr: „Ein sprechender Regentropfen? Ähm, Mucksischatz, der kann mit uns reden! Das ist voll krass! Glaubst du, wir müssen Angst vor ihm haben?"

    Ohne seinen Blick von dem ermatteten Riesentropfen abzuwenden, fabrizierte Mucks' Köpfchen ein sanftes, verneinendes Schütteln. „Sicher nicht, mein Birnchen, nein, nein. Sieht nicht gefährlich aus", flüsterte er.

    Dann trauten sie sich im langsamen Krabbelgang aus ihrem Versteck hervor. Etwas eingeschüchtert, in piepsstimmigem Zweiklang und mit freundlicher Miene begrüßten sie den seiner Größe wegen auffälligen, doch gutmütig aussehenden Neuankömmling.

    „Hi! Hallo, Hoo, wir grüßen dich. Herzlich Willkommen in unserem lauschigen, alten Apfelbaum!"

    Mucks nahm seinen ganzen Mut zusammen. Beschützend stellte er sich vor sein Läuseweibchen. Forsch klang es aus seinem Mund: „Gestatten, ich bin Mucks, die Blattlaus! Und hier, hinter mir, das ist Birne, meine liebe Läusin."

    Birne lugte zaghaft hinter ihrem mutigen Läusemann hervor. Scheuen Blickes winkte sie Hoo kurz zu. Dann aber lächelte sie, fasste sich ein Herz und piepste ihm schneidig entgegen: „Du bist so mächtig groß, Hoo. Noch nie hatten wir die Ehre mit einem Regentropfen zu plaudern. Wir freuen uns sehr, dich kennen zu lernen. Ähm, das ist echt cool!"

    Kaum hatten die beiden sich dem dicken Himmelstropfen vorgestellt, da bemerkten sie, wie sie sich in seinem zart bläulich glänzenden, elastischen Wasserkörper spiegelten. Einer Verquickung aus Schneid und Neugierde nachgebend, wagten sie sich ganz nahe an ihn heran. Sogleich fingen beide belustigt zu kichern an. Ihr Spiegelbild zeigte sich leicht verzerrt und war irgendwie ulkig anzusehen. So birnenförmig grün, wackelig und stark vergrößert hatten sie sich noch nie betrachten können.

    Auch Hoo begann, mit dunkler Stimme herzhaft zu lachen. Dabei zitterte sein fülliger Wasserbauch wie frische, köstlich süße Götterspeise. Dann sprudelten die Worte geradeso aus ihm heraus.

    „Äh, liebe Birne, lieber Mucks, wie ich sehe, seid ihr gar fröhliche Geschöpfe. Vor mir braucht ihr euch, äh, ganz und gar nicht zu fürchten. Ich entspringe einem äußerst friedfertigen, gemütvollen Naturell. Äh, wenn ihr durstig seid, könnt ihr euch gerne an mir laben und mein lupenreines Wolkenwasser probieren. Sozusagen als, äh, Begrüßungstrunk! Doch zuvor, äh, bitte ich euch – hm, vielleicht habt ihr auch für mich ein wenig zu trinken? Wisst ihr, ich, äh, habe eine äußerst abenteuerliche Landung hinter mir, fühle mich wie ausgelaugt und noch etwas schwindlig. Da ich mich hier, äh, wie ich sehe, in einem, äh, Apfelbaum befinde, wäre mir naturtrüber, frischer Apfelsaft, äh, schon am allerliebsten, mmmhh!" Leckermäulig leckte sich Hoo mit seiner pastellblauen Zunge über die vollen Lippen.

    „Oh, ja, natürlich, Hoo, ähm, mit dem größten Vergnügen!, gickste Birne. Goldig nickte sie mit ihrem putzigen Köpfchen. „Da hast du aber Dusel. Hier ganz in der Nähe, nur ein Stückchen weiter unten im Geäst, befindet sich eine super Apfelsafttankstelle.

    „Eine Apfelsafttankstelle?, rief Hoo verdutzt aus. „Ihr meint, äh, da kann man so richtig naturfrischen Saft tanken, äh, trinken?

    „Ja sicher! Da wirst du staunen, sagte Mucks. „Komm! Komm mit, Hoo! Du brauchst uns nur zu folgen. Es ist gar nicht weit. Für dich sind's wohl nur ein paar läppische Tropfensprünge.

    So krabbelten sie hilfsbereit – Mucks voraus und Birne hinterher – am mächtigen Baumstamm hinunter, während sich Hoo in Sichtweite doch eher mühsam und vorsichtig von Blatt zu Blatt abwärts hangelte. Es dauerte nicht lange, da spürte er festes Apfelfruchtfleisch unter sich. Tatsächlich war Hoo unter einem langen Ast punktgenau auf die angenehm würzige und frisch duftende Oberfläche eines reifen, saftig roten Apfels getropft.

    „Wir sind da, wir sind da!", riefen die beiden Blattläuse ihm gastfreundlich zu. Eilig trippelten und hüpften sie über den ausladenden Ast – als wäre es ein Trimm-dich-Pfad – und sprangen zu ihm hinab. Zwei lange, strohfarbene Trinkhalme, ragten einladend aus der prächtig gewachsenen Frucht heraus.

    Hoo, immer noch außer Puste, zeigte sich angenehm überrascht. „Das ist ja maximal. So eine wunderbare Einrichtung. Hab ich aber, äh, ein Glück!"

    „Nun probiere erst mal, Hoo. Schnapp dir eins der beiden Trinkröhrchen und lass dir den frischen Saft schmecken, forderten Birne und Mucks ihn großzügig auf. „Wir wünschen dir einen ‚Guten Apfeltit‘!

    „Äh, ja, danke, danke. Das ist überaus freundlich von euch. Ich, äh, bin schon gespannt, wie Apfelsaft schmeckt. Im Wolkenreich jedenfalls, habe ich, äh, nur Gutes darüber gehört", antwortete er mit leicht trockener Kehle und Atem holend. Ziemlich schlapp streckte er sich ein wenig in die Länge. Erwartungsvoll umfasste er einen der biegsamen Trinkhalme, zog sich daran hoch und stülpte seine breiten Lippen über die Öffnung. Dürstend saugte er. Dabei schlürfte er so laut, dass sich die staunenden Blattläuse zeitweise ihre winzigen Ohröffnungen zuhielten.

    „Mmmhh! Aaahh! Köstlich, köstlich süß, brabbelte Hoo und rülpste geräuschvoll. „Ohh, äh, 'Tschuldigung, ihr Lieben. Der Apfelsaft schmeckt primissima! Ein großartiges Getränk. Da werde ich, äh, ganz bestimmt wieder voll fit!

    Nachdem Hoo sich mit einigen weiteren, tüchtigen Schlucken aus dem Trinkhalm versorgt hatte, legte er eine kurze Schlürfpause ein. Seine neuen, niedlichen Lausbekanntschaften hockten schaulustig neben ihm auf dem ungespritzten, glänzenden Bio-Apfel. Freundlich, mit musternden Augen, blickte er zu ihnen hinab. Sogleich wollte er das Läusepärchen dazu ermuntern, ihm beim Trinken Gesellschaft zu leisten.

    „Habt ihr denn, äh, gar keinen Durst?", wollte er von ihnen wissen.

    „Doch, doch, ja, eigentlich schon!", antwortete Mucks mit gedämpfter Stimme. Seine trockenen Lippen ahmten ein schmatzendes, saugendes Geräusch nach.

    „Hunger oder Durst, Fressen oder Saugen – egal! Hauptsache ist doch, dass es satt macht!", piepste Birne da schon etwas kecker.

    „Und schmeckt!", hakte Mucks entschieden nach. Birne nickte.

    „Ähm, hattest du vorher nicht von einem Begrüßungstrunk gesprochen, lieber Hoo?", wollte Birne nun wissen. Sie schaute ihm dabei unerschrocken in die blauen Augen.

    „Äh, ja, klar, dazu wollte ich euch gerade einladen. Hoo lächelte. „Also, ihr süßen Blatt-läuse, äh, dann schaut doch bitte mal hierher!

    Wohlgefällig deutete Hoo auf eine kleine, runde Vertiefung, die sich in der Mitte seines glänzenden, fülligen Wasserbauchs befand. „Hieraus dürft ihr gerne saugen. Wie ich schon sagte, äh, mein Wasser ist sehr gesund und, äh, frisch aus den Wolken! Setzt euch doch, äh, bitte auf mich und bedient euch! Nur keine Scheu! Zum Wohlsein! Birne und Mucks, es wäre mir wirklich eine große, große Freude!"

    Das ließen sich Birne und Mucks nun wirklich nicht zweimal sagen. Hocherfreut und Hand in Hand sprangen sie vertrauensselig auf seine hochelastische, äußerst strapazierfähige Wasserhaut. An der nabelähnlichen Bauchmulde angekommen, senkten sie durstig ihre grünen Köpfchen. Genüsslich saugten sie die winzigen Tröpfchen himmlischen Wolkenwassers – und konnten nicht genug davon bekommen.

    STURZ AUS DEN WOLKEN

    Es waren wohl einige Minuten verstrichen, bis sich Hoo und das Blattlauspärchen ausgiebig verköstigt hatten. Nun ergriff Mucks als Erster das Wort.

    „So! Jetzt sind wir alle bestens mit Flüssignahrung versorgt. Findest du nicht auch, liebste Birne, dass es hier recht gemütlich ist?"

    „Voll urgemütlich, Mucksischatz. Ja, das gefällt mir, piepste sie entzückt. Dann wandten beide ihr Gesicht dem spendablen Regentropfen zu. „Außerdem haben wir noch nie so ein erquickendes und zugleich kräftigendes Wässerchen getrunken. Danke schön, lieber Hoo, bedankte sich Birne höflich.

    „Stimmt, sagte Mucks. „Dein Begrüßungstrunk hat echt lecker geschmeckt und macht auch ganz schön satt. Dabei guckte er auf sein gefülltes Bäuchlein. „Auch ich sage Dankeschön, lieber Hoo!"

    „Nichts zu danken, ihr Lieben, entgegnete Hoo beschwingt. Durch die ausreichende Zufuhr des nährstoffreichen Apfeldrinks fühlte er sich innerlich frisch gestärkt. „Wenn euch, äh, mein Wasser mundet und es euch auf meinem Bauch so gut gefällt, bleibt doch einfach noch sitzen! Ich denke, fürs Erste werde ich mich ohnehin auf das Nötigste beschränken, mit meinen Kräften haushalten, und, äh, hier auf der schattigen Apfelsafttankstelle ausharren müssen. Deshalb werde ich auch gleich, äh, eine bequemere Sitzhaltung einnehmen. Überdies, äh, tut mir eure Gesellschaft so richtig gut.

    „Au ja, das ist supertoll, Hoo, antwortete Birne frohgemut. „Da können wir ja noch länger miteinander babbeln.

    „Mit Vergnügen, liebe Birne, mit Vergnügen, stimmte Hoo frisch und fröhlich bei. „Unterhalten wir uns ein bisschen. Das beflügelt den Geist und macht zudem, äh, großen Spaß!

    Schon sehr gespannt, begann Mucks ihm nun einige Fragen zu stellen, die seit geraumer Zeit durch sein Köpfchen geisterten und ihm jetzt auf den Lippen brannten. „Apropos babbeln und unterhalten! Hoo, möchtest du uns nicht erzählen, was vorgefallen ist? Ich meine, wie bist du denn aus heiterem Himmel hierhergekommen? Bei deiner Ankunft hattest du davon gesprochen, du seist aus den Gewitterwolken geplumpst. Die waren aber doch schon längst über unseren Apfelbaum hinweggezogen, als wir auf dich aufmerksam wurden?"

    „Ja, ja, ja, bitte, Hoo!, flehte Birne inbrünstig. „Bitte erzähle es uns. Schmachtend fügte sie hinzu: „Du liebe, liebe Güte! Wie lange hab ich schon keine gute Geschichte mehr gehört? Hach, wo ich Geschichten doch sooo liebe! Deine Geschichte ist bestimmt voll spannend, gell?"

    Erwartungsvoll schauten sie in seine himmelblauen, wässrigen, doch auch etwas wehmütig dreinblickenden Augen.

    „Nun, ja, äh, Donnerwetter! Da hast du aber gut aufgepasst, Mucks, ging Hoo auf seine zuletzt gestellte Frage ein. Staunend blickte er zwischen der freudestrahlenden Birne und ihrem wissbegierigen Läusemann hin und her. Die hohe Stirn in Runzelwellen gelegt, versuchte er seine Gedanken zu ordnen. „Lasst mich mal überlegen. Ihr, äh, wollt also wirklich, dass ich euch, äh ...?

    „Ja, ja, ähm, die ganze Geschichte, wenn's recht ist, fiel Birne ihm ins Wort. Sie klatschte mit den Händchen und konnte es kaum erwarten. „Bitte Hoo, bitte, bitte!

    „Erzähl doch einfach drauf los, Hoo, bat ihn Mucks mit weniger aufgedrehter Stimme. „Wir hören dir liebend gerne zu. Beide nickten.

    „Okay, okay! Warum, äh, eigentlich nicht? Genau genommen ist das sogar eine prima Idee von euch. Und, äh, Zeit habe ich ja auch, willigte Hoo schließlich ein. „Äh, dann aber von Anfang an!

    „Jaaaaahh! Hoo, das ist super himmlisch!" Birne piepste in den höchsten Tönen. Voller Entzücken umarmte sie ihren nickenden Mucksischatz. Auf sein grünes, knollig rundes Mininäschen schmatzte sie einen dicken Kuss.

    „Also, ich, äh, hmm ...!" Hoo brummelte noch einige Sekunden nachdenklich vor sich hin. Unterdessen hatte er sich so behutsam neben den jederzeit greifbaren Trinkhalm gesetzt, dass die zierlichen Blattläuse nicht von seinem Bauch hinabkullern konnten. So fing Regentropfen Hoo also an, den winzigen Apfelbaumbewohnern seine bisherige Geschichte zu erzählen ...

    „ES WAR EIN WUNDERSCHÖNER TAG, als ich in die Schwerelosigkeit einer feuchtwarmen, weißen Sommerwolke hineingeboren wurde. Zusammen mit unzähligen Wassertropfenbabys lag ich auf einem weichen, schäfchenweißen Wolkenkissen. Wir alle ernährten uns von nährstoffreicher Wolkenwatte und gehaltvollem Wolkenwasser. Schnell wuchsen wir heran, wurden größer und kräftiger. Tagsüber hüpften wir ausgelassen in unserer unmerklich über dem Meer dahinziehenden Mutterwolke umher. Wir machten so unsere Späßchen. Eines unserer Lieblingswasserspiele war es, uns gegenseitig nass zu spritzen, wodurch wir fortlaufend viele kleine, siebenfarbige Regenbogen an den unendlichen Himmel zauberten.

    Bereits nach zwei Tagen konnte ich einigermaßen selbständig und völlig frei in unserer Wolke umherrollen, krabbeln, dann gehen, hüpfen und laufen. So ging ich schon am darauffolgenden Tag in unsere allseits beliebte Wolkenschule, um meinen unbändigen Wissensdurst zu stillen. Weil ich jedoch von Geburt an immer dicker wurde und beim spielfreudigen Herumtoben tollpatschig oft auf, äh, meinen Schnorchel geplumpst bin, nannten mich meine engsten Freunde und Spielkameraden bald nur noch ‚Hoo‘.

    Ja, also, äh, ich muss schon sagen, für mein junges Leben war ich sogar auffallend dick! Ohne ersichtlichen Grund war ich schneller als alle anderen Wassertropfen herangewachsen, dicker und demzufolge auch schwerer geworden. Hoho! Jedes Mal, wenn mir dann zwei oder gar drei meiner durchweg schlankeren Tropfenkameraden wieder auf die Beine halfen, riefen sie: „Hooooch mit ihm!, oder „Hoo, – hoo, - hoch mit dir! Ja, äh, genau so war's. So kam ich zu meinem originellen Rufnamen, der mir dann auch geblieben ist. Ein glückliches, sanftmütiges Lächeln strahlte aus seinen himmelblauen Augen. „Ich selbst jedenfalls finde, dass dieser Name gut zu mir passt. Er gefällt mir, klingt richtig schön, – und sogar, wie ich meine, fast schon himmlisch!

    „Ja, Hoo, das finden wir auch", piepsten die Blattläuse ihm einstimmig zu.

    „Hm, klingt irgendwie auch ein bisschen geheimnisvoll", fügte Mucks noch an.

    Birne fragte Hoo mit neugierigem Blick: „Du bist auf deinen Schnorchel geplumpst? Hm. Hast du dir denn dabei nicht wehgetan? Und, ähm, Hoo, was bitte schön, ist ein Schnorchel?

    „Oh, äh, ach ja, natürlich, mein Schnorchel!, fasste Hoo sich kurz an die hohe Stirn. „Woher solltet ihr das auch wissen?

    Seine Antwort folgte prompt. „Also, in einer Wolke hinzufallen ist keine tragische Sache, als Wassertropfen fällt man da glücklicherweise immer weich. Und, äh, ein Schnorchel ist für uns Wasserwesen das, was ihr irdischen Geschöpfe zumeist als Nase bezeichnen würdet."

    „Ach ja? Wo hast du denn deine Schnorchelnase?, fragte Mucks etwas irritiert. Spitzläusisch suchte er sein Gesicht ab. „Ich kann lediglich ein winziges, blassblaues Pünktchen über deinem Mund erkennen.

    „Ist-das-da-dein-Schnorchel? Birne guckte äußerst misstrauisch aus ihrer grünen Wäsche und deutete auf den klitzekleinen Blaupunkt. „Das kann nicht sein! Gell, Hoo, du führst uns am Schnorchel, ähm, an der Nase herum?

    „Nein, tu ich nicht, liebe Blattläuse, das ist mein Schnorchel!, behauptete Hoo lachend. „Überraschung! Seht her und passt genau auf! Umgehend lieferte er ihnen den sichtbaren Beweis.

    Birne und Mucks trauten ihren Augen nicht, als sie zusehen konnten, wie Hoo seinen Schnorchel anschwellen ließ. Das winzige Pünktchen hatte sich binnen weniger Sekunden zu einem rüsselartigen Ding ausgestülpt. Es sah aus wie der ausgefahrene Fühler einer Schnecke. Mit dem augenfälligen Unterschied, dass sich nicht, wie bei den Schnecken, ein Auge obenauf befand, sondern die Schnorchelöffnung! Hoo schlenkerte sein außergewöhnliches Geruchsorgan wie einen Mini-Elefantenrüssel hin und her. Aus der Schnorchelspitze nahm das staunende Blattlauspärchen ein hörbares Schnuppern wahr. Hoo nutzte die Gelegenheit, die Umgebung zu erschnüffeln.

    „Gell, da staunt ihr?"

    „Zooooommm! Voll krass! ", piepste Birne. Vor lauter Schnorchel schauen blieb ihr der Mund offenstehen.

    „Aha. Das is' echt ‘n Ding!, ergänzte Mucks voll beeindruckt. Er guckte sich Hoos ausgewachsenes, wasserfarbenes Riechteil genauer an. „Sooo beweglich!

    „Flexibel und megaschnell!", rief Hoo verbessernd. Sogleich führte er seinen Blattlausfreunden mehrmals wiederholend vor, wie rasch die ungewöhnliche Ausstülp- und Einziehtechnik seines Schnorchels funktionierte. Millisekunden schnell!

    Birne und Mucks staunten und staunten, doch konnten sie sich ein pubertär schüchternes Kichern nicht verkneifen. „Das ist ja wahnwitzig rasant und lustig. So ein schnuckeliges Spielzeug", ereiferte sich die Läusedame.

    „Tolles Teil!, fügte Mucks überaus fasziniert noch an. „Was es nicht alles gibt?

    „Das kann man wohl so sagen, meine Freunde. Da Hoo nun schon mal dabei war, auf die raffinierten Funktionen seines außergewöhnlichen Schnorchels einzugehen, setzte er gleich noch eins drauf. „Das Beste aber, liebe Blattläuse, ist, dass Wasserwesenschnorchel, wie übrigens alle Atemwege, also auch der Mund-Rachen-Raum, absolut schleimhaut- und keimfrei sind. Äh, Nasenschleimhäute sind halt nur was für Nasen. Demgegenüber haben unsere Schnorchelorgane den großen Vorzug, dass sie innerlich nie tropfen oder zu trocken werden. Dadurch sind wir vor ekligem Nasensekret, schleimigem Schnupfen, oder, äh, einer dauerhaften Erkältung, will sagen ‚Husten-Schnupfen-Heiserkeit‘ stets gefeit. Wir benötigen also, im Gegensatz zu den empfindlichen Menschennasen oder manch einem Geruchsorgan von verwöhnten Haustieren, keine Schleimhautabschwellenden Sprays, Tropfen, Salben, Nasenduschen oder irgendwelche andere Infekt-Blocker und müssen, äh, auch nicht niesen oder schnäuzen. Die Verwendung von Taschentüchern fällt also ebenso weg wie das leidige Aufsuchen eines Arztes, da wir als Schnorchelträger einen derart schlimmen, fiebrigen oder gar chronisch werdenden Infekt, ausgelöst durch Viren oder Bakterien, überhaupt nicht bekommen können. Äh, Nasenbesitzer sind da wahrlich nicht zu beneiden!

    „Cool! Das ist sooo cool!", piepste Birne. Ihre Augen blitzten kurz auf. Ein wenig neidvoll zupfte sie an ihrem kugelrunden, grünen Mininäschen herum.

    „Über wie auch unter Wasser stehen mir vier gleichwertige Gebrauchsmöglichkeiten zur Verfügung, erklärte Hoo weiter. „Ich, äh, kann meinen Schnorchel verschließen, dann atme ich über die Haut. Ich kann damit Flüssigkeit einsaugen und in den Körper weiterleiten, ohne, äh, den Mund voll zu kriegen. Zum Spaß oder auch zur Verteidigung kann ich wie mit einer multifunktional einstellbaren Schlauchdüse damit umherspritzen. Und viertens kann ich mit meinem Schnorchel verdammt gut riechen. Jedem einzelnen Geruch der näheren Umgebung kann ich auf die Spur kommen und ihn klar zuordnen, sofern mir der Duft und oder das Objekt bekannt ist. Meine Lieblingsfunktion ist deshalb das intensive Schnuppern. Es gibt so herrliche Gerüche! Mmmhhhh, dufte, hier riecht es unter anderem nach herb würzigen Apfelbaumblättern, saftig süßem Fruchtfleisch, äh, nach wohlschmeckendem Apfelsaft, und ihr beide?, – er lenkte seinen Schnorchel kurz in ihre Richtung –, „ihr riecht süßlich, – nach Honigtau! Auch nicht schlecht. Jedenfalls, liebe Blattläuse kann ich euch, äh, gut riechen."

    Hingerissen hatte das Blattlauspärchen ihm zugehört und seinen Superschnorchel ausreichend bewundert. Dass er den ihnen anhaftenden Geruch, der durch die Absonderung überschüssigen Zuckers entsteht, sofort erkannte und sogar als angenehm empfand, verblüffte sie und tat ihnen wohl. Bevor er jedoch auf die Idee kam, seiner Schnupperlaune noch mehr nachzugeben, drängten sie darauf, dass er seine Geschichte nun fortsetzen möge. Mucks forderte ihn humorvoll dazu auf.

    „Mein lieber Scholli! Mit deinem multitollen Superschnorchel hast du aber gewaltig die Nase vorn. Doch erzählst du jetzt bitte weiter, lieber Hoo? Ich und Birne – wir – wir meinen ...?"

    „Ja, erzähl' bitte deine spannende Geschichte weiter, bitte, bitte!", piepste Birne verlangend dazwischen. Liebevoll kuschelten sie sich wieder neben der Trinkmulde aneinander. Auf Hoos Bauch fühlten sie sich geborgen wie in einem großen Wasserbett.

    Hoo kam ihrer Bitte natürlich gerne nach. Umgehend zog er sein immens verlängertes Schnorchelteil wieder auf Pünktchenstellung zurück. Durstig bog er sich den Trinkhalm zum Mund, schlürfte kräftig Saft daraus und rülpste, wofür er sich bei den Blattläusen gleich wieder entschuldigte. Hier im Apfelbaum unterstand er jedoch keinerlei gesellschaftlichen Benimmregeln. Eigentlich brachte er mit seinen oralen Rülpsgeräuschen nur zum Ausdruck, dass ihm der gesunde Saft bestens mundete. Birne und Mucks zeigten für seine Natürlichkeit volles Verständnis. Dann nahm er den eigentlichen Faden seiner Lebensgeschichte wieder auf.

    „NUN, ÄH, UNSERE WEISSE MUTTERWOLKE wurde von einem lauen, sanften Westwind immer weitergetrieben. Tagelang schwebten wir über dem unermesslichen Ozean dahin. Salzreiches Meerwasser, so weit das Auge reichte! Oft schaute ich träumerisch auf das endlose, satte Blau des Meeres hinab. Unsere Sommerwolke und auch alle anderen Schäfchenwolken warfen riesenhafte Schatten auf die Wasseroberfläche. Manchmal schien es, als würden alle Wolkengebilde im tiefen Meerwasser umherschwimmen und spaßeshalber bewegtes Schattentheater spielen. Ab und zu konnte ich sogar eine Delfinfamilie und Tümmler beobachten. Liebend gerne schaute ich ihnen zu, wie sie flink und vergnügt durchs klare Wasser sausten, tauchten und sprangen. Am Horizont erblickte ich hin und wieder auch große, mit verschiedenfarbigen Containern schwer beladene Frachtschiffe. Auch ein riesiges, rostrotschwarzes Tankschiff zog eines Tages ganz in der Nähe vorbei. Mir war aufgefallen, dass der lecke Seelenverkäufer eine dünne, ölige Spur im salzig aufsprudelnden Heckwasser hinterließ. Einmal sogar – fällt mir gerade ein –, durchpflügte direkt unter uns eines dieser megagroßen Kreuzfahrtschiffe mit seinem spitzen Bug und Tausenden sonnenhungriger, urlaubsvergnügter Menschen an Bord die weite See.

    Ganz besonders schön anzuschauen waren die glutroten Sonnenuntergänge. Auf unserem Wolkenkissen und im Schoß unserer Mutterwolke wurden wir dann Abend für Abend in sauberster Luft und dem sanften, betörenden Gesang des Windes in den Schlaf gewiegt. Über uns, am unendlichen Nachthimmel, das Leuchten der Sterne und die bandförmige Aufhellung der Milchstraße.

    Manchmal, des Nachts, wenn alle Tropfen fest schliefen und mich das silberne Licht des Mondes sanft am Schnorchel kitzelte, stand ich traumverloren auf. Wie mondsüchtig bewegte ich mich mutterseelenallein und mit schlafwandlerischer Sicherheit über die flaumigen Kissen und unzählige Artgenossen hinweg. Manche schnarchten, doch so sanft, leise und ruhevoll, wie das Schnurren eines friedlich schlafenden Kätzchens. Ich, äh, erträumte mir so sehr, dass ich irgendwann einmal mit vielen Tropfenfreunden dazu auserkoren würde, in dieses urgewaltige, unendliche Meer hinabzuregnen. Meine Sehnsucht, einmal eine oder gar mehrere lange Lebensperioden darin verbringen zu können, mich dabei frei entfalten und bewegen zu dürfen, war unstillbar – und, äh, ist es noch!"

    Hoo schluchzte wehmütig. Er konnte es nicht verhindern, dass einige klitzekleine Tränen über seine wasserglatten Wangen kullerten.

    „Das kann ich gut verstehen, Hoo. Bestimmt hättest du dann mit deinen Wasserfreunden eine große Planscherei veranstaltet, versuchte Birne ihn aufzumuntern. „Aber, Hoo, sei doch bitte nicht traurig. Vielleicht ...?

    „Ja, ja, vielleicht ...? Vielleicht ...?, dachte Mucks laut nach. „Wer weiß? Vielleicht wird alles wieder gut?

    „Genau! Das will ich meinen! Wer soll denn heute schon wissen, was morgen ist", philosophierte Birne.

    „Aber erzähl' doch bitte weiter, lieber Hoo, bat Mucks ihn freundlich. „Was ist denn geschehen?

    „Ja, was genau ist vorgefallen?", piepste Birne hinterdrein. Ihre Neugierde wuchs.

    „Ach, äh, wisst ihr, machte Hoo seinem Herzen Luft, „die Vorstellung in diesem tiefblauen Ozean zu schwimmen, die salzige Luft zu schnuppern und die mal sanft schwankenden, mal etwas heftiger schaukelnden Bewegungen der warmen Wellen zu spüren, sich auf und mit ihnen treiben zu lassen, darin einzutauchen und auch mal mit ihnen zu verschmelzen, ließ mich nicht mehr los. Ich, äh, hatte mir so sehr erhofft, dass dieser wunderbare Traum bald in Erfüllung ginge. Doch dann, äh ...? Hoo hielt kurz inne. Er wischte sich über die feuchten Augen und seufzte. „Ach herrje! Dann, äh, dann kam alles ganz anders!"

    „Ganz anders? So ganz anders?", tuschelten die Blattläuse. Achselzuckend schauten sie einander an, dann ihren melancholisch wirkenden Regentropfenfreund.

    „Ja, total anders!", empörte sich Hoo. Der Klang seiner Stimme kam aus dem tiefsten Innern seiner hochempfindsamen Seele. Seine Lippen zitterten. Um sich ein wenig zu beruhigen, sog er tief den süßlich-fruchtigen Apfelduft ein, der in der lauen Luft lag. Dann beschrieb er seine weiteren Erlebnisse.

    „Eines schönen Tages wurde ich unsanft aus meinem gewohnten Mittagsschläfchen wachgerüttelt: „Hallo, Hoo! Du Schlaftropfen! Los, aufstehen!, riefen einige meiner Spielkameraden. Dabei hüpften sie wie wild geworden auf unserem Wolkenkissen herum. „Steh' auf! Steh' doch endlich auf! Du hast lange genug geschlafen! Die Pflicht ruft! Du wirst doch wohl nicht die große Versammlung vergessen haben? Mach' schon, Hoo, beeil dich!

    „Was? Wie? Äh, welche Versammlung denn?", fragte ich müde blinzelnd. Noch schlaftrunken, gähnte und streckte ich mich.

    „Na, die Versammlung aller Wassertropfen in der großen Wetterhalle! Hoo, du weißt doch, heute werden wir unserer Bestimmung zugewiesen. Komm endlich! Raff dich auf! Wir müssen sofort los!"

    „Wie? Heute? Äh, a-a-aber ...?", stotterte ich verwirrt. Ich schluckte. Die überraschende Nachricht ging mir echt unter die Haut. Wie vom Donner gerührt stand ich da! Nicht eine Millisekunde später war ich hellwach. Besorgt schaute ich um mich. Überall rannten Wassertropfen aufgeregt umher. Unsere weiße Sommerwolke hatte sich zusammen mit anderen Wolken zu einem mächtigen, sich allmählich dunkler färbenden Gesamtkunstwerk á la Bombastisches Wolkengebirge aufgequollen, das nun ein unschätzbares Gewicht an Wasser mit sich trug. Und, äh, der blaue Ozean, das weite Meer? Es war weg! Verschwunden. Einfach nicht mehr da!

    „Wo sind wir? Was ist denn passiert?, meldete sich meine innere Stimme. Wisst ihr, ich überlegte, wie lange ich wohl tief und fest geschlafen haben musste. Wieso war niemand meiner zahlreichen Tropfenfreunde dazu fähig und bereit gewesen, mich eher aufzuwecken? Warum bin ich, wie sonst ja auch, nicht einfach von selbst wach geworden? Hatte man mir eine Beruhigungsphase für zu ausgelassenes Herumtollen aufgebrummt?! Verbüßte ich etwa eine Wolkenschulstrafe für zeitweiliges Versäumen des frei wählbaren Unterrichtsangebots?! Oder befand ich mich gar in einem, mir von überirdischer Macht auferlegten, längeren Blackout?! Bis heute ist mir das völlig rätselhaft. Wie ein unerklärlicher, dunkler Schleier schlummert da irgendetwas in einem Hinterstübchen meines Gehirns. Ich, äh, war völlig durcheinander!

    Hoo stutzte. Für einen Moment schloss er seine Augen. Er atmete schwer, als er sagte: „Das Einzige, an was ich mich noch dunkel entsinnen kann, ist ein Traum, eine Art Prophezeiung, die in den Tiefen meines Gedächtnisses untergetaucht ist. Ein besonderer Tag sollte mir bevorstehen, schon bald, äh ...?" Seine Worte verstummten hinter bebenden Lippen. Alle Erinnerung lief ins Leere ...

    BIRNE UND MUCKS VERHIELTEN SICH STILL. Das bisschen Heben und Senken seines Bauches, auf dem sie ja eng aneinander gekuschelt saßen, schien sie nicht weiter zu stören. Das sanfte Auf- und Abwippen, obwohl jetzt zu leichtem Schaukeln sich steigernd, fanden sie eher lustig. Auch hörten sie, wie sein Herz aufgeregt pochte. Doch stellten sie keine Fragen und piepsten auch nicht dazwischen. Ohne jegliche Furcht hielten sie sich fest an den Händchen. Respektvoll warteten sie darauf, dass er seine Geschichte weitererzählen würde, was er einige Atemzüge später dann auch tat.

    „WIE ICH SEHEN KONNTE, befanden wir uns über Land, am Rande eines hoch aufragenden, wolkenverhangenen Gebirges. Unter mir erblickte ich saftig grüne Wiesen, auf denen prächtige Milchkühe grasten und rassige Pferde weideten. Fleißige Landwirte arbeiteten in ihren offenen Stallungen. Mit bulligen Traktoren und Mähdreschern bestellten sie Felder und Ackerland. Auf Straßen fuhren allerlei Fahrzeuge und an idyllisch gelegenen Badeseen waren die Parkplätze überfüllt. Familien picknickten auf den Liegewiesen. Sie hatten ihre Decken und Matten unter bunten Sonnenschirmen und im Schatten hoher Laubbäume ausgebreitet. Viele Erwachsene und Kinder schwammen und planschten ferienvergnügt im erfrischenden Wasser.

    Ein breiter, silbrig glitzernder Fluss schlängelte sich durch diese liebliche Tallandschaft. Gemächlich floss er vorbei an Mischwäldern, Siedlungen, Dörfern, Gehöften und unter Brücken hindurch. Eine Stauwehr mit mehreren Schleusen teilte den Fluss in aufgestautes und fließendes Wasser. Nahe dem Fluss verlief geradlinig eine dreigleisige Eisenbahntrasse. Ein waggonreicher Güterzug ratterte gemächlich über die Gleise, während in Gegenrichtung ein vollbesetzter Hochgeschwindigkeitszug seine Passagiere beförderte. Auf einem Sportplatz wurde Fußball gespielt. Gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, befand sich ein kleiner Flugplatz mit Hangar, vor dem einige Sport- und Segelflugzeuge herumstanden. Gerade wurde auf der Startbahn ein weißer Segler mittels eines Schleppseils von einem Schleppflugzeug in die Höhe gezogen, um so in aufsteigende Luftströmungen zu gelangen. Ein anderes setzte unter sanftem Wind zur Landung an. An dem sich verschmälernden Ende des Tales thronte auf einer bewaldeten Anhöhe ein mächtiges, mittelalterliches, weißgetünchtes Kastell. In der Ferne, wo sich das Tal auf der anderen Seite weit öffnete und in flaches Land überging, wuchs unter leichtem Dunst schemenhaft eine größere Stadt dem Horizont entgegen.

    Plötzlich war ein langes, dumpfes Donnergrollen zu hören. ‚Rainer Celsius‘, einer der gestrengen Botschafter des Globalen Wettermeisters ermahnte zur Eile. Die Versammlung in der Wetterhalle sollte jeden Augenblick beginnen. Einige der aufsteigenden Wolken hatten sich nun bereits zu grauschwarzer Melange verfärbt und einem wulstigen Monster gleich riesenhaft aufgetürmt. Ich wusste, dass jeder, der zu spät kam oder der anberaumten Versammlung nicht beiwohnte, mit strengster Bestrafung zu rechnen hatte." Hoo atmete tief durch. Die Spannung seiner kleinen Zuhörer wuchs.

    „Donner und Blitz! Bloß nicht zu spät kommen!, murmelte ich. „Bloß nicht zu spät kommen!, wiederholte ich sorgenvoll.

    „Bewegung tut echt Not", gluckste ich noch. „So nahm ich meine kurzen Beine in die Hand, ließ mich rollen, rannte, hüpfte und plumpste los, meinen schlankeren Freunden und unzähligen anderen Wassertropfen hinterher. Manche von ihnen hatten sich flink zusammengetan, um als größere Tropfengemeinschaft vereint, schneller vorwärtszukommen.

    So ziemlich als Letzter erreichte ich schweißgebadet den riesigen, hufeisenförmig gebogenen Eingang der einzig aus Wasser gebildeten Wetterhalle im Zentrum unserer Riesenwolken. Erleichtert darüber, dass ich noch rechtzeitig angekommen war, hüpfte ich hoffnungs- und erwartungsvoll über die flachwässrige Schwelle hinein.

    ‚Wwwsssswwwwwuschschsch!‘, rauschten die Wassermassen hinter mir ineinander. Das Wasserportal hatte sich zu einer stabilen Wasserwand geschlossen. Vor mir tat sich ein kaum überschaubares, gigantisches Gewölbe auf. Überall wimmelte es von schwatzenden Wassertropfen aus aller Herren Wolken. Weiß flirrende, herumsausende Lichtstrahlen blendeten mich. An den feuchten, perlmuttartig schimmernden Wasserwänden brachen sich die grellen Lichtattacken. Es roch nach tiefgekühltem Eis. Mir wurde kalt und es fröstelte mich."

    „Tropfen! – Volk der Wassertropfen!", dröhnte plötzlich die laute, metallene Stimme des Botschafters durch die kühle, wellentunnelartige Wetterhalle. Fast schlagartig verstummte das Stimmengewirr.

    „Ich, Rainer Celsius, Botschafter im Auftrag des ‚Globalen Wettermeisters‘, werde euch hier und jetzt eurer Bestimmung zuweisen!"

    Ein anschwellendes Raunen ging durch die Menge. Nach einem eisscharfen „Ich bitte um absolute Ruhe!", des bekannt strengen Botschafters horchten alle Tropfen willig und gespannt auf.

    „Am Ende dieses Gewölbes, in der Mitte durch eine blauweiß gestreifte, dünnschichtige Wasserwand getrennt, befinden sich zwei auffällig beleuchtete Schleusen. Rund und blau die eine, quadratisch und weiß die andere. Könnt ihr alle die beiden Schleusen sehen?"

    „Jaaaaahhhh!", schallten millionenfach Tropfenstimmen durch das gigantische Wassergewölbe.

    Weit vorne sah ich die beiden mächtigen Schleuseneingänge. Hoch und hell beleuchtet. Himmelblau und kreisrund. Polarweiß und viereckig. Der Frage von Rainer Celsius hatte auch ich mit einem lauten „Ja!" zugestimmt.

    „Gut! Dann hört jetzt genau zu! Ich werde mich nicht wiederholen!", befahl die eiserne Stimme des unsichtbaren Botschafters.

    Nach diesen ermahnenden Worten war es in der riesengroßen Versammlungshalle so unglaublich still, dass man jeden Tropfen hätte platschen hören können. Als die Worte des Botschafters dann laut und abrupt dieses unheimliche Schweigen zerrissen, wären viele junge Wassertropfen – so wie auch ich – vor lauter Schreck beinahe umgepurzelt.

    „Volk der Wassertropfen! Hört! Hört mir zu! Die in der ‚Globalen Verordnung für Wasserwesen‘ umfangreichen und gesetzlich angeordneten Wetterbestimmungen für die sogleich beginnende Gewitteraktivität besagen: Alle gesunden, schlanken und jungen Wassertropfen begeben sich rechts der Wasserwand durch das runde, blaue Wasserportal in die Regenkammer! Alle kranken, dicken und älteren Wassertropfen müssen links der Wasserwand durch das eckige, weiße Eisportal in die Eiskammer! Schlank geht vor alt!!! Dick geht vor jung!!! Das vom Globalen Wettermeister bestimmte ‚Sommergewitter Nr. 22‘ wird in wenigen Minuten beginnen. Beeilt euch beim Hineingehen! Beide Schleusen, Wasser- und Eisschleuse, werden in Kürze geöffnet! Ungehorsam wird unwiderruflich mit Gefängnis in der Hitzekammer bestraft! Also, Volk der Wassertropfen! Macht euch bereit für euren Einsatz!"

    „Macht euch bereit!", wiederholte der Botschafter schrill, fordernd und unumstößlich!

    „Ich euer Botschafter Rainer Celsius, und unser Globaler Wettermeister wünschen euch allen einen Guten Flug und eine sichere Landung auf der Erde! Donner und Blitz werden euch begleiten. Auf Wettersehen!"

    „Aus! Ende! Basta!, schnaubte Hoo entrüstet. „Das waren seine gnadenlosen, ernüchternden Worte. Ich, äh, fiel aus allen Wolken! Begreift ihr, was das für mich bedeutete? Begreift ihr das? Birne? Mucks? Das, äh, sollte meine Bestimmung sein? Ein zornmütiges Aufblitzen war in seinen Augen zu erkennen. „Äh, nur weil ich so dick geworden bin und vielleicht ein wenig tollpatschig erschien, sollte ich zusammen mit den vielen kranken, dicken und älteren Wassertropfen in die Eiskammer?"

    „In die Eiskammer!", plärrte Hoo noch einmal und zitterte vor Aufregung am ganzen Leib.

    „Nur ruhig Wasser, Hoo. Bleib cool. Wir sind ja bei dir, versuchte Birne besänftigend auf ihn einzuwirken. Das Körperzittern ihres aufgebrachten Regentropfenfreundes hatte sich wie ein leichtes Vibrato auf ihre piepsige Stimme übertragen. Wie von selbst klammerte sie sich fester an ihren Mucks. Dann stupste sie ihm merklich in die Seite. In drängendem Zitterton flüsterte sie ihm in die Ohrmuschel: „Sag' doch auch etwas, Mucksischatz, bitte!

    „Oh. Ja, ge-genau! Jetzt nur nicht aufregen!, stammelte Mucks. „Hoo, es ist ja vorbei. Hier bei uns gibt es glücklicherweise keine Kammern, welcher Art auch immer. Du hast also nichts mehr zu befürchten! Nein, nichts, – hm, rein gar nichts!

    Hoos Körpererregung hatte sich leicht abgeschwächt. Stattdessen wechselte sein Gesicht chamäleonrasch die Farbe.

    „Ähm, lieber guter Hoo, was ist denn dann in der Eiskammer geschehen?", wollte Birne nun wissen. Sie war aufs Äußerste gespannt.

    „Äh, d-das, das war sooo sch-sch-schrecklich!", stotterte Hoo fahlbleich. Ziemlich aufgewühlt fuhr er mit seiner abenteuerlichen Geschichte fort.

    „Wisst ihr, d-da, da, äh, werden a-alle Tropfen zu Hagelkörnern vereist, um hinterher als heftiger Hagelschauer auf die Erde niederzuprasseln. Stellt euch das doch mal bildlich vor? Ich, äh, der liebe, gute, junge Hoo, der nie etwas Böses getan hat und auch niemandem etwas zuleide tun will, sollte als extradickes Hagelkorn unter einer Meute Hagelschläger auf die Erde fallen und Schaden anrichten! Vielleicht mit allen anderen ein Getreidefeld vernichten? Ein Auto zerdellen, oder, äh, ein Dachfenster einschlagen? Gar ein kleines, unschuldiges Insekt erschlagen? Wer weiß, vielleicht hätte ich nicht nur etwas beschädigt? Genauso hätte ich mich dabei auch selbst verletzen können? Schlimmer noch, wäre ich, äh, womöglich als Hagelkorn zu Tode gekommen?"

    In seinen Adern kochte das Wasser. Sein kleines Herz klopfte so heftig, dass Birne und Mucks es nicht nur hören, sondern auch spüren konnten. Er hatte sich so in Rage geredet, dass sein ganzer Wasserkörper zitterte und erbebte.

    „NIEMALS!!!", stieß Hoo einen gellenden Schrei aus. Wutentbrannt, ja wie von Sinnen, sprang er auf. Er stampfte mit seinen kurzen, drolligen Wasserfüßen so fest auf die Oberflächenschale der Apfelsafttankstelle, dass es aus beiden Trinkhalmen nur so spritzte.

    Zutiefst erschrocken hüpften Birne und Mucks hinab auf die glatte Apfelfläche. Gar verängstigt huschten sie hinter den braunen Blütenstängel in die Mulde. Beinahe wären sie auf der glitschnassen Schale des Apfels auch noch ausgerutscht.

    „Oh, äh, Himmel, Apfelsaft und Zornausbruch! Birne, Mucks, ich, äh, wollte euch keinen Schrecken einjagen. Verzeiht mir bitte mein zorniges Aufbrausen. Da, äh, ist wohl mein Temperament mit mir durchgegangen, entschuldigte sich Hoo sofort und geradeheraus, nachdem ihm aufgefallen war, was er im ungewollten Moment heftigster Erregtheit angerichtet hatte. „Vor lauter Aufregung habe ich, äh, ganz vergessen, dass ihr auf mir sitzt. Das war dumm von mir. Äh, ich bitte euch sehr, ihr lieben Blattläuse, kommt doch wieder her, flehte Hoo – und weinte. Dicke Tränentröpfchen quollen aus seinen himmelblauen, leicht geschwollenen Augen. Nur allmählich nahm seine Gesichtsfarbe wieder ihren ursprünglichen, bläulichen Teint an.

    Zuerst zögerten Birne und Mucks. Doch als Hoo nicht aufhörte, bitterliche Tränen zu vergießen, trauten sie sich wieder aus ihrem Schlupfwinkel hinter dem Blütenstiel hervor. Langsam krabbelten sie zu ihm hin. Behutsam streichelten sie über seine tränenfeuchte, blanke Haut.

    „Ach du lieber Himmel!, stieß Birne mitfühlend aus. Sie schlug die Hände über ihrem Köpfchen zusammen und suchte nach tröstenden Worten. „Das muss ja voll schlimm für dich gewesen sein!

    „Ja, schlimmer als voll schlimm!", sagte Mucks. Sie wurden beide noch grüner im Gesicht, als sie es von Natur aus schon waren. Gerührt und voller Anteilnahme schauten sie zu ihm hoch. Es war ihnen jedoch auch anzusehen, dass sie vor Neugier fast platzten.

    „Ja, aber, Hoo, meldete sich Mucks mit gedämpfter Stimme, „hast du denn nicht versucht, dich dagegen zu wehren und das Missverständnis aufzuklären, um den Schrecken der Eiskammer doch noch irgendwie zu entkommen?

    „Freilich Hoo, unbedingt, piepste Birne kühn. „Du, als guter Tropfen, hättest doch zum blauen Schleuseneingang laufen können? Ähm, ich meine, du wusstest doch, dass da für dich etwas schiefläuft. So wäre es vermutlich ein Leichtes gewesen, die ungerechte Entscheidung einfach nicht zu beachten?

    „Um Himmelswillen, nein! Wie sollte ich? Daran wagte ich, äh, gar nicht zu denken! Beschwerdestellen sind in Wetterhallen nirgends eingerichtet. Jedes Fehlverhalten meinerseits wäre töricht und zwecklos gewesen. Ich, äh, konnte nicht entrinnen!, schluchzte Hoo. Sorgsam wischte er sich dabei das Tränenwasser aus seinen verweinten Augen. „Läuse, glaubt es mir, das war, äh, echt unmöglich! Hätte ich mir mit meiner Körperfülle erlaubt in die Regenkammer zu gelangen, wäre ich in flagranti erwischt und aufs Allerschärfste bestraft worden. Dafür bin ich eine viel zu ehrliche Haut, und die ist halt, äh, leider, mehr als mollig! Wisst ihr, die allerschlimmste Strafmaßnahme für mich als aufrichtiger, junger Wassertropfen wäre gewesen, in die Hitzekammer eingesperrt zu werden, qualvollen Durst erleiden zu müssen, oder, äh, gar jämmerlich zu verdampfen!

    „Beim grünen Barte aller Blattläuse! Das ist so entsetzlich!, erregte sich Mucks. Er schüttelte sein kleines, grünes Köpfchen und schaute himmelwärts. „Regenkammer! Eiskammer! Hitzekammer! Strafkammer? Ihr habt aber äußerst strenge Regeln da oben, im Wolkenreich! Und es gab wirklich keinen Ausweg? Auch nicht den klitzekleinsten?

    „Auch nicht den klitzekleinsten, nein. Absolut nicht!, beteuerte Hoo noch einmal. „Die geltende Gesetzgebung gegenüber uns Wasserwesen ist in diesem Fall absolut starr und himmelschreiend ungerecht. Da war nichts zu machen! Sozusagen unanfechtbar! Entschieden setzte er noch eins drauf, indem er erklärte: „Sollte ich irgendwann einmal, wie und wann auch immer, ins Wolkenreich zurückgelangen, werde ich all meine mir innewohnenden Kräfte in Gang setzen, um an Ort und Stelle beim zuständigen Gremium vorzusprechen. Es ist unbedingt notwendig, einige durchgreifende Gesetzesänderungen anzuregen, die diese völlig unhaltbare Regelung sowie weitere Diskriminierungen für uns Tropfen ein für allemal ausräumen! Die ‚Globale Verordnung für Wasserwesen‘, in der solch untröpfliche, längst überholte Bestimmungen anscheinend noch verankert sind, bedarf dringend einer Entrümpelung! Sie dürfen in unserer modernen Wasserwelt keinen Platz mehr finden! Das Zusammengehörigkeitsgefühl muss gestärkt werden. Da werde ich, so wahr ich Hoo heiße, schon für frischen Wind sorgen und hohe Reformwellen schlagen! Ja, ja, das tue ich! Hundertpro!"

    „Das ist ein superguter Gedanke, lieber Hoo, rief Birne aus. „Absolut einleuchtend – und sicherlich sehr mutig und engagiert. Voll cool!

    „Wirklich toll, ja! Starke Worte. Ein großartiger Vorsatz", äußerte sich

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