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Baltischer Zirkel: Reisetagebuch einer Ostsee-Umrundung
Baltischer Zirkel: Reisetagebuch einer Ostsee-Umrundung
Baltischer Zirkel: Reisetagebuch einer Ostsee-Umrundung
eBook182 Seiten2 Stunden

Baltischer Zirkel: Reisetagebuch einer Ostsee-Umrundung

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Über dieses E-Book

Von Hamburg über Riga und Tallinn nach Sankt Petersburg. Zurück über Helsinki, Turku, Stockholm und Kopenhagen. Das sind die Stationen einer Radwanderung rund um die Ostsee. Der Autor schildert sehr persönlich seine Erlebnisse, seine Begegnungen mit den Landschaften, den Städten und Menschen der Region. Er fragt: "Was enthält der Baltische Zirkel?"

Carlo Reltas war 34 Jahre für Nachrichtenagenturen tätig. Reisen wurde ihm dabei zur zweiten Natur.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum25. Apr. 2019
ISBN9783748536567
Baltischer Zirkel: Reisetagebuch einer Ostsee-Umrundung
Autor

Carlo Reltas

Carlo Reltas wurde 1950 in Rheine geboren. Nach dem Studium der Politikwissenschaft und der Romanistik war der Diplom-Politologe drei Jahre als Lehrer tätig, bevor er 1976 eine journalistische Karriere begann. Reltas arbeitete als Politik- und Nachrichtenredakteur für zwei Regionalzeitungen und eine deutsche Nachrichtenagentur. Ab 1987 baute er in Bonn, später in Berlin die deutsche Filiale einer internationalen Nachrichtenagentur mit auf, ab 1990 als Geschäftsführender Redakteur. 2015 nahm er Abschied vom Nachrichtengeschäft. Reltas hat bis in die 90er Jahre systematisch alle EU-Länder und ab der Jahrtausendwende ganz Osteuropa und die Karibik bereist. Seit dem Ausstieg aus dem News-Business lebte er am Odenwald-Rand. 2017/2018 verbrachte er in Abu Dhabi. Seit 2020 wohnt er in Seoul.

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    Buchvorschau

    Baltischer Zirkel - Carlo Reltas

    Carlo Reltas

    BALTISCHER ZIRKEL

    Tagebuch einer Ostsee-Umrundung

    Für Fabian und Jolanda, 

    damit sie wissen, wo ihr Vater herumzog.

    Carlo Reltas

    BALTISCHER ZIRKEL

    -

    Reisetagebuch

     einer Ostsee-Umrundung

    CARE-Verlag

    Heppenheim

    Z-Logo

    Titelbild:

    Die M/S Amorella, Fähre zwischen Turku und Stockholm

    Foto:

    Viking Line

    © CARE of Sattler Verlag, Heppenheim

    Erstauflage 2015, eBook 2019

    ISBN 978-3-748536-56-7

    Verlag:

    CARE of Sattler

    Bensheimer Weg 29, 64646 Heppenheim

    carlo.reltas@outlook.de

    Vertrieb:

    epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin,

    www.epubli.de

    Inhalt

    Cover

    Widmung

    Titel

    Impressum

    POLEN

    Guten Morgen, Polen!

    Die braven Punker von Trzebiatów

    Die Sonntags-Wikinger

    Köstliches in Köslin

    Auf Pommerns „Elysischen Feldern"

    Nach Danzig, umsteigen bitte!

    Zwischen Kran und Westerplatte

    Welcher ist der Schönste Europas?

    Von Wasser, Widerstand und Weichsel

    Elbing und Recklinghäuser Rentner

    Die neue „eiserne" Ostgrenze

    RUSSISCHE ENKLAVE

    Das Monster von Kaliningrad

    LITAUEN

    Quer durch die „Baltische Sahara"

    Labas rytas, Vilnius!

    Litauischer Morgen

    Quelle des Stolzes: Litauisches Gestern

    Ländliche Idyllen in der City und am See

    Madonna, Zappa, Konsum und KGB

    Dramatische Tage – magischer Moment

    Viso gero, Vilnius – auf Wiedersehen!

    Wechselfälle: Vilnius, Kaunas und Memel

    Ännchen von Klaipeda

    Palanga  –  baltisches Marbella?

    LETTLAND

    Lettischer Landregen

    Rettung in Goldingen

    Durch das Kurland nach Riga

    Hauptstadt des Baltikums?

    ESTLAND

    Regen II, Westfalen und Skandinavien

    Zwischen Dünen, Strand und Schlammbad

    Tallinn – eine Zeitmaschine

    Narva – Grenze zwischen zwei Burgen

    RUSSLAND

    Gestrandet in russischer Provinz

    Andrej, der Retter

    General, Ex-Geheimdienstagent und  Bisnesmen

    Von Neureichen, Wölfen und Wundern

    Pakrischkas, Bisnes in Klinik und Hafen

    Die Stadt Peters des Großen

    Westwärts der Küste entlang

    Durch Karelien zurück in die EU

    SKANDINAVIEN

    Skandinavischer Bogen I: Überfahrt auf der Amorella

    Skandinavischer Bogen II: Der Leden – ein Kreis

    Epilog

    Über den Autor

    Vom selben Autor

    POLEN

    Guten Morgen, Polen!

       „Dzien dobry!" Klar und vernehmlich, cool und möglichst akzentfrei entbietet er dem Uniformierten am Zugang zur Fähre von Swinoujscie nach Swinoujscie seinen Gruß. Der „Fährmann winkt den rucksackbeladenen Radler durch, und schon befindet sich der Ostsee-Umrunder auf dem nur für Ortsansässige bestimmtem Pendel-Schiff von Swinoujscie-Stadtmitte hinüber zum Ostufer der Oder-Mündung. „Dzien dobry, Polska! Guten Morgen, Polen!

       Das Ziel der ersten Tagesetappe seines baltischen Zirkels, das ehemalige Swinemünde am Ostrand von Usedom, hatte er am Vorabend erreicht, nach frühmorgendlichem Start am Ausgangsort deutscher Osteuropakaufleute, in der Hansestadt Lübeck also. Davor hatte der radelnde Rheinländer eine halbwache Nacht auf Schienen verbracht.

       In eigentümlichem  Kontrast zum fernen Baltikum hatte er sich im Nachtzug aus Köln in Smalltalk mit der deutsch-ivorianischen Modedesignerin Tina geübt. Die schwarze Schönheit, die ihm nur bis zur Fashion City Düsseldorf als Reisegefährtin erhalten blieb, war eine rechte Plaudertasche und hatte außer ihrem Teint rein gar nichts mit der Schwarzen Madonna von Tschenstochau gemein, geschweige denn die Absicht, ihn nach Polen zu begleiten. Und doch wich sie ihm auch  nach dem Abschied  um ein  Uhr morgens  fürs Erste nicht aus dem Sinn. Im Schlummer bis Hamburg oszillierten seine Gedanken zwischen der schweigsamen polnischen Nationalheiligen und der kichernden charmanten Exotin.

       Die Hansestadt Hamburg, wo sich nach vier Wochen Fahrt sein Kreis um das Baltische Meer schließen sollte, nahm er nur im Halbschlaf wahr. Die „Mutter der Deutschen Hanse", Lübeck, war ihrerseits noch nicht voll erwacht, stellte er bei einer Erkundung nach seiner Ankunft um sechs Uhr morgens fest.

       Da der Anschlusszug nach Rostock erst kurz vor sieben Uhr abfahren sollte, hatte er sich am Bahnhof aufs Rad geschwungen und war durchs Holstentor ins Herz der Backsteinpracht zum Rathausmarkt gefahren. Von hier hatte das Lübische Recht seinen Ausgang genommen, nach dem sich  noch bis weit ins vorvergangene Jahrhundert die Ratsherren Revals, der heutigen estnischen Hauptstadt Tallinn, richteten. Nur wenige  Frühaufsteher kreuzten die Spur des einsamen Radlers in der Fußgängerzone der alten Kaufmannsstadt. Nur die Straßenreiniger sahen ihn dort die Inschrift des Thomas-Mann-Steins studieren.

       Ein  milder  Kaffee in der Stadtbäckerei  mit Blick  auf  einen Markt, über den vor Jahrhunderten reiche Patrizier eilten, deren Geschäfte sich über den gesamten Ostseeraum und tief ins russische Reich erstreckten, brachte den übernächtigten Radler in Schwung. Ein letztes Mal kurvte er über das Pflaster, das ihn an ganz anderes als Geschäftliches erinnerte. Auf dem Weg in den Urlaub nach Schweden war ihm und seiner Familie sechs Jahre zuvor dort eine hochmusikalische Familie aus einer  ganz  anderen Ecke Europas begegnet. Die Kellys aus Irland hatten ihren Lastwagen zur Bühne umgebaut und boten eine begeisternde Show zwischen Folk und melodiösem Pop à la Beatles. Sechs Jahre später tingelten sie nicht mehr über Marktplätze, sondern verdienten Millionen. Patrizier, Pfeffersäcke und Ostseehandel, Kellys und CD’s – the times, they are a changing. Europas äußerster Osten und Westen trafen sich in seinem Kopf mitten auf dem Rathausmarkt.

       Im Zug nach Rostock trafen auch die ersten polnischen Laute an sein Ohr. In der Reihe hinter ihm begutachteten und diskutierten eine junge blonde Frau und ihr dunkelhaariger Begleiter die Mitbringsel aus den Kaufhäusern der Hansestadt. Schräg vor ihm studierten zünftig mit derbem Schuhwerk, Kniebundhosen und Rucksack ausgestattete Wanderer ihre mecklenburgische Seen- und Wegekarte. Der sonnige Samstagmorgen versetzte nicht nur die Wanderfreunde in erwartungsvolle Vorfreude auf das weitere Wochenende.

       In Bad Kleinen, wo einige Jahre zuvor auf dem Bahnsteig Schüsse gefallen waren, die die politische Szene Deutschlands erschütterten, konnte an diesem Morgen nichts die Idylle am Schweriner See trüben. Radler und Wanderer tummelten sich auf dem Perron. Im Bummelzug von Rostock nach Stralsund musste er schließlich notgedrungen ins Radlerabteil wechseln, den Drahtesel in Griffnähe. Nach der langen Bahnfahrt ging es ihm mittlerweile wie  dem Reiter  neben dem schnaubenden Pferd: Nichts konnte seine Ungeduld  mehr zügeln. Und so warf er am Bahnfahrtziel Stralsund nur einen kurzen Blick auf die Backsteintürme der alten Hanse- und Schwedenstadt und beeilte sich, per Rad gen Osten voranzukommen.

       Im einstigen Land der Junker ist eine neue glatt asphaltierte Bundesstraße nach Greifswald gezogen, die B96a. Der Radwanderer wird auf die parallel verlaufende alte Strecke verbannt, in der ein Stück Gutsherrenart fortlebt. Hier trappelten einst unzählige Pferdehufe und rumpelten die Kutschen. Die schattigen Alleen-Passagen bieten bei heraufziehender Hitze einen schätzenswerten Vorteil. Indes, die klassische Pflasterung verargt dem Radler den nostalgischen Genuss. Manch holperiger Kilometer wird zur Qual.

       Nach gut dreißig Kilometern ist das nächste Mitglied im mittelalterlichen Hansebund erreicht, die alte Bischofs- und Universitätsstadt Greifswald. Auch in dieser Altstadt hat nach der Wende ein italienischer Eiskonditor Einzug gehalten und übt sein Kunsthandwerk aus, ein Labsal für den dem Gelato verfallenen Radler.

       Mit der Bucht der Dänischen Wiek zur Linken geht es weiter Richtung Wolgast, wo eine Brücke hinüber zur Insel Usedom führt. Auf der Nebenstrecke über Kemnitz  wartete auf ihn eine unerwartete Herausforderung. Die aufgerissene Straße im dörflichen Katzow gleicht einer Piste. Versandeter  kann auch die Durchquerung eines sibirischen Weilers nicht ausfallen. Auf seiner gesamten Rundreise um  den  großen nordosteuropäischen  Teich sollte sich solch eine „saharische" Ortsdurchfahrt nicht wiederholen. Allenfalls auf freier Strecke im tiefsten Lettland widerfuhr ihm solches Ungemach, wurde er ebenfalls zu ehrenrührigem Tun für einen hardcore biker, zum Absteigen nämlich, gezwungen. Die „Katzower Befürchtungen" hingegen (Wie soll das erst in Russland werden?!) erwiesen sich als völlig unangebracht.

       Was die Katzower zu seinem Ärger erst neun Jahre nach der Wende zu Wege brachten, das war auf der Urlaubsinsel Usedom längst vollbracht. Den einfallenden Touristen ist die Straße bereitet. Und mit Bad Zinnowitz hat sich ein altes Seebad zu neuem Glanz herausgeputzt. Das Getümmel auf der langen Seebrücke hat „West-Niveau". Die Hotels brauchen ebenso wenig den Vergleich mit den schleswig-holsteinischen Bädern zu scheuen. Die traditionsreiche Sommerfrische hat wieder einen Hauch von Eleganz angelegt. Die Ostsee und der feine Sandstrand haben eh die Zeiten überdauert.

       Selbst für ein verspätetes Mittagsmahl war die Tageszeit zu weit vorgerückt. So setzte er den süßen Samstag im sonnigen Vorgarten des ersten Cafés am Platze fort, bevor er zum letzten Etappenstück zur „Schweinemündung in Polen ansetzte. Über Waldwege auf der Hochdüne führte die Fahrt – mit dem phantastischen Panorama des Baltischen Meers zur Linken. Dann zurück auf die Bundesstraße, damit sich die Ankunft am Zielort nicht bis in den späten Abend verzögerte. Hier streift der Blick zur Rechten das ruhige „Achterwasser zwischen Usedom und dem Festland, eine Fischeridylle.

       Logischer Weise heißt das letzte Ostseebad auf deutscher Seite vor der polnischen Grenze Heringsdorf. Noch einige Kilometer zwischen Fußgängern mit deutschen Einkäufen – nur sie und Zweiräder dürfen hier die Grenze überqueren – und schon stand er am einst kaum passierbaren Eisernen Vorhang. Nun aber hob sich die Schranke problemlos. Kein Visum nötig! Guten Abend, Polen. Auf einer Schautafel mit Stadtplan orientierte er sich. Über eine gepflasterte breite Stadtwaldallee radelte er nach Swinoujscie  hinein und an der ersten Kreuzung über die Ringstraße nach rechts.

       Da er sich keines fotografischen Gedächtnisses rühmen kann, steuerte er einige hundert Meter weiter im Gewirr einer Vorstadtkreuzung mit fünf zusammenlaufenden Straßenzügen einen abseits parkenden Lieferwagen  an. „Gdje jest / Wo ist," fragte er den Fahrer, die Adresse radebrechend, und hielt ihm das Fax mit der Bestätigung des polnischen Jugendherbergsverbands unter die Nase.

       Und da setzte der übliche Schock bei der ersten realen Begegnung mit einer fremden Sprache ein, die  man frisch aus einem Reisesprachführer „erlernt hat. Der freundliche junge Klempner parlierte munter drauf los, und er identifizierte in dessen Redefluss mit Mühe die Worte für „zweite und „links". Gestikulierend die Richtung anzeigend rekapitulierte er, und sein Wegweiser im Blaumann bestätigte nickend. Mit nagendem Zweifel im Nacken fuhr er weiter. Aber siehe da, als er an der zweiten Ecke nach links abbog, war dies zumindest die richtige Straße.

       An der angegebenen Hausnummer fand er nur ein verschlossenes dreigeschossiges Schulzentrum vor. Doch nach einiger Irritation entdeckte er in der Nebenstraße durch ein Tor im Maschendrahtzaun den Zugang zum Hintereingang. Eine Meute von Mädchen und Jungen belagerte die Glasscheibe im Vorraum. Dzien dobry! Die Rezeptionistin Elzbieta spricht – Gott sei Dank – Deutsch. Er hatte zwar polnische Sprachbrocken zu bieten, aber keinen einzigen Groszy, geschweige denn Zloty.

       Wo denn  am Samstagabend noch Geld zu tauschen sei – diese Frage brachte sie zunächst ins Grübeln. Ein Lehrer der Schülerreisegruppe half ihr auf die Sprünge. „Ach ja, im Stadtzentrum, in der ulica Monte Cassino befindet sich ein Bankomat. Aber ob der auf Deine Karte Zloty herausgibt?" Also auf zum letztem Fahrradtrip des ersten Etappentages. Er memorisierte Elzbietas Erläuterungen auf dem Stadtplan und kurvte weisungsgemäß zum City-Bankenviertel in der Nähe der Oder-Fähre.

       Die nette Blondine war selber überrascht, als er eine halbe Stunde später mit fast druckfrischen Scheinen wieder vor ihr stand. Der ausländische Gast bekam das Privileg eines Gruppenleiterzimmers im Erdgeschoss. Auch für das Fahrrad, das er auf Elzbietas Empfehlung mit ins Haus nahm, bot der Dreibettenraum genügend Platz. Sicher verschlossen, wie es dort war, trennte er sich endlich von seinem Gefährt und einzigen Gefährten und zog, nachdem er

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