Schlagzart: Eine Office-Escort Novelle
Von Lilly An Parker
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Buchvorschau
Schlagzart - Lilly An Parker
Kapitel 1
Der hübsche, ja irgendwie sogar aufdringlich hübsche Po schob sich ohne ihr aktives Zutun in ihr Blickfeld. Er bannte ihren Blick und ließ kurz ihren Atem stocken. Doch noch während sie sich selbst stumm eine »Sexistin« schimpfte, weil irgendein Teil ihrer Persönlichkeit den Rest des männlichen Körpers ausgeblendet hatte, waren beide auch schon wieder verschwunden: Po wie Körper.
Dieses Mal bewusst und sich mit ihrer Libido herrlich einig reckte Melissa den Hals, um das Hinterteil wieder erspähen zu können. Doch im Inneren des Frühstücksbistros war es zu dunkel, um den Po – und den wahrscheinlich dranhängenden attraktiven Kerl – zu entdecken. Zumindest wenn man draußen und in der Sonne saß.
»Hast du das gesehen?« Melissa fuhr mit ihren Händen in der Luft eine imaginäre Linie nach und zusammen mit ihrem Gesichtsausdruck hätte auch der letzte Naivling begriffen, was sie dort gestikulierte.
»Habe ich was gesehen?« Geistesabwesend nippte Joanna an ihrem Latte Macchiato. Mit einem kleinen Milchbart auf der Oberlippe sah sie auf und versuchte zu ergründen, was ihre Kollegin und beste Freundin in Verzückung gesetzt hatte.
»Diese Eleganz, diese Linie. Hast du den Schwung bemerkt, der den Gesamteindruck noch unterstrichen hat?«
Ihre Augen folgten dem Blick, den Melissa jetzt fest auf das Objekt ihrer Begierde gerichtet hatte. Es stand in einem Lichtstreifen, der durch das Ostfenster nach innen fiel. Schon durch diese Beleuchtung wirkte der Kerl wie das blühende Leben. Genau wie ihre hormongeplagte Freundin.
»Ist schon wieder Frühling?«, kommentierte Joanna trocken und leckte sich den Milchschaum von den Lippen.
Melissa schnaubte und sah weiter auf die prachtvolle Rückenansicht des Mannes. Da ihre Freundin in einer festen Beziehung steckte, meinte sie wohl, die Heilige herauskehren zu müssen. Dabei würde ihr doch ein wenig Sündhaftigkeit gut zu Gesicht stehen. Melissa seufzte leise. Mit dem gesträhnten Blondhaar und dem hellblauen Oberteil zu einer Bluejeans war der Kerl selbst aus dieser Perspektive beinahe zu gut, um wahr zu sein. Als er einen Schritt näher Richtung Theke machte, kam sie nicht umhin, abermals seinen knackigen Po zu bemerken, dessen Bewegungen unter dem perfekt sitzenden Stoff einer Offenbarung gleich kamen.
»Wahrscheinlich eh schwul.« Joanna schlug das Magazin auf und begutachtete das Ergebnis von Melissas Arbeit. Gut recherchierte und noch besser aufbereitete Artikel, kleine Klatschkolumnen und heitere Berichte schmückten die ersten Seiten. Ihre Freundin hatte wirklich ganze Arbeit geleistet und innerhalb eines Jahres ein komplett neues, hippes Magazin aus dem Boden gestampft. Mit Insiderinformationen für die andere töten würden.
»Ja, aber ich könnte ihn bekehren.« Melissa schenkte ihrer Freundin einen intensiven Blick. Gekonnt durch die langen Wimpern und leicht von unten herauf. Unschuldig und verführerisch zugleich.
»Hör auf an mir zu üben«, tadelte Joanna. Seit sie für die Begleitagentur »Office-Escort« arbeitete, war sie in dieser Hinsicht deutlich abgebrühter als ihre beste Freundin.
»Ich dachte nur, falls das Magazin floppt …«, flirtete Melissa weiter und überlegte, ob sie Joanna trotz ihrer Beziehung mal wieder ins Bett bekommen könnte. Schließlich war sie eine Frau und Joanna mit einem Mann zusammen … streng genommen zählte das sicher nicht als Fremdgehen. Ihretwegen konnte Joannas Freund Ruben sogar zusehen.
»Erstens wird es nicht floppen und zweitens weißt du doch, dass du bei uns sofort anfangen kannst.«
»Ja, hat mir dein Chef auch schon angeboten!«, neckte Melissa.
»Bist du denn eher »S« oder »M«?«, erkundigte sich Joanna im selben Tonfall.
»Nennst du Ruben privat Chef oder Beziehung?«, konterte Melissa, die sich stets strikt an die Regel hielt: Arbeit und Privatleben müssen getrennt sein.
»Du bist doof!«, meinte Joanna und zog ein Schnütchen, weil der Punkt eindeutig an ihre Freundin ging.
Melissa lachte und blickte wieder zur Theke. Der entzückende Rücken war verschwunden.
»Na, Ladies?«
Schwungvoll wurde ein Stuhl vom Nachbartisch neben Melissa gezogen und mit demselben Schwung setzte sich jemand neben sie.
Nach einer Schrecksekunde begann Joanna ungeniert zu lachen.
»Oh mein Gott!« Melissa starrte ihren Fotografen John an, der – durch Joanna angeworben – ebenfalls ab und zu als gebuchter Begleiter arbeitete. Schließlich rang sie sich unter Joannas Grinsen ein »Du warst beim Friseur?« ab.
»Es gefällt euch nicht?« Er fuhr sich mit den Fingern durch die unordentlichen Strähnen. Leicht gebräunt und athletisch sah er mehr denn je aus wie ein typischer amerikanischer Surfer. Nur dass seine Wellen in Deutschland beheimatet waren. Meistens jedenfalls. Genau wie Joanna ließ er keine Gelegenheit aus, sich in den Grenzen des Escort-Jobs zu vergnügen. Notfalls eben auch sportlich.
»Doch, sieht sehr gut aus.« Melissa gab dem Verlangen nach und wuschelte ebenfalls durch das frisch gesträhnte Haar. Es schien noch weicher geworden zu sein. Immer noch unverschämt dick, immer noch unverschämt seidig.
»Und dass die Jeans klasse ist, ist ihr auch schon aufgefallen«, half Joanna hilfsbereit nach.
»Nein, das war der Hintern unter der Jeans«, korrigierte Melissa zuckersüß. Wenn ihre Freundin glaubte, sie so schnell aus der Fassung oder in Verlegenheit zu bringen, dann hatte sie sich aber geschnitten. Nur weil sie mal mit John in der Kiste gelandet war … also … bevor sie begriffen hatte, dass John bereits für sie arbeitete …
»Mei, Mei, Mei. Bezahlt Ruben euch das extra oder wollt ihr nur meinem Ego schmeicheln?«
»Deinem Ego schmeicheln«, meinten die beiden unisono, machten aber mit ihrem Lachen den Effekt kaputt.
»Ihr seid sooo böse.« John zog das Magazin zu sich und schlug die erste Seite auf. Dabei gab er sich Mühe, seine beleidigte Miene beizubehalten. Es gelang ihm nur bedingt.
»Ja, du bist ein guter Fotograf«, witzelte Joanna und versuchte, ebenfalls in das Magazin zu blicken. Doch Melissa