Parker sägt am Nerv des "Paten": Butler Parker 159 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
»Ich denke, Mr. Parker, ich werde gleich etwas ärgerlich werden«, prophezeite Lady Agatha Simpson mit grollender Stimme, »dieser Flegel benimmt sich ja wirklich unmöglich.« »Wenn es erlaubt ist, möchte meine Wenigkeit sich Myladys Beurteilung anschließen«, antwortete Butler Parker in seiner unnachahmlich höflichen Art. Er saß zusammen mit seiner Herrin in einer Nische des Nobel-Restaurants und hatte bereits seit geraumer Zeit den jungen Mann vorn im Restaurant beobachtet. Dieser Gast war eindeutig angetrunken und lärmte mit seinen Freunden ungeniert herum. Er wurde von drei fast gleichaltrigen Männern begleitet, die ebenfalls zuviel Alkohol hatten. Sie legten sich mit den übrigen Gästen an und hatten es vor allen Dingen auf die anwesenden Damen abgesehen. Sie bewarfen sie ungeniert mit flegelhaften Kommentaren und schienen nur darauf zu warten, daß ein männlicher Besucher des Restaurants aufstand, um sie zur Rechenschaft zu ziehen. Um die Provokationen noch zu verstärken, warfen sie mit Oliven aus ihren Getränken um sich und gingen anschließend zu Erbsen über, die sie aus der Gemüsebeilage ihres Essens entnahmen. Sie benutzten die Gabel als Katapulte und entwickelten eine überraschende Treffsicherheit. Einige Gäste waren bereits gegangen, andere trafen Anstalten, diesem Beispiel zu folgen. Die Kellner hatten es längst aufgegeben, die vier jungen Kerle zur Ruhe zu bringen. Der Geschäftsführer hielt sich, wie Josuah Parker feststellte, betont im Hintergrund. Er schien Angst vor diesen vier Gästen zu haben. Lady Agatha und Parker waren durch Zufall in dieses Nobel-Restaurant geraten. Die ältere Dame hatte während der Fahrt durch die Stadt Appetit auf eine kleine Erfrischung verspürt und sich hier eine Fleischpastete bestellt. Nun aber hatte sie jedes Interesse an dieser Köstlichkeit verloren. Sie beobachtete fasziniert die rüden Manieren und wartete nur darauf, ebenfalls provoziert zu werden.
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Parker sägt am Nerv des "Paten" - Günter Dönges
Butler Parker
– 159–
Parker sägt am Nerv des Paten
Günter Dönges
»Ich denke, Mr. Parker, ich werde gleich etwas ärgerlich werden«, prophezeite Lady Agatha Simpson mit grollender Stimme, »dieser Flegel benimmt sich ja wirklich unmöglich.«
»Wenn es erlaubt ist, möchte meine Wenigkeit sich Myladys Beurteilung anschließen«, antwortete Butler Parker in seiner unnachahmlich höflichen Art. Er saß zusammen mit seiner Herrin in einer Nische des Nobel-Restaurants und hatte bereits seit geraumer Zeit den jungen Mann vorn im Restaurant beobachtet. Dieser Gast war eindeutig angetrunken und lärmte mit seinen Freunden ungeniert herum. Er wurde von drei fast gleichaltrigen Männern begleitet, die ebenfalls zuviel Alkohol hatten. Sie legten sich mit den übrigen Gästen an und hatten es vor allen Dingen auf die anwesenden Damen abgesehen. Sie bewarfen sie ungeniert mit flegelhaften Kommentaren und schienen nur darauf zu warten, daß ein männlicher Besucher des Restaurants aufstand, um sie zur Rechenschaft zu ziehen. Um die Provokationen noch zu verstärken, warfen sie mit Oliven aus ihren Getränken um sich und gingen anschließend zu Erbsen über, die sie aus der Gemüsebeilage ihres Essens entnahmen. Sie benutzten die Gabel als Katapulte und entwickelten eine überraschende Treffsicherheit.
Einige Gäste waren bereits gegangen, andere trafen Anstalten, diesem Beispiel zu folgen. Die Kellner hatten es längst aufgegeben, die vier jungen Kerle zur Ruhe zu bringen. Der Geschäftsführer hielt sich, wie Josuah Parker feststellte, betont im Hintergrund. Er schien Angst vor diesen vier Gästen zu haben.
Lady Agatha und Parker waren durch Zufall in dieses Nobel-Restaurant geraten. Die ältere Dame hatte während der Fahrt durch die Stadt Appetit auf eine kleine Erfrischung verspürt und sich hier eine Fleischpastete bestellt. Nun aber hatte sie jedes Interesse an dieser Köstlichkeit verloren. Sie beobachtete fasziniert die rüden Manieren und wartete nur darauf, ebenfalls provoziert zu werden.
Sie war eine bemerkenswerte Frau, groß stattlich und füllig. Lady Agatha, Witwe, immens vermögend und mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verschwägert, beschäftigte sich in ihrer reich bemessenen Freizeit mit der Aufklärung von Kriminalfällen. Sie hielt sich für eine einmalige Begabung auf diesem Gebiet und nutzte jede sich bietende Gelegenheit, dem Recht zum Sieg zu verhelfen. Sie nutzte allerdings auch jede Möglichkeit, in diverse Fettnäpfchen zu treten, denn sie war eine ungemein streitbare Dame und im weitesten Sinn des Wortes auch schlagfertig.
Sie hatte keine Ahnung, daß ihr Butler stets seine schützende, schwarz behandschuhte Hand über sie hielt und dafür sorgte, daß ihr nichts passierte. Josuah Parker war ein Mann undefinierbaren Alters, etwas über mittelgroß, mit leichtem Anflug von Korpulenz. Als das Urbild eines englischen, hochherrschaftlichen Butlers war er einfach durch nichts zu erschüttern, gleich in welcher Situation er sich befand. Er verlor auch nie nur andeutungsweise etwas von seinen korrekten Manieren und von seiner Würde. Sein Äußeres unterstrich seinen Beruf, den er als Berufung empfand. Parker trug stets einen schwarzen Zweireiher unter dem schwarzen Covercoat, eine Melone und ging nie ohne seinen altväterlich gebundenen Universal-Regenschirm aus. Ein weißer, altmodischer Eckkragen und eine schwarze Krawatte vervollständigten diesen Gesamteindruck.
Normalerweise hätte Parker sich nicht an Myladys Tisch gesetzt, doch in diesem Fall hatte die Sechzigjährige energisch darauf bestanden. So saß der Butler auf der Kante des Stuhles und ahnte wieder mal, daß mit gewissen Unannehmlichkeiten zu rechnen war. Eine Lady Agatha war sicher nicht gewillt, sich lockere und provozierende Flegeleien gefallen zu lassen.
Und da passierte es auch bereits ...
Der Bursche, der die Runde der vier anführte, hatte endlich Lady Agatha entdeckt und witterte ein hübsches Zwischenspiel. Er langte nach einem Sektkorken, holte knapp aus und warf ihn in Richtung Mylady. Sie dachte nicht im Traum daran, den Kopf einzuziehen oder ihn seitlich zu bewegen. Nein, Lady Simpson blieb hoffnungsfroh-erwartungsvoll sitzen und wünschte, getroffen zu werden.
Das war zwar nicht der Fall, doch der Korken segelte dicht an ihrem leicht ausgeprägten Doppelkinn vorüber und klatschte anschließend gegen die Fensterscheibe.
Der Fünfundzwanzigjährige grinste vulgär und fischte mit seiner Gabel nach der Erbseneinlage. Er hatte die Absicht, Mylady mit der Hülsenfrucht zu beglücken und rief seinen drei Begleitern etwas zu, was sich auf das Alter und die Figur von Agatha Simpson bezog. Da er nicht besonders leise sprach, bekam die ältere Dame diese an sich etwas wenig schmeichelhafte Einschätzung Wort für Wort mit.
Sie erhob sich und langte nach ihrem perlenbestickten Handbeutel. Dieser Pompadour, wie ihn die Damen der Gesellschaft um die Jahrhundertwende trugen, enthielt Myladys sogenannten Glücksbringer. Es handelte sich dabei um ein veritables Pferdehufeisen, das nur oberflächlich in Schaumstoff gehüllt war, um die Konturen zu verwischen.
»Sind Sie nicht auch der Meinung, Mr. Parker, daß ich provoziert wurde?« erkundigte sie sieh.
»Dem kann kaum widersprochen werden, Mylady«, lautete Parkers höflichgemessene Antwort. »Mylady planen eine erzieherische Maßnahme?«
»So etwas in dieser Richtung«, erklärte sie. Ihre grauen Augen funkelten bereits vergnügt. Agatha Simpson machte einen ausgesprochen animierten Eindruck, setzte ihre majestätische Fülle in Bewegung und schritt zu dem Tisch, an dem die vier jungen Männer saßen. Die blickten erwartungsvoll und ahnten nicht mal ansatzweise, was da auf sie zukam!
*
Sie benahm sich nicht gerade ausgesprochen damenhaft.
Lady Agatha trat gegen das linke Schienbein des jungen Mannes, der aufheulte wie ein gequälter Steppenwolf. Als er aufsprang, um sich schleunigst in Sicherheit zu bringen, geriet er leichtsinnigerweise in die Reichweite von Myladys rechter Hand.
Agatha Simpson genierte sich nicht und langte herzhaft zu. Sie landete einen Volltreffer, der den Kopf des jungen Flegels förmlich zur Seite riß. Der Bursche geriet aus dem Gleichgewicht und stützte sich mit der linken Hand im noch gefüllten Teller ab. Dabei rutschte seine Handfläche auf der Sauce aus. Er verlor dadurch vollends das Gleichgewicht und legte sich seitlich auf den üppig gedeckten Tisch. Sein Kopf stieß dabei in gefährliche Nähe der Gemüseplatte.
Lady Agatha improvisierte umgehend.
Sie drückte einen Blumenkohl auf das Gesicht des Flegels und garnierte dieses Gemüse mit einer weißen Sauce. Anschließend löffelte sie eine Portion Erbsen auf den zerquetschten Blumenkohl, langte mit der Bratenzange nach gegrillten Tomaten, die sich bisher auf der Gemüseplatte gelangweilt hatten und setzte sie fachgerecht auf die Augen des jungen Mannes, der sich plötzlich erblindet glaubte und gellend aufschrie. Dadurch öffnete er natürlich seinen Mund und regte Lady Agatha zu weiterem Tun an.
Sie warf einen prüfenden Blick auf die reichhaltig bestückte Tafel und entschied sich spontan für einige Artischockenböden. Sie fütterte damit den Flegel, der das Ersticken fürchtete und prompt würgte. Um dies alles abzurunden, griff Agatha Simpson gezielt nach der großen Sauciere und krönte damit ihr Werk. Sie ließ die würzige Bratensauce auf das Kopfhaar niederfließen und trat dann zurück, um sich einen ersten Gesamteindruck zu verschaffen.
Der Flegel schnappte nach Luft und hatte wegen der gegrillten Tomaten den Überblick verloren. Er drückte sich hoch und fuchtelte mit Armen und Händen in der Luft herum. Die drei anderen jungen Männer starrten die energische Dame entgeistert an und waren nicht fähig einen Entschluß zu fassen.
Josuah Parker trat auf sie zu und lüftete höflich seine schwarze Melone, die er nach dem Verlassen des Tisches in der Nische natürlich aufgesetzt hatte.
»Meine Wenigkeit möchte keineswegs aufdringlich erscheinen«, schickte er voraus, »aber es empfiehlt sich, diese an sich gastliche Stätte möglichst umgehend zu verlassen. Es liegt durchaus im Bereich der Möglichkeit, daß Mylady beabsichtigt, sich auch noch mit Ihnen zu befassen.«
Sie weigerten sich einfach das zu glauben, was sie sahen, nämlich eine ältere Dame und einen stilvollen Butler, die sich wie selbstverständlich trauten, ihnen die Stirn zu bieten. Die drei Rowdies schüttelten also ihre Befangenheit ab und formierten sich zu einem massierten Angriff.
»Wenn Sie erlauben, wird man Ihnen eine gewisse Entscheidungshilfe zukommen lassen«, redete Josuah Parker weiter und ... setzte seinen Universal-Regenschirm als Waffe ein. Er benutzte den Bambusgriff, der mit Blei ausgegossen war. Entsprechend nachdrücklich fiel daher auch die angekündigte Entscheidungshilfe aus. Nachdem er die drei jungen Männer mit dem Schirmgriff kurz berührt hatte, gingen sie in die Knie und suchten verzweifelt nach Halt.
Applaus brandete auf.
Die Gäste, die noch geblieben waren, zollten Beifall und blickten fasziniert auf den Butler, der mit dem Griff seines Schirmes einen Servierwagen heranzog und darauf den jungen Flegel verlud. Parker übersah dabei wohl unabsichtlich, daß auf der Platte dieses hübschen Wagens zwei Rechauds standen, die Fleischplatten warmhielten. Der junge Mann landete mit dem Rücken auf dem erhitzten Metall und stieß prompt spitze Schreie aus. Um Myladys Ohren nicht zu beleidigen, versetzte Parker dem Servierwagen einen Stoß, der daraufhin auf gut geölten Rollen davonschnurrte. Nach zweieinhalb Sekunden kollidierte der Servierwagen mit einem ähnlichen Gefährt, das mit