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Die Bürger: Ein zeitloses Schauspiel
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eBook118 Seiten1 Stunde

Die Bürger: Ein zeitloses Schauspiel

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Über dieses E-Book

Die Bürger - ein zeitloses Schauspiel - ist ein Theaterstück in drei Akten, welches sich frei an dem historischen Vorbild der Stadt Calais in Nordfrankreich orientiert. Für Künstler wie Georg Kaiser und vor allem dem weltberühmten Auguste Rodin, der die bekannte Plastik der Leidenden schuf, stellte das damalige Geschehen mit der monatelangen Belagerung der Britten eine Schwelle zu einem neuen Bewusstsein dar - pathetisch die Geburt des 'neuen' Menschen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum2. Sept. 2021
ISBN9783754159705
Die Bürger: Ein zeitloses Schauspiel
Autor

Askson Vargard

Askson Vargard wurde am 31. März 1989 als Sandrino Dinter in Plauen (Vogtland) geboren und verbrachte im ländlichen Umfeld seine Kindes- und Jugendzeit. Dort absolvierte er auch eine Ausbildung bei einer regionalen Bank. Mit 19 Jahren zog es ihn von der Heimat nach Hamburg. Aus Mangel an beruflicher Vervollkommnung entstand dafür oder gerade deswegen der erste Versuch eines eigenen Buches, welches er wiederum Jahre später unter dem Titel 'Cacatum non est pictum' als Selfpublisher veröffentlichte. Die kreativ fruchtbaren Jahre, die sich durch einen Umzug nach Leipzig noch steigerten, mündeten in der Erkenntnis das bürgerliche Leben fortan abzulehnen. Ab Sommer 2022 lebt er ohne festen Wohnsitz und ohne Lohnarbeit überall, wo er seine Vision einer Symbiose aus Worten und Handeln ahnt.

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    Buchvorschau

    Die Bürger - Askson Vargard

    Die Bürger

    Personen & Ort

    AKT I

    AKT II

    AKT III

    Personen & Ort

    Neige, Gelehrter

    Remy, sein Bruder

    Pellerin, der Bürgermeister

    Jules, Viehhändler

    Canoris, Bankier

    Bertrand, Grundschullehrer

    Maxime, Verwaltungsbeamter

    Louis, Architekt

    Diouf, Kleinbauer

    Susmita, seine Frau

    Garcin, Landstreicher

    Maurice, Nachtwächter

    André, Fuhrmann

    Henry, Imker

    Weitere Bürger

    Eduard, Ein englischer Gesandter

    Eine Hafenstadt in Nordfrankreich

    AKT I

    Großer Saal eines Bürgerhauses, dessen Wände drei Viertel hoch mit Eichenholz vertäfelt sind. Das obere Viertel ist in mehlweiß gestrichen, an dem museumshaft abgenutzte Bauernwerkzeuge wie Sägen, Rechen, Harken, Heugabeln, Dreschflegel u.s.w. hängen. Der Fußboden ist währenddessen ausgelegt mit marmorierten Terrakottafliesen. Auf der längs zum Publikum positionierten Theke stehen mannigfache unetikettierte Flaschen. Lose, aber ordentlich sind einige Tische mit Stühlen in der Raummitte platziert. Ein Kronleuchter hängt über ihnen von der Decke und verleiht der ansonsten bescheidenen Ausstattung einen mondänen Charme, ja sogar einen Hauch von Würde. Der Bühnenhintergrund ist derweil ausgefüllt mit einem schweren bordeauxroten Samtvorhang, welcher in froher Vorerwartung dahinwiegt, sekündlich gelüftet zu werden. Das Bühnenbild muss in seiner Gesamtheit einfach wirken, ohne den Eindruck von Ärmlichkeit zu vermitteln. Eventuelle Dekorationselemente dürfen nicht zulasten der unvollkommenen und distanzierten Atmosphäre aufgestellt werden.

    Neige tritt aus dem Hintergrund und bemisst langsamen Schrittes halbnachlässig den Saal. Von der Theke nimmt er einige der Flaschen, als prüfe er ungläubig, ob sie tatsächlich gefüllt sind. Er schüttelt zweifelnd den Kopf und fällt ermattet auf einen Stuhl zurück. Der Gesichtsausdruck verrät Weltschmerz und lastet mit Fortdauer der Eröffnungsszene schwerer auf ihn bis er verzweifelt in die verschränkten Arme auf den Tisch sinkt. Gedämpft ertönt aus dem Hintergrund ein Geräusch, welches frei als Lachen oder Weinen interpretiert werden kann. Laut. 

    Aprilwetter durchzieht mich, obwohl ich im März geboren bin. Schneerieseln, das auf Sonnenschein folgt, muss darum umso gnadenloser wirken.

    Remy erscheint, als wurde er von der Klage gerufen und schleicht geradewegs auf Neige zu und nimmt den Stuhl ihm gegenüber in Beschlag.

    Neige richtet seinen Kopf auf und blickt ungläubig drein, wie ehedem, als er die Flaschen inspizierte.

    Es herrscht Krieg! Auffahrend, da sein Nachbar reaktionsfrei bleibt Hörst du? Es herrscht Krieg habe ich gesagt! Wie können die Bürger unserer Stadt jetzt, da die Lage prekärer denn je ist und wir am Scheideweg stehen, an eine Banalität, wie es ein Fest ist, denken, das uns vorgaukelt, dass kein Krieg da draußen tobt und an die Stadttore drängt?

    Remy besänftigend auf ihn einredend.

    Du bist ein verständiger Mann. Du bist klug und deine Meinung nimmt in der Gesellschaft eine gewichtige Rolle ein, obwohl du kein öffentliches Amt begleitest. Sei nachsichtig und berücksichtige, dass wir, die wir seit zwölf Monden von der englischen Armee belagert werden, keine zweite Möglichkeit haben, uns Abwechslung zu verschaffen, deswegen feiern wir heute den Jubiläumstag.

    Neige.

    Welch zweifelhafte Freude soll damit verbunden sein? Die Erde drehte sich indes vollständig um die eigene Achse; Vier Jahreszeiten verflossen; Bäume und Sträucher erblühten und wurden ihrer Pracht diebisch beraubt; Die Natter hat ihre Schuppenhaut abgestreift, der Hirsch das Geweih abgestoßen und wir? Wir begehen eine Festlichkeit, weil wir unverändert sind und beständig dem Kampfe die Stirn bieten müssen.

    Remy.

    Sieh, du liest gerne und bist wohl unterrichtet. Ich komme seit kurzem trotz meiner Tätigkeit als Gelehrter aus gegebenen Anlass kaum zu diesem Vergnügen, aber was mir auf die Situation zu passen scheint, ist die Bogenfabel! Weißt du, was Äsop dem Spötter geantwortet hat, als er den Dichter mit Nüssen spielen sah und verlachte? Kurze Pause. Du weißt es! Du hast ein beneidenswertes Gedächtnis, weswegen ich dir dein Schweigen nicht glaube. Erneute Pause, die abgelöst wird von der Ansprache, welche einen gereizten Ton angenommen hat. Jedenfalls bekam Äsop auch keine Antwort, als er einen ungespannten Bogen auf den Weg legte und frug, was er selbst getan hatte. Daraufhin erklärte Äsop dem Schweigenden: 'Bald zerbricht der Bogen dir, wenn du ihn stets in Spannung hältst; doch wenn du ihn gelockert lässt, dann nützt er dir, sooft du willst.'

    Neige fügt nahtlos an Remys Rezitation an.

    'So muss man ab und zu dem Geist zu spielen geben, dass er dir zum Denken besser dienen kann' heißt es weiter.

    Remy.

    Äsop war ein Mensch und kein vergeistigtes Wesen. Seine Lehre darf durchaus über das Geschriebene hinausgreifen. Unsere Werkzeuge sind Körper und Geist und wenn wir permanent von ihnen Gebrauch nehmen, stumpfen sie rapide ab und werden dann unbrauchbar, wenn wir ihrer am meisten bedürfen. Gönne den Bürgern diese Schwäche der Schlaffheit für einen Augenblick, um stärker aus ihr hervorzutreten.

    Neige wieder lauter werdend.

    Jetzt, wo Krieg herrscht, benötigen wir Spannung! Dieses Ungeheuer duldet weder Verschnaufpausen noch Nachlässigkeiten. Wenn wir glauben, es schläft, weil es schnarcht, liegt es in Wirklichkeit auf der Lauer, allzeit zum Sprung an die Kehle bereit, um uns zu vernichten. Ein Moment der Unachtsamkeit ist unwiederbringlich, denn dieses Monstrum verletzt tödlich. Bedenke, dass wir nicht alleine über das unsrige Schicksal entscheiden Eine ganze Stadt gilt es zu verlieren und wer möchte dafür die Verantwortung tragen? Du etwa? Sind deine Philisterschultern stark genug, diese Bürde zu buckeln?

    Remy.

    Das Kollektiv ist vielschultrig und hat Träger en masse.

    Neige aufspringend, während die geballten Fäuste auf den Tisch gestemmt sind.

    Das Kollektiv? Das Kollektiv ist sich seiner Verantwortung nie bewusst und legt sie lieber in fremde Hände. Es schreit Demokratie und möchte insgeheim die Diktatur. Es richtet sein Tun nach deren Pfeife, die befehlen. Das Risiko ist unermesslich, darin werden wir leicht übereinkommen. Was du begreifen musst, ist, dass niemand dir Dank auszahlt, weil du am Abend vor dem Untergang ein großes Fest veranstaltet hast. Sie werden dich stattdessen zum Teufel wünschen, dass du uneinsichtig warst und die Gefahr offensichtlich ignoriertest.

    Remy gelassen.

    Deine Fürsorge ist neurotisch. Du bist mein älterer Bruder und glaubst dein Vorsprung von zwei Jahren macht dich ungemein weiser. Es ist kein Schutz, den du mir, geschweige denn den Bürgern dieser Stadt angedeihen lässt, es ist die Bestätigung deiner Macht, die du dir als intimer Berater des Bürgermeisters einräumst. Ein jeder weiß, dass du diesen Oberhaupttitel eher verdienst als er, der durch aristokratische Verhältnisse in den Stand gesetzt wurde. Feiert die Stadt nun das Fest entgegen deinen Willen, so ist das ein Eingeständnis deines Machtverlustes. Deine Stuhlbeine stehen tiefer als du glaubtest. Du Bruderherz bist nicht über den Dingen, du bist kein Rattenfänger von Hameln mit einer Flöte, deren Tönen vorbehaltlos gefolgt wird, du bist einer von uns und wir zusammen sind die Bewohner dieser Hafenstadt, die erbaut wurde von Handwerkern und Landwirten. Erst als die Siedlung funktionsfähig war, kamen die Kaufleute mit ihren Dukaten und haben Mauern errichten lassen, um ihre neu erklärte Perle der Nordsee zu schützen. Wie hätten sie wissen sollen, dass niemand in offene Häuser einbricht?

    Neige blickt prüfend in das Gesicht seines Gegenübers und setzt sich.

    Du begehst eine Ungerechtigkeit gegen mich, wenn du glaubst, ich handle aus Eitelkeit oder wie du es nennst, aus bloßer Machterhaltung. Es ist die Vision von Frieden, von einem harmonischen Miteinander, die mich antreibt, meine Entscheidungen so zu treffen.

    Remy verzieht seinen Mund zu einem bitteren Lächeln.

    Frieden? Das ich nicht lache. In einem solchen See aus Sentimentalitäten habe ich dich nie zuvor eintauchen gesehen.

    Neige.

    Wer nicht schwimmen kann, der taucht. Ich meinerseits kann behaupten, dass ich Mut besitze, du hingegen bist zu beidem, zum Schwimmen und zum Tauchen

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