Parker sticht die Musketiere: Butler Parker 238 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Lady Agatha zeigte sich wieder mal als eine bemerkenswerte Einzelkämpferin, deren taktisches Geschick Parker Bewunderung abnötigte. Im übertragenen Sinn des Wortes bremste sie zwei nicht gerade unterentwickelt aussehende Männer, ließ sie hinter sich, versetzte einem dritten Mann einen scheinbar nicht beabsichtigten Rippenstoß und trat einer etwas zäh aussehenden Dame nachhaltig auf den linken Fuß, worauf auch sie auf der Strecke blieb. Dann hatte sie sich eindeutig vorgekämpft, machte sich breit und bediente sich ausgiebig. Agatha Simpson stand vor einem mehr als üppigen kalten Büfett und belud ihren Teller. Sie konzentrierte sich auf bestimmte Köstlichkeiten wie Hummer und Roastbeef, interessierte sich für Crevetten und übersah großzügig diverse Salate, die sie nur für nutzloses Grünzeug hielt. Nachdem sie sich den Teller beladen hatte, drückte sie ihre majestätische Fülle zurück durch die Menge und steuerte Butler Parker an, der sich in seiner vornehmen Art bisher aus dieser Schlacht am Büfett zurückgehalten hatte. »Diese Kleinigkeiten müssen reichen, Mister Parker«, sagte die ältere Dame und ließ sich an einem Beistelltisch nieder. »Haben Sie an den Champagner gedacht?« »Mit Ihrer Erlaubnis, Mylady.« Parker deutete eine knappe Verbeugung an und griff hinter einen nahen Vorhang. Er zog einen Standkühler hervor, in dem sich eine Flasche Champagner befand. Lady Agatha lächelte ihren Butler wohlwollend an, als er eingoß. »Eigentlich hasse ich solche sinnlosen Parties«, meinte sie. »Meine Zeit ist zu kostbar, um sie auf diese Art zu vergeuden.« »Vielleicht sollten Mylady sich ein wenig zerstreuen«, schlug Butler Parker vor. Er war ein etwas über mittelgroßer, alterslos erscheinender Mann und das Urbild eines englischen Butlers, wie man ihn nur in einschlägigen Filmen und auf der Bühne zu sehen bekommt. Josuah Parker trug eine gestreifte Cut-Hose, einen Zweireiher als Sakko und einen Eckkragen, um den sich eine schwarze Krawatte schlang.
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Parker sticht die Musketiere - Günter Dönges
Butler Parker
– 238 –
Parker sticht die Musketiere
Günter Dönges
Lady Agatha zeigte sich wieder mal als eine bemerkenswerte Einzelkämpferin, deren taktisches Geschick Parker Bewunderung abnötigte.
Im übertragenen Sinn des Wortes bremste sie zwei nicht gerade unterentwickelt aussehende Männer, ließ sie hinter sich, versetzte einem dritten Mann einen scheinbar nicht beabsichtigten Rippenstoß und trat einer etwas zäh aussehenden Dame nachhaltig auf den linken Fuß, worauf auch sie auf der Strecke blieb. Dann hatte sie sich eindeutig vorgekämpft, machte sich breit und bediente sich ausgiebig.
Agatha Simpson stand vor einem mehr als üppigen kalten Büfett und belud ihren Teller. Sie konzentrierte sich auf bestimmte Köstlichkeiten wie Hummer und Roastbeef, interessierte sich für Crevetten und übersah großzügig diverse Salate, die sie nur für nutzloses Grünzeug hielt. Nachdem sie sich den Teller beladen hatte, drückte sie ihre majestätische Fülle zurück durch die Menge und steuerte Butler Parker an, der sich in seiner vornehmen Art bisher aus dieser Schlacht am Büfett zurückgehalten hatte.
»Diese Kleinigkeiten müssen reichen, Mister Parker«, sagte die ältere Dame und ließ sich an einem Beistelltisch nieder. »Haben Sie an den Champagner gedacht?«
»Mit Ihrer Erlaubnis, Mylady.« Parker deutete eine knappe Verbeugung an und griff hinter einen nahen Vorhang. Er zog einen Standkühler hervor, in dem sich eine Flasche Champagner befand. Lady Agatha lächelte ihren Butler wohlwollend an, als er eingoß.
»Eigentlich hasse ich solche sinnlosen Parties«, meinte sie. »Meine Zeit ist zu kostbar, um sie auf diese Art zu vergeuden.«
»Vielleicht sollten Mylady sich ein wenig zerstreuen«, schlug Butler Parker vor. Er war ein etwas über mittelgroßer, alterslos erscheinender Mann und das Urbild eines englischen Butlers, wie man ihn nur in einschlägigen Filmen und auf der Bühne zu sehen bekommt. Josuah Parker trug eine gestreifte Cut-Hose, einen Zweireiher als Sakko und einen Eckkragen, um den sich eine schwarze Krawatte schlang.
»Sobald ich noch eine Kleinigkeit gegessen habe, Mister Parker, werde ich gehen«, sagte die ältere Dame, die an die Heroine einer Wagner-Oper erinnerte. Lady Agatha, seit vielen Jahren verwitwet und immens vermögend, war eigentlich nur wegen des bekannt üppigen Büfetts nach Windsor gekommen.
Sie schätze die Gastgeberin keineswegs und dachte nicht im Traum daran, sich zu zerstreuen, wie Parker es ihr vorgeschlagen hatte. Sie langweilte sich sichtlich und sehnte sich nach einem hübschen, kleinen Zwischenfall. Sie war eine Frau, die zwar das sechzigste Lebensjahr überschritten hatte, aber dennoch vor Energie nur so strotzte.
Lady Agatha hatte sich der Kriminalistik verschrieben und befand sich in ununterbrochenem Kampf mit der Unterwelt.
Sie sah majestätisch aus.
Die ältere Dame trug eines ihrer zu weiten Tweed-Kostüme, zeigte bemerkenswerten Schmuck und krönte dies alles mit einer mehr als eigenwilligen Hutschöpfung, die eine Kreuzung aus Miniatur-Blumenbeet und Napfkuchen darstellte. Sie hatte den voll beladenen Teller in staunenswertem Tempo leergegessen und dazu Champagner getrunken. Sie erhob sich und zeigte deutlich ihre Absicht, sich noch mal ins Getümmel am Büfett zu stürzen. Mylady war eine Frau, die keiner Schwierigkeit aus dem Weg ging.
Doch es kam ganz anders ...
Gefolgt von Parker strebte sie in Richtung Büfett, als plötzlich das Bersten einer großen Scheibe zu vernehmen war. Verständlicherweise wandten die Gäste sich um und starrten völlig entgeistert auf vier Musketiere, die durch die Reste der breiten Terrassentüren kamen.
Sie sahen abenteuerlich aus, trugen Stulpenstiefel, Pluderhosen, eng anliegende, auf Taille geschnittene Spenzer und breit ausladende Hüte mit bunten, wippenden Federn. Und sie zeigten lange Stoßdegen, die einen geradezu mörderischen Eindruck machten.
»Endlich mal ein halbwegs netter Einfall«, stellte Agatha Simpson fest und meinte damit ihre Gastgeberin.
»Ein teurer Einfall, Mylady, wenn man an die diversen Scheiben denkt«, antwortete der Butler in gewohnt beherrschter, würdevoller Art. »Möglicherweise handelt es sich um einen echten Überfall.«
»Unsinn, Mister Parker«, widersprach die passionierte Detektivin umgehend und lachte spöttisch auf. »Sie haben sich natürlich bluffen lassen, wie nicht anders zu erwarten war.«
»Wie Mylady zu meinen belieben.« Josuah Parker ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und nahm zur Kenntnis, daß die vier Musketiere bereits damit begannen, den mehr oder weniger kostbaren Schmuck der weiblichen Gäste zu plündern. Sie verschmähten auch keineswegs, wie sich zeigte, die diversen Brieftaschen der anwesenden Herren.
*
»Das ist unerhört«, entrüstete sich Agatha Simpson, als einer der männlichen Gäste brutal mit dem Degen niedergestoßen wurde. Er hatte es gewagt, einen Musketier mit einem Sektkühler anzugreifen. Der Getroffene stöhnte, fiel auf die Knie und löste bei einigen Damen schrille Schreie aus.
Mylady brachte ihren perlenbestickten Pompadour in erste Schwingungen. Der so harmlos aussehende Handbeutel, ein Relikt aus längst vergangener Zeit, sah zwar harmlos aus, hatte es aber in sich. In diesem Pompadour befand sich das Hufeisen eines schweren Brauereipferdes. Es war nur oberflächlich mit Schaumstoff umwickelt. In der erfahrenen Hand der älteren Dame war das ein Schlaginstrument, das für klare Verhältnisse sorgte.
Die vier Musketiere beherrschten die Situation.
Sie hatten die Gäste zusammengetrieben und dabei nicht an Stichen und Schlägen gespart. Sie kassierten weiter ab, und einer der Musketiere näherte sich langsam Lady Agatha.
Er schien von ihrem Schmuck geblendet zu sein und zeigte im wahrsten Sinn des Wortes eine grinsende Maske. Sein wirkliches Gesicht verbarg sich hinter dieser Maske aus weichem Schaumstoff. Er sah aus wie ein unternehmungslustiger Film-Musketier.
»Komm’ schon ’rüber mit dem Plunder, altes Mädchen«, forderte der Musketier Lady Agatha auf. Seine Stimme klang dumpf, ein wenig hohl. Er richtete die Spitze seines Stoßdegens auf die üppige, wogende Brust seines Opfers und hatte keine Ahnung, auf was er sich da einließ.
»Mylady werden sich umgehend ihres Schmuckes entledigen«, schaltete Josuah Parker sich ein. Er wollte einen Zwischenfall vermeiden.
»Nichts da, Mister Parker«, gab Agatha Simpson gereizt zurück. »Ich denke nicht daran, mich berauben zu lassen.«
»Soll ich dich mal kitzeln, altes Haus?« fragte der Musketier und nahm seinen Degen etwas höher. Er hatte den festen Vorsatz, mit der Spitze Myladys Hals zu kitzeln. Aber genau diese erkennbare Absicht ließ Mylady förmlich explodieren.
Der Musketier hatte die leichte Pendelbewegung des Pompadours als Nervosität gedeutet, wurde dann aber eines Besseren belehrt. Lady Agatha ließ den Handbeutel hochsteigen und schmetterte das Hufeisen auf die rechte Schulter des Mannes. Jetzt zeigte sich, warum Eingeweihte dieses Hufeisen spöttisch einen Glücksbringer nannten.
Der Schlag versetzte den Degenträger in einen Zustand des völligen Abschaltens. Er verdrehte genußvoll die Augen, stieß einen Seufzer aus und lächelte dann ein wenig abwesend. Dadurch übersah er den wirklich nicht kleinen Fuß der Lady Simpson, der in einem derben Wanderschuh steckte.
Sie holte aus und setzte die Schuhspitze auf das linke Schienbein des Musketiers, der daraufhin sein Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte. Dabei gab er den Griff des Stoßdegens frei. Der mörderische Stahl schlitterte in Richtung Parker, der ihn fast beiläufig-elegant aufnahm.
Die drei anderen Musketiere waren auf den kleinen Zwischenfall aufmerksam geworden und stürzten herbei. Sie hatten die feste Absicht, Butler Parker niederzustechen.
Butler Parker trat ihnen entgegen.
Er schlug mit dem Degen kreuzweise durch die Luft, die sich zischend teilte. Dann ging er in den Ausfall und machte deutlich, daß er auch mit solch einer Waffe durchaus umzugehen verstand. Er parierte mit spielerischer Leichtigkeit einen ihm zugedachten Stoß, fintierte und setzte seinen eigenen Stich. Er traf den Oberarm des Mannes, der aufschrie, den Degen aus der Hand warf und übel nahm. Der Gegner zog sich zurück und überließ seinen beiden Partnern die Szene.
Sie hatten die Rechnung ohne Agatha Simpson gemacht, die wonnevoll ins Geschehen eingriff. Sie benutzte dazu einen noch unversehrten Hummer und verwendete ihn als Wurfgeschoß.
Der Hummer