Vertrauensbruch mit Folgen
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Maria schaffte es gerade noch dem Tod zu entkommen. Bemühungen den Tag des Geschehens zu rekonstruieren scheiterten. In psychiatrischer Behandlung begann sie den Arzt von ihrer Kindheit zu erzählen und wie sie mit ihrer Schwester dem gewalttätigen Vater entkamen. Da man ihre exakte Identität nicht kannte und ihre Schwester Rosi nicht auffindbar war, tappte man lange im Dunklen.
Schließlich entschied Maria was sie aus ihren wiederkehrenden Erinnerungen erzählte und was davon sie vorerst besser verschwieg.
Denn sie offenbarten furchtbares.
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Buchvorschau
Vertrauensbruch mit Folgen - Gabriele Schillinger
Einleitung
Vertrauensbruch
mit Folgen
Thriller/Krimi
von Gabriele Schillinger
Autorin: Gabriele Schillinger
Lektorin: Lisa Grötzl
Cover: Gabriele Schillinger
Bilder: Gabriele Schillinger
www.kunst-galerie-schillinger.at
Vertrauensbruch mit Folgen
Gabriele Schillinger
2020
Das Zimmer erhellte sich, kurz danach ertönte ein dumpfes Donnergrollen. Regen peitschte gegen die Fensterscheibe. Maria mochte Gewitter, allerdings klang dieses eher bedrohlich als beruhigend.
Einer der Pfleger betrat den Raum und hielt ihr eine Schlaftablette hin. Eigentlich bekam sie schon vor Stunden eine davon, doch sie zeigte keinerlei Wirkung. Widerwillig steckte sie das Medikament in den Mund und trank einen Schluck Wasser nach. Als sich die Türe hinter dem Pfleger schloss, holte sie die Tablette schnell wieder aus dem Mund. Maria wollte überhaupt nicht schlafen. Dieses Medikament trübte bloß ihre Gedanken. Ein Umstand, den sie im Moment überhaupt nicht brauchen konnte. Sie musste sich erinnern, was mit einem betäubten Kopf wahrhaftig nicht funktionieren würde.
Jedes Mal, wenn Maria am Morgen erwachte, dauerte es Stunden, bis sie wieder klar sehen, oder sich konzentrieren konnte. Die Realität war dann vernebelt, in der sie sich aber jetzt wieder befand.
Das aggressive Gewitter zog weiter. Nur der Regen blieb und klopfte nun leise auf das Fensterbrett. Die Nacht brach über Schottland ein.
Schließlich schlief sie auch ohne Tablette.
Das erste Gespräch
Am Morgen wurde es laut am Gang. Die Patienten wurden der Reihe nach geweckt. Pfleger teilten erneut Tabletten aus. Maria durfte zum ersten Mal ihr Frühstück im Speisesaal zu sich nehmen. Nachdem sie sich gewaschen hatte, brachte man sie dort hin. Es war unangenehm, denn jeder Patient wurde begleitet. Keiner von ihnen durfte sich alleine im Gang aufhalten.
Eigentlich war der Saal nicht sonderlich groß. Es befanden sich lediglich knapp zehn Leute darin, die bereits auf ihr Essen warteten. Jeder von ihnen saß allein auf einem der Tische. Wahrscheinlich wollte man so Auseinandersetzungen verhindern. Maria saß auf ihrem Platz und schaute sich ein wenig um.
Ein Patient klopfte ständig mit seinen Fingerknöcheln auf die Tischplatte, ein anderer sang mit falschen Tönen immerfort das gleiche Lied. Eine Frau am Fenster starrte regungslos in die Luft und wirkte fast wie eine zerrupfte Puppe. Am Tisch gleich neben ihr schaute ein Mann in ihre Richtung. Er zwinkerte Maria unentwegt zu, als wollte er auf absurde Art mit ihr flirten. Der Speisesaal war alles andere als ein Geschenk, es war unheimlich.
Das Frühstück umfasste einen Orangensaft in einem Plastikbecher und eine Schüssel mit Müsli. Der Kunststofflöffel bog sich beim Anheben des klebrigen Breies. Kaffee gab es nur koffeinfrei, sofern man sich zu benehmen wusste. Ein älterer Herr warf seinen Orangensaft vom Tisch und bekam daher keinen mehr.
Eigentlich dachte Maria, nach dem Frühstück wieder ins Zimmer geführt zu werden, doch dem war nicht so. Das Geschirr wurde abgeräumt und der Saal in einen Aufenthaltsraum umfunktioniert. Entsetzt von dieser Erkenntnis blieb sie vorerst einmal ängstlich auf ihrem Platz sitzen.
Der Lärmpegel stieg an. Einer der Patienten begann unwillkürlich zu schimpfen. Irritiert schaute Maria zu einem der Pfleger, der kurz darauf zu ihr kam. Er meinte, dies wäre Eduard und er hätte eine Krankheit, die ihn zu diesen Worten zwang. Dennoch war er harmlos, eher liebenswert als gefährlich. Auf die Frage, wann sie wieder in ihr Zimmer durfte, lächelte er nur, dann ging er erneut an seinen Platz, von dem aus er alles, was im Raum passierte, beobachten konnte.
Der Vormittag fühlte sich unendlich lange an. Es war seitdem sie hier war die erste Begegnung mit anderen Patienten, was sich in ihren Vorstellungen allerdings anders angefühlt hatte.
Plötzlich setzte sich ein Mann an ihren Tisch. Maria erschrak. Er lächelte und stellte sich mit dem Namen Thomas vor. Eigentlich schien er ganz normal zu sein, aber abwarten. Zur Sicherheit rückte sie mit ihrem Stuhl ein wenig von ihm weg.
Zu ihrer Überraschung entwickelte sich ein harmloses Gespräch. Er fragte, wie lange Maria schon in der Einrichtung war, ob sie zum ersten Mal im Aufenthaltsraum war und an welcher Krankheit sie litt. Ja, das war eine gute Frage. An was litt Maria eigentlich?
Zum Mittagessen gab es Gemüse und Fleisch, welches bereits in Stücke geschnitten war. Danach durften die Patienten wieder in ihre Zimmer. Einer nach dem anderen wurde von einem Wachebeamten abgeholt. Thomas winkte Maria zu, als er den Saal verließ.
Da ein Mittagsschlaf gehalten werden musste, legte sie sich gleich ins Bett. Das Gesicht vergrub sich in dem Polster und begann zu weinen. Warum und wie war sie blos hier gelandet?
Erneut öffnete sich die Türe, welche nur von außen geöffnet werden konnte. Erneut wurden Medikamente gebracht. Auf die Frage, um welche es sich hierbei handelte, bekam sie lediglich die Antwort, dass sie ihr guttun würden.
Als sie brav ihre Tabletten geschluckt hatte, stand sie auf und ging zum Fenster. Die Landschaft war zum Greifen nah, wäre da nicht das Gitter, welches verhinderte die Glasscheiben zu berühren. Zudem war das Fenster mit einem dicken Schloss versehen, falls man es doch schaffte, das Gitter zu zerstörten, was ohne Werkzeug sowieso nicht möglich war. Hier gab es kein Entkommen.
Am nächsten Nachmittag wurde Maria abgeholt. Sie lag im Bett, weil sie dachte, einen Mittagsschlaf abhalten zu müssen. Der Wärter forderte Maria auf, ihn zu folgen.
Sie hoffte nicht schon wieder in den Aufenthaltsraum zu müssen.
Man brachte sie in einen Behandlungsraum. Dort wartete bereits ein bärtiger Mann und bat ihr freundlich einen Sitzplatz auf einem Sofa an.
Er stellte sich als Dr. Schuh vor. Es war Marias Psychiater, den sie ab jetzt öfter zu Gesicht bekommen würde. Zuerst fragte er nach ihrem Befinden, doch was sollte Maria da antworten. Wie fühlte man sich in einer psychiatrischen Einrichtung, aus der man nicht einfach hinausspazieren durfte?
Dann fragte er, ob sie sich an irgendetwas erinnern konnte. Nein, konnte sie nicht. Auch die Frage, was sie glaubte, weshalb sie sich in dieser Einrichtung befand, konnte Maria nicht beantworten.
Der Psychiater lehnte sich in seinem Sessel zurück und schaute Maria durchdringend an. Sie hasste es, wenn sie jemand so anschaute. Nach einer kurzen Stille im Raum begannen seine eigentlichen Fragen:
„Was ist das Letzte an das Sie sich erinnern?"
„Ich öffnete meine Augen und lag im Krankenhaus. Dort sagte man mir, dass ich verletzt liegend am Waldrand neben Zugschienen gefunden wurde."
„Haben sie eine Ahnung wie sie dorthin gekommen sind?"
„Nein."
„Warum waren sie verletzt?"
„Ich weiß es nicht."
Dr. Schuh schaute schon wieder durchdringend in Marias Richtung, was sie sehr nervös machte.
Sein Bierbauch drückte gegen die Hemdknöpfe, die bedrohlich einem Geschoss ähnelten, die kurz davor waren, Maria zu treffen. Der Bart des Arztes war schon ein wenig ergraut, aber ansonsten sah er noch nicht alt aus. Eigentlich machte er einen gemütlichen Eindruck. Vielleicht war er ja auch sympathisch? Maria wollte es einmal auf sie zukommen lassen. Aber wenn er nicht immer so durchdringend schauen würde …
„Wie heißen Sie?"
„Im Krankenhaus meinte man, ich heiße Maria."
„Und was glauben Sie?"
„Keine Ahnung."
„Fühlt sich der Name Maria für Sie in Ordnung an?"
„Ich glaube schon."
„Die Sanitäter erzählten. Sie hätten im Rettungswagen gesagt, Maria zu heißen."
„Kann sein. Ich weiß nichts mehr von der Zeit im Rettungswagen."
„Nehmen Sie regelmäßig ihre Medikamente?"
„Ich hab ja keine andere Wahl."
„Möchten Sie sich wieder an Vergangenes erinnern?"
„Natürlich. Glauben Sie, es macht Spaß nicht zu wissen wer Sie sind, oder wie Sie bisher gelebt haben?"
„Nein, ich glaube nicht, dass es Spaß macht.
Sie müssen regelmäßig ihre Tabletten nehmen, damit wir mit der richtigen Behandlung beginnen können. Gestern wurden in ihrem Zimmer einige gefunden, die Sie wieder ausgespuckt haben. Das ist nicht förderlich."
„Wie genau wirken die Medikamente und was bedeutet die richtige Behandlung?"
„Die Medikamente wirken beruhigend und geben den Weg frei, damit ihr Unterbewusstsein Informationen bereitstellt, die sie zur Erinnerung brauchen."
„Und die richtige Behandlung? Was ist das?"
„Wenn sie so weit sind und die Erinnerung nicht von alleine zutage kommt, arbeiten wir mit Hypnose."
„Warum warten? Wir könnten doch gleich damit beginnen."
„Nein. Sie sind noch nicht soweit."
„Woher wollen Sie das wissen?"
„Vertrauen Sie mir."
Maria stieß unbeabsichtigt ein lautes Zischen von sich. Dr. Schuh schaute sie, ohne die Miene zu verziehen, an. Er nahm sich einen Schreibblock und einen Stift zur Hand.
„Sie heißen also Maria?"
„Hab ich doch schon gesagt."
„Also wissen Sie, dass Sie Maria heißen?"
„Wirklich? Das hatten wir doch schon. Man sagte mir, ich hieße so."
„Sind Sie aufgeregt?"
„Natürlich. Sie stellen mir die gleichen Fragen wie zuvor."
„Was regt Sie daran auf? Wir haben keinen Zeitdruck."
„Aber die Zeit könnte sinnvoller verwendet werden. Wie soll ich mich an was erinnern, wenn Sie mir immer die gleichen Fragen stellen?"
„Sehen Sie, genau das ist das Problem. Sie vertrauen mir nicht und deswegen können wir auch noch nicht mit der Hypnose beginnen."
„Ok, ok. Ich vertraue Ihnen. Können wir jetzt beginnen?"
Dr., Schuh lächelte kurz. Er stand auf und holte einen Pfleger, der Maria wieder auf ihr Zimmer bringen sollte.
„Wir sehen uns morgen wieder. Nehmen Sie Ihre Tabletten."
„Das war’s?"
„Ja, für heute schon."
Maria wusste nicht recht, was sie mit diesem Gespräch anfangen sollte. Der Psychiater machte sich mit seiner Fragetechnik nicht sonderlich beliebt bei ihr. Eigentlich war er Maria nach diesem Gespräch sogar sehr unsympathisch.
Erneut schaute sie aus dem Fenster.
Die Tage waren, wenn man nichts zu tun hatte, sehr lange. Immerfort kreisten Gedanken im Kopf herum, die sich zu seltsamen Geschichten formten. Es wurde zunehmend schwieriger für Maria zu erkennen, ob es nur Hirngespinste waren, oder sich ein Stück Erinnerung darin befand.
Es war nun eine Woche vergangen, und die Gespräche mit dem Arzt waren noch immer enttäuschende Erlebnisse. Jeden Tag musste sie nun diesen Dr. Schuh sehen. Warum stellte er ihr ständig dieselben Fragen? Sollte nicht die Polizei recherchieren wer sie war? Vermisste sie überhaupt niemand?
Das Grundstück der Anstalt schien groß zu sein. Es war mit einem hohen Zaun abgegrenzt und bestand vorwiegend aus einer großen Wiesenfläche. Vereinzelt ragten hohe Bäume in den Himmel, darunter befand sich jeweils eine Bank zum Verweilen. Einige der Patienten spazierten schmale Wege entlang, die sich durch das satte Grün schlängelten. Maria konnte sie vom Fenster aus beobachten. Wahrscheinlich würde dies in nächster Zeit ihre einzige Beschäftigung sein. Andere Patienten beobachten.
Das Abendessen wurde gebracht. Maria war froh nicht wieder in den Speisesaal zu müssen. Sie fürchtete sich ein wenig vor den anderen. Obwohl man ihr versicherte, dass niemand von ihnen gewalttätig war, konnte sie deren Verhalten nur schwer einordnen. Es war neu sich mit so vielen verhaltensauffälligen Personen in einem Raum zu befinden. Zudem hatte sie das Gefühl, nicht in diese Gruppe zu passen.
Das Abendessen war wie immer geschmacklos. Manchmal dachte Maria, der Hausküche waren die Gewürze ausgegangen. Jede der Speisen schmeckte gleich fade. Noch bevor sie einen Teil des Essens hinuntergewürgt hatte, kam ein Pfleger mit den Tabletten. Sie musste diese vor dem Personal einnehmen und diesmal blieb der Pfleger auch noch eine Weile, um zu sehen, ob die Medizin auch wirklich den Weg zum Magen fand. Anscheinend gab Dr. Schuh den Auftrag, intensiver darauf zu achten, weil sie schon des Öfteren welche wieder ausspuckte. Maria musste noch vor den strengen Augen des Mannes, nach Einnahme der Tabletten, einen Bissen vom Abendessen zu sich nehmen. Wütend riss Maria danach ihren Mund auf, um zu zeigen, dass sie alles hinuntergeschluckt hatte. In einen Gefängnis konnte es nicht strenger zugehen.
Als er wieder das