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Pyria: Spiel im Schatten
Pyria: Spiel im Schatten
Pyria: Spiel im Schatten
eBook905 Seiten13 Stunden

Pyria: Spiel im Schatten

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Über dieses E-Book

"Glaub mir, wenn du genug Zeit mit Machairi verbracht hast, streichst du das Wort unmöglich irgendwann aus deinem Wortschatz."
Es gibt nur einen Namen, der in Cecilia ebenso viel Furcht wie Bewunderung auslöst: Machairi, der Messerdämon, der gefährlichste Schatten der Stadt. Seine legendären Künste mit dem Messer, sein unberechenbarer Intellekt und seine kontrollierte Kälte haben ihn zu einem lebenden Mythos weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus gemacht. Die Motive des Schattens liegen im Dunkeln, seine Pläne grenzen an Wahnsinn und selbst seine engsten Vertrauten können nur vermuten, was ihn ausgerechnet auf einen fernen Kontinent zieht. Wofür nimmt der Messerdämon eine sanftmütige Harethi, einen fröhlichen Feuerspucker, eine eigensinnige Blinde und einen grimmigen Schlossknacker mit auf eine Reise in die tödlichen Weiten der Wüste und die Abgründe ihrer eigenen Geschichten? Glaubt er tatsächlich an die Legende eines allwissenden Orakels oder verbirgt er seine wahren Absichten? Und kann man einem Mann vertrauen, der mehr Dämon als Mensch zu sein scheint? Die Zweifel mehren sich und die ungleiche Reisegruppe braucht Antworten – bevor es zu spät ist.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Sept. 2021
ISBN9783754159071
Pyria: Spiel im Schatten
Autor

Elin Bedelis

Elin Bedelis purzelte im Juli 1998 auf die Welt und hat seither eindeutig zu viel Zeit in Fantasywelten verbracht. Sie liebt ausschweifende Kopfkinos, die die echte Welt für Stunden in den Hintergrund rücken, ellenlange Spaziergänge, Persönlichkeitsanalysen, Musik, Musik, Musik und Eulen. Sobald sie sich etwas vorgenommen hat, wird es schwer, sie davon abzubringen und vor einigen Jahren hat sie sich in den Kopf gesetzt: Ich bin Autorin. Daraus folgte nicht nur obsessives Schreiben, sondern auch ein Bachelor of Arts in Medienwissenschaft und noch weniger handfeste Masterambitionen. Gestützt von Songwriting, Handarbeiten, Zeichnungen und Recherche setzt sie jede freie Sekunde für ihre Bücher ein und brennt aus vollem Herzen fürs Schreiben und Erzählen.

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    Buchvorschau

    Pyria - Elin Bedelis

    Elin Bedelis

    High Fantasy Roman

    Dieser Titel ist auch als Printbuch erschienen

    Vollständige Taschenbuchausgabe

    Deutsche Erstausgabe

    Text: © 2021 Copyright by Elin Bedelis

    Cover-Illustration: © 2020 Copyright by Maren Gloger

    Verantwortlich

    für den Inhalt: Elin Bedelis

    c/o Block Services

    Stuttgarter Str. 106

    70736 Fellbach

    info@elinbedelis.de

    Veröffentlichung: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

    Lektorat: Irina Siefert

    Korrektorat: Ida Salingré

    Für Mally,

    meine Schwester des Schreibens,

    Stimme der Vernunft,

    und weltbeste Freundin.

    Wir können alles, Hatschi

    Der Gestank des Hafenbeckens hing immer penetranter in der Luft, je weiter Leén die Straßen der Hauptstadt Kefa hinunterlief. Allein der Hunger zog sie hinab zu den billigsten Gasthäusern am Wasser, die zwischen Brackwasser und ausgedienten Fischernetzen nur wenige Kunden anzogen. Ihr Geld war schon vor fast einer Woche so sehr zur Neige gegangen, dass sie die Nächte in der trockensten Ecke verbrachte, die sie finden konnte, statt in einem Gasthaus zu übernachten. Zwei Monate war sie bereits hier, in diesem gottverdammten Loch, das sich eine Stadt schimpfte. Zuerst war es ihr vorgekommen wie eine Offenbarung, wie der beeindruckendste Platz auf Erden, so viel ordentlicher und moderner als alles, was sie von zu Hause kannte. Doch da hatte sie nur auf die kunstvollen Gebäude und die geraden Gassen geachtet und auf den deftigen Duft unterschiedlichster fremder Speisen, der stärker wurde, je weiter man sich dem großen Marktplatz näherte und den Hafen hinter sich ließ. Die Glückseligkeit hatte nicht lange gehalten. Jetzt kannte sie die dreckigen Ecken von Kefa, die abgelegenen Pfade und die brutale Wahrheit dieser Stadt. Egal wie weit sie sich verkroch, wo auch immer sie sich versteckte, wenn sie nachts endgültig nicht mehr wach bleiben konnte – die Stadtwache fand sie. Sogar zwischen den fürchterlich stinkenden Färberkesseln hatten die Soldaten sie vertrieben. Es schien in den Mauern der Stadt keinen Ort zu geben, an dem sich die Obdachlosen aufhalten durften, dabei gab es von ihnen so viele.

    Ihr Magen war leer und ihre Taschen waren es auch. Die Tage bei jeder erdenklichen Behörde der Stadt hatten nicht nur an ihren Nerven, sondern auch an ihrem Geldbeutel gezehrt. Das Geld ihres Vaters war ebenso unerreichbar wie er und Leén war fertig mit der Welt. Mit Kefa, ja, mit dem ganzen Kontinent Cecilia wollte sie nichts mehr zu tun haben. Eigentlich wollte sie nur zurück nach Hause, nach Hareth, wo ein gemütliches Haus und die Ruhe der Heimat auf sie warten würden. Nichts und Niemand wartet, schalt sie sich selbst in Gedanken und setzte ihren Weg hinunter zu den Docks fort. Die billigsten Spelunken lagen in den weniger belebten Ecken des Hafens, wo die ärmeren Seeleute ihre klägliche Heuer versaufen konnten. Dreckig, laut, gefährlich - und der einzige Ort, an dem sich Leén ein Abendessen leisten konnte, selbst wenn es aus stinkendem Hering bestand und einer Sauce, die sie lieber nicht genauer inspizierte. Es gab jeden Tag das Gleiche im tropfenden Enterhaken und inzwischen hatte sie den dringenden Verdacht, dass sich der Wirt nicht die Mühe machte, mehr als einmal die Woche zu kochen.

    Missmutig musterte sie die Gassen, durch die sie lief. Heruntergewirtschaftete Warenhäuser, Tavernen, Fischerläden und sogar Werkstätten für Fischerboote reihten sich aneinander und mit jedem Meter wurden die Häuser schiefer und die Gassen schmaler. Sie war nicht gerne hier, schon gar nicht, wenn die Dämmerung hereinbrach. Es grenzte an ein Wunder, dass sie noch nicht überfallen worden war, wenn sie die Gestalten betrachtete, die sich in den dunklen Winkeln verkrochen und ihr skeptische Blicke zuwarfen. Vielleicht sieht es aus, als sei bei dir nichts zu holen, verhöhnte sie sich selbst in Gedanken und seufzte. Oder vielleicht sah sie aus, als wäre sie längst eine von ihnen – den Bienen, wie sie hier genannt wurden: die Bettler, die Obdach- und Arbeitslosen, die Diebe, Kriminellen und Ausgestoßenen und was sich nicht sonst noch alles an Abschaum durch die dunkelsten Straßen drückte. Je weiter ihr kleines Vermögen zuneige ging, desto mehr wurde sie eine von ihnen. Nein, dachte sie, so bin ich nicht, niemals.

    Niemand hielt sie auf, bis sie vor der klapprigen Tür des tropfenden Enterhakens stand. Es war eine windschiefe Gastwirtschaft, als könnte sie im nächsten Moment in sich zusammenklappen wie ein instabiles Kartenhaus. Die Fassade hätte dringend einen Anstrich vertragen können ... oder einen Abrisshammer, wenn man ehrlich war. Das Holz der Fenster war brüchig und holzwurmzerfressen, der Schornstein schief und die Hausfront wurde von Rissen zerfurcht. Leén seufzte, straffte die schmalen Schultern und ließ ihren langen, zur Seite geflochtenen Zopf durch die rechte Hand gleiten, bevor sie die Tür aufdrückte. Mit ihren fast schwarzen Haaren und der bronzefarbenen Haut fiel sie unweigerlich auf, aber den Wirt, der dabei war, einer Gruppe abgehalfterter Seemänner wässriges Dünnbier auszuschenken, kannte sie bereits. Sie nickte ihm zu, warf ihm einen auffordernden Blick zu und ließ sich in einer ruhigen Ecke an einen Tisch sinken. Das letzte Licht des Tages fiel durch die verklebte Fensterscheibe auf den Tisch und malte das Muster der Risse im Glas auf die Tischplatte. Leén seufzte und tastete mit der linken Hand nach ihrem Geldbeutel, um ein weiteres Mal zu überprüfen, ob er noch da war. Nicht erst einmal hatte sie mitbekommen, wie jemand erst bei dem Versuch zu bezahlen bemerkte, dass man ihn seiner Ersparnisse beraubt hatte. Den Ärger wollte sie gerne vermeiden.

    Nach einer Weile kam der dürre Wirt zu ihr hinüber und stellte ihr ein Dünnbier und einen Teller mit pelzigem Hering vor die Nase. Seine knochigen Finger waren von vernarbter Haut überspannt und ein übel aussehender Ausschlag zog sich seinen linken Arm hinauf. Er litt offensichtlich an einer Krankheit und Leén missfiel der Gedanke, dass er mit diesen Fingern das ohnehin schlechte Essen zubereitete. Außerdem wurde ihr übel beim ranzigen Geruch der Sauce. Trotzdem rang sie sich ein Lächeln ab und nickte dankend.

    In diesem Moment schlug die Tür mit einem ohrenbetäubenden Knall gegen die Wand und ein breitschultriger Kerl trat in den Raum. Die wenigen Gäste im Schankraum verstummten und Blicke voller Furcht richteten sich auf den Neuankömmling. Dessen grobe Gesichtszüge wirkten seltsam entstellt, als hätte sie jemand willkürlich zusammengewürfelt. So war seine Nase viel zu groß für sein Gesicht und die Augen dafür umso kleiner. Suchend fuhren sie durch den Raum, über entsetzte Gesichter und erstarrte Gestalten. Der hühnenhafte Kerl zeigte keinerlei Reaktion auf die Totenstille, die er herbeigeführt hatte. Dann fokussierte er den Wirt und trat einen Schritt vor. Dicht hinter ihm folgten zwei weitere Schränke. Leén merkte, dass sie den Atem angehalten hatte und drehte den Kopf wie in Zeitlupe, um den Wirt anzusehen, dem der Schweiß auf der faltigen Stirn stand und dessen Anspannung sie neben sich fühlte. Ihr erster Impuls war, sich so weit von ihm zu entfernen wie nur möglich, wenn der Ärger, den diese Männer mitbrachten, sich auf den Gaststättenbesitzer konzentrierte. Aber sie wagte es nicht, sich zu sehr zu bewegen, als könnten die Kerle sie übersehen, wenn sie sich nicht regte, obwohl sie nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um den Wirt zu berühren. »Gut, Wirt«, begann der Erste nun mit einer Stimme, die ebenso misstönend war, wie es sein Aussehen vermuten ließ. »Sag uns, wo er sich versteckt, und wir lassen diese stinkende Hütte vielleicht stehen.« Ein hämisches Grinsen machte sich auf seinem entstellten Gesicht breit und ließ seine Augen noch kleiner wirken, als er auf den bedauernswerten Wirt zutrat, der sich an die Wand neben Leén drückte. Leén konnte seinen Atem unregelmäßig und flach pfeifen hören, während er angstvoll auf den Kerl vor sich starrte.

    »I-Ich... w-w-w-weiß nicht«, brachte er winselnd hervor und selbst Leén glaubte ihm nicht.

    Der Andere grinste nur noch etwas ekelhafter, schloss die rechte Hand, die in einem einzelnen weißen Handschuh steckte, um den Kragen des Wirtes und hob ihn ein Stück von den Füßen. »Der Fürst hat keine Gnade mit Verrätern«, schnurrte der Grobschlächtige und die Zähne des Wirtes klapperten so laut, dass es durch den ganzen Schankraum zu hören war. Die anderen beiden Männer an der Tür ließen die Gäste nicht aus den Augen. Auch sie hatten jeweils die rechte Hand in weiß gehüllt, selbst wenn es sich bei ihnen nur um Bandagen handelte, die sie lose um die Handfläche geschlungen hatten. Noch immer wagte Leén nicht sich zu bewegen, aber sie fragte sich unweigerlich, ob diese Männer für eine der berüchtigten kriminellen Organisationen der Stadt arbeiten, denn Cecilia wurde von einem König regiert und auch die Herzöge, die in seinem Namen einzelne Landstriche unterhielten, ließen sich sicher nicht als Fürsten bezeichnen. Außerdem sahen diese Männer nicht aus, als würde irgendein ehrbarer Mensch sich mit ihnen abgeben.

    »Sp-Speisekammer«, stammelte der Wirt nun und seine Lippen bebten. »Unter ... dem Dünnbier.« Er schien sich Mühe zu geben, seine Worte herauszubringen, aber die Angst zeichnete seine Stimme so deutlich, dass er kaum zu verstehen war.

    »So ist es fein«, säuselte der Angreifer und tätschelte dem Wirt die bleiche Wange mit der freien Hand, bevor er die behandschuhten Finger von dessen Kragen löste und die beiden anderen Schränke nach hinten auf die Speisekammer zuhielten. »Und jetzt, die Einnahmen«, verlangte er im gleichen schnarrenden Tonfall und selbst Leén unterdrückte ein Zittern, weil ihr die beiden Männer so erschreckend nah waren.

    »A-aber...«, setzte der Wirt an und schluckte. Seine Hand war zu seinem befreiten Kragen gefahren und er presste sich noch immer an die Wand, »... ich hab doch kooperiert«, schluchzte er und schien dafür all seinen Mut aufbringen zu müssen.

    »Und du hast einen Feind des Fürsten versteckt.« Wie zur Bestätigung rissen seine beiden Kollegen einen jungen Mann aus der Hinterkammer, dessen Gesicht fast so blass war, wie das des Wirtes und dessen Lumpen weit um seinen ausgemergelten Körper hingen. Er sah nicht aus, als könne er irgendjemandes Feind sein. »Sei froh, wenn es bei den Einnahmen von heute bleibt«, ermahnte der Schläger kalt, was den bedauernswerten Wirt dazu veranlasste, hinter die Theke zu hasten, wobei Leén bemerkte, dass seine Hose nass war. Immerhin entfernte sich das Geschehen damit von ihr. Sie wagte es, sich zu entspannen und atmete auf. Sie würden gehen, wenn sie hatten, was sie wollten – oder etwa nicht? »Das ist alles?«, fragte der Anführer skeptisch, als der Wirt leicht gebückt zu ihm zurückgewatschelt kam und ihm mit zitternden Händen ein Säckchen in die weiße Hand fallen ließ.

    »Bisher«, flüsterte der Wirt fast unhörbar und der Schrank warf einen Blick zu seinen beiden Kollegen, die noch immer den Gesuchten festhielten und bei der Tür auf ihn warteten. Dann glitt sein Blick weiter und er drehte sich langsam, bis seine Aufmerksamkeit an Leén hängen blieb, oder vielmehr an dem unangerührten Teller Hering.

    »Hast du schon bezahlt, kleine Hatschi?«, fragte er herausfordernd und jagte Leén damit einen kalten Schauer über den Rücken. Zögernd schüttelte sie den Kopf, auch wenn sie normalerweise nicht reagierte, wenn jemand sie mit dem Spottnamen bedachte, den die Cecilian für die Harethi erdacht hatten. Unter dem hektischen Rasen ihres Herzens und angesichts der Furcht, die alle Gäste teilten, verzichtete sie jedoch auf ihren Stolz und die naheliegende Lüge und brachte ihren Gegenüber damit dazu, sein hässliches Gesicht zu einem Grinsen zu verziehen, als er die Hand aufhielt.

    Leén seufzte unhörbar, schob eine Hand in ihren Mantel und suchte ihren eigenen Geldbeutel hervor. Es waren nicht mehr viele Drawken darin und sie bestanden hauptsächlich aus den halben und Viertelmünzen. Sie stieß mit den Fingern gegen die Ecken der durchgeschnittenen Münzen und versuchte, eine Viertelmünze zu ertasten. Vorsichtig fischte sie eine Münze mit zwei geraden Kanten heraus und legte sie auf den weißen Stoff des Handschuhs, aber der Mann regte sich nicht und hielt weiter die Hand auf. »Das ist, was es immer kostet«, versuchte sie möglichst akzentfrei herauszubringen. Sie würde ihr knappes Geld nicht einfach so an einen Typ mit nur einem Handschuh verschenken. Doch sie glaubte zu hören, wie der Wirt erschrocken Luft einsog.

    »Heute kostet es das Doppelte.«

    Leén musste ihren ganzen Mut zusammenkratzen, um zu widersprechen. »Das könnt ihr nicht machen!«, wollte sie ihn anfahren, aber zu ihrem Ärger klang es mehr wie ein empörtes Quieken und ihr Akzent klang stärker durch.

    »Und nochmal das Doppelte.« Jetzt erschauderte sie unter seiner Drohung, aber das milderte ihre Empörung nicht. Trotzdem hatte sie verstanden, dass weiterer Widerspruch nichts besser machen würde, fummelte in ihrer Tasche herum und suchte eine weitere Viertelmünze und eine halbe Münze heraus und drückte sie ihm mit einem vernichtenden Blick in die Hand. Dieses Mal schloss er die Hand darum und ließ die Münzenteile in das Säckchen des Wirtes fallen. Für einen Moment sah es aus, als wollte er sich zum Gehen wenden, aber dann beugte er sich zu ihr hinunter. Sie spürte den rauen Stoff des Handschuhs an der Haut, als er ihr unters Kinn fasste und ihr so beängstigend nah kam, dass sie nicht wagte, zu atmen. »Wir können alles, Hatschi«, raunte er ihr zu und griff nach dem Geldbeutel in ihrer Tasche.

    Wut bäumte sich in ihr auf und Ekel überkam sie. Energisch drehte sie den Kopf weg und versuchte, sich eine bissige Antwort zu verkneifen. Fest biss sie sich auf die Zunge, weil sie nach ihrem Geld nicht auch noch ihr Leben verlieren wollte. Trotzdem brachte sie es nicht über sich, in der Nähe dieses Mannes zu bleiben und wandte sich ab. Er warf ihren Geldbeutel in die Luft, fing ihn wieder auf und wandte sich dann endlich zum Gehen. Selbstzufrieden verließ er den Schankraum, dicht gefolgt von seinen Kollegen mit dem bemitleidenswerten Gefangenen.

    Sobald die Tür hinter ihnen zufiel, schwappte eine Welle der Erleichterung durch die Spelunke und der Wirt ließ sich schwer seufzend auf einen Stuhl sinken. Er fuhr sich über die wunde Haut und atmete tief durch. Langsam kehrte die Farbe in sein Gesicht zurück, auch wenn er noch immer fürchterlich verschreckt wirkte. Leén dagegen war wütend und stieß unwirsch die Gabel in den viel zu teuren Hering. Ein paar Tage hätte sie noch durchgehalten mit dem Geld, das ihr geblieben war, und jetzt war es weg. Sie hasste Kefa. Sie hasste Cecilia. Sie hasste den Schweinegesichtigen und sie hasste den gammligen Hering. Da sie ohnehin niemand verstand, machte sie ihrem Ärger Luft, indem sie zwischen Bissen ekelhaften Herings und Schlucken Dünnbiers auf Hack vor sich hin schimpfte.

    Der Wirt saß noch immer in ihrer Nähe und versuchte, sich zu beruhigen. Schließlich rückte er mit seinem Stuhl und seiner nassen Hose an ihren Tisch und sah sie an, noch immer leicht blass um die Nase. »Man streitet nicht mit den Schatten«, sagte er mit ernster Stimme und sah sie an, plötzlich scheinbar besorgt.

    Sie hätte nicht gedacht, dass es ihn kümmerte, ob sie sich in Schwierigkeiten brachte. Vielleicht hatte er Angst, dass das auf ihn zurückfallen würde. Leén schnaubte. Natürlich verhielten die Idioten sich so, wenn jeder ihnen Respekt entgegenbrachte. »Er sah nicht aus wie ein Schatten«, knurrte sie und versuchte nicht zu sehr an den harten Konsonanten der Sprache hängen zu bleiben. »Eher wie ein ziemlich dämlicher Mensch«. Sie hatte Cizethi gelernt, als sie noch zu Hause gelebt hatte, aber das Meiste hatte sie in den letzten beiden Monaten auf den Straßen der Stadt und bei den zahllosen Behörden gelernt, bei denen sie um die Freilassung ihres Vaters gekämpft hatte.

    Der Wirt schüttelte erschrocken den Kopf und sah sie entsetzt an. »Sei nicht dumm, Mädchen«, raunte er atemlos. »Der Fürst ist ein gefährlicher Mann und seine Vollstrecker ...« Er erschauderte.

    »Was für ein Fürst überhaupt?« Sie schob den Teller von sich, weil sie es nicht über sich brachte, die ranzige Sauce ganz aufzuessen. Sie ärgerte sich noch immer, aber langsam wich die Wut der Sorge und bei dem Gedanken an die grobschlächtigen Männer wurde ihr unwohl (vielleicht lag das aber auch am Hering).

    Der Wirt schüttelte den Kopf und murmelte etwas Unverständliches, bevor er zu seinem verschwörerischen Gehabe zurückfand. »Der schwarze Fürst. Der Bienenkönig. Der Herr der Schatten ...« Er erschauderte bei jedem Namen. »Er ist der mächtigste Mann der Stadt, manche sagen, dass er hier mächtiger ist als der König selbst.« Er zog die Schultern hoch und Leén konnte die Gänsehaut sehen, die über seine entzündeten Arme kroch.

    Sie dachte an die Worte, die der Klotz ihr eben zugeraunt hatte. Wir können alles, Hatschi. »Und die Kerle eben...?«, fragte sie und wunderte sich, dass sie erst jetzt davon erfuhr.

    »Einer seiner Vollstrecker... der einzelne weiße Handschuh ist ihr Zeichen.« Dramatisch hob der Wirt die eigene entstellte Hand und hielt sie in die Luft, während er sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.

    »Warum nur einer?« Sie fühlte, dass sie nicht so beeindruckt war, wie sie es hätte sein sollen.

    »Sie sind seine rechte Hand! Wenn es beide Hände wären …« Der Wirt hob auch die zweite Hand und starrte jetzt seine beiden Hände verängstigt an. Er senkte die Stimme. »Sie sind überall!« Jetzt mischte sich Panik in seine Stimme. »Die Schatten des schwarzen Fürsten kontrollieren die Stadt, das Geschick der Händler und doch zeigt sich der Fürst nie. Es heißt, sie werden vom Bienenstock selbst geboren!« Er nickte bekräftigend und fixierte Leén wieder. Sie konnte sich dem Eindruck nicht erwehren, dass er wahnsinnig geworden war. Gleichzeitig merkte sie, dass Unbehagen sie überkam und dachte an die weißen Finger an ihrem Kinn. Unwillkürlich schluckte sie, bevor sie versuchte, sich klarzumachen, dass das vermutlich alles Seemannsgarn war. Sie hatte schon häufiger gehört, dass Seeleute – und sicher auch einsame Wirte – sich Schauergeschichten über Monster erzählten. Die Cecilian waren für ihre Ignoranz gegenüber allem, was ihnen fremd war, bekannt und dass ihm bei dem Essen der Geist verwirrt war, konnte sie sich gut vorstellen. Trotzdem hatten alle Anwesenden eingeschüchtert reagiert und der Schatten und seine Handlanger waren aufgetreten, als erwarteten sie keinen Widerstand.

    »Was ist mit den anderen beiden ... die hatten nur …« Bescheuerte Vokabellücken! Sie kannte das Wort … »Bandagen ... sind die auch Schatten?« Sie verdrehte die Augen und versuchte trotzdem nicht durchklingen zu lassen, dass sie glaubte, der Wirt könnte nicht mehr alle Ruder an Bord haben. Auch wenn sie zugeben musste, dass sie plötzlich ein nervöses Kribbeln unter der Haut spürte.

    »Sie folgen den Schatten!« Er riss die Augen, wenn möglich, noch weiter auf. »Gerade erst aus den Schatten der Insel entstiegen! Handlanger der Vollstrecker!«

    »Ja, genau … davon hab ich auch schon gehört.« Der sarkastische Unterton schien an dem Wirt vorbeizugehen. Sie trank den letzten Schluck des viel zu teuren Dünnbiers und seufzte.

    »Warum passt du dann nicht besser auf?!«, stieß der Wirt hervor. »Der Schlitzer wird dich holen, oder Grothia, die Faust oder Dimios, der Henker oder ...« Er machte eine Pause und flüsterte: »Machairi.« Er hauchte das Wort und Leén konnte nicht anders als die Luft anzuhalten, bei der Furcht, die dem Mann anhaftete. Aber da war noch etwas anderes, ein weiteres Gefühl hinter Angst und Respekt. Bewunderung, begriff sie.

    »Machairi«, wiederholte sie und dieses Mal brachte sie keinen Spott zustande. Das Wort hallte durch den Raum und Köpfe drehten sich zu ihnen.

    »Die Klinge«, hauchte der Wirt.

    »Der Messerdämon«, sagte ein anderer in die gespannte Stille im Raum hinein und jetzt sah Leén bei ihnen allen die gleiche Mischung aus Furcht und Bewunderung.

    Sie schluckte erneut, aber ihr Mund war trocken geworden. Einen Moment lang wusste sie nicht, was sie sagen sollte. »Und das eben ...?«, fragte sie dann, als die Spannung verklungen war und ärgerte sich, als ihre Stimme rau klang.

    »Aroura.« Jetzt war es mehr Abscheu als Respekt, die dem Wirt auf die Züge geschrieben stand. »Die Ratte.«

    Wer dachte sich diese Namen aus? Fingen die einfachen Menschen der Stadt an sich Namen auszusuchen, oder nannten sich die Kerle etwa gegenseitig so? Denn auch wenn sie zugeben musste, dass die Erwähnung dieser Menschen die Anwesenden zu gebanntem Schweigen bringen konnte, war sie sich doch recht sicher, dass es bloß Menschen waren. Wir können alles, Hatschi. Sie dachte an ihren Vater und an die hundert Behörden, die sie abgelaufen hatte und die hundert Türen, die man ihr vor der Nase zugeschlagen hatte. Offenbar war der schwarze Fürst der König des Abschaums. Bienenkönig. Wenn sie an die Männer zurückdachte, die eben hier gewesen waren, dann kam seine Macht durch die Furcht, die er säte. Die Schatten öffneten sich ihre Türen mit Gewalt, Drohungen und Erpressung. Wir können alles, Hatschi. Alles. Auch einen unschuldigen Mann aus den Kerkern der Festung befreien? Leén zupfte am Ende ihres Zopfes und starrte auf die Tischplatte, auf der sich längst kein Licht mehr sammelte. Die Stadt lag im Dunkeln. Die Zeit der Schatten hatte begonnen. Sie schmunzelte. Sie hatte kein Geld mehr, kein Zuhause. Sie war eine der Bienen geworden, die Ratte hatte sie soeben zu einer gemacht. Wie sollte es noch schlimmer werden?

    »Die Insel vor der Stadt ... der... der Bienenstock ... kann ich sie da finden?« Die Entscheidung war gefallen, bevor sie den Gedanken beendet hatte.

    »Finden?« Die Stimme des Wirtes überschlug sich vor Entsetzen. »Hatschi, hast du nicht zugehört?« Er erschauderte. »Komm niemals den Schatten in die Quere. Der Stachel der Bienen sticht härter als ein kleines Mädchen überleben kann!« Er legte eine wunde Hand auf ihren Arm. »Hör auf meinen Rat, Hatschi, bleib diesen Wesen fern!«

    Zum zweiten Mal heute ignorierte sie die Ansprache. »Es sind Menschen«, korrigierte sie und schob seine Hand von ihrem Arm. »Und ich habe nichts zu verlieren.«

    Er schüttelte den Kopf. »Sei nicht dumm, Mädchen!«

    Sie war nicht dumm. Sie war verzweifelt. Vielleicht ist das das Gleiche, dachte sie. »Vielen Dank für den Rat.« Leén stand auf und sah auf die Dunkelheit jenseits des schmierigen Fensters. Vielleicht war es wahnsinnig, Leute um Hilfe zu fragen, die Menschen in Angst und Schrecken versetzten, aber ihr Vater saß in einem unerreichbaren Kerker und sie hatte weder Mittel noch Möglichkeit, ihn da rauszuholen. Wir können alles, Hatschi. Der Blick des Wirtes folgte ihr, als sie zur Tür trat. Beweist es, dachte sie und trat hinaus in die Nacht, die gespannte Stimmung der Spelunke hinter sich lassend. Holt mir meinen Vater zurück!

    Im Hafen war sogar zu dieser Zeit noch Betrieb, auch wenn die Sonne lange untergegangen war und sich die respektablen Bürger in ihre Häuser zurückgezogen hatten. Immer schien irgendwo eine Lampe zu brennen und Menschen arbeiteten spät an Deck der Schiffe, die im Hafen vor Anker lagen. Hinter dem Hafen erstreckte sich die einzige Brücke, die auf die Insel führte. Leén hatte sie schon gesehen, als sie in den Hafen eingelaufen waren. Bereits von dort hatte man sehen können, dass sich hinter dem hohen hölzernen Bollwerk kein Reichtum befand.

    Der Geruch des Hafens hing ihr noch in der Nase, als sie endlich die steinerne Brücke erreichte. Die Pflastersteine waren unregelmäßig und Löcher klafften an manchen Stellen, aber im Grunde sah sie noch recht stabil aus und soweit die junge Harethi das sehen konnte, musste sie ständig benutzt werden. Trotzdem fühlte sie sich nicht wohl, als sie die Füße auf die Brücke setzte. Vorsichtig schritt sie über das grobe Pflaster, an dem sie sich die vollkommen ungeeigneten Schühchen aufstieß und fühlte ihren Mut sinken. Vielleicht sollte sie bis zum Tagesanbruch warten, bis sie sich in die fremden Straßen wagte? Bis dahin konnte sie allerdings nach wie vor nichts tun, außer sich in eine Ecke zu verkriechen, bis die Garde sie fand. Vielleicht schlief sie besser in einer ähnlichen Ecke im Bienenstock.

    Das schwarze Wasser plätscherte unheilvoll unter der schier endlosen Brücke. Die erleuchtete Insel war ein verwunschener Fremdkörper jenseits der Dunkelheit. Es fühlte sich an, als würden die Häuser gar nicht näherkommen, doch schließlich trat sie in den Lichtkegel einer Laterne, die an einer Seite der Brücke stand und den Anfang des eigentlichen Bienenstocks markierte. In ihrem Licht konnte Leén die Holzpalisade sehen, die sich um die Insel zog und sie vom Meer abschirmte. Langsam näherte sie sich dem Bollwerk und plötzlich verstand sie, woher der seltsame Name kam: Es summte wie ein Bienenstock. Ein ständiges Durcheinander von Geräuschen drang durch den unversperrten Durchgang. Musik und Stimmen füllten die Luft neben anderen Geräuschen, die sie nicht ganz zuordnen konnte und vermischten sich zu einem fröhlichen Brummen. Hinter der Balustrade konnte sie kleine Häuschen und Hütten erkennen, die sich noch schräger aneinander lehnten als die verfallensten Häuser in der Stadt. Schmale Gassen wanden sich in alle Richtungen. Aus vielen Fenstern drang noch Licht, einzelne Laternen erhellten den breitesten Weg und es war, als schaue man nicht durch einen kleinen Durchgang zu einer Insel, sondern durch ein Tor in eine andere Welt. Niemand auf dieser Insel schlief. Es war nicht halb so furchteinflößend, wie sie erwartet hatte. Neugierig trat sie durch den Durchgang.

    »He, Hatschi.« Eine Stimme klang aus der Dunkelheit neben der Umzäunung. Konnte es angehen, dass der Eingang tatsächlich bewacht war? Waren doch Gardisten hier positioniert? Ein junger Mann löste sich aus den Schatten und machte einen Schritt vor. Er war gerade dabei, sich eine weiße Bandage um die rechte Hand zu wickeln, und musterte sie einmal von Kopf bis Fuß. Er war kaum größer als sie, was eigentlich ein Kunststück war, so klein wie sie war. »Absicht, Einladung oder Name«, zählte er ihr ihre Möglichkeiten auf und grinste.

    Obwohl er augenscheinlich auch zu den berüchtigten Handlangern gehörte, wirkte er nicht besonders furchteinflößend. Er trug die Tracht eines Gauklers, genauer gesagt eines Feuerspuckers, wenn sie die gelben und roten Färbungen, die sich von den Säumen über das Oberteil zogen, korrekt als Flammen identifizierte. Außerdem waren seine Züge keine wütende Grimasse. Genau genommen lächelte er sie an. Sie hob die Augenbrauen ein Stück. »Ich hatte keine Eingangskontrolle erwartet.« Sie fand, dass er eigentlich nicht nach Ärger aussah und riskierte deshalb eine unvorsichtige Antwort.

    »Und du dachtest, ein einsames Mädchen aus Hareth fällt nicht auf?« Er grinste und lehnte sich wieder an das Holz. Offenbar hatte er nicht vor sie einzuschüchtern, aber aus den Augen ließ er sie trotzdem nicht.

    Jetzt fiel ihr auf, dass seine Haut nicht so blass war, wie die der Cecilian. Zwar war sie nicht so bronzefarben wie ihre, aber er hatte definitiv einen dunkleren Hauttyp als hierzulande üblich und die braunen Haare, die ihm in die Stirn fielen, waren auch dicker als typisch für einen Cecilian. Zhaki, dachte sie und entspannte sich mehr. Die Zhaki lebten friedlich auf beiden Kontinenten und waren – zumindest in Hareth – für ihre Gastfreundschaft bekannt. Deshalb rechnete sie sich eine Chance aus, bei diesem Jungen auf weniger Vorurteile zu stoßen. »Ich wollte nur in Ruhe irgendwo schlafen.« Immerhin beinhaltete das die Wahrheit, auch wenn es nicht so aussah, als könnte man hier irgendwo ruhig schlafen, wenn sie den Geräuschpegel bedachte.

    Auch der Junge lachte auf. »Da bist du ja an den richtigen Ort gekommen!« Er grinste und warf sich die Locken aus der Stirn, während er sie weiter musterte und die Finger der bandagierten Hand streckte, als würde der Stoff ihn stören.

    »Sie lügt«, erklang eine weitere Stimme. Sie klang weit weniger freundlich und der zweite Kerl, dem sie zu gehören schien, erfüllte das stereotypische Aussehen eines Cecilian schon viel eher. Er war ein gutes Stück größer als Leén und sein blonder Schopf war kurz geschnitten. Aus blassblauen Augen musterte er sie und ihre Zuversicht schwand, als sie die Abfälligkeit darin sah. »Was willst du wirklich hier, Hatschi?«, fragte er kühl.

    Leén straffte die Schultern und reckte das Kinn, um sich nicht ganz so klein zu fühlen. Kurz nahm sie auch an seiner Rechten die Bandage zur Kenntnis und dann verkündete sie: »Ich will mit dem schwarzen Fürsten sprechen.« Die Bezeichnung schien ihr noch die Tauglichste von denen, die der Wirt ihr genannt hatte.

    Der Blick des blonden Jungen wurde noch eine Spur ablehnender und sogar der Zhaki hatte aufgehört zu lächeln. »Nimm das besser zurück«, riet er ihr mit hochgezogenen Augenbrauen und auch wenn er nach wie vor nicht bedrohlich aussah, hörte sie die Warnung daraus.

    »Warum?«, fragte sie, auch wenn sie unter dem Blick des großen Cecilian am liebsten sofort gehorcht hätte.

    »Warum?!«, wiederholte der Blonde und machte noch einen Schritt auf sie zu. »Willst du mich verarschen?!«

    »Niemand bekommt eine Audienz beim Fürsten, ganz sicher keine kleine Harethi«, erklärte der Zhaki und hielt seinen Kollegen am Ärmel fest, bevor er anfangen konnte, auf sie einzuschlagen. »Und wenn dir deine Gesundheit gefällt, verlangst du so was Unverschämtes besser nicht.«

    Das hatte sie nicht gewusst. »Na gut, dann eben einen der Schatten.« Sie versuchte sich an die Namen zu erinnern, die der Wirt geflüstert hatte. »Schlitzer ... ähm Dimios ...« Sie dachte wieder an das plötzliche Schweigen. »Machairi.«

    Auch dieses Mal verfehlte der Name seine Wirkung nicht. Die beiden Männer tauschten einen Blick, den sie nicht deuten konnte. Sie waren etwa in ihrem Alter, aber es kam ihr vor, als sei sie ein kleines Kind, das sich vor seinen älteren Brüdern fürchtet. Als der blonde Cecilian sich ihr wieder zuwandte, war sein Gesicht rot vor Wut und sie machte automatisch einen Schritt zurück, als er ausholte. Sie wusste, dass sie das Falsche gesagt hatte und sie dachte nicht einmal daran, auszuweichen. Trotzdem blieb der erwartete Schmerz aus. Erneut hatte der Zhaki seinen Kameraden zurückgehalten. »Ist kein verbotener Wunsch«, erinnerte er ihn, aber als er Leén wieder ansah, lag fast etwas wie Sorge in seinem Blick. »Auch wenn du Gefahr wirklich zu mögen scheinst; das sind keine Namen, die du mal eben hier über die Straße schreien und erwarten kannst, dass du zum Kaffeekränzchen eingeladen wirst.«

    »Es ist aber wichtig!« Sie senkte den Kopf. »Ich will niemanden verärgern, ich will nur ...«

    »Hast du aber«, fiel ihr der Blonde ins Wort und ließ die Knöchel knacken. Erneut zog der Zhaki ihn zurück und der Schläger knurrte. »Weil sie keine Ahnung hat. Nur weil sie keine Ahnung hat«, zischte er dem Zhaki zu. »Verschwinde zurück ins hübsche Nest.« Grob stieß er das Mädchen zurück auf die Brücke.

    Leén spürte, wie ihre Lippen bebten. Plötzlich überkam sie schiere Verzweiflung. Wenn sie nicht einmal im Bienenstock sein konnte ... Wo sollte sie hin? Auf den Straßen der Stadt war sie nicht erwünscht, selbst die Ausgestoßenen ließen sie nicht auf ihre Insel, und zurück nach Hareth konnte sie auch nicht … ohne Geld und ohne ihren Vater. Sie presste die Lippen aufeinander und versuchte, keine Tränen zuzulassen.

    »Worauf wartest du?«, fuhr der Cecilian sie erneut an. »Marsch, nach Hause!«

    »Hab ich nicht!«, stieß sie hervor und kämpfte verbissen gegen die Tränen. Sie würde nicht vor diesen Männern weinen. »Ich dachte, hier kann jeder hinkommen«, brachte sie hervor. Ihre Stimme bebte und ihre Zunge tat sich schwerer mit den fremden Lauten.

    Der Zhaki raunte dem Blonden etwas zu und der verschränkte schnaubend die Arme. Dann rollte er mit den Augen. »Tu, was du nicht lassen kannst. Du übernimmst die Verantwortung dafür, Gwyn!«, knurrte er und wandte sich ab.

    Seufzend gab der Zhaki ihr einen Wink und zögernd trat sie wieder durch das Tor. »Versprich mir, dass du nie wieder verlangst, zum Fürsten gelassen zu werden«, sagte er ernst und sah sie direkt an. »Dann darfst du rein, weil du das nicht wissen konntest.«

    Sie nickte und fühlte sich schrecklich dumm. Schuldbewusst kaute sie auf ihrer Unterlippe und schlang die Arme um sich selbst. »Danke ... Gwyn«, murmelte sie, weil sie durchaus verstanden hatte, dass er den Kopf für sie hinhielt.

    »Wenn du noch eine halbe Drawke hast, kann ich dir empfehlen, geradeaus am anderen Ende nach einer Unterkunft zu schauen«, riet er ihr und als sie den Kopf schüttelte, fügte er hinzu: »Dann halt dich lieber nach links und schau, ob du nah der Kanäle einen leeren Unterschlupf findest.« Er musterte sie und seufzte. »Pass auf im Westen. Nah der Irreninsel ist viel Gesindel unterwegs.« Er schenkte ihr ein zaghaftes Lächeln und nickte nach links, in die entgegengesetzte Richtung.

    »Danke«, wiederholte sie und senkte den Kopf, bevor sie in die Richtung tapste, die er ihr gewiesen hatte. Sie spürte seinen Blick im Nacken und wäre fast noch einmal stehen geblieben, um ihn um mehr Ratschläge zu bitten. Sie hatte sich das einfacher vorgestellt, hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass es ein Problem sein könnte, überhaupt zu den Schatten vorzudringen. Jetzt war ihr klar, dass sie, ohne eine Bezahlung anzubieten, keine Chance auf die Hilfe dieser Leute hatte, selbst wenn sie es schaffte, sie zu finden. Offensichtlich reichten die Märchen eines Wirtes nicht aus, um sich hier zurechtzufinden. Sie saß hier fest ohne ihren Vater. Sie hatte kein Zuhause ohne ihn, keine Familie, keine Zukunft. Vielleicht, wenn sie verstand, wie der Bienenstock funktionierte, würde sie doch noch einen Weg finden, ihm und damit auch sich selbst zu helfen, denn sonst blieb ihr nichts zu tun.

    Leén hatte kaum einen Blick übrig für die Spiel- und Wetthallen und die Freudenhäuser, an denen sie vorbeikam, auch wenn einige davon, gerade für die Gegend, spektakulär aufgemacht waren und es sicher eine Menge zu sehen gab. Müdigkeit und Ernüchterung drückten sie herab und sie suchte nur noch nach einem Platz, an dem sie vielleicht durchschlafen konnte. Sie hielt sich abseits von den Straßen, die belebt waren und vor Menschen nur so brummten, welche sich den örtlichen Vergnügungen hingaben. Die meisten würden den Bienenstock allerdings verlassen, sobald sie genug hatten, und in ihr ehrbares Haus und ihr noch viel ehrbareres Leben zurückkehren, während die Bienen hierblieben und ihnen ihre teuren Freuden bereiteten. Leén entschied nicht darüber nachzudenken und fand, dass sie ohnehin zu müde dafür war.

    Schließlich blieb sie in einer Gasse nah eines der schmalen Rinnsale, die sich Kanal schimpften, stehen und kauerte sich im Schatten einer zerfallenen Treppe zusammen. Sie bot wenig Schutz. Wenn es regnete, würde sie trotzdem durchnässt werden, aber es war besser als nichts. Seufzend rollte sie sich zu einem kleinen Paket zusammen und fühlte sich elendig. Niedergeschlagen lauschte sie dem Summen des Bienenstocks und schloss die Augen, als die Tränen zu fließen begannen. Sie war allein. Heiße Tropfen rannen über ihr Gesicht und die Müdigkeit schlug über ihr zusammen und begrub sie unter sich. Den Mut, den sie verspürt hatte, als sie beschlossen hatte, die Hilfe der Schatten zu ersuchen, war verflogen, zerschmettert von der Realität. Wimmernd kauerte Leén unter der Treppe und weinte sich in den Schlaf.

    Der Brief

    Gwyn dehnte die Finger der bandagierten Hand und sah dem kleinen Harethi-Mädchen nach, als sie in den Straßen des Bienenstocks verschwand. Hätte sie nicht so traurig und verzweifelt ausgesehen, hätte er sich niemals gegen Chitra gestellt. Mit dem Lieblingshandlanger der Faust, der gute Aussichten hatte, bald selbst einen Handschuh tragen zu dürfen, wollte er keinen Ärger. Doch die Kleine hatte Recht: Der Bienenstock war eine Zuflucht für alle, die in der Stadt nicht erwünscht waren. Er konnte die anderen schon über ihn lachen hören, wenn sie erfuhren, dass er sich für eine kleine Hatschi eingesetzt hatte, aber sie hielten ihn ohnehin für verweichlicht. Gwyn war das egal.

    Gedankenverloren ließ er eine kleine Flamme über die linke Hand tanzen und ignorierte dabei den skeptischen Blick, den Chitra ihm zuwarf. Gwyn hasste Wachdienste. Die waren entweder langweilig oder bedeuteten eine Menge Ärger. Aber wenn die Schatten beschlossen, dass die Brücke beobachtet wurde, dann wurde die Brücke beobachtet. Am Nachtmittag war Aufruhr in die Schatten gekommen, weil der Fürst sie zusammengerufen hatte. Eine ungewöhnliche und beunruhigende Nachricht, zweifellos. Wenn der Fürst etwas erledigt haben wollte, war es nicht selten, dass dabei eine Menge Blut floss. Gwyn seufzte. Reed hatte gesagt, dass der König eine Belohnung für eine ganz bestimmte Kostbarkeit ausgesetzt hatte und dass der Fürst diese Belohnung haben wollte. Auch das war ungewöhnlich. Wenn der König von Cecilia sich dazu durchrang eine Belohnung auszusetzen, musste es um mehr gehen als hübsche Deko. Niemals hätte er sonst versucht, ausgerechnet mit dem schwarzen Fürsten zu verkehren.

    In den letzten Stunden hatten die Schatten einen Boten gesucht, der vor Tagen mit Neuigkeiten über diese Kostbarkeit im Hafen eingetroffen war. Danach war er verschwunden und es war ausgerechnet die Ratte gewesen, die ihn heute gefunden hatte. Gwyn hatte jedoch den Verdacht, dass die anderen Vollstrecker sich auf wichtigere Dinge konzentriert hatten und dass die Ratte deshalb zum Zug gekommen war. Aroura taugte nichts, das war kein Geheimnis. Er gab sich mit dem zufrieden, was die anderen für ihn übrigließen. Gwyn ließ die Flamme erlöschen und lehnte sich wieder an den Eingang zum Bienenstock. Wie gerne hätte er sich jetzt in die Straßen gestohlen und vielleicht ein paar der reichen Säcke die ein oder andere Münze entlockt oder sich sogar in sein Bett gerollt und den Wahnsinn einfach überschlafen, der über den Bienenstock hereingebrochen war. Einer der Vorteile, die mit der Gunst des richtigen Schattens kamen, war nämlich ein eigenes Bett in einem trockenen Unterschlupf.

    Wieder dehnte er die Finger der rechten Hand. Er hasste es, die Bandage zu tragen. Es fühlte sich an, als würde sie ihm jedes Fingerspitzengefühl nehmen, auch wenn die Finger selbst gar nicht bedeckt waren. Es machte den Umgang mit dem Feuer ungleich schwerer und Reed hatte ihm schon mehr als einmal geraten, sie nur anzulegen, wenn er den Schutz des Symbols brauchte – so wie heute Nacht. Er beobachtete die Kaufleute und einfachen Bürger, die ab und an über die Brücke kamen, um sich zu vergnügen.

    Die nächste Person, die ihm in dieser Nacht auffiel, war ein zweites einsames Mädchen. Sie war noch etwas jünger, als die Hatschi es gewesen war, und sie huschte leichten Schrittes über das grobe Pflaster der Brücke. Das Kleid, das sie trug, war sichtlich getragen, aber eigentlich recht schön und in seinem zarten Blau unverkennbar eine Dienstuniform des Palastes. Sie blickte immer wieder hektisch über die Schulter und Gwyn spürte, wie Chitra sich ebenfalls anspannte, als sie der Umzäunung näherkam. Eine königliche Dienerin gehörte definitiv nicht zum üblichen Publikum des Bienenstocks und versprach Gefahr.

    Chitra trat ihr in den Weg, als sie das Viertel betreten wollte und das Mädchen stockte und sah unsicher zu ihm hoch. Ihre zierliche Gestalt wirkte zerbrechlich vor den Muskeln des Schlägers und Gwyn wäre beinahe schon wieder dazwischengegangen, als der Schrank sie packte und gegen die Umzäunung drückte. »Was willst du?«, knurrte er schlecht gelaunt.

    Gwyn trat dazu und fing den hilfesuchenden Blick des Mädchens auf. Dann gab sie ein ersticktes Wimmern von sich, als sie auch um seine Hand eine weiße Bandage erkannte, und was auch immer sie zu flüstern versuchte, war unmöglich zu verstehen.

    »Hör auf zu nuscheln«, fuhr Chitra sie an, rammte sie erneut – fester diesmal – gegen die Wand und trieb ihr damit die Tränen in die Augen.

    Bevor er es noch schlimmer machen konnte, drückte Gwyn ihn an der Schulter etwas zurück. »Hey, lass ihr noch ein bisschen Luft zum Atmen«, riet er ihm, auch wenn es selbst ihm unangenehm war, eine königliche Dienerin vor sich zu haben. Es war nicht gut, wenn sie sein Gesicht kannte, aber das war jetzt nicht mehr zu ändern. »Du machst einen Botengang?«, vermutete er und sah das Mädchen an. Ihre nussbraunen Haare lösten sich wegen Chitras Angriff aus der Hochsteckfrisur und sie zitterte so sehr, dass es aussah, als würde sie jemand heftig schütteln.

    »Noch jemand, der eine Audienz beim Fürsten verlangen will?«, knurrte Chitra und ließ die Knöchel knacken, was das Mädchen nur dazu veranlasste, den Kopf so weit wie möglich einzuziehen, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Gwyn seufzte.

    »Nein«, hauchte das Mädchen und sah angstvoll zwischen ihnen hin und her. Dann schluckte sie und flüsterte kaum hörbar: »Machairi.«

    Chitra warf die Hände in die Luft und Gwyn trat vorsichtshalber zwischen die beiden, um den Klotz davon abzuhalten, das Mädchen weiter anzugreifen. Dabei fragte er sich, ob der Messerdämon einen Mädchenfanclub hatte, von dem er noch nichts gehört hatte. Chitra sah ihn böse an, als müsse er die Antwort kennen. »Was will der König von der Klinge?«, fragte er skeptisch und Gwyn drehte sich zu der Dienerin, die nur heftig den Kopf schüttelte und offensichtlich nicht noch mehr über die Lippen brachte. Sie zog einen Umschlag aus dem Ärmel und hielt sich daran fest.

    Gwyn konnte das Siegel nicht erkennen, aber er hatte Mitleid mit dem Mädchen. »Ich geb es für dich weiter«, bot er an und streckte die bandagierte Hand nach dem Umschlag aus. Er fragte sich, warum der König ein so verängstigtes Mädchen schickte, wenn er eine Nachricht überbracht haben wollte.

    Erneut schüttelte die Dienerin den Kopf und ihre Stimme war so leise, dass Gwyn sich wirklich anstrengen musste, um sie zu verstehen. »Nur persönlich«, hauchte sie und senkte den Kopf.

    Jetzt brach Chitra in Gelächter aus. »Und du glaubst, der Messerdämon lässt dich wieder gehen, wenn ein Schoßhündchen des Königs sein Gesicht gesehen hat?« Er lachte nochmal und Gwyn musste leider zugeben, dass er vielleicht Recht hatte.

    Das Mädchen schniefte und klammerte sich an den Umschlag, der sich unter ihren schmalen Fingern bog. Gwyn seufzte und schob die Hand in seine Manteltasche. Nach kurzem Zögern hielt er ihr die kleine, rundliche Brosche hin, in der ein M aus vier Messern prangte. Wie auch mit der Bandage prahlte er mit seiner Brosche nicht so sehr wie viele der anderen Bienen es getan hätten. Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass sie niemals ihre Wirkung verfehlte. Auch die Dienerin starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den kleinen Anstecker und presste die Lippen aufeinander. Gwyn grinste als sie zögerte. »Glaub mir, ich wäre nicht dumm genug, ihm seine Post vorzuenthalten.«

    Ihre feuchten Augen musterten ihn forschend, dann legte sie ihm sacht den Umschlag in die Hand, nur um die Finger danach schnell wieder an sich zu ziehen, als hätte er sein Feuer auf sie losgelassen. Gwyn nickte und trat zurück, während er den Umschlag in seine Tasche schob, ohne ihn genauer zu betrachten. Die Dienerin warf einen letzten ängstlichen Blick auf Chitra und ergriff dann die Flucht. Ungelenk in ihrem langen Kleid rannte sie über die Brücke zurück auf die Stadt zu.

    »Und, was ist es nun für ein Brief?« Chitra entspannte sich wieder.

    »Ich bin auch nicht dumm genug, seine Post zu öffnen«, erinnerte Gwyn ihn grinsend, auch wenn er glaubte, dass Reed ihn dafür verspotten würde, dass er nicht wenigstens das Siegel und die Schrift inspiziert hatte. Aber Gwyn fragte sich, was Machairi mit einem Gefolge sollte, dem er nicht mal mit einem Brief vertrauen konnte.

    Chitra zuckte mit den Schultern und zog sich in den Schatten zurück. Auch er war nicht dumm genug, dem Messerdämon in die Quere zu kommen, auch wenn er ihn vielleicht noch nie gesehen hatte. Machairi genoss die Aufmerksamkeit der Bienen nicht, wie es zum Beispiel die Faust tat, die dafür bekannt war, sich ausführlich von allen Seiten beglückwünschen zu lassen, wann immer sie einen Kampf für sich entschied.

    Als Gwyn endlich nach Hause kam und Machairi nicht direkt fand, ging er erschöpft ins Bett. Was auch immer in dem Brief stand, würde wohl bis zum Morgen warten können. Reed weckte ihn in den frühen Morgenstunden. Gwyn erzählte bereitwillig über die Wache und von dem Brief, der Dienerin, der Harethi und allem, was ihm sonst noch im Kopf hängengeblieben war.

    Erst viel später sollte er erfahren, was in dem Brief gestanden hatte. Er war nicht vom König geschickt worden, aber das hatte sich Gwyn bereits gedacht, nachdem die Dienerin als Botin völlig ungeeignet gewesen war. Der Inhalt des Schreibens war deshalb nicht weniger interessant und sollte ihm zum Verhängnis werden

    Tante Evima

    Es war nicht schwer, Geschichten über die Schatten und den schwarzen Fürsten zu hören. Tagsüber saßen die Bettler beieinander und manche von ihnen schienen nur darauf gewartet zu haben, nach Geschichten über die Beschützer der Bienen gefragt zu werden. Die größere Herausforderung war, nicht zu verhungern. Niemand hier hatte etwas zu verschenken und nicht einmal Abfälle waren leicht zu kriegen. Einzig Wasser war frei am Brunnen zugänglich und Leén konnte an ihrem zweiten Tag eine der raren Tagesrationen ergattern, die der schwarze Fürst für die Ärmsten seiner Bienen ausschenken ließ. Der Bedarf konnte damit nicht mal annähernd gedeckt werden und so war es ein Wunder, dass Leén eine Portion erhielt. Sie fiel darüber her wie ein ausgehungertes Tier und kümmerte sich auch nicht weiter darum, dass es noch schlechter schmeckte als der Hering im tropfenden Enterhaken. Sie lernte schnell, dass im Bienenstock das Recht des Stärkeren galt und dass man alles, was man hatte, gut beschützen musste, wenn man es behalten wollte. So musste sie sogar ihre Schuhe verteidigen, als sie in der zweiten Nacht unter ihrer Treppe davon wach wurde, dass ein Mädchen sie ihr von den Füßen zog. Hätte sie sich nicht aufgebäumt und auf die Kleine geworfen, wäre die auf und davon gewesen, aber so konnte sie ihre Schühchen den Kinderhänden entwinden und die Diebin verscheuchen. Mit ihrer Tasche hatte sie weniger Glück. Ein Verlust, den sie betrauerte, der aber unter dem Überlebenskampf in den Hintergrund rückte.

    Es war frustrierend und unheimlich ermüdend, im Bienenstock zu leben. Außerdem musste sie feststellen, dass dies noch nicht die letzte Station auf dem Weg nach ganz unten war. Es gab noch die Irreninsel. Eine zweite, kleinere Insel vor der Stadt, zu der es keinen sichtbaren Zugang gab, auf der die Wahnsinnigen untergebracht waren, vor denen sich selbst die Bienen fürchteten. Auch darüber gab es unheimliche Geschichten. Leén verbrachte Tage damit, allen Erzählungen zu lauschen. So erfuhr sie mehr über den Bienenstock, seine Bewohner, die Schatten und den schwarzen Fürsten, der seinem Titel gerecht wurde. Der Bienenstock war sein Reich. König Thredian mischte sich nicht in seine Angelegenheiten ein, wenn es sich vermeiden ließ, und der Fürst sorgte für seine Bienen und fütterte die Geschichtenspinner mit dem Stoff für unzählige Mysterien. Niemand wusste, wie er aussah und es hieß, dass er schon über hundert Jahre den Bienenstock regierte. Ihm unterstanden die legendären Schatten, die den weißen Handschuh trugen und weit über die Grenzen des Bienenstocks und sogar der Stadt hinaus berühmt oder berüchtigt waren. Sie brachten das Geld ein, das für den Bienenstock ausgegeben wurde und sie verteidigten ihn auch. In mancher Darstellung waren sie strahlende Helden, in anderer hinterlistige Schurken.

    Da war Dimios, der Henker, ein Albino, so sagte man, der schon mehr Soldaten der Stadtwache und reiche Kaufmänner auf dem Gewissen hatte als Haare auf dem Kopf und Grothia, die Faust, eine Frau, die jeden noch so starken Mann zu Fall bringen konnte. Es gab Kopton, den Schlitzer, der seinen Opfern ihre Sünden ins Gesicht ritzte und Agio, die Heilige, die immer etwas zu essen besorgen konnte und dann spurlos verschwand. Und dann war da Machairi. Der Messerdämon. Es hieß, er sei unheimlich schnell, unberechenbar und wie kein Zweiter mit dem Messer. Die anderen Schatten verkörperten ein beständiges Bild als Helfer, als Rächer oder als skrupellose Schlächter. Machairi war nichts davon und doch alles gleichzeitig. Niemand konnte voraussagen, wie er sich verhalten würde und angeblich bestand sein Gefolge nicht aus den üblichen Schlägern und Schlächtern. Manche behaupteten sogar, er könnte eines Tages die Nachfolge des schwarzen Fürsten antreten, falls der denn sterblich sein sollte und einen Nachfolger bräuchte. Leén wollte alles über ihn wissen. Er faszinierte sie und sie verstand, warum der Name immer diese Mischung aus Angst und Bewunderung hervorrief, die sie schon im tropfenden Enterhaken vernommen hatte. Wenn jemand ihr helfen konnte, dann musste er es sein. Hätte sie doch nur irgendetwas anzubieten gehabt, das für diese Menschen Gewicht haben konnte.

    In ihrer zweiten Woche im Bienenstock machte sie Bekanntschaft mit Tante Evima und vielleicht war erst das der Anfang vom Ende. Evima war eine ältere Dame, zu der die Bienen gingen, wenn sie eine helfende Hand brauchten. Sie stand verzweifelten Bienen gerne mit Rat zur Seite und ganz selten händigte sie sogar Kekse oder kleine Gebäckstücke aus. Der einzige Nachteil war, dass sie weit im Westen wohnte und so die Irreninsel unangenehm nah war. Trotzdem entschied sich Leén dafür, die Dame aufzusuchen, denn allmählich schwanden ihre Kräfte. Die Harethi konnte guten Rat und regelmäßig etwas zu essen gebrauchen, ganz zu schweigen von einem Dach über dem Kopf. Außerdem sollte der Bienenstock eine Zwischenlösung bleiben, denn ihr Vater saß noch immer im Kerker und sie wollte gar nicht wissen, wie schlecht es ihm inzwischen ging.

    Also hielt sie sich gen Westen, wo die Häuser noch kleiner und windschiefer wurden und sie die Leute lieber nicht zu genau ansah. Hier waren die Straßen schrecklich dreckig. Vor den Etablissements, die für die vergnügungssüchtigen Besucher gedacht waren, waren die Straßen einigermaßen sauber und wurden regelmäßig aufgeräumt. Im Vergleich zu den Straßen der Stadt waren auch die ärmlich, aber kein Vergleich zu diesem Drecksloch. Leén schluckte und sah sich unbehaglich um. Sie fühlte sich ständig beobachtet im Bienenstock, aber hier hatte sie das Gefühl, als stächen ihr fremde Blicke ein Loch in den Hinterkopf.

    Zum Glück war das Haus, in dem Tante Evima lebte, gut zu erkennen, weil sich eine Gruppe Bienen davor versammelt hatte. Die Fenster waren mit bunten Stofffetzen in vielen Rot- und Gelbtönen verhängt und ein liebevoll verziertes Schild über der Tür verkündete in der verwirrenden Schrift der Cecilian, dass Tante Evima hier lebte. Seufzend kniete sich Leén zu den anderen Wartenden und musterte die Gestalten um sich herum, die am Boden kauerten, das Gesicht in den Armen vergraben hatten oder mit leeren Blicken ins Nichts starrten. Sie alle trugen ebenso dreckige Kleider wie Leén selbst und ihnen waren Leid und Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Einige litten zusätzlich unter eindeutigen Gebrechen. Ein alter Beinloser hockte auf einem Wagen und ein Mädchen, dass nur wenig älter sein konnte als Leén, war von Kopf bis Fuß von Brandnarben übersät. Auch Kinder waren dabei, mit ihren schmutzigen Fingerchen umklammerten sie abgenutzte Spielzeuge oder saßen ebenso schweigend wie die Erwachsenen. Es war ein trauriges Bild und nicht zum ersten Mal hatte Leén Mitleid mit den bedauernswerten Gestalten um sie herum, bis ihr auffiel, dass sie selbst eine von ihnen war. Ihr Kleid stockte inzwischen vor Dreck und war ohnehin völlig ungeeignet für ein Leben unter freiem Himmel. Die samtüberzogenen Schuhe waren längst abgeschabt und wenn sie sich nicht so geekelt hätte, barfuß zu laufen, hätte sie sie längst an eines der Kinder verschenkt oder wegeschmissen.

    Schweigend wartete sie mit den anderen und beobachtete die Personen, die das Haus von Tante Evima wieder verließen. Anders als Leén erwartet hatte, kamen sie nicht freudestrahlend zurück. Nach den großartigen Erzählungen war sie überzeugt gewesen, dass die alte Dame Wunder wirken konnte, aber vielleicht war es schon ein Wunder, dass die Bienen wieder etwas aufrechter gingen oder überhaupt ein Ziel zu haben schienen, wenn sie sich von dem Haus entfernten. Als Leén dran war, überkam sie eine gewisse Aufregung. Sie war hergekommen, weil sie nicht wusste, was sie sonst mit sich anfangen sollte, aber jetzt kam es ihr vor wie eine gewichtige Entscheidung.

    Das Haus war nur ein einziger Raum. Ein Herdfeuer prasselte in einer Ecke und ein alter Tisch mit einigen Stühlen stand mitten im Zimmer. Hinter dem Vorhang, der die Hälfte des Raumes abdeckte, mussten sich das Bett und der private Bereich der alten Dame befinden. Auf dem Tisch war ein mitgenommenes Teeservice platziert und auf einem der Stühle saß die alte Dame selbst. Ihre grauen Haare waren strähnig und ihre faltige Haut hatte einen kränklichen Ton im rötlich gelben Licht, das durch die Stoffe vor dem Fenster fiel. Sie sah auf, als Leén den Raum betrat und etwas schüchtern dastand. Trotz des einfachen Kleides, das an vielen Stellen geflickt war und der leicht gebückten Haltung hatte diese Dame eine respekteinflößende Ausstrahlung.

    Ein freundliches Lächeln warf tiefe Falten auf dem Gesicht der Frau und Leén war erleichtert, dass sie wenigstens keine starken Vorurteile gegen Harethi hatte. »Setz dich doch, Kind«, bot die Dame ihr an und ihre Stimme klang viel kräftiger und melodischer als Leén erwartet hatte. »Tee?«, schlug Tante Evima vor und dankend nahm Leén an, während sie sich an den Tisch sinken ließ. Eine ausgefranste Tischdecke verdeckte das alte Holz und es war erstaunlich gemütlich. Der Tee war herrlich warm und beruhigte Leéns gespannte Nerven. »Leén Kappa?«, fragte Tante Evima sanft und musterte Leén einmal von Kopf bis Fuß. Tante Evima schmunzelte und tätschelte ihre Hand, als sie ihre Überraschung bemerkte. Leén fühlte sich, als hätte jemand einen Vorhang beiseite gerissen, hinter dem sie sich versteckt hatte. Sie konnte sich nicht entsinnen, ihren Namen im Bienenstock genannt zu haben. »Es bleibt nie lange ein Geheimnis, wenn sich ein neues Gesicht im Bienenstock niederlässt. Schon gar nicht, wenn es so ein ungewöhnliches ist, wie das deine.«

    Leén musste aufpassen, dass sie den Mund wieder schloss und starrte die alte Frau vor sich an. Nur bei den Behörden hatte sie ihren Namen genannt, wenn sie weit genug gekommen war, um ihr Anliegen überhaupt vortragen zu können. Woher kannte diese Frau sie? »Man sagte mir, Ihr könntet helfen, Probleme zu lösen«, brachte Leén hervor.

    »Und du möchtest nun wissen, wie du ohne deinen Vater hier überleben kannst.« Die Frau lächelte wissend, und Leén war erneut so perplex darüber, dass sie tatsächlich zu wissen schien, wer sie war, dass sie nicht widersprach. Dabei war die Schlussfolgerung der alten Dame nur ungefähr korrekt. »Nun, ich würde vorschlagen, dass du mal versuchen könntest, im In Jicos Armen eine Anstellung zu bekommen.«

    Jetzt stand ihr endgültig der Mund offen. »Das ist ein Freudenhaus!«, brachte sie ungläubig hervor.

    »Du brauchst dir keine Sorgen machen. Die entscheidenden Leute werden sich nicht daran stören, ob ein hübsches Mädchen aus Hareth ist ... eher im Gegenteil.« Erneut tätschelte Tante Evima ihre Hand und sah sie vielsagend an.

    Da machte sie sich keine Sorgen. »Ich verhure mich doch nicht in einem dieser ...« Ihr fiel so schnell keine Bezeichnung ein, die ihre Abscheu für die Freudenhäuser getroffen hätte.

    »Du wirst sehr schnell feststellen, dass man nichts Furchtbares von dir verlangen wird«, versprach Tante Evima. »Und die Umstände sind wesentlich besser als in anderen Etablissements.«

    Leén schüttelte den Kopf. Allein bei dem Gedanken hätte sie sich übergeben können. Das kam nicht in Frage. Nicht in diesem Leben und hoffentlich auch in keinem späteren. »Nein!«, sagte sie bestimmt, dann holte sie tief Luft. »Außerdem will ich auch gar keine Vorschläge, wo ich arbeiten kann.« Sie atmete einmal durch. »Ich möchte Machairi finden und ihn überzeugen mir zu helfen.«

    Tante Evima legte die Stirn in Falten und das Lächeln verschwand von ihrem Gesicht. Immerhin wurde sie nicht wütend wie der Schläger am Tor vor einigen Tagen. »Nur der schwarze Fürst kann die Schatten befehligen ...«

    »Ich will nicht befehlen ... ich möchte nur ... bitten.« Sie sah auf ihre Tasse. »Ich weiß inzwischen, dass das unüblich ist, aber ich weiß nicht, wer mir sonst helfen kann.« Der dunkle Tee kam ihr vor wie ein tiefes Loch, in das sie hinabsah. »Ich weiß nur nicht, wie ich ihn finden soll.«

    »Gar nicht, wenn er nicht gefunden werden will«, erwiderte die alte Frau trocken, doch die Sorge wich nicht. »Er wird auf

    dich zukommen, wenn er will. Vielleicht kannst du in der Zwischenzeit versuchen, eine Anstellung als ...«

    »Ich will mir hier kein Leben aufbauen. Ich will meinen Vater zurück«, stellte Leén noch einmal klar.

    Tante Evima schüttelte traurig den Kopf. »Hör mir doch zu, Leén.«

    »Er ist meine letzte Hoffnung«, beharrte sie. Diese Frau musste mehr wissen, als sie preisgegeben hatte. Sie hatte es im Gefühl.

    Tante Evima hielt Leéns Blick. »Es gibt ein Zimmer für dich im In Jicos Armen, dort wirst du am wenigsten Aufsehen erregen. Du musst dich bedeckt halten.«

    Leén schnaubte. Bedeckt halten im Freudenhaus. Fiel ihr die Ironie auf? »Es ist mir egal, ob ich Aufsehen errege!«

    »Es ist gefährlich«, sagte Evima und musterte sie besorgt. »Mit der richtigen Tarnung, bist du vorerst sicherer. Im In Jicos ...«

    »Ich werde nicht in einem Freudenhaus arbeiten!«, wiederholte Leén und unterbrach die alte Frau erneut.

    »Sei doch vernünftig, Kind!« Sie sah sie eindringlich an und dann seufzte sie, als sich nichts an Leéns Entschlossenheit änderte. Auch Leén fühlte Resignation aufkommen. Sie hatte sich mehr von diesem Gespräch erhofft. »Ich habe es versucht«, seufzte Evima wie zu sich selbst, dann drehte sie den Kopf. »Gwydion, hör auf mein Bett in Flammen zu setzten und komm raus«, rief sie genervt nach hinten.

    Zu Leéns Entsetzen bewegte sich der Vorhang und ein bekanntes Gesicht schob sich hindurch. Wie schon in der Nacht auf der Brücke sah er Leén freundlich an, als er durch den Vorhang trat. Spontan fand Leén, dass Gwyn sehr viel freundlicher klang als Gwydion. Die Bandage lag ihm lose in der Hand und er grinste, als er ihren Blick darauf bemerkte. »Jaja.« Hastig wickelte er sie wieder um die Hand. »Danke Evima.« Er stellte eine kleine Dose vor ihr auf den Tisch. Ein Dankeschön vielleicht? Oder gar eine Bezahlung? »Komm.« Auffordernd sah er Leén an.

    Perplex sah sie zwischen Evima und der kleinen Torwache hin und her, bevor sie aufstand. Sie verstand nicht, was hier vorging und ob sie sich gerade eine Menge Ärger eingehandelt hatte oder einen Schritt weiterkam. Bevor sie genauer darüber nachdenken konnte, hatte Gwyn sie schon am Arm gepackt und zog sie hinter sich her nach draußen. Sie brachte keine Verabschiedung hervor und sah nur noch, wie Evima ihr mitleidig hinterher sah. Die Bienen, die vor dem Haus warteten, sahen etwas verwirrt aus, als zwei Personen das Gebäude verließen obwohl nur eine es betreten hatte, aber der Zhaki schien sich nicht weiter darum kümmern zu wollen. Er hielt nur weiter Leéns Arm fest und zog sie gen Westen. »Sieht nicht aus, als hättest du viel gelernt seit letztem Mal«, stellte er ohne jeden Unterton fest.

    »Ich hab mein Versprechen gehalten«, schnappte sie trotzdem, weil sie sich angegriffen fühlte. Sein Griff war nicht zu fest, auch wenn es ihr unangenehm war, wie Vieh durch die Straßen gezerrt zu werden. Vermutlich hätte er sie unerbittlicher festgehalten, wenn sie sich gewehrt hätte.

    »Heißt nicht, dass du dich schlau verhältst«, erinnerte er sie und grinste. Seine Augen blitzten grün. »Aber bei akutem Todeswunsch ...«

    Leén spürte, wie ihr Magen einen unangenehmen Salto schlug und schnappte überrascht nach Luft. War das ein schlechter Witz gewesen? Sie stemmte die Füße in den Boden und versuchte, stehen zu bleiben, aber er zog sie weiter und sie stolperte unelegant hinter ihm her. Er war definitiv stärker als er aussah, obwohl er nur unmaßgeblich größer war als sie. Es war ihr, als zerre er sie absichtlich durch die dunkelsten und engsten Gassen, die er finden konnte. »Wohin gehen wir?«, fragte sie nach viel zu langem Schweigen. Für ihren Geschmack brachte er sie zu weit nach Westen. Irgendwo hier musste es zur Irreninsel gehen und schließlich war er es gewesen, der sie als Erster vor diesem Teil des Bienenstocks gewarnt hatte.

    »Das musst du nach diesem Theater noch fragen?« Er grinste.

    »Kannst du dann aufhören, mich hinter dir herzuzerren wie störrisches Vieh?«, zischte sie und fühlte sich schlecht ihn anzufahren, obwohl er eigentlich nett zu ihr war. Die Situation wurde stetig unheilvoller und sie begann ihren Wunsch zu überdenken.

    »Ich kann dir auch die Arme auf den Rücken binden und dich vor mir herschieben, wenn dir das besser gefällt.« Jetzt war der fröhliche Unterton aus seiner Stimme verflogen, der zuvor darin mitgeschwungen war.

    Wieder schnappte sie nach Luft. Es hatte sich nicht angefühlt wie eine Gefangennahme, aber es klang mehr und mehr danach. Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu winden und suchte nach einer Möglichkeit, sich festzuhalten.

    Der Zhaki ließ sie nicht los, blieb aber wenigstens stehen und sah sich zu ihr um. »Was soll das denn jetzt?«, seufzte Gwyn genervt. »Du wolltest doch unbedingt.«

    »Ich wollte ganz sicher nicht entführt werden«, stieß sie hervor.

    »Das ist keine Entführung. Wenn ich dich entführen sollte, hättest du jetzt einen Sack über‘m Kopf und ein Messer an der Kehle.« Er grinste wieder und das verwirrte sie. Meinte er das ernst?

    »Was soll das ganze Spektakel denn dann?«, stieß sie hervor. »Warum warst du bei Tante Evima und wieso hast du so lange gewartet, bis du aufgetaucht bist? Und wohin gehen

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